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5 StR 166/15

BUNDESGERICHTSHOF StR 166/15 BESCHLUSS vom 3. Juni 2015 in der Strafsache gegen wegen Körperverletzung Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 3. Juni 2015 beschlossen:

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Göttingen vom 12. Januar 2015 nach § 349 Abs. 4 StPO mit den Feststellungen aufgehoben, soweit der Angeklagte verurteilt wurde.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 15 Euro verurteilt und ihn im Übrigen freigesprochen. Die mit der Sachrüge geführte Revision des Angeklagten hat Erfolg.

1. Nach den Feststellungen des Landgerichts hat der Angeklagte seine Lebensgefährtin, die Nebenklägerin W

, am 3. Juni 2013 im Rahmen einer Auseinandersetzung in der gemeinsamen Wohnung zweimal an den Haaren gepackt und niedergerissen, so dass sie mit ihrem Kopf auf den Boden schlug. Hierdurch erlitt sie Kopfschmerzen und ein leichtes Schwindelgefühl. Das Landgericht war insoweit von der Richtigkeit der Angaben der Nebenklägerin überzeugt.

2. Vom Vorwurf, der Nebenklägerin bereits Mitte Mai 2013 mit einem Jagdmesser blutige Schnittwunden zugefügt und sie zu vergewaltigen versucht zu haben, hat das Landgericht den Angeklagten aus tatsächlichen Gründen freigesprochen.

Das Landgericht führte hierzu beweiswürdigend aus, dass nicht sicher feststehe, dass ein solches Geschehen überhaupt stattgefunden habe. Die Angaben der Nebenklägerin seien aufgrund „diverser Ungereimtheiten und Fragwürdigkeiten hinsichtlich des Tatablaufs“ nicht zuverlässig. Mit dem „normalen Vergessensprozess“ sei dies nicht plausibel erklärbar. Im Gegensatz zur festgestellten Tat am 3. Juni 2013 habe die Nebenklägerin den Vorfall im Mai 2013 bei den verschiedenen Vernehmungen im Geschehensablauf „sehr unterschiedlich“ geschildert. Einzig die dokumentierte Schnittwunde im Brustbereich habe ihre Aussage stützen können; jedoch sei die Frage offen geblieben, warum nur diese Verletzung feststellbar gewesen sei, wenn „der Angeklagte ihr doch mehrere Kratzer zugefügt haben soll“.

3. Die Beweiswürdigung des Landgerichts hält sachlich-rechtlicher Nachprüfung nicht stand, weil sie der besonderen Beweislage nicht gerecht wird.

a) In einem Fall, in dem Aussage gegen Aussage steht und nur die Angaben eines einzigen Tatzeugen zur Verfügung stehen, mithin die Entscheidung allein davon abhängt, ob diesem Zeugen zu folgen ist, müssen die Urteilsgründe erkennen lassen, dass das Tatgericht alle Umstände, welche die Entscheidung beeinflussen können, erkannt und in seine Überlegungen einbezogen hat (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 29. Juli 1998 – 1 StR 94/98, BGHSt 44, 153, 158 f. mwN). Dies gilt besonders, wenn der einzige Belastungszeuge in der Hauptverhandlung seine Vorwürfe ganz oder teilweise nicht mehr aufrechterhält, der anfänglichen Schilderung weiterer Taten nicht gefolgt wird oder sich sogar die Unwahrheit eines Aussageteils herausstellt. Dann muss das Tatgericht jedenfalls regelmäßig außerhalb der Zeugenaussage liegende gewichtige Gründe nennen, die es ihm ermöglichen, der Zeugenaussage im Übrigen dennoch zu glauben (BGH aaO). Diesen erhöhten Anforderungen genügt das angefochtene Urteil nicht.

b) Das Landgericht hat den die Taten „voll umfänglich in Abrede“ stellenden Angeklagten wegen des Vergewaltigungsvorwurfs aufgrund von Defiziten in der Aussage der Nebenklägerin als nicht überführt angesehen. Der Nebenklägerin wird eine bewusste Falschaussage unterstellt, obwohl eine Schnittwunde im Brustbereich objektivierbar war. Den möglichen Beweggrund für eine solche Falschaussage erörtert die Strafkammer jedoch nicht hinreichend. Sie erwägt zwar, dass die Nebenklägerin wegen der zum Tatzeitpunkt bestehenden Trennungsphase ein Motiv gehabt habe, den Angeklagten „zu Unrecht schwerwiegender Vorfälle zu bezichtigen“, um ihn auf diese Weise „loszuwerden“ oder um sich zu rächen. Indes habe die Nebenklägerin den Angeklagten nicht einseitig belastet, sondern auch positiv über ihn berichtet; die geschilderten gewalttätigen Übergriffe seien die ersten gewesen.

c) Diese Erwägungen des Landgerichts, mit denen es ein Falschbelastungsmotiv der Nebenklägerin hinsichtlich der Körperverletzungshandlung am 3. Juni 2013 verneint, greifen zu kurz. Es ist zum einen nicht dargelegt und auch sonst nicht ersichtlich, dass sich die Motivlage der Nebenklägerin zwischen behaupteter Vergewaltigung und der Körperverletzung am 3. Juni 2013 verändert hat. Zum anderen relativiert der Umstand, dass die Nebenklägerin den Angeklagten nicht einseitig belastet habe, ein mögliches Falschbelastungsmotiv nicht. Das Landgericht hätte daher die für die Vergewaltigungsanzeige bestehende Motivlage eingehender in die Aussageanalyse hinsichtlich der abgeurteilten Tat einbeziehen müssen.

4. Die Sache bedarf daher unter Bewertung aller von der Nebenklägerin erhobenen Vorwürfe neuer Verhandlung. Das neue Tatgericht wird bei unveränderter Beweislage gegebenenfalls zu prüfen haben, ob gewichtige Umstände außerhalb der Aussage der Nebenklägerin vorliegen, die es ermöglichen würden, eine Verurteilung des Angeklagten wegen Körperverletzung auf ihre Angaben zu stützen.

Sander Schneider Berger Bellay Feilcke

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