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5 StR 394/25

BUNDESGERICHTSHOF StR 394/25 BESCHLUSS vom 9. September 2025 in der Strafsache gegen wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern u.a.

ECLI:DE:BGH:2025:090925B5STR394.25.0 Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 9. September 2025 gemäß § 349 Abs. 2 StPO beschlossen:

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Kiel vom 5. März 2025 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels, die insoweit durch das Adhäsionsverfahren entstandenen besonderen Kosten und die der Neben- und Adhäsionsklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Ergänzend zur Antragsschrift des Generalbundesanwalts bemerkt der Senat:

Das Landgericht hat in den Urteilsgründen ausgeführt, dass die inzwischen 21 Jahre alte Nebenklägerin, die vom Angeklagten zwischen ihrem 7. und 14. Lebensjahr in fast 200 Fällen überwiegend schwer sexuell missbraucht wurde, „aufgrund des laufenden Verfahrens bislang keine therapeutische Hilfe in Anspruch genommen“ hat, obwohl nach Tataufdeckung am 4. Oktober 2019 bereits am 15. Oktober 2019 eine ausführliche videodokumentierte polizeiliche Vernehmung und am 2. August 2021 eine ermittlungsrichterliche Vernehmung nach § 58a Abs. 1 StPO stattgefunden haben.

Weshalb in derartigen Fällen ein Zuwarten mit einer Therapie bis zur Hauptverhandlung geboten sein sollte, erschließt sich dem Senat nicht (ausführlich zum Thema: Expertinnen- und Expertengruppe „Psychotherapie und Glaubhaftigkeit“

im Bundesministerium der Justiz, Praxishinweise zum Verhältnis von Psychotherapie und Strafverfahren, 2024). Die Tatsache, dass ein Opfer sexuellen Missbrauchs eine Therapie zur Linderung tatverursachter seelischer Schmerzen und Leiden durchführt, spricht nicht gegen die Glaubhaftigkeit seiner Angaben. Der Gesetzgeber hat vielmehr anerkannt, dass gerade Opfer sexuellen Missbrauchs (vgl. § 13 Abs. 2 SGB XIV) schnell therapeutische Hilfe benötigen können (vgl. §§ 29 ff. SGB XIV). Es wäre wertungswidersprüchlich, wenn die Inanspruchnahme solcher Hilfe indiziell gegen die Glaubhaftigkeit der Angaben von Geschädigten schwerer Straftaten gewertet würde.

Eine Therapie kann lediglich Anlass für das Tatgericht sein, sich in seiner Beweiswürdigung gerade in Aussage-gegen-Aussage-Konstellationen mit möglichen suggestiven Einflüssen auseinanderzusetzen, etwa wenn die Anzeige erst Ausfluss einer Therapie ist oder es nach einer Therapie zu einer signifikanten Veränderung der Aussage kommt (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Mai 2024 – 4 StR 197/23 mwN). Wird aber – was ohnehin vorzugswürdig ist (näher hierzu Mosbacher, NStZ 2024, 263, 268) – eine ausführliche polizeiliche Vernehmung zu Beginn des Ermittlungsverfahrens in Bild und Ton aufgezeichnet, ohne dass zuvor eine Therapie begonnen wurde, steht dem Tatgericht in aller Regel schon eine unbeeinflusste Grundlage für seine Beweiswürdigung zur Verfügung. Dies gilt umso mehr, wenn wie hier in zulässiger Weise am Ende des Ermittlungsverfahrens – um weitere ergänzende Vernehmungen im Laufe des Ermittlungsverfahrens zu vermeiden (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Februar 2004 – 1 StR 566/03, BGHSt 49, 68, 71) und die vernehmungsersetzende Vorführung nach § 255a Abs. 2 StPO ohne ergänzende Befragung in der Hauptverhandlung zu ermöglichen – eine videoaufgezeichnete ermittlungsrichterliche Vernehmung nach § 58a Abs. 1 StPO durchgeführt wird.

In einer solchen Situation weiterhin für den Therapiebeginn auf den Abschluss der Hauptverhandlung zu warten, ist – wenn nicht aus therapeutischen Gründen geboten – nicht angezeigt. Denn die ermittlungsrichterliche Vernehmung kann in geeigneten Fällen insbesondere aus Gründen des Opferschutzes (vgl. § 255a Abs. 2 Satz 3 StPO) nach § 255a Abs. 2 StPO vernehmungsersetzend in die Hauptverhandlung eingeführt werden. Dass ein Zeuge daneben in der Hauptverhandlung ergänzend vernommen wird, ist nach dem Gesetz die Ausnahme, nicht die Regel. Damit erweist sich die ermittlungsrichterliche Vernehmung gleichsam als vorweggenommener Teil der Hauptverhandlung (vgl. BGH, Beschluss vom 1. April 2025 – 3 StR 608/24), so dass ein weiteres Zuwarten mit dem Therapiebeginn unnötig erscheint.

Mosbacher Köhler Resch von Häfen Werner Vorinstanz: Landgericht Kiel, 05.03.2025 - 15 KLs 500 Js 23178/20 jug. (2)

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