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3 StR 63/25

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL StR 63/25 vom 21. August 2025 in der Strafsache gegen wegen gefährlicher Körperverletzung u.a.

ECLI:DE:BGH:2025:210825U3STR63.25.0 Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 21. August 2025, an der teilgenommen haben:

Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Schäfer,

Richter am Bundesgerichtshof Dr. Berg, Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Erbguth, Richter am Bundesgerichtshof Dr. Kreicker, Richterin am Bundesgerichtshof Munk als beisitzende Richter,

Staatsanwalt beim Bundesgerichtshof als Vertreter der Bundesanwaltschaft,

Rechtsanwalt – in der Verhandlung – als Verteidiger,

Rechtsanwalt als Vertreter des Nebenklägers,

Amtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:

1. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Duisburg vom 22. Mai 2024 wird verworfen.

2. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die dem Nebenkläger im Revisionsverfahren hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Von Rechts wegen Gründe: 1 Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Beihilfe zur Freiheitsberaubung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die nicht ausgeführte allgemeine Sachrüge gestützten Revision. Das Rechtsmittel bleibt ohne Erfolg.

I. 2 1. Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen lockten der Mitangeklagte und weitere Personen den Nebenkläger am Abend des 10. Januar 2023 in D. unter einem Vorwand in ein Fahrzeug, bemächtigten sich seiner mit Gewalt und verbrachten ihn in ein Gebäude in Do., wo sie ihn über mehrere Stunden – zeitweilig mit Kabelbindern an einen Stuhl gefesselt – gegen seinen Willen festhielten und körperlich massiv misshandelten. Der Mitangeklagte und andere an dem Tatgeschehen Beteiligte schlugen wiederholt auf den Nebenkläger ein; unter anderem versetzte der Mitangeklagte ihm im Beisein weiterer Beteiligter, die das Geschehen durch verbale Drohungen sowie die Demonstration von Eingriffsbereitschaft begleiteten und förderten, einen kräftigen Schlag mit einem Baseballschläger, wodurch der Geschädigte einen Armbruch erlitt.

Einige Zeit nach der Verbringung des Tatopfers in die Räumlichkeiten in Do. kam der Angeklagte – ein Onkel des Mitangeklagten – hinzu; seine Mitwirkung an dem vorangegangenen Entführungsgeschehen hat die Strafkammer nicht festgestellt. Er bestärkte seinen Neffen und die weiteren anwesenden Personen durch sein Erscheinen in der Fortsetzung der von ihm zumindest gebilligten Gefangenhaltung des Nebenklägers. Zudem begab er sich zu dem nach wie vor gefesselt auf einem Stuhl sitzenden Nebenkläger und schlug ihn mit der flachen Hand mehrfach in das Gesicht.

Zu einem späteren Zeitpunkt entschlossen sich der Angeklagte, der Mitangeklagte sowie die weiteren Mitwirkenden, das Tatgeschehen zu beenden, und verbrachten den Nebenkläger zurück nach D., wo sie ihn freiließen.

2. Die Strafkammer hat das Handeln des Angeklagten rechtlich gewürdigt als gefährliche Körperverletzung in der Variante der gemeinschaftlichen Tatbegehung mit einem anderen Tatbeteiligten gemäß § 223 Abs. 1, § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB in Tateinheit mit Beihilfe zur Freiheitsberaubung gemäß § 239 Abs. 1, § 27 Abs. 1 StGB.

II.

Die auf die Sachrüge veranlasste umfassende materiellrechtliche Überprüfung des Urteils hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Die vom Landgericht getroffenen Feststellungen werden durch die Beweiswürdigung belegt und tragen den Schuldspruch. Die Strafzumessungsentscheidung ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Der Erörterung bedarf allein Folgendes:

Entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts ist der Angeklagte nach den Urteilsfeststellungen neben (psychischer) Beihilfe zur Freiheitsberaubung tateinheitlich der gefährlichen Körperverletzung gemäß § 223 Abs. 1, § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB – und nicht lediglich der Körperverletzung gemäß § 223 Abs. 1 StGB – schuldig.

1. Die Strafbarkeit des Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung gemäß § 223 Abs. 1, § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB ist jedenfalls dadurch begründet, dass er nach seinem Hinzutreten zu dem Geschehen den Nebenkläger unter Mitwirkung anderer Tatbeteiligter in das Gesicht schlug.

a) Eine Strafbarkeit nach § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB („mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich“) erfordert, dass mindestens zwei Beteiligte am Tatort bewusst zusammenwirken. Für die Verwirklichung des Qualifikationsmerkmals wird Eigenhändigkeit nicht vorausgesetzt; ausreichend ist vielmehr, wenn ein am Tatort anwesender weiterer Beteiligter die Körperverletzungshandlung des Täters – physisch oder psychisch – bewusst in einer Weise verstärkt, welche die Lage des Verletzten zu verschlechtern geeignet ist (vgl. BGH, Urteil vom 31. Juli 2024 – 2 StR 44/24, NStZ 2025, 351 Rn. 14; Beschluss vom 28. November 2023 – 6 StR 490/23, NStZ-RR 2024, 77; Urteil vom 11. April 2018 – 2 StR 436/17, NStZ 2019, 612, 613; Beschlüsse vom 25. Juli 2017 – 3 StR 93/17, NStZRR 2017, 339; vom 21. Juli 2015 – 3 StR 261/15, juris Rn. 4; Fischer/Fischer,

StGB, 72. Aufl., § 224 Rn. 23). Der dadurch erhöhte Grad der Gefährdung des Opfers legitimiert diese Qualifikationsstrafbarkeit.

b) Der Gesamtheit der Urteilsgründe lässt sich ein solches Zusammenwirken mehrerer Tatbeteiligter nicht nur hinsichtlich der körperlichen Einwirkung auf das Opfer vor dem Erscheinen des Angeklagten entnehmen, sondern auch bezüglich der Schläge, die der Angeklagte dem Nebenkläger nach seinem Hinzutreten eigenhändig versetzte. Denn wie schon bei den vorherigen körperlichen Einwirkungen auf das gefesselte Tatopfer durch den Mitangeklagten wirkten auch an den Schlägen des Angeklagten weitere anwesende Personen dergestalt mit, dass sie das Geschehen zumindest durch die Demonstration ihrer Eingriffsbereitschaft – die sie bereits zuvor durch eigenes unmittelbares Einwirken auf das Opfer unter Beweis gestellt hatten – begleiteten und förderten. Das ergibt sich aus Folgendem:

Das Tatopfer wurde ausweislich der vom Landgericht getroffenen Feststellungen von einer Tätergruppe, zu welcher der Angeklagte gehörte, entführt und in Do. festgehalten. Die Gefangenhaltung geschah durch mehrere zu dieser Gruppierung gehörende Personen, darunter der mitangeklagte Neffe des Angeklagten, die durchgängig am Tatort in Do. anwesend waren. Als der Angeklagte den Raum betrat, in dem der Nebenkläger auf einem Stuhl gefesselt saß, mithin zu dem Tatgeschehen hinzutrat, bestärkte er seinen Neffen und die übrigen Beteiligten darin, das Festhalten des Nebenklägers fortzusetzen; dies lässt einen unmittelbaren Kontakt des Angeklagten mit den weiteren Tatbeteiligten und ein Zusammenwirken mit diesen am Tatort erkennen. Unerheblich ist insofern, ob sich die weiteren Tatbeteiligten zum Zeitpunkt der Schläge des Angeklagten mit diesem im selben oder aber in einem benachbarten Raum im betreffenden Gebäude eingriffsbereit aufhielten, von wo aus sie jederzeit ohne besonderen Aufwand an das Tatopfer herantreten konnten. Denn auch im letztgenannten Fall hielten sie sich am Tatort auf und erhöhten die Gefährlichkeit der konkreten Tatsituation für den Geschädigten. Ein konzertiertes gemeinschaftliches Vorgehen aller Beteiligten ergibt sich zudem daraus, dass der Angeklagte und die weiteren an dem Tatgeschehen mitwirkenden Personen schließlich gemeinsam beschlossen, die Entführung zu beenden und den Nebenkläger nach D. zurückzubringen. Mithin stellen sich auch die in ein fortgesetztes Entführungsgeschehen eingebetteten Schläge, die der Angeklagte dem Nebenkläger versetzte, als eine gemeinschaftliche Tatbegehung im Sinne des § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB dar.

2. Daher kann offenbleiben, ob die gemeinschaftlichen Einwirkungen auf den Nebenkläger durch den Mitangeklagten und weitere Personen vor dem Erscheinen des Angeklagten am Tatort in Do. diesem zurechenbar sind und – wie vom Landgericht angenommen – eine mittäterschaftliche Beteiligung des Angeklagten an einer Körperverletzung zum Nachteil des Nebenklägers in Gestalt einer sukzessiven Mittäterschaft durch Eintreten in ein fortgesetztes und fortdauerndes Misshandlungsgeschehen vorliegt, die gleichfalls zur Strafbarkeit nach § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB führt.

a) Eine solche Form der Mittäterschaft erfordert, dass sich eine Person einer zunächst fremden Tat nach deren Beginn, aber vor ihrer Beendigung in Kenntnis und unter Billigung des bisherigen Tatablaufs als Täter anschließt und ihr eigenes Handeln noch Einfluss auf den Eintritt des tatbestandsmäßigen Erfolges hat (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschlüsse vom 17. Juli 2024 – 5 StR 161/24, wistra 2025, 19 Rn. 8; vom 11. Februar 2020 – 4 StR 583/19, NStZ 2020, 727 f.; vom 18. Dezember 2018 – 1 StR 512/18, juris Rn. 7; vom 26. Juli 2028 – 3 StR 627/17, StV 2019, 678 Rn. 16; vom 23. Januar 2018 – 3 StR 451/17, StV 2018, 717 Rn. 8; Urteil vom 16. Juni 2016 – 3 StR 124/16, juris Rn. 23; MüKoStGB/Scheinfeld, 5. Aufl., § 25 Rn. 211 f. mwN).

b) Für eine derart begründete Strafbarkeit nach § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB lässt sich anführen, dass die Gründe des angefochtenen Urteils eine mehrstündige körperliche Einwirkung des Mitangeklagten und der weiteren Beteiligten auf den Nebenkläger schildern, die sich für diese als eine materiellrechtliche Körperverletzungstat darstellt und in die sich die Schläge des Angeklagten als später hinzutretenden zusätzlichen Tatbeteiligten einfügten. Gegen eine gefährliche Körperverletzung in sukzessiver Mittäterschaft spricht vorliegend allerdings, dass – worauf der Generalbundesanwalt abgehoben hat – die vom Landgericht getroffenen Feststellungen dahin verstanden werden können, dass der Mitangeklagte und die weiteren Personen ihre konzertierte körperliche Misshandlung bereits abgeschlossen hatten, als der Angeklagte am Tatort erschien vgl. BGH, Beschlüsse vom 26. Juli 2018 – 3 StR 627/17, StV 2019, 678 Rn. 16; vom 12. August 2014 – 5 StR 264/14, juris Rn. 6 mwN; vom 22. Mai 2013 – 2 StR

14/13, BGHR StGB § 25 Abs. 2 Mitteilung 37 Rn. 6; MüKoStGB/Scheinfeld, 5. Aufl., § 25 Rn. 212 mwN).

Schäfer Berg Ri'inBGH Dr. Erbguth befindet sich im Urlaub und ist deshalb gehindert zu unterschreiben.

Schäfer RiBGH Dr. Kreicker befindet sich im Urlaub und ist deshalb gehindert zu unterschreiben.

Schäfer Ri'inBGH Munk befindet sich im Urlaub und ist deshalb gehindert zu unterschreiben.

Schäfer Vorinstanz: Landgericht Duisburg, 22.05.2024 - 32 KLs-163 Js 79/23-21/23

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