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1 Ni 10/14

BUNDESPATENTGERICHT Ni 10/14 (Aktenzeichen)

IM NAMEN DES VOLKES URTEIL Verkündet am

19. April 2016 …

In der Patentnichtigkeitssache …

BPatG 253 08.05 betreffend das Patent DE 10 2009 032 191 hat der 1. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts im schriftlichen Verfahren nach Schriftsatznachlass bis 21. März 2016 unter Mitwirkung der Präsidentin Schmidt, der Richterin Grote-Bittner sowie der Richter Dr.-Ing. Krüger, Dipl.-Ing. Univ. Dipl.-Wirt.-Ing. (FH) Ausfelder und Dipl.-Ing. Schlenk für Recht erkannt:

I. Die Klage wird als unzulässig abgewiesen. II. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits. III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 %

des jeweils beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar. IV. Der Streitwert wird auf 500.000 Euro festgesetzt.

Tatbestand Die Beklagte war Inhaberin des deutschen Patents DE 10 2009 032 191 mit der Bezeichnung „Verpackungsverfahren, Verpackungsvorrichtung sowie Spritzgussanlage“ (Streitpatent), das 19 Ansprüche umfasste.

Des Weiteren ist die Beklagte Inhaberin des u. a. mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 2 323 930, das aus der internationalen Anmeldung PCT/EP2010/003680 hervorgegangen ist und die Priorität der deutschen Anmeldung 10 2009 032 191 vom 7. Juli 2009 in Anspruch nimmt sowie in der ursprünglich erteilten Fassung 15 Ansprüche umfasst. Dieses beim Deutschen Patent- und Markenamt unter DE 50 2010 000 557 geführte Patent ist am 21. März 2012 in deutscher Sprache veröffentlicht worden und trägt ebenfalls die Bezeichnung „Verpackungsverfahren, Verpackungsvorrichtung sowie Spritzgussanlage“.

Die Klägerin forderte die Beklagte mit Schreiben vom 13. Dezember 2012 auf, ihre Kunden nicht durch Vorwurf einer Verletzung des Patents DE 10 2009 032 191 zu verunsichern, und bat sie um Bestätigung bis zum 15. Januar 2013. Mit Schreiben ihrer Patentanwälte vom 9. Januar 2013 schlug die Beklagte eine Einigung in Form eines Lizenzvertrages mit der R… AG (im Folgenden: Firma R…) vor, und bat um eine kurzfristige Stellungnahme zu ihrem Vorschlag bis zum 14. Januar 2013. Zugleich erklärte sie, dass sie im Falle des Scheiterns einer Einigung gezwungen sei, die Schutzrechte gerichtlich geltend zu machen, was bis zum jetzigen Zeitpunkt nicht beabsichtigt sei.

Die Klägerin reichte bei verschiedenen Landgerichten Schutzschriften mit Datum vom 21. März 2013 gegen einen möglichen einstweiligen Verfügungsantrag der Beklagten ein. Am 28. März 2013 fand bei der Firma R… in der S… ein Gespräch der Parteien statt, dessen Inhalt zwischen den Parteien strittig ist. Die Patentanwälte der Beklagten schickten an die klägerischen Bevollmächtigen wegen des Streitpatents noch zwei Schreiben mit Datum vom 10. April 2013 und 24. April 2013. In einem Lizenzvertrag vom 19. Juni 2013 mit der Firma R… erwähnt die Beklagte das Patent DE 10 2009 032 191.

Mit Klageschrift vom 21. März 2013, in der in der Betreffzeile „Deutsches Patent 50 2010 000 557.9 aus EP 2 323 930 B 1 sowie Deutsches Patent DE 10 2009 032 191 B3“ der Beklagten genannt sind, hat die Klägerin Nichtigkeitsklage erhoben und beantragt „die beiden obigen deutschen Patente in vollem Umfang für nichtig zu erklären“, weil der Gegenstand dieser Patente Jahre vor der Anmeldung offenkundig vorbenutzt worden sei. Zur Begründung führt die Klägerin in der Klageschrift in Bezug auf das Streitpatent aus, dass dieses Patent wegen des Doppelpatentierungsverbots – der Verfahrensanspruch 1 und der unabhängige Vorrichtungsanspruch 10 des Streitpatents seien mit den Ansprüchen 1 bis 6 des deutschen Patents 50 2010 000 557 identisch – keine Wirkung habe, ansonsten aber die offenkundig vorbenutzte Verpackungsvorrichtung auch sämtliche Ansprüche 1 bis 19 des Streitpatents vorwegnehme.

Mit gerichtlicher Verfügung vom 4./9. April 2013 zum Aktenzeichen 10 Ni 19/13 (nach Änderung der Geschäftsverteilung: 1 Ni 10/14) ist die Klägerin darauf hingewiesen worden, dass es wegen der Besonderheiten des Patentnichtigkeitsverfahrens nicht möglich sei, eine Klage gegen andere Patente zu richten, die Klage gegen das europäische Patent EP 2 323 930 (DE 50 2010 000 557) daher nunmehr unter dem Aktenzeichen 10 Ni 18/13 (später: 1 Ni 9/14) geführt und erst nach Einzahlung der Gerichtsgebühren zugestellt werde. Die Klägerin hat in beiden Klageverfahren jeweils die Gerichtsgebühren eingezahlt. Die unter dem Aktenzeichen 10 Ni 19/13 (später 1 Ni 10/14) geführte Nichtigkeitsklage vom 21. März 2013 nebst klägerischem Schriftsatz vom 14. Mai 2013 ist der Beklagten am 13. Juni 2013 zugestellt worden, nachdem die Klägerin die Gerichtsgebühr durch Einzugsermächtigung vom 13. Mai 2013 eingezahlt hatte.

Das Patent EP 2 323 930 (DE 50 2010 000 557) ist durch Urteil des Bundespatentgerichts vom 29. Oktober 2014, Az.: 1 Ni 9/14, teilweise für nichtig erklärt worden. Das Urteil ist bisher nicht rechtskräftig geworden, nachdem die Klägerin hiergegen Berufung beim Bundesgerichtshof eingelegt hat und über die Berufung noch nicht entschieden ist.

Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 8. Juli 2013 (Eingang bei Gericht am 12. Juli 2013) in Bezug auf das Streitpatent erklärt, dass sie der Klage nicht widerspricht, um insofern den Anforderungen eines sofortigen Anerkenntnisses i. S. d. § 93 ZPO zu genügen. Zugleich hat sie versichert, dass sie die Klägerin nicht, und zwar auch nicht für die Vergangenheit, aus dem Streitpatent in Anspruch nimmt. Gegenüber dem Patentamt hat die Beklagte mit Schriftsatz ebenfalls mit Datum vom 8. Juli 2013 ihren Verzicht auf das Streitpatent erklärt. Die Löschung des Streitpatents ist zwischenzeitlich im Register eingetragen worden.

Mit qualifiziertem Hinweis vom 13. November 2015 sind die Parteien im vorliegenden Verfahren darauf hingewiesen worden, dass sich das Nichtigkeitsverfahren durch den Verzicht auf das Streitpatent nicht erledigt habe, sondern es hierfür entsprechender Erledigungserklärungen bedarf und bisher von den Parteien Erledigungserklärungen nicht ausdrücklich abgegeben worden seien. Es bestehe damit die Möglichkeit, dass die Klage als unzulässig verworfen werde. Für die gemäß § 84 Abs. 2 PatG zu treffende Kostenentscheidung sei im Falle des sofortigen Anerkenntnisses die Regelung nach § 93 ZPO maßgeblich, die u. a. voraussetze, dass die Beklagte keine Veranlassung zur Klageerhebung gegeben und die Klage sofort anerkannt habe. Nachdem die Beklagte bisher weder eine Verletzungsklage erhoben noch einen einstweiligen Verfügungsantrag gestellt habe und auch keine wirksame vorprozessuale Verzichtsaufforderung der Klägerin vorliege, gehe der Senat gegenwärtig davon aus, dass die Beklagte keinen Anlass zur Nichtigkeitsklage gegeben und den Klageanspruch sofort anerkannt habe. Auf einen Lizenzvertrag vom 19. Juni 2013 zwischen der Beklagten und einem Kunden der Klägerin dürfte nicht abzustellen sein. Den Parteien ist Gelegenheit gegeben worden, zu diesen Hinweisen Stellung zu nehmen.

Die Klägerin meint, dass die Beklagte die Kosten des Verfahrens zu tragen habe, da diese Anlass zur Nichtigkeitsklage gegeben habe und einer vorherigen Verzichtsaufforderung nicht sofort nachgekommen sei. Bei der zwischen den Parteien unstreitig am 28. März 2013 durchgeführten Besprechung habe sie der Beklagten unter Hinweis auf die noch nicht vorgenommene Einzahlung der Gerichtsgebühren die Nichtigkeitsklage vorgelegt und sie zugleich aufgefordert, auf Ansprüche aus den in der Nichtigkeitsklage genannten beiden Patente zu verzichten, was die Beklagte aber abgelehnt habe. Den Klageanspruch habe die Beklagte dann erst drei Monate später anerkannt und damit nicht sofort i. S. d. § 93 ZPO. Nachdem die Beklagte noch in dem im Juni 2013 mit ihrem Kunden unterzeichneten Lizenzvertrag das Streitpatent erwähnt und damit an diesem Patent festgehalten habe, könne ihr Anerkenntnis vom 8. Juli 2013 nicht als sofort erklärt angesehen werden.

Die Klägerin ist der Auffassung, dass der Senat die Nichtigkeitsklage unzulässiger Weise in zwei Verfahren getrennt habe. Hierzu führt sie erstmals nach Erteilung des Hinweises aus, dass sie nur Klage gegen das wirksame EP Patent DE 50 2010 000 557 habe erheben wollen, wie der Klageschrift zu entnehmen sei.

Lediglich der Vollständigkeit halber habe sie das Patent DE 10 2009 032 191 in der Klageschrift erwähnt, in dem sie zum Doppelpatentierungsverbot Stellung genommen habe. Folge dieser ihrer Meinung nach fehlerhaften Verfahrensbehandlung durch den Senat sei ein widersprüchliches Ergebnis zum Nichtigkeitsverfahren 1 Ni 9/14.

Nach Auffassung der Klägerin ist eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung darin zu sehen, ob Patentinhaber angehalten werden sollen, ein mit einem europäischen Patent identisches, aber unwirksames deutsches Patent durch Zahlung von Jahresgebühren aufrechtzuerhalten, um eine unklare Rechtslage im Wettbewerb entstehen zu lassen, die mangels Verletzungsprozess nicht gerichtlich geklärt werden kann.

Mit Klageschrift vom 21. März 2013 mit der Betreffzeile „Deutsches Patent 50 2010 000 557.9 aus EP 2 323 930 B 1 sowie Deutsches Patent DE 10 2009 032 191 B3“ beantragt die Klägerin,

die beiden obigen deutschen Patente in vollem Umfang für nichtig zu erklären.

Mit Schriftsatz vom 5. Dezember 2013 beantragt sie,

der Beklagten die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, nachdem sie Anlass zur Nichtigkeitsklage vom 21.03.2013 gegeben und eine Verzichtsaufforderung keineswegs anerkannt hat.

Schließlich regt sie an,

die Rechtsbeschwerde zuzulassen.

Die Beklagte beantragt mit Schriftsatz vom 18. März 2015 und 9. Dezember 2015,

die Nichtigkeitsklage als unzulässig zu verwerfen.

Die Klage sei unzulässig geworden, da sie auf das Patent verzichtet habe und somit das Klagebegehren erledigt sei. Die Kosten des Verfahrens seien der Klägerin aufzuerlegen, da die Beklagte der Nichtigkeitsklage nicht widersprochen, sondern diese sofort anerkannt und keine Veranlassung zur Klage gegeben habe. Vor der Klageerhebung sei ihr keine wirksame Verzichtsaufforderung der Klägerin zugegangen. Schließlich sei die Klageschrift bereits am 21. März 2013 eingereicht worden und damit bereits vor der Besprechung der Parteien am 28. März 2013. Außerdem seien mit Schriftsatz vom 14. Mai 2013 weitere Nichtigkeitsgründe von der Klägerin geltend gemacht worden, so dass ihr zum Zeitpunkt der Besprechung am 28. März 2014 nicht alle für einen Verzicht sprechenden Umstände bekannt gewesen seien.

Der Senat hat mit Zustimmung der Parteien eine Entscheidung im schriftlichen Verfahren mit Schriftsatzfrist bis 21. März 2016 angeordnet. Die Beklagte hat am 24. März 2016 noch einen Schriftsatz eingereicht.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und den weiteren Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe Die Nichtigkeitsklage gegen das Deutsche Patent DE 10 2009 032 191 ist unzulässig, da ein Rechtsschutzinteresse an der Nichtigerklärung des zwischenzeitlich erloschenen Streitpatents nicht besteht.

1. Gegenstand der vorliegenden Nichtigkeitsklage ist die Nichtigerklärung des deutschen Patents DE 10 2009 032 191, nachdem über die Nichtigkeitsklage über das Patent EP 2 323 930 (DE 50 2010 000 557) im abgetrennten Verfahren vor dem Bundespatentgericht zum Az. 1 Ni 9/14 durch (nicht rechtkräftiges) Urteil vom 29. Oktober 2014 bereits entschieden wurde. Entgegen der von der Klägerin zuletzt vertretenen Auffassung begehrt sie mit der Klage vom 21. März 2013 die Nichtigkeit auch des deutschen Patents DE 10 2009 032 191. Der Streitgegenstand bestimmt sich nach den gestellten Anträgen und dem zu ihrer Begründung vorgetragenen Sachverhalt. In Nichtigkeitsverfahren ist dieser das angegriffene Schutzrecht im Umfang des Angriffs und der geltend gemachten Nichtigkeitsgründe. In der Klageschrift vom 21. März 2013 beantragt die Klägerin ausdrücklich, das Streitpatent für nichtig zu erklären. Dort heißt es nämlich: „…beantragt, die beiden obigen deutschen Patente in vollem Umfang für nichtig zu erklären,…“, wobei in der Betreffzeile auch das Streitpatent DE 10 2009 032 191 der Beklagten genannt ist (Bl. 6 d. A.). Zudem zahlte die Klägerin zwei Gerichtsgebühren, damit die gemäß gerichtlichem Hinweis vom 4./9. April 2013 nunmehr in zwei Klageverfahren geführten Nichtigkeitsklagen gegen zwei Patente zugestellt werden können. Dieses Verhalten der Klägerin ist weiterer Beleg dafür, dass sich die Nichtigkeitsklage vom 21. März 2013 (auch) gegen das Streitpatent richtet. In der Klageschrift führt die Klägerin zur Begründung der Nichtigkeit des Streitpatents aus, dass der Gegenstand dieser Patente Jahre vor dem Anmeldetag offenkundig vorbenutzt worden sei, und dass wegen des Doppelpatentierungsverbots davon ausgegangen werde, dass das Patent DE 10 2009 032 191 keine Rechtskraft habe.

2. Die Klage ist unzulässig geworden, nachdem die Beklagte mit Schriftsatz vom 8. Juli 2013 und damit nach Klagezustellung gegenüber dem Deutschen Patent- und Markenamt auf das Streitpatent verzichtet hat, somit das Streitpatent erloschen, und das Interesse der Allgemeinheit an der Klärung der Schutzfähigkeit entfallen ist (vgl. BGH GRUR 1974, 146, 147 - Schraubennahtrohr; GRUR 1982, 355 - Bauwerkseinfeuchtung; GRUR 2004, 849 - Duschabtrennung). Gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 PatG tritt nämlich mit Eingang der wirksamen Verzichtserklärung beim Patentamt die Wirkung des Erlöschens des Patents für die Zukunft ein. Ein etwaiges Rechtsschutzinteresse der Klägerin an der rückwirkenden Beseitigung des Streitpatents ist ebenfalls nicht gegeben, nachdem die Beklagte in ihrem Schriftsatz vom 8. Juli 2013 (Bl. 78 d. A.) gegenüber dem Bundespatentgericht ausdrücklich erklärt hat, die Klägerin auch nicht für die Vergangenheit aus dem Streitpatent in Anspruch zu nehmen. Da die Beklagte damit verbindlich auf alle Ansprüche aus dem zwischenzeitlich erloschenen Streitpatent verzichtet hat, ist auch ein etwaiges Rechtsschutzinteresse der Klägerin – abgesehen davon, dass die Klägerin hierzu nicht weiter vorgetragen hat – an der rückwirkenden Beseitigung des Streitpatents entfallen (vgl. zur Frage des Rechtsschutzinteresses in derartigen Fällen: BGH GRUR 1965, 231 – Zierfalten). Daran ändert auch der Umstand nichts, dass das Parallelpatent EP 2 323 930 teilweise weiterhin in Kraft ist. Aus ihm könnte die Beklagte zwar nach wie vor gegen die Klägerin vorgehen, da sich der Verzicht und die Erklärung, auch für die Vergangenheit keine Ansprüche geltend zu machen, ausdrücklich nur auf das Streitpatent beziehen. Allerdings ist Gegenstand des vorliegenden Nichtigkeitsverfahrens allein das Patent DE 10 2009 032 191, während über die Nichtigkeitsklage gegen das Patent EP 2 323 930 in dem Verfahren 1 Ni 9/14 (EP) bereits entschieden worden ist.

Der Senat hat über den mit der Klageschrift vom 21. März 2013 gestellten Antrag auf Nichtigerklärung des Streitpatents zu entscheiden, nachdem die Klägerin den Klageantrag weder zurückgenommen noch eine Klageänderung, gerichtet auf die Feststellung der Nichtigkeit des Streitpatents von Anfang an oder auf Feststellung der Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache, erklärt hat. Denn die Klägerin hat keine entsprechenden Prozesserklärungen abgegeben. Schließlich haben die Parteien den Rechtsstreit nicht übereinstimmend für erledigt erklärt.

Zwar zielt das Vorbringen beider Parteien, nachdem die Beklagte noch innerhalb der Widerspruchsfrist auf das Streitpatent verzichtet hat, im Weiteren allein darauf ab, aus welchen Gründen die jeweils andere Partei die Kosten des Verfahrens zu tragen hat. So beantragt die Klägerin mit Schriftsatz vom 5. Dezember 2013 ausdrücklich, der Beklagten die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, nachdem die Beklagte Anlass zur Nichtigkeitsklage gegeben und eine Verzichtsaufforderung keineswegs sofort anerkannt habe. Jedoch ist dieser Antrag nicht als Klageänderung auszulegen, die darauf gerichtet ist, nunmehr festzustellen, dass das Streitpatent von Anfang nichtig gewesen oder dass der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist.

Prozesserklärungen sind im Zweifel so auszulegen, dass die Partei das anstrebt, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der recht verstandenen Interessenlage der Partei entspricht (vgl. BGH NJW-RR 1995, 1183; 2000, 1446). Jedoch ist es nicht zulässig, einer eindeutigen Erklärung nachträglich den Sinn zu geben, der dem Interesse des Erklärenden am besten dient. Auch die schutzwürdigen Belange des Erklärungsadressaten sind zu berücksichtigen (vgl. BGH MDR 2003, 1434).

Ausgehend hiervon ist der Antrag der Klägerin im Schriftsatz vom 5. Dezember 2013 (Bl. 92 ff d. A.) als der Antrag aufzufassen, um den es sich nach seinem eindeutigen Wortlaut handelt, nämlich nur als Kostenantrag - auch wenn ein solcher Kostenantrag nicht erforderlich ist, da über die Kosten von Amts wegen zu entscheiden ist - und nicht als Antrag, festzustellen, dass der Rechtsstreit erledigt ist. Denn die Klägerin hat weder auf den gerichtlichen Hinweis vom 13. November 2015 reagiert, mit dem die Parteien darauf hingewiesen wurden, dass auf die Erledigung des Rechtsstreits gerichtete Prozesserklärungen der Parteien nicht abgegeben worden sind und daher die Möglichkeit besteht, dass die Klage als unzulässig verworfen wird, noch auf den Antrag der Beklagten im Schriftsatz vom 18. März 2015 und 9. Dezember 2015, die Nichtigkeitsklage als unzulässig zu verwerfen. Der Antrag im klägerischen Schriftsatz vom 5. Dezember 2013 ist demnach nicht auf eine Änderung der Nichtigkeitsklage gerichtet, sondern enthält nur den Antrag, der Beklagten die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Damit bleibt der Antrag gemäß Klageschrift auf Nichtigkeitserklärung unverändert fortbestehen.

Mithin hat der Senat weiterhin über den Klageantrag auf Nichtigkeitserklärung des Streitpatents zu entscheiden. Dieser Klageantrag ist aber unzulässig geworden. Die Zulässigkeit der Klage ist eine von Amts wegen zu prüfende Prozessvoraus- setzung, die auch noch im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung oder im schriftlichen Verfahren nach § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 128 Abs. 2 ZPO in dem Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können und der dem Schluss der mündlichen Verhandlung entspricht, vorliegen muss. Diese Prozessvoraussetzung ist aber nach den obigen Ausführungen nicht mehr gegeben.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Die Verwerfung der Klage als unzulässig hat die Kostenentscheidung nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO zur Folge (vgl. BGH GRUR 2004, 849 – Duschabtrennung). Für eine Kostenentscheidung nach § 93 ZPO ist kein Raum. Der Rechtsgedanke des § 93 ZPO wäre nur im Falle der übereinstimmenden Erledigungserklärung der Parteien heranzuziehen gewesen. Entsprechende Sachanträge sind aber, wie ausgeführt wurde, nicht gestellt worden.

Im Übrigen hätte die Klägerin auch bei übereinstimmender Erledigungserklärung die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Gemäß § 99 Abs. 1 ZPO i. V. m. § 91a ZPO wäre insoweit unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen über die Kosten des Rechtsstreits zu entscheiden gewesen. Im Rahmen dieser Ermessensentscheidung ist auch der Grundgedanke des § 93 ZPO heranzuziehen, wonach ein Beklagter keine Kosten zu tragen hat, wenn er keine Veranlassung zur Klageerhebung gegeben und den Klageanspruch sofort anerkannt hat (vgl. BGH GRUR 1984, 272, 276 – Isolierglasscheibenrandfugenfüllvorrichtung; Busse/Keukenschrijver, Patentgesetz, 7. Aufl., § 84, Rdn. 17, 18). Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

Veranlassung zur Klageerhebung gibt ein Verhalten, das vernünftigerweise den Schluss rechtfertigt, eine Nichtigkeitsklage sei notwendig. Anlass zur Nichtigkeitsklage gibt danach die beklagte Partei, wenn sie gegenüber der Klägerin zum Ausdruck gebracht hat, dass sie einem ernstlich gemeinten Verzichtsverlangen auf das Patent nicht entsprechen will, oder wenn sie eine ordnungsgemäße Verzichtsaufforderung innerhalb der angemessenen Frist unbeachtet gelassen oder bereits Verletzungsklage aus dem Streitpatent erhoben oder eine einstweilige Verfügung auf Grund des Streitpatents beantragt oder angedroht hat (vgl. Schulte, PatG, 9. Aufl., § 84, Rdn. 32 mit Rechtsprechungsnachweisen). Diese Voraussetzungen müssen dabei vor der Klageerhebung i. S. d. § 93 ZPO erfüllt sein, mithin vorliegend vor dem 21. März 2013. Denn unter „Erhebung der Klage“ i. S. d. § 93 ZPO ist nicht erst die förmliche Klagezustellung zu verstehen, sondern bereits die Einreichung der Klage, mit der das Gericht angerufen wird (vgl. OLG Bamberg, JurBüro 1982, 1884; OLG Braunschweig, OLGR 1996, 120; Zöller/Herget, ZPOKomm., 31. Aufl., § 93, Rdn. 3). Dementsprechend kann die Klägerin mit ihrer nach Klageerhebung am 21. März 2013 an die Beklagte gerichteten Aufforderung zum Verzicht auf das Streitpatent nicht mehr die Voraussetzungen dafür schaffen, dass die Beklagte Anlass zu der vorliegenden Nichtigkeitsklage gegeben hat. Für die Frage der Veranlassung zur Erhebung der Nichtigkeitsklage sind somit der Inhalt der Besprechung vom 28. März 2013 sowie der nach dem 21. März 2013 zwischen den Parteien geführte Schriftverkehr, wie die Schreiben der Bevollmächtigten der Beklagten vom 10. April 2013 und 24. April 2013 sowie die Lizenzvereinbarung von Juni 2013, nicht relevant. Die Beklagte hat unstreitig wegen des Streitpatents auch keine Verletzungsklage oder einen Antrag auf einstweilige Verfügung eingereicht, und sie hat ebenso wenig vor dem 21. März 2013 angedroht, einstweiligen Rechtsschutz zu beantragen. Das Schreiben der Beklagten vom 9. Januar 2013 enthält eine dahingehende Androhung erkennbar nicht, nachdem die Beklagte angegeben hat, die Schutzrechte derzeit nicht gerichtlich geltend machen zu wollen. Auch die Klägerin hat dieses Schreiben nicht als eine solche Androhung aufgefasst. Denn die Klägerin hat die Schutzschriften wegen des Streitpatents bei mehreren Landgerichten nicht sofort, sondern erst mehr als zwei Monate später zeitgleich mit der Erhebung der Nichtigkeitsklage eingereicht. Schließlich beinhaltete das Schreiben der Klägerin vom 13. Dezember 2012 keine unmissverständliche Aufforderung zum Verzicht auf das Streitpatent im eingangs genannten Sinne, um die Erhebung einer Nichtigkeitsklage zu vermeiden. Die Klägerin verlangte darin lediglich von der Beklagten, ihre Kunden durch den Vorwurf einer Patentverletzung „nicht zu verunsichern“.

Die Beklagte hat den Klageanspruch innerhalb der Widerspruchsfrist nach § 82 Abs. 1 PatG nach Zustellung der Nichtigkeitsklage und damit sofort i. S. d. § 93 ZPO anerkannt (vgl. BPatGE 31, 191, 193; Schulte, PatG, 9. Aufl., § 84, Rdn. 47). Sie hat der Nichtigkeitsklage ausdrücklich nicht widersprochen und zugleich den Verzicht auf das Streitpatent erklärt und für die Vergangenheit auf die Geltendmachung von Ansprüchen verzichtet. Die Nichtigkeitsklage ist der Beklagten am 13. Juni 2013 zugestellt worden. Die Erklärung, der Klage nicht zu widersprechen, hat sie mit Schriftsatz vom 8. Juli 2013 abgegeben, der am 12. Juli 2013 bei Gericht eingegangen ist. Den Verzicht auf das Streitpatent hat die Beklagte gegenüber dem Patentamt mit Schreiben vom 8. Juli 2013 erklärt. Dass zwischen Klageeinreichung und Klagezustellung fast drei Monate liegen, geht nicht zu Lasten der Beklagten, ist insbesondere nicht ihrem Verantwortungsbereich zuzurechnen. Vielmehr hat die Klägerin selbst, indem sie die Gerichtsgebühr erst zu einem späteren Zeitpunkt eingezahlt hat, die verzögerte Klagezustellung (mit)verursacht. Zudem sind für die Frage, ob das Anerkenntnis sofort i. S. d. § 93 ZPO abgeben worden ist, allein das Klageverfahren und die abgegebenen Prozesserklärungen maßgebend. Außerprozessuale Handlungen sind unbeachtlich. Mitteilungen wie die, dass eine Klage eingereicht worden ist, oder die Vorlage oder Aushändigung einer Kopie der Klageschrift, ersetzen die Zustellung der Klageschrift nicht, können demzufolge keine Frist in Lauf setzen und sind für die Beurteilung, ob ein Anerkenntnis sofort i. S. d. § 93 ZPO erklärt worden ist, unerheblich.

4. Der Schriftsatz der Beklagten vom 24. März 2016 war gemäß § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 296a ZPO nicht mehr zu berücksichtigen, da er nach dem Zeitpunkt, bis zu dem im schriftlichen Verfahren Schriftsätze eingereicht werden konnten, eingegangen ist.

5. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 709 Satz 1 und 2 ZPO.

6. Die von der Klägerin angeregte Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen. Es handelt sich bei der Rechtsbeschwerde nicht um das zulässige Rechtsmittel ge- gen das erstinstanzliche Urteil des Bundespatentgerichts in einem Nichtigkeitsverfahren. Abgesehen davon ist die von der Klägerin aufgeworfene (Rechts)Frage nicht entscheidungserheblich, da die Klage bereits als unzulässig zu verwerfen war.

Rechtsmittelbelehrung Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung gegeben.

Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens nach Ablauf von fünf Monaten nach Verkündung, durch einen Rechts- oder Patentanwalt als Bevollmächtigten schriftlich oder in elektronischer Form beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, einzulegen.

Schmidt Grote-Bittner Dr. Krüger Ausfelder Schlenk Ko

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Häufigkeit Paragraph
11 93 ZPO
3 99 PatG
3 91 ZPO
2 84 PatG
1 20 PatG
1 82 PatG
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1 128 ZPO
1 296 ZPO
1 709 ZPO

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