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VIa ZR 952/22

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES VIa ZR 952/22 URTEIL in dem Rechtsstreit Verkündet am: 16. Januar 2024 Neumayer Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle ECLI:DE:BGH:2024:160124UVIAZR952.22.0 Der VIa. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 16. Januar 2024 durch die Richterin am Bundesgerichtshof Dr. C. Fischer als Vorsitzende, die Richterinnen Möhring, Dr. Krüger, Wille und den Richter Liepin für Recht erkannt:

Auf die Revision der Klägerin wird der Beschluss des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 30. Mai 2022 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufungsanträge zu 2, zu 4 und zu 5 betreffend eine deliktische Schädigung der Klägerin durch das Inverkehrbringen des erworbenen Fahrzeugs zurückgewiesen worden sind.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen Tatbestand:

Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen der Verwendung unzulässiger Abschalteinrichtungen in einem Kraftfahrzeug auf Schadensersatz in Anspruch.

Die Klägerin kaufte im Jahr 2011 von der Beklagten einen von dieser hergestellten neuen Mercedes-Benz C 220 CDI, der mit einem Dieselmotor der Baureihe OM 651 ausgerüstet ist. In dem Fahrzeug wird die Abgasrückführung temperaturabhängig gesteuert und unter Einsatz eines sogenannten "Thermofensters" bei bestimmten Außentemperaturen reduziert. Das Fahrzeug verfügt über eine Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung (KSR).

Die Klägerin hat zuletzt die Erstattung des Kaufpreises nebst Verzugszinsen Zug um Zug gegen Übereignung und Herausgabe des Fahrzeugs sowie Zug um Zug gegen Zahlung einer Nutzungsentschädigung (Berufungsantrag zu 2), die Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten für weitergehende Schäden, die aus dem Einbau von nach Auffassung der Klägerin unzulässiger Abschalteinrichtungen und dem Einsatz eines fehlerhaften On-Board-Diagnosesystems resultieren (Berufungsantrag zu 3), Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten (Berufungsantrag zu 4) sowie die Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten (Berufungsantrag zu 5) begehrt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist erfolglos geblieben. Mit ihrer vom Senat insoweit zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Berufungsanträge zu 2, zu 4 und zu 5 weiter, soweit sie diese auf ihre deliktische Schädigung durch das Inverkehrbringen des Fahrzeugs stützt.

Entscheidungsgründe:

Die Revision der Klägerin hat Erfolg.

I.

Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung - soweit für das Revisionsverfahren von Interesse - im Wesentlichen wie folgt begründet:

Der Vortrag der Klägerin sei zur Annahme einer sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung im Sinne des § 826 BGB nicht geeignet. Die Verwendung des Thermofensters und der KSR sei nicht als sittenwidrig anzusehen, weil es sich nicht um auf die Täuschung der Zulassungsbehörde gerichtete Prüfstandserkennungssoftware handele. Zudem fehle es an hinreichenden Hinweisen auf einen Schädigungsvorsatz der für die Beklagte tätigen Personen. Der Klägerin stehe auch kein Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV zu. Die Vorschriften der EG-FGV dienten nicht dazu, den einzelnen Fahrzeugerwerber vor dem Abschluss eines ungewollten Kaufvertrags zu schützen.

II.

Diese Erwägungen halten dem Angriff der Revision nicht stand. Die Revision wendet sich allein dagegen, dass das Berufungsgericht der Klägerin nicht ermöglicht habe, anstelle des bislang verfolgten Anspruchs auf die Gewährung sogenannten "großen" Schadensersatzes einen Anspruch auf Ersatz des Differenzschadens wegen der Verwendung des Thermofensters geltend zu machen. Sie führt mit Erfolg an, das Berufungsgericht habe zu Unrecht einen Anspruch der Klägerin aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV auf Ersatz des Differenzschadens aus Rechtsgründen abgelehnt.

Wie der Senat nach Erlass des angefochtenen Beschlusses entschieden hat, sind die Bestimmungen der § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB, die das Interesse des Fahrzeugkäufers gegenüber dem Fahrzeughersteller wahren, nicht durch den Kaufvertragsabschluss eine Vermögenseinbuße im Sinne der Differenzhypothese zu erleiden, weil das Fahrzeug entgegen der Übereinstimmungsbescheinigung eine unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne des Art. 5 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 aufweist (vgl. BGH, Urteil vom 26. Juni 2023 - VIa ZR 335/21, NJW 2023, 2259 Rn. 29 bis 32, zur Veröffentlichung bestimmt in BGHZ).

Mit Blick darauf hat das Berufungsgericht zwar zu Recht einen Anspruch der Klägerin auf die Gewährung sogenannten "großen" Schadensersatzes verneint (vgl. BGH, Urteil vom 26. Juni 2023 - VIa ZR 335/21, NJW 2023, 2259 Rn. 22 bis 27). Es hat jedoch nicht berücksichtigt, dass der Klägerin nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV ein Anspruch auf Ersatz eines erlittenen Differenzschadens zustehen kann (vgl. BGH, Urteil vom 26. Juni 2023, aaO, Rn. 28 bis 32; ebenso BGH, Urteile vom 20. Juli 2023 - III ZR 267/20, WM 2023, 1839 Rn. 21 ff.; - III ZR 303/20, juris Rn. 16 f.; Urteil vom 12. Oktober 2023 - VII ZR 412/21, juris Rn. 20). Demzufolge hat das Berufungsgericht - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - weder der Klägerin Gelegenheit zur Darlegung eines solchen Schadens gegeben, noch hat es Feststellungen zu einer deliktischen Haftung der Beklagten wegen des zumindest fahrlässigen Einbaus einer unzulässigen Abschalteinrichtung getroffen.

III.

Der angefochtene Beschluss ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang aufzuheben, § 562 Abs. 1 ZPO, weil er sich insoweit nicht aus anderen Gründen als richtig darstellt, § 561 ZPO. Der Senat kann im Umfang der Aufhebung nicht in der Sache selbst entscheiden, weil diese nicht zur Endentscheidung reif ist, § 563 Abs. 3 ZPO. Sie ist daher insoweit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

Im wiedereröffneten Berufungsverfahren wird die Klägerin Gelegenheit haben, einen Differenzschaden darzulegen und geltend zu machen. Das Berufungsgericht wird sodann nach den näheren Maßgaben des Urteils des Senats vom 26. Juni 2023 (VIa ZR 335/21, NJW 2023, 2259) die erforderlichen Feststellungen zu der Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung sowie gegebenenfalls zu den weiteren Voraussetzungen und zum Umfang einer Haftung der Beklagten nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV zu treffen haben.

C. Fischer Möhring Krüger Wille Liepin Vorinstanzen: LG Wiesbaden, Entscheidung vom 07.05.2021 - 3 O 1743/20 OLG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 30.05.2022 - 8 U 102/21 -

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Häufigkeit Paragraph
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2 563 ZPO
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