Paragraphen in 12 W (pat) 301/11
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BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 301/11 Verkündet am 30. Januar 2014
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BESCHLUSS In der Einspruchssache betreffend das Patent 199 11 533 …
BPatG 154 05.11
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hat der 12. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 30. Januar 2014 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Ing. Schneider, der Richterin Bayer sowie der Richter Dipl.- Ing. Sandkämper und Dipl.- Ing. Schlenk beschlossen:
Das Patent 199 11 533 wird widerrufen.
Gründe l.
Gegen das am 16.03.1999 unter Inanspruchnahme der japanischen Priorität 92082/98 vom 3. April 1998 angemeldete und am 10. November 2005 veröffentlichte Patent 199 11 533 mit der Bezeichnung „Kolbenring, insbesondere ein solcher für einen Aluminiumzylinder“ hat die Einsprechende am 7. Februar 2006 Einspruch eingelegt.
Der Einspruch ist mit Gründen versehen und auf die Behauptung gestützt, dass der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 unzulässig erweitert sowie mangels Neuheit und erfinderischer Tätigkeit nicht patentfähig sei.
Die Einsprechende verweist dazu u. a. auf folgende Druckschriften:
DE 37 25 495 C2 (D1), als D4 im Prüfungsverfahren JP 052 48 540 A1 (D10), mit deutscher Übersetzung DE 44 38 550 A1 (D12).
Die Einsprechende beantragte,
das Patent 199 11 533 zu widerrufen.
Die Patentinhaberin beantragte,
das Patent 199 11 533 aufrechtzuerhalten.
Sie vertritt die Ansicht, dass der Patentgegenstand in der erteilten Fassung nicht unzulässig erweitert sowie gegenüber dem insgesamt aufgezeigten Stand der Technik neu und erfinderisch sei.
Der erteilte Anspruch 1 hat nach Merkmalen gegliedert folgenden Wortlaut:
Kolbenring geeignet für einen Aluminiumzylinder oder zur Verwendung in Kombination mit einem Aluminiumzylinder,
mit einer Nitridschicht zumindest an einer Gleitfläche, 3 wobei das Ausgangsmaterial des Kolbenringes ein spezieller Stahl ist, der
0,4 - 0,75 Gewichtsprozent Kohlenstoff und 7,0 - 11,0 Gewichtsprozent Chrom enthält und 4 die Nitridschicht eine Härte von HV 900 - 1090 aufweist, dadurch gekennzeichnet, 5 dass der Aluminiumzylinder aus einer übereutektischen Aluminium-SiliziumLegierung hergestellt ist.
Wegen der Fassung des Unteranspruchs 2 sowie wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
1. Der frist- und formgerecht erhobene Einspruch ist zulässig. Er ist auch begründet.
2. Der Gegenstand des angefochtenen Patents stellt keine patentfähige Erfindung i. S. d. PatG §§ 1 bis 5 dar. Es mag dahinstehen, ob der erteilte Anspruch 1 unzulässig erweitert oder neu ist, denn er beruht jedenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
3. Als zuständiger Fachmann ist hier ein Maschinenbauingenieur (Univ.) der Fachrichtung Motoren- und Fahrzeugtechnik mit beruflicher Erfahrung in der Konstruktion und Entwicklung von Kolben- Zylinder(büchsen)systemen anzusehen.
4. Zum Verständnis Mit dem Anspruch 1 wird ein Kolbenring, geeignet für einen Aluminiumzylinder oder zur Verwendung in Kombination mit einem Aluminiumzylinder für eine mehrzylindrige Hubkolbenmaschine beansprucht, der auf das Material des Zylinders abgestimmt ist. Dabei ist unter „Aluminiumzylinder“ gemäß den Abs. 0003 und 0016 ein Zylinder aus einer übereutektischen Aluminium-Silizium-Legierung (Al-Si-Legierung) zu verstehen, wie sich für den Fachmann auch aus den Legierungsangaben in Abs 0016 ergibt.
Besonders in den letzten Jahren vor der Anmeldung des Streitpatents wurden im Automobilbau erhebliche Anstrengungen zur Reduzierung des Fahrzeuggewichtes unternommen, um so die dynamischen Eigenschaften eines Automobils zu verbessern und gleichzeitig den Treibstoffverbrauch zu reduzieren. Aus diesen Gründen wurden zunehmend Aluminiumzylinder aus einer hyper- bzw. übereutektischen Aluminiumlegierung durch Gießen hergestellt [Patentschrift Abs. 0003]. Der Fachmann versteht im angloamerikanischen Raum unter hypereutektischen Aluminiumlegierungen das gleiche wie der Fachmann im deutschsprachigen Raum unter übereutektischen Aluminiumlegierungen, nämlich Al-SiLegierungen, bei denen sich beim Abkühlen harte Primärsiliziumkristalle in der weichen umgebenden Legierungsmatrix ausscheiden und somit eine harte, verschleißfeste Oberfläche (beim Zylinder Lauffläche) bilden können. Diese Kristalle werden dann idR durch mechanisches Bearbeiten und/oder Ätzen freigelegt, um eine "harte" Gleitfläche zu bilden.
Weiterhin wurden in diesem Zeitraum Kolbenringe zur Verwendung in Kombination mit derartigen Aluminiumzylindern verbessert, und zwar sowohl auch hinsichtlich des verwendeten Materials als auch (des Überzugs) der Gleitfläche, um so eine verbesserte Anpassung an die Gleitfläche des Aluminiumzylinders zu erreichen. Für die Herstellung eines zugehörigen Kolbenringes wurde als Ausgangsmaterial ein korrosionsbeständiger Stahl verwendet, der 12 - 14% Chrom aufweist, wobei die Gleitfläche durch Nitrierung gehärtet wird [Patentschrift Abs. 0004]. Der vorstehend erwähnte herkömmliche Kolbenring mit einer Nitridschicht an der Gleitfläche besitzt eine Härte (Vickers-Härte in N/mm2) von HV 1100 - 1300 an der Gleitfläche, wie sich aus den Prioritätsunterlagen ergibt. Aus diesem Grunde ist zwar die Abriebfestigkeit des Kolbenringes selbst gut, aber der Aluminiumzylinder unterliegt wegen des zu harten Kolbenrings einem erhöhten Abrieb bzw. einer erhöhten Abnutzung, was dann zu einer relativ kurzen Lebensdauer führt [Patentschrift Abs. 0005].
5. Zur erfinderischen Tätigkeit Aus der D12 ist dem Fachmann eine Aluminium-Zylinderlaufbüchse (Sp. 1, Z. 3-8), bestehend aus einer übereutektischen Al-Si-Legierung nach einem Teil des Merkmals 5 (Sp. 4, Z. 6 - 55), bekannt.
Weiterhin sind dem Fachmann Zylinder aus Al-Si-Legierungen bekannt.
Bei den in Rede stehenden Kolben-Zylinder-Systemen für Hubkolbenmaschinen wird die Abdichtung und Führung des sich hin und her bewegenden Kolbens im Zylinder durch Kolbenringe vorgenommen. In der D12 wird auch auf Fragen der Reibung bzw. des Verschleißes zwischen Zylinder und Kolbenringen hingewiesen (Sp. 2, Z. 1 - 6). Der Fachmann hatte daher eine Veranlassung, Kolbenringe, welche die Reibung und den Verschleiß verringern, im Stand der Technik zu ermitteln.
Aus der D1 ist es bekannt, bei Zylindern für Hubkolben- bzw. Brennkraftmaschinen aus einer übereutektischen Al-Si-Legierung mit entsprechend harten Partikeln (Merkmal 5) bzw. Fasern (S. 2, Z. 12 - 13 und S. 5, Z. 5 - 10) Kolbenringe aus nichtrostendem Stahl, wozu auch nitrierter Chromstahl gehört (Merkmal 3), zu verwenden (vgl. D1, S. 9, Z. 54 - 57 i. V. m Ansprüchen 13 und 14).
Für derartige Kolbenringe wird gemäß Anspruch 15 vorgeschlagen, eine Gleitschicht (Chromschicht) mit einer Härte von HV 600 bis 1000 zu verwenden, um damit gemäß der Aufgabenstellung (S. 2, Z. 16 - 17) den Verschleiß der Gleitfläche, hier des Zylinders, zu mindern (Merkmale 2 und 4).
Dass bei Zylindern nach der D1 noch zusätzliche Fasern zur Erhöhung der Festigkeit und der Schmierfähigkeit eingesetzt werden, ändert bezüglich der notwendigen Kolbenringhärte bei „faserlosen“ übereutektischen Al-Si-Legierungen mit entsprechend harten Siliziumpartikeln nichts. Durch das Einbringen von Fasern als zusätzliche Maßnahme soll über die harten Siliziumkristalle der übereutektischen Legierung hinaus der Verschleiß der Zylinderbuchse weiter vermindert und deren Festigkeit gesteigert werden, was aber eine aufwendigere und damit teurere Herstellung nach sich zieht.
In der D1 fehlen nähere Angaben zur chemischen Zusammensetzung des nichtrostenden Stahls für die Kolbenringe, ein nitrierbarer Chromstahl für Kolbenringe mit entsprechenden Legierungselementen gemäß Merkmal 3 und entsprechender Härte der Beschichtung von weniger als 1050 HV entsprechend den in der D1 aufgezeigten Anforderungen wird in der D10 beschrieben, vgl. engl. Übersetzung S. 3, Z. 3 - 14 und S. 4, Abs. 2. Hierdurch kann der Verschleiß an den Kolbenringen vermindert werden (Abs. 0004 der Übersetzung).
Da in einem berührenden Dichtsystem, wie es hier vorliegt, immer beide „Reibpartner“, also Zylinderwand und Kolbenring, zu betrachten sind, gibt die in Abs. 0004 der D10 beschriebene Aufgabenstellung eine Anregung, diese Schrift ergänzend zur D12, die eine Verschleißminderung des Zylinders (Sp. 2, Z. 58 bis 67) anstrebt, hinzuzuziehen.
Eine erfinderische Tätigkeit ist für den Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 nicht gegeben, da der Fachmann aus der D1 die Lehre erhält, bei Zylindern für Brennkraftmaschinen aus einer übereutektischen Al-Si-Legierung Kolbenringe aus Chromstahl mit einer Laufflächenhärte von HV 600 bis 1000 zu verwenden. Eine im Sinne der Merkmale 3 und 5 genauere Spezifikation der Al-Si-Legierung und der entsprechenden Legierung für Kolbenringe mit den erforderlichen Eigenschaften sowie Hinweise zur Bearbeitung erhält dann der Fachmann aus den detaillierteren Schriften D12 und D10.
Im Übrigen gilt bei Kolben-Zylindersystemen allgemein, dass in der Reduzierung der Laufflächenhärte bei den Kolbenringen bei übermäßigem Verschleiß der Zylinderwandung lediglich das Ergebnis von Versuchen bzw. eine nahe liegende Maßnahme des Fachmann zu sehen ist, der natürlich die vom Zylinderwandherstellungsverfahren vorgegebene maximale „Härte“ bzw. Verschleißfestigkeit der übereutektischen Al-Si-Legierung kennt und demgemäß bei deren übermäßigem Verschleiß die Härte des Kolbenrings vermindern muss, um eine verbesserte Anpassung der Reibpartner aneinander zu erreichen, ohne das gesamte Dichtsystem bsw. bzgl. Anpressdruck oder Schmierung zu verändern.
6. Zu Anspruch 2 Da der Anspruch 1 mangels erfinderischer Tätigkeit nicht rechtsbeständig ist, kann auch der auf ihn rückbezogene Anspruch 2 keinen Bestand haben.
Deshalb war das Patent zu widerrufen.
Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss steht den am Verfahren Beteiligten das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass
1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, 2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, 3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, 4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat, 5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder 6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses durch einen bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt zu unterzeichnen und beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe, einzureichen. Die Frist ist nur gewahrt, wenn die Rechtsbeschwerde vor Fristablauf beim Bundesgerichtshof eingeht. Die Frist kann nicht verlängert werden.
Schneider Bayer Sandkämper Schlenk Me
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