8 W (pat) 12/06
BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 12/06
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(Aktenzeichen)
BESCHLUSS In der Beschwerdesache betreffend die Patentanmeldung … …
hat der 8. Senat (Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 16. Juli 2015 durch den Vorsitzenden Richter Dipl.-Phys. Dr. phil. nat. Zehendner sowie den Richter Dipl.-Ing. Dr. agr. Huber, die Richterin Grote-Bittner und den Richter Dipl.-Ing. Brunn BPatG 152 08.05 beschlossen:
1. Der Antrag des Anmelders auf Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr wird als unzulässig verworfen.
2. Die Beschwerde des Anmelders gegen den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse A01B des Deutschen Patent- und Markenamts vom 21. Oktober 2005 gilt als nicht eingelegt.
Gründe I.
Der Anmelder hat am 20. August 1991 eine Erfindung mit der Bezeichnung „…“ als Zusatz zur Patentanmeldung … beim Deutschen Patent- und Markenamt zur Eintragung unter dem Aktenzeichen … angemeldet. Nachdem das Prüfungsverfahren bis zur endgültigen Erledigung der Hauptanmeldung ausgesetzt worden war, ist dem Anmelder mit Bescheid des Patentamts vom 16. August 2005 mitgeteilt worden, dass das Verfahren der Hauptanmeldung beendet sei, damit die Grundlage für das Zusatzverhältnis entfallen und daher der Antrag auf Erteilung eines Zusatzpatents in den Antrag auf Erteilung eines selbständigen Patents umzuwandeln sei. Zugleich ist der Anmelder, dem eine Frist von einem Monat zu Erledigung gesetzt worden ist, darauf hingewiesen worden, dass die Anmeldung gemäß § 42 Abs. 3 PatG zurückgewiesen werde, sofern die Erklärung nicht abgegeben werde. Ein Antrag auf Erteilung eines selbständigen Patents ist nicht eingegangen. Mit Beschluss vom 21. Oktober 2005, dem eine Rechtsmittelbelehrung beigefügt war, hat die Prüfungsstelle für Klasse A01B aus den Gründen des Bescheides vom 16. August 2005 die Patentanmeldung zurückgewiesen. Der Beschluss ist laut Vermerk der Dokumentenversandstelle des Patentamts am 3. November 2005 an den Anmelder abgesandt worden.
Mit Schriftsatz vom 3. Februar 2006, der am 7. Februar 2006 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangen ist, hat der Anmelder Beschwerde eingelegt und zugleich Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand wegen der versäumten Frist zur Beschwerdeeinlegung und der versäumten Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr beantragt. Wegen der Entrichtung der Beschwerdegebühr hat der Anmelder Verfahrenskostenhilfe beantragt. Den Wiedereinsetzungsantrag hat er mit seiner nicht vorhersehbaren, überraschenden, schweren, langandauernden Krankheit begründet. Weitere Angaben, insbesondere solche zu seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen, enthält der Schriftsatz vom 3. Februar 2006 nicht, auch waren dem Schriftsatz keine Unterlagen beigefügt.
Mit Senatsverfügung vom 29. Januar/4. Februar 2015 ist der Anmelder mit Äußerungsfrist von zwei Monaten darauf hingewiesen worden, dass nach vorläufiger Auffassung des Senats sein Wiedereinsetzungsantrag als unzulässig zu verwerfen sein und seine Beschwerde gemäß § 6 Abs. 2 PatKostG als nicht eingelegt gelten dürfte. Seinem mit Schriftsatz vom 19. März 2014 gestellten Antrag auf Aussetzung des Verfahrens sei wegen Nichtvorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen nicht zu entsprechen. Zugleich ist der Anmelder, der nach eigenen Angaben aufgrund
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ist, aufgefordert worden, eine zustellungsfähige Wohnanschrift oder einen Zustellungsbevollmächtigten anzugeben. Zuvor war eine Anfrage des Gerichts beim Einwohnermeldeamt von … ergebnislos verlaufen; das Amt hatte mitgeteilt,
dass der Anmelder von Amts wegen am 13. März 2014 nach unbekannt abgemeldet worden sei. Auf entsprechenden Antrag ist dem Anmelder Akteneinsicht und antragsgemäß Fristverlängerung zur Stellungnahme auf die Senatshinweise vom 29. Januar/4. Februar 2015 gewährt worden.
Der Anmelder hält den Wiedereinsetzungsantrag, der seiner Meinung nach den Anforderungen nach § 123 Abs. 2 PatG entspricht, für zulässig. Die versäumte Handlung habe er nachgeholt. Mit seinem rechtzeitig, nämlich vor Ablauf der Wiedereinsetzungsfrist, und auch ordnungsgemäß gestellten Verfahrenskostenhilfeantrag sei die Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr nach § 134 PatG gehemmt worden. Schriftliche Belege über Bruttoeinnahmen habe er niemals erhalten,
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Der von ihm vorgelegte Steuerbescheid, in dem fälschlicherweise Einkünfte von … Euro ausgewiesen worden seien – tatsächlich habe er weder Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft noch aus selbständiger Arbeit gehabt - belege eine Steuerforderung von … Euro. Im Übrigen handele es sich in Bezug auf seine Bedürftigkeit um eine offenkundige Tatsache i. S. d. § 291 ZPO. Mit Schriftsatz vom 27. April 2015 beantragt er nochmals, ihm mangels finanzieller Mittel für die zu entrichtende Beschwerdegebühr Verfahrenskostenhilfe zu gewähren. Des Weiteren beantragt er die Durchführung einer mündlichen Verhandlung sowie die Teilung der vorliegenden Patentanmeldung, sollte der Senat seinen Anträgen und der Beschwerde nicht stattgeben.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss des Patentamts sowie auf die Schriftsätze des Anmelders und den weiteren Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde des Anmelders gilt als nicht eingelegt, weil er die Beschwerdegebühr nicht rechtzeitig eingezahlt hat und sein insoweit gestellter Wiedereinsetzungsantrag als unzulässig zu verwerfen ist.
1. Gegen den Beschluss des Patentamts ist nach § 73 Abs. 1 PatG die Beschwerde statthaft. Die Beschwerdefrist beträgt gemäß § 73 Abs. 2 PatG einen Monat ab dem maßgeblichen Zustelldatum. Die Beschwerdegebühr in Höhe von 200 Euro ist ebenfalls binnen eines Monats ab Zustellung des angefochtenen Beschlusses einzuzahlen, § 73 Abs. 2 PatG i. V. m. § 6 Abs. 1 Satz 1 PatkostG i. V. m. Nr. 401 300 GebVerz. zu § 2 Abs. 1 PatKostG.
Die Beschwerdefrist von einem Monat nach § 73 Abs. 2 Satz 1 PatG sowie die Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr gemäß § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 222 ZPO i. V. m. § 187 Abs. 1 BGB – der Zustellungstag wird nicht mitgerechnet – hat am 7. November 2005 zu laufen begonnen. Der angefochtene Beschluss vom 21. Oktober 2005 ist laut Vermerk des Dokumentenversands des Patentamts am 3. November 2005 an den Anmelder versandt worden und gilt damit gemäß § 127 PatG i. V. m. § 4 Abs. 2 Satz 2 VwZG am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als zugestellt, also am 6. November 2005. Die Beschwerdefrist und Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr ist gemäß § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 222 ZPO i. V. m. § 188 Abs. 2 BGB am 6. Dezember 2005 abgelaufen. Innerhalb dieser Frist ist weder eine Beschwerdeschrift noch die Zahlung einer Beschwerdegebühr eingegangen. Der Schriftsatz des Anmelders vom 3. Februar 2006 ist erst am 7. Februar 2006 eingegangen.
2. Dem Anmelder kann auch wegen der Versäumung der Zahlung der Beschwerdegebühr nicht Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 123 PatG gewährt werden. Sein am 7. Februar 2006 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangener Wiedereinsetzungsantrag ist nämlich bereits unzulässig. Der Anmelder hat nicht innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist die Zahlung der Beschwerdegebühr bzw. nicht die Einreichung eines ordnungsgemäßen Verfahrenskostenhilfeantrag nachgeholt, mit dem die Zahlungsfrist für die Beschwerdegebühr nach § 134 PatG hätte gehemmt werden können. Denn nur ein rechtzeitig und ordnungsgemäß gestellter Verfahrenskostenhilfeantrag, der die notwendigen Angaben über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse enthält, genügt zur Wahrung der Frist des Antrags in der Hauptsache und bildet die Grundlage für eine Wiedereinsetzung (vgl. Schulte, PatG, 9. Aufl., § 123 Rn. 149 mit Rechtsprechungsnachweisen, vgl. BGH BlPMZ 2000, 113 - Verfahrenskostenhilfe). Der Anmelder hat im vorliegenden Verfahren über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse keinerlei Angaben gemacht oder Unterlagen hierzu vorgelegt. Ein ausgefülltes Formblatt über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse hat er seinem Schriftsatz vom 3. Februar 2006 nicht beigefügt. Soweit er eine solche Erklärung im Verfahren vor dem Bundespatentgericht zum Aktenzeichen 8 W (pat) 10/06 abgegeben hat, hat er diese Erklärung ausschließlich in dem dortige Verfahren eingeführt. Denn der Anmelder hatte auf dem entsprechenden Formblatt allein das Aktenzeichen der dort beschwerdegegenständlichen Patentanmeldung … angegeben. Damit können diese Angaben nicht außerdem für das vorliegende Verfahren herangezogen werden, wobei der Anmelder im hiesigen Verfahren auch nicht in sonstiger Weise auf seine Angaben im Verfahren 8 W(pat) 10/06 Bezug genommen hat. Aber selbst wenn die vom Anmelder im Verfahren zum Aktenzeichen 8 W (pat) 10/06 eingereichte Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse auch im vorliegenden Beschwerdeverfahren zu berücksichtigen wäre, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Denn im Beschwerdeverfahren zum Az.: 8 W (pat) 10/06 hat der Anmelder vor Ablauf der Wiedereinsetzungsfrist nach § 123 Abs. 2 Satz PatG nicht die den gesetzlichen Anforderungen entsprechenden Unterlagen für die Bewilligung einer Verfahrenskostenhilfe eingereicht. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit auf den Beschluss des Senats vom 16. Juli 2015 im Verfahren zum Aktenzeichen 8 W (pat) 10/06 verwiesen. Die Bedürftigkeit des Anmelders ist auch keine gerichtskundige Tatsache, die nicht der Glaubhaftmachung bedarf, wie der Anmelder meint, jedenfalls nicht zum maßgeblichen Zeitpunkt im Februar 2006.
Der neuerlich mit Schriftsatz vom 27. April 2015 gestellte Verfahrenskostenhilfeantrag führt - unabhängig davon, ob mit diesem sämtliche erforderlichen Erklärungen und Belege vorliegen - zu keiner anderen Beurteilung, da er jedenfalls erst nach über einem Jahr nach Ablauf der versäumten Frist eingereicht worden ist und damit nicht mehr die versäumte Handlung nachgeholt werden kann (§ 123 Abs. 2 Satz 4 PatG).
Die Teilungserklärung des Anmelders vom 27. April 2015 ist ersichtlich unwirksam, da sie nicht bis zum Ablauf der Beschwerdefrist und auch nicht innerhalb der Wiedereinsetzungfrist nach § 123 PatG abgegeben worden ist.
Schließlich ist das Verfahren nicht nach dem Antrag des Anmelders auszusetzen. Die Voraussetzungen hierfür nach § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 148 ZPO liegen nicht vor, ein anderes Verfahren ist nicht vorgreiflich für die Entscheidung im vorliegenden Verfahren.
Die Entscheidung konnte ohne mündliche Verhandlung getroffen werden (§ 79 Abs. 2 Satz 2 PatG), auch soweit die Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr abgelehnt worden ist, da über die Wiedereinsetzung und die nachgeholte Handlung zusammen entschieden wird. An einen Antrag auf mündliche Verhandlung besteht keine gesetzlich Bindung (vgl. Schulte, PatG, 9. Aufl., § 123, Rn. 161 mit Rechtsprechungsnachweisen), auch war die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung nicht nach § 78 Nr. 3 PatG erforderlich.
III. Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss kann der am Beschwerdeverfahren Beteiligte das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde einlegen. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass
1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, 2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, 3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, 4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat, 5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder 6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich oder in elektronischer Form einzulegen.
Zehendner Huber Grote-Bittner Brunn Me