2 Ni 79/11 (EP)
BUNDESPATENTGERICHT Ni 79/11 (EP) (Aktenzeichen)
…
IM NAMEN DES VOLKES URTEIL Verkündet am
24. Oktober 2013 …
In der Patentnichtigkeitssache BPatG 253 08.05 betreffend das europäische Patent 1 140 693 (DE 599 07 754)
hat der 2. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 24. Oktober 2013 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Sredl sowie der Richter Merzbach, Dr.-Ing. Fritze, Dipl.-Ing. Univ. Rothe und Dipl.-Ing. Univ. Fetterroll für Recht erkannt I. Das europäische Patent EP 1 140 693 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland dadurch für nichtig erklärt, dass seine Patentansprüche folgende Fassung erhalten:
1. Zweifach gebrochenes Pferdetrensengebiß mit zwei seitlichen Ringen (20, 22) und einem zwischen diesen Ringen (20, 22) angeordneten Bügel (24), der einerseits zwei Gelenke (26, 28) hat und andererseits zwei Seitenabschnitte und einen Mittenabschnitt (30) aufweist, wobei die Gelenke (26, 28) als mit Spiel ineinandergreifende Ösen an den Endbereichen der Seitenabschnitte bzw. des Mittenabschnitts (30) ausgebildet sind, wobei jeder Seitenabschnitt ein von dem Gelenk (26, 28) entferntes Ende hat und in diesem Ende der Seitenabschnitte (29, 31) jeweils eine Bohrung (32) für die frei bewegliche Aufnahme jeweils eines der Ringe (20, 22) ausgebildet ist, und wobei der Mittenabschnitt (30) im Vergleich zu den angrenzenden Bereichen der Seitenabschnitte (29, 31) verdickt und etwa olivenförmig ausgebildet ist, dadurch gekennzeichnet, dass die Achsen (42) der beiden Bohrungen (32) eine Ebene definieren, die in einem Winkel von 45° ± 20° zur Gelenkachse (34, 36) der Gelenke (26, 28) verläuft, vorzugsweise dass die Achsen (42) der beiden Bohrungen (32) eine Ebene definieren, die in einem Winkel von 45° ± 1 0 ° zur Gelenkachse (34, 36) der Gelenke
(26, 28) verläuft, und dass der Mittenabschnitt (30) maximal 4 cm lang ist, und dass der Mittenabschnitt (30) zwei Bohrungen hat, deren Mittellinien einen Abstand unter 2,5 cm haben, und dass bei gestrecktem Bügel (24) und in der Ebene der beiden Achsen (42) der Bohrungen (32) jede dieser Achsen (42) der beiden Bohrungen (32) einen Winkel kleiner 90° mit der Längsachse des Bügels (24) bildet und dass die beiden Achsen (42) der Bohrungen (32) denselben Winkel mit der Längsachse einschließen.
2. Pferdetrensengebiß nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Gelenkachsen (34, 36) der Gelenke (26, 28) zueinander parallel verlaufen.
3. Pferdetrensengebiß nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der Mittenabschnitt (30) zwei zueinander parallele Gelenkbohrungen (38, 40) für die Ausbildung der zwei Gelenke (26, 28) hat.
4. Pferdetrensengebiß nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der Mittenabschnitt (30) maximal 3 cm lang ist.
5. Pferdetrensengebiß nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der Mittenabschnitt (30) zwei Bohrungen (32) hat, deren Mittellinien einen Abstand unter 2 cm haben.
6. Pferdetrensengebiß nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass bei gestrecktem Bügel (24) und in der Ebene der beiden Achsen (42) der Bohrungen (32) jede dieser Achsen (42) der beiden Bohrungen (32) einen Winkel von 60° bis 85° einschließt, und dass die beiden Achsen (42) der Bohrungen (32) denselben Winkel mit der Längsachse einschließen.
7. Pferdetrensengebiß nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, dass bei in einem Pferdemaul befindlichen Pferdetrensengebiß sich die Achsen (42) der beiden Bohrungen (32) unterhalb der Zunge des Pferdes schneiden.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagte zu 2/3 und die Klägerin zu 1/3.
III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand Die Beklagte ist im europäischen Patentregister als Inhaberin des europäischen Patents EP 1 140 693 B1 eingetragen, das am 12. November 2003 in deutscher Sprache veröffentlicht wurde und das vom Deutschen Patent- und Markenamt unter der Nummer DE 599 07 754 geführt wird. Das Streitpatent mit der Bezeichnung „Pferdetrensengebiss mit zwei seitlichen Ringen und einem Bügel" geht zurück auf eine PCT-Anmeldung mit der Veröffentlichungsnummer WO 00 / 035 804 und nimmt die Priorität der deutschen Patentanmeldung DE 198 58 132 vom 16. Dezember 1998 in Anspruch.
Das Streitpatent umfasst in der erteilten Fassung 10 Patentansprüche, von denen Patentanspruch 1 folgenden Wortlaut hat:
„1. Pferdetrensengebiß mit zwei seitlichen Ringen (20, 22) und einem zwischen diesen Ringen (20,22) angeordneten Bügel (24), der einerseits mindestens ein Gelenk (26,28) hat und andererseits zwei Seitenabschnitte aufweist, wobei jeder Seitenabschnitt ein von dem Gelenk (26, 28) entferntes Ende hat und in diesem Ende der Seitenabschnitte (29, 31) jeweils eine Bohrung (32) für die frei bewegliche Aufnahme jeweils eines der Ringe (20,22) ausgebildet ist, dadurch gekennzeichnet, dass die Achsen (42) der beiden Bohrungen (32) eine Ebene definieren, die in einem Winkel von 45° ± 20° zur Gelenkachse (34, 36) des mindestens einen Gelenks (26, 28) verläuft, vorzugsweise dass die Achsen (42) der beiden Bohrungen (32) eine Ebene definieren, die in einem Winkel von 45° ±10° zur Gelenkachse (34,36) des mindestens einen Gelenks (26, 28) verläuft.“
Wegen des Wortlauts der jeweils mittelbar oder unmittelbar auf Patentanspruch 1 rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 10 wird auf die Streitpatentschrift verwiesen.
Die Beklagte verteidigt ihr Patent im Umfang der mit Schriftsatz vom 17. Oktober 2013 (Bl. 428 ff. d. A.) als Hauptantrag eingereichten Ansprüche 1 bis 8 (Bl. 439 – 441 d. A.). Gemäß Hauptantrag wird der erteilte Patentanspruch 1 u. a. aufgeteilt in einen Anspruch 1 für ein zweifach gebrochenes Pferdegebiss sowie einen unabhängigen Anspruch 8 für ein einfach gebrochenes Pferdegebiss. Die unabhängigen Ansprüche 1 und 8 gemäß Hauptantrag haben danach folgenden Wortlaut (die jeweiligen Änderungen gegenüber Patentanspruch 1 der erteilten Fassung sind gekennzeichnet):
„1. Zweifach gebrochenes Pferdetrensengebiß mit zwei seitlichen Ringen (20, 22) und einem zwischen diesen Ringen (20, 22) angeordneten Bügel (24), der einerseits mindestens ein zwei Gelenke (26, 28) hat und andererseits zwei Seitenabschnitte und einen Mittenabschnitt (30) aufweist, wobei die Gelenke (26, 28) als mit Spiel ineinandergreifende Ösen an den Endbereichen der Seitenabschnitte bzw. des Mittenabschnitts (30) ausgebildet sind, wobei jeder Seitenabschnitt ein von dem Gelenk (26, 28) entferntes Ende hat und in diesem Ende der Seitenabschnitte (29, 31) jeweils eine Bohrung (32) für die frei bewegliche Aufnahme jeweils eines der Ringe (20, 22) ausgebildet ist, und wobei der Mittenabschnitt (30) im Vergleich zu den angrenzenden Bereichen der Seitenabschnitte (29, 31) verdickt und etwa olivenförmig ausgebildet ist,
dadurch gekennzeichnet, dass die Achsen (42) der beiden Bohrungen (32) eine Ebene definieren, die in einem Winkel von 45° ± 20° zur Gelenkachse (34, 36) des der mindestens einen Gelenkes (26, 28) verläuft, vorzugsweise dass die Achsen (42) der beiden Bohrungen (32) eine Ebene definieren, die in einem Winkel von 45° ± 10°, zur Gelenkachse (34, 36) ders mindestens einen Gelenkes (26, 28) verläuft, und dass der Mittenabschnitt (30) maximal 4 cm lang ist.
8. Einfach gebrochenes Pferdetrensengebiß mit zwei seitlichen Ringen (20, 22) und einem zwischen diesen Ringen (20, 22) angeordneten Bügel (24), der einerseits mindestens ein Gelenk (26, 28) hat und andererseits zwei Seitenabschnitte aufweist, wobei des Gelenk (26) als mit Spiel ineinandergreifende Ösen an den Endbereichen der Seitenabschnitte ausgebildet ist, wobei jeder Seitenabschnitt ein von dem Gelenk (26,28) entferntes Ende hat und in diesem Ende der Seitenabschnitte (29, 31) jeweils eine Bohrung (32) für die frei bewegliche Aufnahme jeweils eines der Ringe (20, 22) ausgebildet ist, dadurch gekennzeichnet, dass die Achsen (42) der beiden Bohrungen (32) eine Ebene definieren, die in einem Winkel von 45° ± 20° zu denr Gelenkachsen (34, 36) des mindestens einen Gelenks (26, 28) verläuft verlaufen, vorzugsweise dass die Achsen (42) der beiden Bohrungen (32) eine Ebene definieren, die in einem Winkel von 45° ± 10°, zu denr Gelenkachsen (34, 36) des mindestens einen Gelenks (26, 28) verläuft verlaufen.“
Der erteilte abhängige Anspruch 2 wurde entsprechend angepasst und lautet:
„Pferdetrensengebiß nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass mehr als ein Gelenk (26, 28) vorgesehen ist, und dass die Gelenkachsen (34, 36) der Gelenke (26, 28) zueinander parallel verlaufen.“
Die erteilten abhängigen Ansprüche 3 und 7 wurden gestrichen; die weiteren erteilten Unteransprüche 4, 5, 6, 8 und 9 wurden angepasst und neu nummeriert als Unteransprüche 3, 4, 5, 6 und 7. Wegen des Wortlauts der jeweils mittelbar oder unmittelbar auf Patentanspruch 1 zurückbezogenen Patentansprüche 2 bis 7 wird auf die als Anlage zum Schriftsatz vom 21. Oktober 2013 eingereichte Fassung der Patentansprüche gemäß Hauptantrag (Bl. 439 – 441 d. A.) verwiesen.
Hilfsweise verteidigt die Beklagte das Streitpatent im Umfang der in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Ansprüche 1 bis 7 nach den Hilfsanträgen 1 und 2 (Bl. 476 – 479 d. A.) sowie der mit Schriftsatz vom 13. Juni 2013 vorgelegten Ansprüche 1 bis 9 nach Hilfsantrag 3 (Bl. 291 – 292 d. A.), der Ansprüche 1 bis 7 nach Hilfsantrag 4 (Bl. 293 – 294 d. A.) sowie der Ansprüche 1 bis 5 nach Hilfsantrag 5 (Bl. 295 – 296 d. A.)
In der Fassung der Hilfsanträge 1 und 2 wird der Gegenstand des Streitpatents auf ein zweifach gebrochenes Pferdetrensengebiß beschränkt; der ein einfach gebrochenes Pferdetrensengebiß betreffende unabhängige Anspruch 8 nach Hauptantrag wurde dementsprechend gestrichen.
Der Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag wird in der Fassung des Hilfsantrags 1 um das Zusatzmerkmal
, und dass der Mittenabschnitt (30) zwei Bohrungen hat, deren Mittellinien einen Abstand unter 2,5 cm haben.
ergänzt und hat danach folgenden Wortlaut:
„1. Zweifach gebrochenes Pferdetrensengebiß mit zwei seitlichen Ringen (20, 22) und einem zwischen diesen Ringen (20, 22)
angeordneten Bügel (24), der einerseits zwei Gelenke (26, 28) hat und andererseits zwei Seitenabschnitte und einen Mittenabschnitt (30) aufweist, wobei die Gelenke (26, 28) als mit Spiel ineinandergreifende Ösen an den Endbereichen der Seitenabschnitte bzw. des Mittenabschnitts (30) ausgebildet sind, wobei jeder Seitenabschnitt ein von dem Gelenk (26, 28) entferntes Ende hat und in diesem Ende der Seitenabschnitte (29, 31) jeweils eine Bohrung (32) für die frei bewegliche Aufnahme jeweils eines der Ringe (20, 22) ausgebildet ist, und wobei der Mittenabschnitt (30) im Vergleich zu den angrenzenden Bereichen der Seitenabschnitte (29, 31) verdickt und etwa olivenförmig ausgebildet ist, dadurch gekennzeichnet, dass die Achsen (42) der beiden Bohrungen (32) eine Ebene definieren, die in einem Winkel von 45° ± 20° zur Gelenkachse (34, 36) der Gelenke (26, 28) verläuft, vorzugsweise dass die Achsen (42) der beiden Bohrungen (32) eine Ebene definieren, die in einem Winkel von 45° ± 10°, zur Gelenkachse (34, 36) der Gelenke (26, 28) verläuft, und dass der Mittenabschnitt (30) maximal 4 cm lang ist, und dass der Mittenabschnitt (30) zwei Bohrungen hat, deren Mittellinien einen Abstand unter 2,5 cm haben.“
Der abhängige Patenanspruch 5 gemäß Hilfsantrag 1 lautet (Änderungen gegenüber Anspruch 5 nach Hauptantrag sind gekennzeichnet):
Pferdetrensengebiß nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der Mittenabschnitt (30) zwei Bohrungen (38,40) hat, deren Mittellinien einen Abstand unter 2,5 cm haben, vorzugsweise einen Abstand unter 2 cm haben.
Die weiteren Patentansprüche gemäß Hilfsantrag 1 entsprechen den Unteransprüchen 3, 4, 6 und 7 nach Hauptantrag.
Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 wird in der Fassung des Hilfsantrags 2 um das Zusatzmerkmal
„, und dass bei gestrecktem Bügel (24) und in der Ebene der beiden Achsen (42) der Bohrungen (32) jede dieser Achsen (42) der beiden Bohrungen (32) einen Winkel kleiner 90° mit der Längsachse des Bügels (24) bildet und dass die beiden Achsen (42) der Bohrungen (32) denselben Winkel mit der Längsachse einschließen.“
ergänzt.
Hinsichtlich des Wortlauts von Patentanspruch 1 einschließlich der rückbezogenen Unteransprüche 2 bis 7 gemäß Hilfsantrag 2 wird auf den Tenor der Entscheidung Bezug genommen.
Mit den Hilfsanträgen 3 bis 5 wird der erteilte Patentanspruch 1 u. a. wieder (wie nach Hauptantrag) aufgeteilt in einen Anspruch 1 für ein zweifach gebrochenes Pferdetrensengebiss sowie einen unabhängigen Anspruch 9 (Hilfsantrag 3), 7 (Hilfsantrag 4) bzw. 5 (Hilfsantrag 5) für ein einfach gebrochenes Pferdetrensengebiss.
Die unabhängigen Ansprüche 1 und 9 nach Hilfsantrag 3 lauten (Änderungen gegenüber Anspruch 1 nach Hauptantrag sind markiert):
„1. Zweifach gebrochenes Pferdetrensengebiß mit zwei seitlichen Ringen (20, 22) und einem zwischen diesen Ringen (20, 22) angeordneten Bügel (24), der einerseits zwei Gelenke (26, 28) hat und andererseits zwei Seitenabschnitte und einen Mittenabschnitt (30) aufweist, wobei die Gelenke (26, 28) als mit Spiel ineinandergreifende Ösen an den Endbereichen der Seitenabschnitte bzw. des Mittenabschnitts (30) ausgebildet sind, wobei jeder Seitenab- schnitt ein von dem Gelenk (26, 28) entferntes Ende hat und in diesem Ende der Seitenabschnitte (29, 31) jeweils eine Bohrung (32) für die frei bewegliche Aufnahme jeweils eines der Ringe (20, 22) ausgebildet ist, und wobei der Mittenabschnitt (30) im Vergleich zu den angrenzenden Bereichen der Seitenabschnitte (29, 31) verdickt und etwa olivenförmig ausgebildet ist, dadurch gekennzeichnet, dass bei gestrecktem Bügel (24) und in der Ebene der beiden Achsen (42) der Bohrungen (32) jede dieser Achsen (42) der beiden Bohrungen (32) einen Winkel kleiner 90° mit der Längsachse des Bügels (24) bildet, dass die Achsen (42) der beiden Bohrungen (32) eine Ebene definieren, die in einem Winkel von 45° ± 20° zur Gelenkachse (34, 36) der Gelenke (26, 28) verläuft, vorzugsweise dass die Achsen (42) der beiden Bohrungen (32) eine Ebene definieren, die in einem Winkel von 45° ± 10°, zur Gelenkachse (34, 36) der Gelenke (26, 28) verläuft, und dass das Pferdetrensengebiß eine Kennzeichnung (Pfeil 48) aufweist, die anzeigt, welche Seite des Pferdetrensengebisses im Pferdemaul vorn liegen soll.
9. Einfach gebrochenes Pferdetrensengebiß mit zwei seitlichen Ringen (20, 22) und einem zwischen diesen Ringen (20, 22) angeordneten Bügel (24), der einerseits ein Gelenk (26) hat und andererseits zwei Seitenabschnitte aufweist, wobei des Gelenk (26) als mit Spiel ineinandergreifende Ösen an den Endbereichen der Seilabschnitte ausgebildet ist, wobei jeder Seitenabschnitt ein von dem Gelenk (26) entferntes Ende hat und in diesem Ende der Seitenabschnitte (29, 31) jeweils eine Bohrung (32) für die frei bewegliche Aufnahme jeweils eines der Ringe (20, 22) ausgebildet ist, dadurch gekennzeichnet, dass bei gestrecktem Bügel (24) und in der Ebene der beiden Achsen (42) der Bohrungen (32) jede dieser Achsen (42) der beiden Bohrungen (32) einen Winkel kleiner 90°
mit der Längsachse des Bügels (24) bildet, dass die Achsen (42) der beiden Bohrungen (32) eine Ebene definieren, die in einem Winkel von 45° ± 20° zu den Gelenkachsen (34, 36) des Gelenks (26, 28) verlaufen, vorzugsweise dass die Achsen (42) der beiden Bohrungen (32) eine Ebene definieren, die in einem Winkel von 45° ± 10°, zu der Gelenkachsen (34, 36) des Gelenks (26, 28) verlaufen, und dass das Pferdetrensengebiß eine Kennzeichnung (Pfeil 48) aufweist, die anzeigt, welche Seite des Pferdetrensengebisses im Pferdemaul vorn liegen soll.“
Die unabhängigen Ansprüche 1 und 7 nach Hilfsantrag 4 lauten (Änderungen gegenüber den Ansprüchen 1 und 9 nach Hilfsantrag 3 sind markiert):
„1. Zweifach gebrochenes Pferdetrensengebiß mit zwei seitlichen Ringen (20, 22) und einem zwischen diesen Ringen (20, 22) angeordneten Bügel (24), der einerseits zwei Gelenke (26, 28) hat und andererseits zwei gekrümmte Seitenabschnitte und einen Mittenabschnitt (30) aufweist, wobei die Gelenke (26, 28) als mit Spiel ineinandergreifende Ösen an den Endbereichen der Seitenabschnitte bzw. des Mittenabschnitts (30) ausgebildet sind, wobei jeder Seitenabschnitt ein von dem Gelenk (26, 28) entferntes Ende hat und in diesem Ende der Seitenabschnitte (29, 31) jeweils eine Bohrung (32) für die frei bewegliche Aufnahme jeweils eines der Ringe (20, 22) ausgebildet ist, und wobei der Mittenabschnitt (30) im Vergleich zu den angrenzenden Bereichen der Seitenabschnitte (29, 31) verdickt und etwa olivenförmig ausgebildet ist und zwei zueinander parallele Gelenkbohrungen (38, 40) für die Ausbildung der zwei Gelenke (26, 28) hat, dadurch gekennzeichnet, dass die Mittellinien der zwei Gelenkbohrungen (38, 40) einen Abstand unter 2 cm haben, dass bei gestrecktem Bügel (24) und in der Ebene der beiden Achsen (42) der Bohrungen (32) jede dieser Achsen (42) der beiden Bohrungen (32) einen Winkel kleiner 90°
mit der Längsachse des Bügels (24) bildet, dass die Achsen (42) der beiden Bohrungen (32) eine Ebene definieren, die in einem Winkel von 45° ± 20° zur Gelenkachse (34, 36) der Gelenke (26, 28) verläuft, vorzugsweise dass die Achsen (42) der beiden Bohrungen (32) eine Ebene definieren, die in einem Winkel von 45° ± 10°, zur Gelenkachse (34, 36) der Gelenke (26, 28) verläuft, und dass das Pferdetrensengebiß eine Kennzeichnung (Pfeil 48) aufweist, die anzeigt, welche Seite des Pferdetrensengebisses im Pferdemaul vorn liegen soll.
7. Einfach gebrochenes Pferdetrensengebiß mit zwei seitlichen Ringen (20, 22) und einem zwischen diesen Ringen (20, 22) angeordneten Bügel (24), der einerseits ein Gelenk (26) hat und andererseits zwei gekrümmte Seitenabschnitte aufweist, wobei des Gelenk (26) als mit Spiel ineinandergreifende Ösen an den Endbereichen der Seilabschnitte ausgebildet ist, wobei jeder Seitenabschnitt ein von dem Gelenk (26) entferntes Ende hat und in diesem Ende der Seitenabschnitte (29, 31) jeweils eine Bohrung (32) für die frei bewegliche Aufnahme jeweils eines der Ringe (20, 22) ausgebildet ist, dadurch gekennzeichnet, dass bei gestrecktem Bügel (24) und in der Ebene der beiden Achsen (42) der Bohrungen (32) jede dieser Achsen (42) der beiden Bohrungen (32) einen Winkel kleiner 90° mit der Längsachse des Bügels (24) bildet, dass die Achsen (42) der beiden Bohrungen (32) eine Ebene definieren, die in einem Winkel von 45° ± 20° zu den Gelenkachsen (34, 36) des Gelenks (26, 28) verlaufen, vorzugsweise dass die Achsen (42) der beiden Bohrungen (32) eine Ebene definieren, die in einem Winkel von 45° ± 10°, zu den Gelenkachsen (34, 36) des Gelenks (26, 28) verlaufen, und dass das Pferdetrensengebiß eine Kennzeichnung (Pfeil 48) aufweist, die anzeigt, welche Seite des Pferdetrensengebisses im Pferdemaul vorn liegen soll.“
Die unabhängigen Ansprüche 1 und 5 nach Hilfsantrag 5 lauten (Änderungen gegenüber den Ansprüchen Anspruch 1 und 7 nach Hilfsantrag 4 sind markiert):
„1. Zweifach gebrochenes Pferdetrensengebiß mit zwei seitlichen Ringen (20, 22) und einem zwischen diesen Ringen (20, 22) angeordneten Bügel (24), der einerseits zwei Gelenke (26, 28) hat und andererseits zwei gekrümmte Seitenabschnitte und einen Mittenabschnitt (30) aufweist, wobei die Gelenke (26, 28) als mit Spiel ineinandergreifende Ösen an den Endbereichen der Seitenabschnitte bzw. des Mittenabschnitts (30) ausgebildet sind, wobei jeder Seitenabschnitt ein von dem Gelenk (26, 28) entferntes Ende hat und in diesem Ende der Seitenabschnitte (29, 31) jeweils eine Bohrung (32) für die frei bewegliche Aufnahme jeweils eines der Ringe (20, 22) ausgebildet ist, und wobei der Mittenabschnitt (30) im Vergleich zu den angrenzenden Bereichen der Seitenabschnitte (29, 31) verdickt und etwa olivenförmig ausgebildet ist und zwei zueinander parallele Gelenkbohrungen (38, 40) für die Ausbildung der zwei Gelenke (26, 28) hat, dadurch gekennzeichnet, dass die Mittellinien der zwei Gelenkbohrungen (38, 40) einen Abstand unter 2 cm haben, dass bei gestrecktem Bügel (24) und in der Ebene der beiden Achsen (42) der Bohrungen (32) jede dieser Achsen (42) der beiden Bohrungen (32) einen Winkel kleiner 90° mit der Längsachse des Bügels (24) bildet, dass bei in einem Pferdemaul befindlichem Pferdetrensengebiß sich die Achsen (42) der beiden Bohrungen (32) unterhalb der Zunge des Pferdes schneiden, dass die Achsen (42) der beiden Bohrungen (32) eine Ebene definieren, die in einem Winkel von 45° ± 20° zur Gelenkachse (34, 36) der Gelenke (26, 28) verläuft, vorzugsweise dass die Achsen (42) der beiden Bohrungen (32) eine Ebene definieren, die in einem Winkel von 45° ± 10°, zur Gelenkachse (34, 36) der Gelenke (26, 28) verläuft, dass das Pferdetrensengebiß eine Kennzeichnung (Pfeil 48) aufweist, die anzeigt, welche Seite des Pferdetrensengebisses im Pferdemaul vorn liegen soll, und dass der Mittenabschnitt maximal 4 cm lang ist.
5. Einfach gebrochenes Pferdetrensengebiß mit zwei seitlichen Ringen (20, 22) und einem zwischen diesen Ringen (20, 22) angeordneten Bügel (24), der einerseits ein Gelenk (26) hat und andererseits zwei gekrümmte Seitenabschnitte aufweist, wobei des Gelenk (26) als mit Spiel ineinandergreifende Ösen an den Endbereichen der Seilabschnitte ausgebildet ist, wobei jeder Seitenabschnitt ein von dem Gelenk (26) entferntes Ende hat und in diesem Ende der Seitenabschnitte (29, 31) jeweils eine Bohrung (32) für die frei bewegliche Aufnahme jeweils eines der Ringe (20, 22) ausgebildet ist, dadurch gekennzeichnet, dass bei gestrecktem Bügel (24) und in der Ebene der beiden Achsen (42) der Bohrungen (32) jede dieser Achsen (42) der beiden Bohrungen (32) einen Winkel kleiner 90° mit der Längsachse des Bügels (24) bildet, dass bei in einem Pferdemaul befindlichem Pferdetrensengebiß sich die Achsen (42) der beiden Bohrungen (32) unterhalb der Zunge des Pferdes schneiden, dass die Achsen (42) der beiden Bohrungen (32) eine Ebene definieren, die in einem Winkel von 45° ± 20° zu den Gelenkachsen (34, 36) des Gelenks (26, 28) verlaufen, vorzugsweise dass die Achsen (42) der beiden Bohrungen (32) eine Ebene definieren, die in einem Winkel von 45° ± 10°, zu den Gelenkachsen (34, 36) des Gelenks (26, 28) verlaufen, und dass das Pferdetrensengebiß eine Kennzeichnung (Pfeil 48) aufweist, die anzeigt, welche Seite des Pferdetrensengebisses im Pferdemaul vorn liegen soll.“
Wegen des Wortlauts der jeweils mittelbar oder unmittelbar auf Patentanspruch 1 zurückbezogenen Patentansprüche 2 bis 8 nach Hilfsantrag 3, 2 bis 6 nach Hilfsantrag 4 und 2 bis 4 nach Hilfsantrag 5 wird auf die als Anlage zum Schrift- satz vom 13. Juni 2013 eingereichte Fassung der Patentansprüche (Bl. 291 – 296 d. A.) verwiesen.
Die Klägerin macht unter Berufung auf die von ihr vorgelegten Druckschriften und Unterlagen K3 K4 K5a K5b K6a K6b K7a K7b K8a K8b K9a, K9a-2 K10 K11 K12 K13 K14 K19 US 895,419 US 4,941,312 Bilder der Pferdetrense: Abbey Dr. Bristol 4-Ring (Continental) Messbericht EuroPac 3D betreffend Abbey Dr. Bristol 4Ring (Continental) Bilder der Pferdetrense: Abbey Dr. Bristol Balding Gag, Messbericht EuroPac 3D betreffend Abbey Dr. Bristol Balding Gag Bilder der Pferdetrense: Abbey Dr. Bristol Pelham, Messbericht EuroPac 3D betreffend Abbey Dr. Bristol Pelham Bilder der Pferdetrense: Eldonian Dr. Bristol, Eggbutt Messbericht EuroPac 3D betreffend Eldonian Dr. Bristol, Eggbutt Bilder der Pferdetrense: KK Conrad Trense - Single Joint Snaffle Abbey - Directory of British Made Bits (ABBEY), Auszug daraus The Allen lllustrated Guide to Bits and Bitting (ALLEN), Auszug daraus Katalog "HS Sprenger Pferdesport 97/99" (HS SPRENGER) US 800 381 EP 0 017 959 A1 Download vom 29. Oktober 2012 aus Online- Wikipedia http://de.wikipedia.org/wiki/hauspferd geltend, dass der Gegenstand des Streitpatents auch in der Fassung des nunmehr geltenden Hauptantrags sowie der Hilfsanträge gegenüber dem Stand der Technik nicht patentfähig sei. Er sei sowohl gegenüber dem druckschriftlichen Stand der Technik als auch wegen verschiedener offenkundiger Vorbenutzungen (vgl. Anlagen K 5 a/b, K 6 a/b, K 7 a/b, K 8 a/b und K 9a) nicht neu. Zumindest ergäben sich die Gegenstände dieser Patentansprüche in naheliegender Weise aus dem vorveröffentlichten Stand der Technik und beruhten daher nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Des Weiteren macht die Klägerin auch die Nichtigkeitsgründe der unzureichenden Offenbarung gemäß Art. 138 (1) (b) EPÜ und der unzulässigen Erweiterung gemäß Artikel 138 (1) (c) EPÜ geltend.
Zu den geltend gemachten offenkundigen Vorbenutzungen hat die Klägerin Beweis durch Zeugen angeboten und dem Senat je ein Muster der in den Dokumenten K5a/b, K6a/b, K7a/b, K8a/b und K9a abgebildeten Pferdetrensen zur Inaugenscheinnahme vorgelegt. Zur Akte wurden folgende Anlagen zum Stand der Technik nachgereicht:
K6c Kurzuntersuchungsbericht EuroPac 3D betreffend Abbey Dr. Bristol Balding Gag K20 Muster des patentgemäß ausgebildeten Produktes der Nichtigkeitsbeklagten des Typs „KK Ultra“
K21 Muster eines Pferdetrensengebisses des Typs „KKConrad Ausbildungsgebiss“ (vgl. S. 6, K12)
K23 Alixe Etherington: „A Bit of Magic““, S. 42 bis 47 K24 DE 196 47 338 A1 K25 Kurzuntersuchungsbericht Dr. Graham Cross, Vergleich der Pferdetrensengebisse „KK Ultra“ (K20) und „Dr. Bristol – 4 Ring Continental“ (K4)
In der Streitpatentschrift werden außer der Druckschrift K14 ferner noch die folgenden Druckschriften genannt:
US 4 005 564 GB 7712/1914 GB 65/1913 DE 194 071 DE 43 26 550 C1 Die Klägerin beantragt,
das europäische Patent EP 1 140 693 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig zu erklären.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen, soweit das Streitpatent nach Hauptantrag verteidigt wird.
Hilfsweise beantragt sie, dem Streitpatent eine der Fassungen gemäß Hilfsantrag 1 oder 2, in der mündliche Verhandlung vom 24.10.2013 überreicht, bzw. eine der Fassungen gem. Hilfsanträgen 3 bis 5, vorgelegt mit Schriftsatz vom 13.06.2013, zu geben.
Die Beklagte tritt den Ausführungen der Klägerin in allen Punkten entgegen. Sie hält den Gegenstand des Streitpatents für schutzfähig, jedenfalls in einer der Fassungen der Hilfsanträge. Eine mangelnde Offenbarung und unzulässige Erweiterung lägen nicht vor. Die in das Verfahren eingeführten Druckschriften bzw. die geltend gemachten offenkundigen Vorbenutzungen könnten auch eine Neuheit oder eine erfinderische Tätigkeit nicht in Frage stellen.
Zur Stützung ihres Vorbringens bezieht sie sich auf folgende Druckschriften und Unterlagen:
Anlage B6 Brigitte Schulte & Heinz Baumann: „Führen mit Gefühl", Herausg. Herm. Sprenger GmbH, 2. Aufl., 2006 Anlage B7 E. Engelke und H. Gasse: „An anatomical study of the rostral part of the equine oral cavity with respect to position and size of a snaffle bit", Equine Veterinary Education (2003) 15 (3) 158-163 Anlage B8 Foto von erfindungsgemäßem, in ein Pferdemaul eingelegtes Gebiss Anlage B9 Fotos von Gebiss gemäß K14 ohne und mit Zug auf den Zügeln Anlage B10 Ablichtung der Frontseite des aktuellen Online-Katalogs der Klägerin Anlage B11 Ablichtung der Erstseite des aktuellen Internetauftritts der Klägerin Anlage B12 Ablichtung der Deckseite und der S. 20 des Katalogs "HS Sprenger Pferdesport 97/99" (HS SPRENGER) (vgl. Anlage K12) Anlage B13 Leistungsprüfungsordnung (LPO), gültig ab 1. Januar 1994,
S. 1, 2 und 59 Anlage B14 2. Ergänzungssatz zur Leistungsprüfungsordnung (LPO) Januar 2002, S. 1, 63 bis 65 und zwei Seiten dazugehöriger Anlagen Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
Entscheidungsgründe Die zulässige Klage, mit der in Bezug auf den nunmehr geltenden Hauptantrag sowie die Hilfsanträge neben dem Nichtigkeitsgrund mangelnder Patentfähigkeit (Artikel II § 6 Absatz 1 Nr. 1 IntPatÜG, Artikel 138 Abs. 1 Buchst. A) EPÜ i. V. m. Artikel 54 Absatz 1, 2 und Artikel 56 EPÜ) die Nichtigkeitsgründe der unzureichenden Offenbarung (Artikel II § 6 Absatz 1 Nr. 3 IntPatÜG i. V. m. Artikel 138 Absatz 1 Buchst. b EPÜ) und der unzulässigen Erweiterung (Artikel 138 Absatz 1 Buchst. c EPÜ) geltend gemacht werden, erweist sich überwiegend als begründet.
Das Streitpatent ist ohne Sachprüfung insoweit für nichtig zu erklären, als es über die von der Beklagten nur noch beschränkt verteidigte Fassung hinausgeht (St. Rspr. vgl. BGHZ 170, 215 - Carvedilol II; GRUR 1996, 857 - Rauchgasklappe). Die Klage ist aber auch darüber hinaus insoweit begründet, als das Streitpatent dadurch teilweise für nichtig erklärt wird, dass es die Fassung der Patentansprüche des Hilfsantrags 2 erhält.
Aufgrund der mündlichen Verhandlung sieht der Senat abweichend von der Definition im Zwischenbescheid als zuständigen Fachmann einen Fertigungstechniker mit mehrjähriger Erfahrung in der Herstellung von Erzeugnissen für Reitgeschirrbeschläge an, der von erfahrenen Reitsportlern und erforderlichenfalls von einem Pferde- Veterinär beraten wird.
Die Aufnahme der von der Klägerin in Zusammenhang mit den geltend gemachten offenkundigen Vorbenutzungen angebotenen Zeugenbeweise hat der Senat als nicht erforderlich erachtet, da die Beklagte das Zutreffen der dazu vorgetragenen Tatsachen nicht bestritten hat.
I.
Die von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung am 24. Oktober 2013 zur hilfsweisen Verteidigung des Streitpatents gestellten Hilfsanträge 1 und 2 sind nicht gemäß § 83 Abs. 4 PatG als verspätet zurückzuweisen.
Die durch das 2009 in Kraft getretene Patentrechtsmodernisierungsgesetz (PatRModG) erfolgte Neufassung des § 83 PatG und die damit in das Nichtigkeitsverfahren eingeführten Präklusionsregeln sehen zwar grundsätzlich die Möglichkeit vor, verspätetes Vorbringen zurückzuweisen. Hierfür ist es aber stets erforderlich, dass dieser Vortrag tatsächliche oder rechtliche Fragen aufkommen lässt, die in der mündlichen Verhandlung nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand zu klären sind (vgl. Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Vereinfachung und Modernisierung des Patentrechts, BlPMZ 2009, 307, 315). Kann das an sich verspätete Vorbringen dagegen noch ohne Weiteres in die mündliche Verhandlung einbezogen werden, ohne dass es zu einer Verfahrensverzögerung kommt, liegen die Voraussetzungen für eine Zurückweisung nach § 83 Abs. 4 PatG nicht vor (vgl. BPatG Urt. v. 15.11.2011 – 3NI 27/10; Busse/Keukenschrijver PatG 7. Aufl., § 83 Rn. 15 a. E.). So liegt der Fall hier, da sich die Klägerin bezüglich der Hilfsanträge 1 und 2 der Beklagten im Weiteren zur Sache eingelassen und zu deren ihrer Auffassung nach fehlenden Patentfähigkeit ausdrücklich vorgetragen hat.
II.
1. Das Streitpatent betrifft ein Pferdetrensengebiss mit zwei seitlichen Ringen und einem zwischen diesen Ringen angeordneten Bügel, wie es aus der in der Streitpatentschrift zum Stand der Technik angegebenen europäischen Patentschrift EP 0 017 959 bekannt ist (vgl. Abs. [0002]). Dort befänden sich die Gelenkachsen der Gelenke des Bügels in der Ebene, die durch die Bohrungen für die Ringe definiert sei. Von dieser Winkellage der Gelenkachsen sei nur eine kleine Abweichung aus der Ebene zugelassen (vgl. Abs. [0008]). Es habe sich herausgestellt, dass bei derartigen Pferdetrensengebissen der Druck, der durch den Zug an den Zügeln bewirkt werde, nicht immer nur auf die Zunge eines Pferdes einwirke, sondern teilweise auch auf den Gaumen. Gerade das sei aber unerwünscht (vgl. Abs. [0005]).
2. Die vorliegende Erfindung hat das Ziel, das Pferdetrensengebiss der eingangs genannten Art dahingehend weiterzubilden, dass die Passform für ein Pferd verbessert ist und sich ein Zug an den Zügeln, der über die Ringe eingeleitet wird, im Wesentlichen auf die Zunge auswirkt. Dabei soll gewährleistet sein, dass sich das Gebiss möglichst gut der Anatomie eines Pferdemauls anpassen kann (vgl. Abs. [0006]).
3. Die Lösung ist nach dem Hauptantrag der Beklagten vom 17. Oktober 2013 gemäß dem - hier gegliedert wiedergegebenen - Patentanspruch 1 ein
1.1 Zweifach gebrochenes Pferdetrensengebiss mit 1.2 zwei seitlichen Ringen (20, 22) und 1.3 einem zwischen diesen Ringen (20, 22) angeordneten Bügel (24), 1.3.1 der einerseits zwei Gelenke (26, 28) hat und 1.3.2. andererseits zwei Seitenabschnitte und 1.3.3. einen Mittenabschnitt (30) aufweist, 1.4 wobei die Gelenke (26, 28) als mit Spiel ineinandergreifende Ösen an den Endbereichen der Seitenabschnitte bzw. des Mittenabschnitts (30) ausgebildet sind, 1.5 wobei jeder Seitenabschnitt 1.5.1 ein von dem Gelenk (26, 28) entferntes Ende hat 1.5.2 und in diesem Ende der Seitenabschnitte (29, 31)
jeweils eine Bohrung (32) 1.5.3 für die frei bewegliche Aufnahme jeweils eines der Ringe (20, 22) ausgebildet ist, 1.6. und wobei der Mittenabschnitt (30) im Vergleich zu den angrenzenden Bereichen der Seitenabschnitte (29, 31) verdickt und etwa olivenförmig ausgebildet ist, 1.7 die Achsen (42) der beiden Bohrungen (32) eine Ebene definieren, die in einem Winkel von 45° ± 20° zur Gelenkachse (34, 36) der Gelenke (26, 28) verläuft, vorzugsweise dass die Achsen (42) der beiden Bohrungen (32) eine Ebene definieren, die in einem Winkel von 45° ± 10°, zur Gelenkachse (34, 36) der Gelenke (26, 28) verläuft,
1.8 und dass der Mittenabschnitt (30) maximal 4 cm lang ist.
Die Aufgabe löst nach diesem Hauptantrag gemäß dem nebengeordneten Anspruch 8 auch ein
8.1 Einfach gebrochenes Pferdetrensengebiss mit 8.2 zwei seitlichen Ringen (20, 22) und 8.3 einem zwischen diesen Ringen (20, 22) angeordneten Bügel (24), 8.3.1 der einerseits ein Gelenk (26) hat und 8.3.2 andererseits zwei Seitenabschnitte aufweist, 8.4 wobei das Gelenk (26) als mit Spiel ineinandergreifende Ösen an den Endbereichen der Seitenabschnitte ausgebildet ist, 8.5 wobei jeder Seitenabschnitt 8.5.1 ein von dem Gelenk (26) entferntes Ende hat, 8.5.2 und in diesem Ende der Seitenabschnitte (29, 31)
jeweils eine Bohrung (32) 8.5.3 für die frei bewegliche Aufnahme jeweils eines der Ringe (20, 22) ausgebildet ist, 8.6 die Achsen (42) der beiden Bohrungen (32) eine Ebene definieren, die in einem Winkel von 45° ± 20° zu den Gelenkachsen (34, 36) des Gelenks (26, 28) verlaufen, vorzugsweise dass die Achsen (42) der beiden Bohrungen (32) eine Ebene definieren, die in einem Winkel von 45° ± 10°, zu den Gelenkachsen (34, 36) des Gelenks (26, 28) verlaufen.
III.
1. Das Streitpatent ist in der nach dem Hauptantrag verteidigten Fassung nicht rechtsbeständig.
1.1 Die gegenüber der erteilten Fassung geänderten Ansprüche nach dem Hauptantrag vom 17. Oktober 2013 sind zulässig.
Die Klägerin hält diesen Anspruchssatz für unzulässig, weil die von der Beklagten vorgenommene Auftrennung des einheitlich erteilten Anspruchs 1 in zwei nebengeordnete Ansprüche 1 und 8 bereits nicht zulässig sei. Zudem macht sie geltend, die Ansprüche seien unklar und gegenüber der ursprünglichen Offenbarung unzulässig erweitert.
Soweit die Klägerin mit mangelnder Klarheit den Widerrufsgrund der unzureichenden Offenbarung der Erfindung geltend macht, kommt der Senat zu dem Ergebnis, dass ein Fachmann hier bereits allein aufgrund der Anspruchsformulierung ohne weiteres in die Lage versetzt ist, patentgemäße Pferdetrensengebisse auszuführen. Zu der vermeintlich unzulässigen Auftrennung in zwei nebengeordnete Ansprüche und zur angeblich unzulässigen Erweiterung ist festzustellen, dass die in den nunmehr aufgestellten nebengeordneten Ansprüchen 1 und 8 enthaltenen Merkmale bereits vom Umfang des erteilten Anspruchs 1 umfasst sind, der seinerseits aus den ursprünglichen Unterlagen herleitbar ist. In beide nach dem Hauptantrag geltenden nebengeordnete Ansprüche hat die Beklagte außerdem zusätzliche Merkmale aufgenommen, die in den zur Erteilung eingereichten Unterlagen enthalten und als solche und in ihrer neuen Merkmalskombination soweit offenbart sind, dass sie als für den Streitgegenstand wesentlich angesehen werden können. Die neuen Ansprüche sind somit in zulässiger Weise eingeschränkt und tragen zudem der Ausräumung eines geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes Rechnung. Im vorliegenden Fall werden somit die Kriterien gemäß der Entscheidung des Bundespatentgerichts vom 24. Juli 2012 - 4 Ni 21/10 Fixationssystem - für die Zulässigkeit einer Aufspaltung in zwei nebengeordnete Ansprüche erfüllt. Weitere Ausführungen erübrigen sich an dieser Stelle, denn den Pferdetrensengebissen gemäß den nach dem Hauptantrag geltenden nebengeordneten Ansprüchen 1 und 8 fehlt die Patentfähigkeit.
1.2 Die Gegenstände der mit dem Hauptantrag vom 17. Oktober 2013 verteidigten Ansprüche 1 und 8 des Streitpatents beruhen nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung ausführlich zu den aus ihrer Sicht gegebenen Vorteilen der streitpatentgemäßen Ausgestaltungen eines Pferdetrensengebisses vorgetragen. Für die Beurteilung des Schutzbereiches ist indes allein der Inhalt der Patentansprüche maßgeblich, und Wirkungsangaben hat die Beklagte zu Recht nicht zum Gegenstand ihrer Ansprüche gemacht.
Zum Stand der Technik hat die Beklagte die Auffassung vertreten, die Druckschrift K14 sei nächstliegend. Dem ist zuzustimmen, denn sie betrifft ein gattungsgemäßes Pferdetrensengebiss und offenbart zudem bereits einen Großteil der Merkmale der vom Streitpatent beanspruchten Pferdetrensengebisse.
Die Druckschrift K14 befasst sich mit einem gebogenen Trensengebiss für Pferde, das an beiden gegenüberliegenden Enden je eine Ringbohrung zur Aufnahme je eines Trensenringes besitzt (s. S. 1, Z. 001 bis 004). Sie offenbart drei Ausführungsformen, nämlich starre, zweifach gebrochene und einfach gebrochene Pferdetrensengebisse.
Die Figuren 17 bis 20 zeigen ein zweimal geteiltes Gebiss, bei dem der erste Bereich 8 und der separate zweite Bereich 9 durch ein weich geformtes Mittelstück 29 gelenkig verbunden sind. Der verkürzte Bereich 8 ist zur Mitte hin zu einer Ringöse 30 ausgeformt, und der verkürzte Bereich 9 ist zur Mitte hin mit einer zweiten Ringöse 31 versehen. Die erste Ringöse 30 und die zweite Ringöse 31 erstrecken sich durch je eine Durchgangsbohrung 32, 33 am seitlichen Ende des Mittelstücks 29 (vgl. S. 10, Z. 010 bis 019), so dass ein Gelenk auf jeder Seite des Mittelstücks gebildet ist. Jeder Bereich 8, 9 weist an dem von dem jeweiligen Gelenk entfernten Ende eine Ringbohrung 6, 7 für die frei bewegliche Aufnahme der Trensenringe 4 und 5 auf. Querschnittsformen für das Mittelstück 29 sind den Figuren 17 bis 20 zu entnehmen. Deutlich erkennbar ist der Mittenabschnitt im Vergleich zu seinen seitlichen Abschnitten verdickt, so dass das Mittelstück 29 etwa olivenförmig ist.
Das bekannte zweifach gebrochene Pferdetrensengebiss weist somit zunächst die im Anspruch 1 angegebenen Merkmale 1.1 bis 1.6 auf.
Die Figuren 24 bis 26 zeigen jeweils ein zweiteiliges, einfach gebrochenes Gebiss, bei dem ein erster Schenkel 8 und ein zweiter Schenkel 9 des Bügels durch ein Gelenk verbunden sind, das aus mit Spiel ineinander greifenden Ringösen 40 und 42 an den Endbereichen der Schenkel 8, 9 gebildet ist. An dem von dem Gelenk entfernten Ende sind ebenso wie bei der im vorigen Absatz erläuterten zweifach geteilten Ausgestaltung Ringbohrungen 6, 7 für die frei bewegliche Aufnahme der Trensenringe 4, 5 vorhanden.
Das bekannte einfach gebrochene Pferdetrensengebiss weist somit zunächst die im Anspruch 8 angegebenen Merkmale 8.1 bis 8.5.3 auf.
Druckschrift K14 offenbart entgegen der Meinung der Beklagten darüber hinaus noch weitere mit dem Gegenstand des Streitpatents übereinstimmende Merkmale.
Insbesondere die Fig. 30 und S. 14, Z. 013 bis 018 der Druckschrift K14 zeigen bzw. beschreiben Pferdetrensengebisse, bei denen die Achsen der beiden Bohrungen 6 und 7 bei flachliegendem Gebiss von hinten nach vorne zur Nase (des Pferdes, Anm. des Senats) hin um einen Winkel α von etwa 20° ansteigen. Bekannt ist demnach nicht nur die Ausgestaltung, wonach die Bohrungen 6 und 7 eine Ebene definieren, die bei flach liegendem Gebiss in einem Winkel von 0° bzw. 90° zur jeweiligen Achse der Ringösen 30, 31 bzw. 40, 42 verläuft, sondern der Fachmann entnimmt daraus auch bereits Pferdetrensengebisse, bei denen diese Winkel etwa 20° bzw. - aus der entgegen gesetzten Blickrichtung betrachtet - 70° betragen können. Die Figur 30 bezieht sich zwar auf ein starres Gebiss (S. 14, Z. 014). Aufgrund der Ansprüche 13 und 16, die gemäß entsprechendem Rückbezug jeweils die Merkmale aus einem der vorstehenden Ansprüche und insbesondere aus dem Anspruch 7 mit umfassen, ist dieses Merkmal jedoch sowohl auf die Lage der Bohrungsachsen der Ringösen 30, 31 des in Fig. 17 dargestellten zweimal geteilten Pferdetrensengebisses als auch auf die Lage der Bohrungsachsen 40, 42 des in den Fig. 24 bis 26 dargestellten einfach gebrochenen Pferdetrensengebisses anzuwenden.
Das bekannte zweifach gebrochene und das einfach gebrochene Pferdetrensengebiss erfüllen somit bereits im Wesentlichen das Merkmal 1.7 gemäß dem nach dem Hauptantrag geltenden Anspruch 1 bzw. das Merkmal 8.6 gemäß dem nach dem Hauptantrag geltenden Anspruch 8 des Streitpatents.
Letztlich ist in der Druckschrift K14 dargelegt, dass die Länge des Mittelstücks 29 des dort beschriebenen zweimal geteilten Pferdetrensengebisses „etwa 4 cm“ beträgt (S. 10, Z. 021 bis 024). Der Auffassung der Patentinhabern, wonach damit der kleinste Wert gemeint ist, trifft nicht zu, denn „etwa“ ist im Sinne von „ungefähr“ zu verstehen, so dass das Mittelstück um wenige Millimeter länger, aber auch kürzer sein kann als 4 cm. Das bekannte Pferdetrensengebiss erfüllt somit bereits das Merkmal 1.8 im Anspruch 1, denn die Länge seines Mittelstücks liegt zumindest an der oberen Grenze des beanspruchten Bereiches von maximal 4 cm.
Als einziger Unterschied gegenüber dem der Druckschrift zu entnehmenden Stand der Technik verbleibt, dass das vom Streitpatent beanspruchte Pferdtrensengebiss Winkel von „45° ± 20°, insbesondere 45° ± 10“ zwischen der von den Achsen der seitlichen Bohrungen aufgespannten Ebene und den Verbindungsgelenkachsen benennt und folglich Winkelbereiche zwischen 25° und 65° und insbesondere - somit lediglich fakultativ - zwischen 35° und 55° vorsieht.
Im Grunde umfasst Druckschrift K14 demnach die Lehre, dass neben Form, Ausführung und Größe des Pferdetrensengebisses auch die Neigung der Achsen der Bohrungen der Verbindungsgelenke zum Mittelstück bezüglich der Achsen der Bohrungen für die seitlichen Ringe den Effekt des Zugs am Zügel mit bestimmt. Dieses wird dort anhand des Beispiels eines Gebisses mit starren Bügeln offenbart. Die Wirkung der aus der Verschiebung der Bügel auf den seitlichen Ringen 4, 5 resultierenden Lageveränderungen des Trensengebisses verdeutlichen die Fig. 4 und 5, 10 und 11, 15 und 16 sowie 23. Klar erkennbar für den Fachmann verursacht der Zug am Zügel eine Rotation des Bügels um seine Längsachse, und zugleich wird der Bügel im Pferdemaul zurück bewegt und tiefer in die Zunge eingedrückt. Fig. 30 und die Beschreibung, S. 14, Z. 018 bis 024, zeigen zusätzlich auf, dass mittels einer Änderung des Neigungswinkels der Ebene, in der die Ringbohrungsachsen liegen - dort 20° bei flacher Auflage des Gebisses eine weitere Möglichkeit besteht, Einfluss auf die Wirkung des Pferdetrensengebisses zu nehmen. Eine Zusammenschau der Fig. 17 oder 18 bzw. einer der Fig. 24 bis 26 mit der Fig. 30 ergibt, dass die anhand des starren Pferdetrensengebisses erläuterten Effekte bei einem zweifach gebrochenen ebenso wie bei einem einfach gebrochenen Pferdetrensengebiss eintreten werden, denn die Gelenke an den Enden 32 und 33 des Mittelstücks 29 bzw. das aus den Ringösen 40, 42 gebildete Gelenk müssen sich mit der durch den Zug an den Zügeln eingeleiteten Drehung der Bereiche 8 und 9 um ihre jeweilige Längsachse mitdrehen. Infolgedessen verändern sich zwangsläufig die Auflageflächen der Gelenkösen und damit auch der auf die Zunge in diesen Stellen ausgeübte Druck. Der Fachmann weiß also, dass die Einwirkung auf die bekanntlich empfindliche Pferdezunge hinsichtlich der Lage des Angriffsbereichs und der Stärke des Druckes sich abhängig von der axialen Drehung der Gelenkachsen gegenüber den Ringbohrungsachsen verändert.
Aus der Druckschrift K14 erschließt sich dem Fachmann zudem, welchen Einfluss die Bemessung der Länge des Mittelstücks 29 auf die Passform des Pferdetrensengebisses und insbesondere dessen Einwirkung auf die Zunge und den Gaumen des Pferdes hat. Denn zu dem zweifach gebrochenen Pferdetrensenge- biss wird dort bereits ausgeführt, dass die Seitenbereiche 8 und 9 durch das etwa 4 cm lange Mittelstück 29 auseinander gehalten würden. Dieses Gebiss klemme die Zunge weder rechts noch links ein, und in der Mitte könne kein spitzer Winkel entstehen (S. 10, Z. 021 bis 025). Auswirkungen einer Änderung der Länge des Mittelstücks, insbesondere, dass auf diese Weise unnötiger Druck auf den Gaumen des Pferdes vermeidbar ist, liegen damit auf der Hand.
Mit den Zielen des Streitpatents, nämlich die Verbesserung der Passform und die Zugeinleitung im Wesentlichen auf die Zunge, verfolgt die Beklagte nichts anderes als die bereits dem Stand der Technik gemäß Druckschrift K14 zugrunde liegende Aufgabe weiter, eine bessere Formanpassung eines Trensengebisses an die Maulanatomie zu schaffen, damit das Pferd feinfühliger lenkbar ist (S. 1, Z. 022 bis 026). Verschiedene Winkelstellungen der Gelenkachse und die Länge des Mittelstücks sind als Einflussgrößen aus der Druckschrift K14 soweit bekannt, dass es nahe liegt, ausgehend von den bekannten Werten besagte Winkelstellungen der Gelenkachsen und die Länge des Mittelstücks zu variieren, um Verbesserungen zu erreichen, zumal deren Auswirkungen auf die Passform und die Möglichkeiten der Einflussnahme auf das Pferd sich bereits nach wenigen Versuchen absehen lassen.
Auch aufgrund des Vortrages der Beklagten in der mündlichen Verhandlung, in dem sie u. a. dargelegt hat, wie sie zu den Pferdetrensengebissen gemäß den Ansprüchen 1 und 8 gelangt ist, kommt der Senat zu der Überzeugung, dass hier kein grundsätzlich anderer als der fachmännisch übliche Weg zum Auffinden der Lösung eingeschlagen wurde, nämlich die bekannten Pferdetrensengebisse baugleich nachzuarbeiten und beim Gebrauch sich zeigende typische Mängel durch die Variation bekannter Einflussgrößen abzustellen. Die praktische Umsetzung von Versuchen und die sorgfältige Ergebnisauswertung unter Hinzuziehung weiterer Fachleute mag von Fall zu Fall aufwändig sein. Können derartige Maßnahmen jedoch - wie hier - unter Beibehaltung einer bereits bekannten Konstruktion erfolgen, ohne von deren Funktionsprinzip abzuweichen, liegt keine erfinderische Tätigkeit vor.
Dies betrifft auch die auf Patentanspruch 1 zurückbezogenen Ansprüche 2 bis 7, der mit Hauptantrag verteidigten Fassung des Streitpatents, die keinen selbständig patentfähigen Gehalt aufweisen und von der Patentinhaberin auch nicht als selbständig patentfähig verteidigt werden.
2. Das Streitpatent ist in der nach dem ersten Hilfsantrag verteidigten Fassung ebenfalls nicht rechtsbeständig.
2.1 Die gegenüber der erteilten Fassung geänderten Ansprüche nach dem ersten Hilfsantrag vom 24. Oktober 2013 sind zulässig.
Soweit die Klägerin auch diesen Anspruchssatz für unzulässig hält, ist dieser Auffassung nicht beizupflichten.
Die Beklagte hat die im Hauptantrag vorgenommene - vermeintlich unzulässige Trennung des einheitlich erteilten Anspruchs 1 in zwei nebengeordnete Ansprüche hier nicht vorgenommen. Sie verteidigt ihr Patent mit einem gegenüber dem Hauptantrag eingeschränkten (Haupt-)Anspruch 1 und darauf rückbezogenen Ansprüchen.
Die Klarheit dieser Ansprüche und die Ausführbarkeit der Anspruchsgegenstände sind nicht zu bemängeln. Des Weiteren ist gegenüber der erteilten und der ursprünglichen Fassung eine zulässige Einschränkung gegeben. Weitere detaillierte Ausführungen erübrigen sich an dieser Stelle wiederum, denn das Streitpatent hat auf Grundlage des Anspruchs 1 gemäß dem ersten Hilfsantrag ebenfalls mangels Patentfähigkeit seines Gegenstandes keinen Bestand.
2.2 Das Pferdetrensengebiss gemäß dem nach dem ersten Hilfsantrag geltenden Anspruch 1 beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Der Anspruch 1 unterscheidet sich von der Fassung gemäß dem Hauptantrag durch das zusätzliche Merkmal
1.9 dass der Mittenabschnitt (30) zwei Bohrungen hat, deren Mittellinien einen Abstand unter 2,5 cm haben.
Dies vorzusehen ist aus fachmännischer Sicht nicht erfinderisch.
Das aus Druckschrift K14 bekannte zweifach gebrochene Pferdetrensengebiss weist an den seitlichen Enden des Mittelstücks 29 bereits die Durchgangsbohrungen 32, 33 auf (vgl. S. 10, Z. 010 bis 021). Deren Mittellinienabstand ist zwar explizit nicht angegeben; der Fachmann ist jedoch veranlasst, ihn nach bestimmten Erfordernissen zu bemessen. Druckschrift K14 enthält dazu den Hinweis, dass das Mittelstück mit dem Zungenspiel des Pferdes relativ frei beweglich gestaltet werden sollte, um „das vom Reiter geschätzte Kauen des Pferdemauls anzuregen“ (S. 10, Z. 017 bis 027). Der Fachmann entnimmt daraus, dass in dieser Hinsicht ein Kompromiss zwischen der Beweglichkeit des Mittelstücks und einer für das Tier deutlichen Übertragung der Drehbewegung der seitlichen Bereiche 8 und 9 gefunden werden muss. Hierfür sind selbstverständlich ausreichende Ösenradien und daran sowie an die Beanspruchung im Gebrauch angepasste Ösenwandstärken im Gelenkbereich zu wählen. Die Inaugenscheinnahme des Musters K21 eines nach der Lehre der Druckschrift K14 gefertigten Pferdetrensengebisses ergibt, dass dort die beiden Gelenkösen im Mittelstück Bohrungsradien von etwa 5 mm und jeweils eine seitliche Ösenwandstärke von etwa 5 mm aufweisen. Die Länge des Mittelstücks des Musters K21 beträgt etwa 4,5 cm, woraus ein Mittellinienabstand der Bohrungen von etwa 2,5 cm resultiert, der bereits an die obere Grenze des beanspruchten Wertebereichs heranreicht. Bei einem kürzeren Mittelstück, wie es die Druckschrift K14 offenbart, mit einer Länge von „etwa 4 cm“ (S. 10, Z. 021 bis 024), müssen die Bohrungsachsen der seitlichen Gelenkösen näher zusammenrücken. Denn um die für die Beweglichkeit der Gelenkösen erforderlichen Ösenabmessungen beibehalten zu können, bleibt dem Fachmann nur, eine an das kürzere Mittelstück angepasste Verringerung der Bohrungsachsenab- stände vorzunehmen. Daher gelangt er bereits zwangsläufig und somit ohne erfinderisches Zutun in den im Anspruch 1 angegebenen Wertebereich von unter 2,5 cm. Das beanspruchte zusätzliche Merkmal ist mithin einer handwerklichen Anpassung an die Bemessung der Länge des Mittelstücks geschuldet. Die auf Patentanspruch 1 zurückbezogenen Patentansprüche 2bis 7 enthalten nichts selbständig Patentfähiges und sind daher ebenfalls nicht schutzfähig.
3. Mit der nach dem zweiten Hilfsantrag verteidigten Fassung der Patentansprüche hat das Streitpatent jedoch Bestand.
3.1 Die gegenüber der erteilten Fassung geänderten Ansprüche nach dem zweiten Hilfsantrag vom 24. Oktober 2013 sind zulässig.
Die Beklagte ergänzt den nach dem ersten Hilfsantrag geltenden Anspruch 1 durch Aufnahme der folgenden Merkmale
1.10 dass bei gestrecktem Bügel (24) und in der Ebene der beiden Achsen (42) der Bohrungen (32) jede dieser Achsen (42) der beiden Bohrungen (32) einen Winkel kleiner 90° mit den Längsachsen des Bügels bildet und
1.11 dass die beiden Achsen (42) der Bohrungen (32) denselben Winkel mit der Längsachse einschließen.
Entgegen der Auffassung der Klägerin sind sämtliche im nach dem zweiten Hilfsantrag geltenden Anspruch 1 enthaltenen Merkmale 1.1 bis 1.11 in den zur Erteilung eingereichten Unterlagen als solche enthalten und auch in ihrer Kombination als erfindungswesentliche Merkmale offenbart, nämlich in den nachfolgend angegebenen ursprünglichen Ansprüchen und Fundstellen in der zugehörigen Beschreibung beginnend auf S. 6, fünfter Absatz, bis S. 8, letzter Abs., in Verbindung mit den Fig. 1 bis 3 in der Veröffentlichung der PCT- Anmeldung in der Druckschrift WO 00/35804 A1.
Die Merkmale 1.1 bis 1.3.3 im geltenden Anspruch 1 gehen zurück auf den ursprünglichen Anspruch 1 und die darauf direkt rückbezogenen Ansprüche 2 und 3, die Figuren 1 und 2 sowie die zugehörige Beschreibung S. 6, 5. und 6. Absatz. Merkmal 1.4 stammt aus dem ebenfalls direkt auf den ursprünglichen Anspruch 1 rückbezogenen ursprünglichen Anspruch 7. Die Merkmale 1.5 bis 1.5.3 stammen aus dem ursprünglichen Anspruch 1. Merkmal 1.6 ist im ursprünglichen Anspruch 10 bereits enthalten und indirekt über den ursprünglichen Anspruch 3 auf den ursprünglichen Anspruch 1 rückbezogen, wobei die Umschreibung der Ausgestaltung des verdickten Bereiches als „etwa olivenförmig“ aus der Fig. 1 zu ersehen ist und der Beschreibung S. 8, zweiter Absatz, der ursprünglichen Unterlagen als zur Erfindung gehörig entnommen werden kann. Merkmal 1.7 entspricht inhaltlich dem kennzeichnenden Teil des ursprünglichen Anspruchs 1. Die Merkmale 1.8 und 1.9 sind in den ursprünglichen Ansprüchen 5 bzw. 6 enthalten und über den ursprünglichen Anspruch 3 auch mit dem ursprünglichen Anspruch 1 verbunden. Die Merkmale 1.10 und 1.11 stammen aus dem direkt auf den ursprünglichen Anspruch 1 rückbezogenen ursprünglichen Anspruch 8.
Die Änderungen beschränken das Streitpatent in zulässiger Weise. Weder ist der Schutzgegenstand unzulässig erweitert, noch führen die Änderungen zu einer unzulässigen Erweiterung des Schutzbereichs.
Der Schutzbereich des erteilten Anspruchs 1 erstreckt sich - allgemein - auf ein Pferdetrensengebiss mit einem Bügel, der eine beliebige Anzahl frei gestaltbarer Gelenke und lediglich optional einen hinsichtlich seiner Form und Größe nicht näher bestimmten Mittelabschnitt aufweist; lediglich die Winkellage der von den seitlichen Bohrungen aufgespannten Ebene bezüglich der Gelenkachsenbohrungen ist definiert. Demgegenüber bezieht der nach dem zweiten Hilfsantrag formulierte Anspruch 1 ausschließlich zweifach gebrochene Pferdetrensengebisse mit bestimmten Ausgestaltungen der die Verbindung zwischen den Seitenteilen und dem Mittelstücks des Bügels bildenden Gelenke ein. Über die Definition besagter Winkellage der von den seitlichen Bohrungen aufgespannten Ebene zu den Gelenkbohrungen hinausgehend legt er zudem die Lage der Achsen der seitlichen Boh- rungen zueinander und zur Längsachse des gestreckten Bügels des Pferdetrensengebisses fest.
3.2 Das Pferdetrensengebiss gemäß dem nach dem zweiten Hilfsantrag geltenden Anspruch 1 ist neu.
Bei den aus den Druckschriften K4 sowie K13 und aufgrund der offenkundigen Vorbenutzung K9a/b bekannten Pferdetrensengebissen handelt es sich nicht um die gemäß Streitpatent beanspruchten zweifach gebrochenen, sondern allenfalls um einfach gebrochene Ausführungen, so dass bereits Merkmal 1.1 nicht erfüllt ist. Ein Teil der in den Dokumenten K11, K12, K14, K23 und K24 offenbarten Trensengebisse betrifft ebenfalls derartige Gebisstypen. Andere daraus entnehmbare Pferdetrensengebisse haben zwar zweifach geteilte Bügel, keines davon weist jedoch die Merkmale 1.10 und 1.11 auf. Dies gilt ebenso für das Muster K21 eines Pferdetrensengebisses des Typs „KK-Conrad Ausbildungsgebiss“.
Die Dokumente K3, K5a/b, K6a/b/c, K7a/b, K8a/b, K10, K11 und K23 und die den Dokumenten K5a/b, K6a/b/c, K7a/b, K8a/b zuzuordnenden Muster unstreitig offenkundig vorbenutzter Pferdetrensengebisse betreffen ausschließlich oder teilweise den Typ „Dr. Bristol“. Diese weisen zwar zweifach geteilte Bügel auf, ihnen fehlt jedoch ausnahmslos das im Patentanspruch 1 angegebene Merkmal 1.6, wonach der Mittenabschnitt (30) im Vergleich zu den angrenzenden Bereichen der Seitenabschnitte (29, 31) verdickt und etwa olivenförmig ausgebildet ist. Der Mittenabschnitt der Dr. Bristol Pferdetrensengebisse besteht stattdessen aus einer Platte (K3, Fig. 3, plate A); K5 bis K8; K10, S. 8, 56, 93, 156; K11, S. 40, 48, 61, 71, 95, 97, 99; K23, S. 46).
3.3 Das Pferdetrensengebiss gemäß dem Anspruch 1 nach dem zweiten Hilfsantrag beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Als Ausgangspunkt für die Beurteilung, ob eine erfinderische Tätigkeit gegeben ist, eignet sich der aus der Druckschrift K14 ergebende Stand der Technik.
Da sowohl die Druckschrift K14 als auch die übrigen Druckschriften K11, K12 und K24 sowie das Muster K21, die der Bauart „Conrad“ entsprechende Pferdetrensengebisse offenbaren, die Ausgestaltungen gemäß den zusätzlichen Merkmalen 1.10 und 1.11 weder als solche noch Hinweise darauf enthalten, können sie einem Fachmann auch aus dem insgesamt sich daraus ergebenden Stand der Technik nicht nahe gelegt sein. Das gilt ebenso für den aus den Dokumenten und/oder Mustern K4, K9, K13 und K23 zusammen resultierenden Stand der Technik, der sich mit einteiligen Pferdetrensengebissen befasst. Letztlich trifft das auch für die Pferdetrensengebisse des Typs „Dr. Bristol“ zu, die die Dokumente K3, K10, K11 und K23 und die Muster K5 bis K8 offenbaren. Davon abgesehen hat ein Fachmann, der ein Pferdetrensengebiss der Bauart „Conrad“ verbessern will, schon keine Veranlassung, auf Trensengebisse der Bauart „Dr. Bristol“ zurückzugreifen. Ein derartiges Pferdetrensengebiss entfaltet seine vergleichsweise scharfe Wirkung mittels der je nach Zügelanzug resultierenden Drehung um die Längsachse des vergleichsweise langen, plattenartigen Mittelstücks, das mit einer der Längskanten mehr oder weniger deutlich in die Zunge des Pferdes drückt. Dagegen ist bei dem Pferdetrensengebiss der Bauart „Conrad“ ein kürzeres, olivenförmig verdicktes Mittelstück vorgesehen, das vergleichsweise weicher wirkt, weil es keine Kante aufweist. Es dreht sich zwar um seine Längsachse, wenn das Spiel in den Gelenken an den Seiten des Mittelstücks überwunden ist. Wegen seines runden Querschnitts ändert sich dabei jedoch der durch das Mittelstück ausgeübte Druck auf die Zunge des Pferdes nicht. Abhängig vom Zügelanzug und von der dadurch bewirkten Drehung der Seitenabschnitte vermittelt es dem Tier die Hilfe vielmehr im Wesentlichen über die sich verdrehenden Auflagenbereiche der Gelenkösen.
Zu den Merkmalen 1.10 und 1.11 vertritt die Klägerin sinngemäß die Auffassung, es handle sich um Ausgestaltungen, die bereits aus der Druckschrift K13 bekannt seien, und die auch für das durch offenkundige Vorbenutzung bekannte Pferdetrensengebiss gemäß Muster K6 zuträfen; sie seien daher dem Fachmann aus dem Stand der Technik nahe gelegt.
Weder Druckschrift K13 noch das Muster K6 offenbaren jedoch Pferdetrensengebisse der Bauart „Conrad“ gemäß Druckschrift K14, so dass schon aus diesem Grund kein Anlass gegeben ist, diesen Stand der Technik zur Lösung einer Aufgabe heranzuziehen, die in Zusammenhang mit dem patentgemäßen Trensengebisstyp steht.
Sollte ein Fachmann das Muster K6 oder die Druckschrift K13 dennoch berücksichtigen, legt ihm dieser Stand der Technik nicht nahe, bei einem dem Streitpatent zugrunde liegenden Pferdetrensengebiss die Achsen der Bohrungen für die seitlichen Ringe so anzuordnen, dass sie einen Winkel kleiner 90° mit der Längsachse des Bügels bilden und dass die beiden Achsen der Bohrungen denselben Winkel mit der Längsachse einschließen.
Die Klägerin hat an einem „Dr. Bristol“- Pferdetrensengebiss gemäß dem Muster K6 die Lage der Bauteile zueinander nachträglich genauer vermessen lassen. Der Anlage K6c zufolge habe sich ergeben, dass auch dort die betreffenden Bohrungsachsen nicht parallel zueinander verlaufen, sondern davon um 4,887° abweichen. Der Klägerin ist somit insoweit zuzustimmen, dass die Merkmale 1.10 und 1.11 als solche zumindest für dieses „Dr.-Bristol“- Pferdetrensengebiss zutreffen. Daraus ist jedoch noch kein Anlass gegeben oder ableitbar, dieses Merkmal zusätzlich auch bei einem dem Streitpatent zugrunde gelegten Pferdetrensengebiss des Typs „Conrad“ vorzusehen.
Nach der Streitpatentschrift, Abs. [0015.], bezwecken die V- förmig zueinander verlaufenden Bohrungsachsen für die seitlichen Ringe bei dem streitpatentgemäßen Pferdetrensengebiss der patentgemäßen Bauart eine Verstärkung des Druckes auf die Zunge des Pferdes, wenn die Zügel angezogen werden. Durch die nicht mehr rechtwinklige Ausbildung (der Bohrungen bezüglich der Längsrichtung der Seitenabschnitte, Ergänzung von Seiten des Senats) werde eine Bewegungskomponente beim Anziehen der Zügel in das Gebiss hineingebracht, die positive Effekte, insbesondere eine deutlich verbesserte Belastung der Zunge habe.
Ob die beim Streitgegenstand beabsichtigte Wirkung bei dem Pferdetrensengebiss gemäß dem Muster K6 ebenfalls eintritt, ist schon aufgrund der gegenüber dem Streitgegenstand deutlich unterschiedlichen Ausgestaltung des Mittelstücks (plattenförmig anstelle von olivenförmig) zu bezweifeln; jedenfalls offenbart sie sich dort dem Fachmann nicht in offensichtlicher Weise. Die Klägerin konnte auch erst nach eingehender Untersuchung des Musters K6 lediglich die Übereinstimmung mit den in Rede stehenden Merkmalen 1.10 und 1.11 feststellen. In der mündlichen Verhandlung hat sie zudem die Auffassung vertreten, dass eine gemäß diesen Merkmalen nicht parallele Anordnung der Bohrungsachsen zueinander keinen Effekt habe. Umso weniger erkennt der Senat, warum der Fachmann veranlasst sein sollte, gerade diese konstruktive Einzelheit eines ausgewählten Pferdetrensengebisses der Bauart „Dr. Bristol“ auf das dem Streitpatent zugrunde liegende Pferdetrensengebiss der anderen Bauart „Conrad“ zu übertragen.
Die aus der Druckschrift K13 hervorgehenden Pferdetrensengebisse liegen noch weiter ab von dem Gegenstand des Streitpatents als der übrige Stand der Technik.
Gegenstand der Druckschrift K13 ist ein Trensengebiss (bridle bit). Die daraus zu entnehmenden Varianten haben zwei seitliche Ringe 9, und die Achsen der beiden seitlichen Bohrungen des Bügels bilden einen Winkel kleiner 90° mit der Längsachse des Bügels; sie schließen zudem jeweils denselben Winkel mit der Längsachse ein. Somit erfüllen diese Trensengebisse für sich betrachtet die Merkmale 1.2, 1.10 und 1.11 gemäß dem Anspruch 1 nach dem zweiten Hilfsantrag. Darin erschöpfen sich aber auch die Übereinstimmungen mit dem Gegenstand des Streitpatents, denn die in der Druckschrift K13 offenbarten Trensengebisse sind teilweise ungebrochen (S. 1, Z. 59 bis 75 in Verbindung mit den Fig. 1 und 3 bis 7) und teilweise einfach gebrochen (S. 1, Z. 76 bis 88 in Verbindung mit den Fig. 2 und Z. 8 bis 12). Zweifach gebrochene Trensengebisse, wie sie das Streitpatent beansprucht, sind in Druckschrift K13 gar nicht offenbart. Die einfach gebrochenen Trensengebisse weisen jeweils ein Scharniergelenk aus einer gabelförmigen Aufnahme an dem einem Teil 4 des Bügels, einer Zunge 7 an dem anderen Teil 5 des Bügels und einem Stift 7 auf (S. 1, Z. 76 bis 83 i. V. m. Fig. 2); ein Gelenk mit ineinander greifenden Ösen ist dort also ebenfalls nicht vorgesehen. Es fehlen folglich die Merkmale 1.1, 1.3 und 1.4 und infolgedessen auch die Merkmale 1.6, 1.7, 1.8 und 1.9 des Pferdetrensengebisses gemäß Anspruch 1 des Streitpatents. Die Seitenabschnitte der Teile 4 und 5 weisen am von dem Scharnier entfernten Ende zwar Abschnitte 2 mit jeweils einer Bohrung 3 zur Aufnahme von Ringen 9 auf, diese Bohrungen sind jedoch länglich (longitudinal) ausgebildet, und die Ringe 9 sind mit Befestigungsgliedern 10 versehen, so dass jegliche Bewegung der Ringe 9 in ihrer Umfangsrichtung verhindert ist (S. 1, Z. 89 bis 97 i. V. m. Fig. 8). Daher ist eine freie bewegliche Aufnahme der seitlichen Ringe gemäß dem Merkmal 1.5 des patentgemäßen Pferdetrensengebisses dort letztlich ebenfalls nicht gegeben.
Den Ausführungen in der Druckschrift K13 nach dient die in Rede stehende Bohrungsachsenanordnung unter anderem dazu, den Druck des Trensengebisses auf die Wangen und den Gaumen des Tieres zu vermeiden (S. 1, Z. 14 bis 17 sowie S. 2, Z. 52 bis 63) und mag somit zwar im Sinne der dem Streitpatent zugrunde liegenden Aufgabe die Passform eines Pferdetrensengebisses verbessern. Ein Anlass zur Übertragung der nicht parallelen Bohrungsachsenanordnung auf das dem Streitpatent zugrunde liegende Pferdetrensengebiss der Bauart „Conrad“ ist dennoch nicht gegeben. Denn die dortige Konstruktion soll nur eine Vorwärts- und Rückwärtsbewegung des Bügels zulassen und nicht dessen Auf- und Abwärtsbewegung gegen den Gaumen oder die Zunge des Tieres (S. 2, Z. 63 bis 69). Dieses ist der Lehre des Streitpatents entgegengesetzt, wonach bei einem patentgemäßen Pferdetrensengebiss Druck auf die Zunge des Pferdes bewirkt wird, wenn die Zügel angezogen werden, und die V- förmig zueinander verlaufenden Bohrungsachsen für die seitlichen Ringe dazu dienen, diesen Effekt zu verstärken (vgl. Abs. [0015], Z. 28 bis 30).
Die gemäß den Merkmalen 1.10 und 1.11 vorzusehenden Ausgestaltungen sind nach alledem als erfinderisch anzuerkennen.
Der Senat konnte somit nicht feststellen, dass sich der Gegenstand des Anspruchs 1 in der nach dem zweiten Hilfsantrag verteidigten Fassung in nahe liegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt.
Die Ansprüche 2 bis 7 werden von dem verteidigten Anspruch 1 getragen.
An diesem Ergebnis ändert auch die Berücksichtigung der in der Streitpatentschrift genannten Entgegenhaltungen nichts.
Da dem zweiten Hilfsantrag der Beklagten stattzugeben ist, erübrigt es sich, auf die Hilfsanträge 3 bis 5 der Beklagten einzugehen.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 92 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 709 ZPO.
IV. Auf die anliegende Rechtsmittelbelehrung wird verwiesen.
Sredl Merzbach Dr. Fritze Rothe Fetterroll prö Rechtsmittelbelehrung Gegen dieses Urteil kann das Rechtsmittel der Berufung gemäß § 110 PatG eingelegt werden.
Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils - spätestens nach Ablauf von fünf Monaten nach Verkündung - durch einen in der Bundesrepublik Deutschland zugelassenen Rechtsanwalt oder Patentanwalt schriftlich zum Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe, einzulegen.
Die Berufungsschrift muss
- die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet ist, sowie
- die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde,
enthalten. Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
Auf die Möglichkeit, die Berufung nach § 125a PatG in Verbindung mit § 2 der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesgerichtshof und Bundespatentgericht (BGH/BPatGerVV) auf elektronischem Weg zum Bundesgerichtshof einzulegen, wird hingewiesen (s. www.bundesgerichtshof.de/erv.html)