Paragraphen in 17 W (pat) 46/12
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BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 46/12 Verkündet am 25. Juni 2015
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BESCHLUSS In der Beschwerdesache betreffend die Patentanmeldung 10 2006 058 588.7-53 …
hat der 17. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 25. Juni 2015 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Phys. Dr. Morawek, der Richterin Eder, des Richters Dipl.-Ing. Baumgardt und des Richters Dipl.-Phys. Dr. Forkel BPatG 154 05.11 beschlossen:
Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G06F des Deutschen Patent- und Markenamts vom 27. Dezember 2011 aufgehoben und die Sache zur weiteren Prüfung und Entscheidung an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückverwiesen.
Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird angeordnet.
Gründe I.
Die vorliegende Patentanmeldung, welche die Priorität einer Voranmeldung in den USA vom 14. Dezember 2005 in Anspruch nimmt, wurde am 12. Dezember 2006 in englischer Sprache beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereicht. Sie trägt in der deutschen Übersetzung die Bezeichnung
„Verfahren zum Bewerten von Modellen eines Fahrzeugfahrverhaltens oder Fahrzeugverwendungsmodelldetektor“.
Die Anmeldung wurde von der Prüfungsstelle für Klasse G06F des Deutschen Patent- und Markenamtes mit Beschluss vom 27. Dezember 2011 mit der Begründung zurückgewiesen, dass der Gegenstand des (damaligen) Patentanspruchs 1 von einem universell anwendbaren Verfahren zum Ermitteln des wahrscheinlichsten statistischen Modells eines Fahrverhaltens eines beobachteten Fahrzeugs bestimmt werde, dessen einzelne Schritte einen Algorithmus und somit eine mathematische Methode als solche darstellten. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 falle damit unter das Patentierungsverbot des § 1 PatG und sei daher nicht gewährbar.
Gegen diesen Beschluss ist die Beschwerde der Anmelderin gerichtet.
Die Anmelderin stellt den Antrag,
den angegriffenen Beschluss aufzuheben und das nachgesuchte Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:
Patentansprüche 1-7, überreicht in der mündlichen Verhandlung, Beschreibung Seiten 1-3, 3a, 16 vom 31.01.2011, Beschreibung Seiten 4-15 und 2 Blatt Zeichnungen mit Figuren 1-3, jeweils vom 08.03.2007.
Sie regt die Rückzahlung der Beschwerdegebühr an.
Im Prüfungsverfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt ist die Druckschrift D1: US 2002/0128751 A1 genannt worden. Vom Senat wurden zusätzlich die Druckschriften D2: LIN, C.; PENG, H.; GRIZZLE, J.: A Stochastic Control Strategy for Hybrid Electric Vehicles. In: Proceedings of the 2004 American Control Conference, 2004,
D3: GUNDLICH, B.; TEUNISSEN, P.: Multiple Models – Fixed, Switching, Interacting. In: V Hotine-Marussi Symposium on Mathematical Geodesy, pp. 129-136, Springer, 2004, ISBN 978-3-642-06028-1 und D4: KIM, Y.; HONG, K.: An IMM Algorithm for Tracking Maneuvering Vehicles in an Adaptive Cruise Control Environment. In: International Journal of Control, Automation, and Systems, vol 2, no. 3, pp. 310-318, September 2004 eingeführt.
Der geltende, in der mündlichen Verhandlung überreichte Patentanspruch 1, hier mit einer möglichen Gliederung versehen, lautet:
(a´) Verfahren zum Ermitteln des wahrscheinlichsten statistischen Modells eines Fahrverhaltens eines beobachteten Fahrzeugs von einem Zeitschritt k bis zur Gegenwart, um die Kraftstoffwirtschaftlichkeit bei einem Hybrid-Fahrzeug mit einer Batterie, die eine Batterieleistung liefert, und einer Maschine, die eine Maschinenleistung liefert, zu verbessern, wobei das Verfahren umfasst, dass
(a´´) das Fahrverhalten des Fahrzeugs beobachtet wird, was das Beobachten der Fahrzeuggeschwindigkeit umfasst;
(a) mindestens zwei statistische Modelle eines Fahrverhaltens aufgestellt werden, wobei die mindestens zwei statistischen Modelle Modelle einer bedingten Wahrscheinlichkeit sind, die die Wahrscheinlichkeit von Zuständen bei einem nächsten Zeitschritt k 1 beschreiben, wobei
(a2) die Fahrzeuggeschwindigkeit, ein Drehmoment, eine Beschleunigung, eine Straßenneigung, eine Tageszeit, eine Fahrzeugbeladung, eine Insassenanzahl und eine Fahreridentifikation als Eingaben für die mindestens zwei statistischen Modelle verwendet werden
(a4) und wobei die jeweiligen Zustände bei dem momentanen Zeitschritt k gegeben sind;
(b) eine anfängliche Wahrscheinlichkeitsverteilung der mindestens zwei statistischen Modelle eines Fahrverhaltens ermittelt wird;
(c) die Wahrscheinlichkeit ermittelt wird, dass ein beobachteter Übergang des Fahrverhaltens durch die mindestens zwei statistischen Modelle eines Fahrverhaltens vorhergesagt wird;
(d) die Wahrscheinlichkeit berechnet wird, dass die mindestens zwei statistischen Modelle ein Fahrverhalten des beobachteten Fahrzeugs bei dem nächsten Zeitschritt k 1 erklären;
(d2) und wobei (c), Ermitteln der Wahrscheinlichkeit des beobachteten Übergangs, und (d), Berechnen der Wahrscheinlichkeit der mindestens zwei statistischen Modelle, für alle Zeitschritte bis zur Gegenwart wiederholt werden;
(e) ermittelt wird, welches der mindestens zwei statistischen Modelle die größte Wahrscheinlichkeit des Erklärens des beobachteten Fahrverhaltens aufweist; und
(f) auf Grundlage des ermittelten statistischen Modells eines Fahrverhaltens das Verhältnis von gegenwärtig verwendeter Batterieleistung und Maschinenleistung unter Verwendung von Leistungsverzweigungssteuerungen des Fahrzeugs, die zum Beeinflussen dieses Verhältnisses ausgebildet sind, beeinflusst wird, um die Kraftstoffwirtschaftlichkeit bei dem nächsten Zeitschritt k 1 zu verbessern, wobei den Leistungsverzweigungssteuerungen zugehörige Kalibrierungen gesteuert werden.
Der Patentanspruch 2 lautet:
„Verfahren nach Anspruch 1, wobei das statistische Modell eines Fahrverhaltens ein Modell einer bedingten Wahrscheinlichkeit ist, das die Wahrscheinlichkeit P bei einem Zeitschritt k 1 beschreibt, dass eine Fahrzeuggeschwindigkeit vk1 vorliegt, wobei eine Fahrzeuggeschwindigkeit vk bei dem Zeitschritt k gegeben ist.“
Der Patentanspruch 3 lautet:
„Verfahren nach Anspruch 1, wobei das statistische Modell eines Fahrverhaltens aus einem Beispiel eines Fahrens gebildet wird, das das Fahrverhalten darstellt; und wobei das Beispiel die Geschwindigkeit des Fahrzeugs über der Zeit umfasst.“
Der Patentanspruch 4 lautet:
„Verfahren nach Anspruch 1, wobei (b), Ermitteln der anfänglichen Wahrscheinlichkeitsverteilung des statistischen Modells, umfasst, dass ein Vektor 0 als die anfängliche Wahrscheinlichkeitsverteilung festgesetzt wird, wobei der Vektor 0 für jedes statistische Modell vorbestimmt wird.“
Der Patentanspruch 5 lautet:
„Verfahren nach Anspruch 4, wobei es N statistische Modelle eines Fahrverhaltens gibt, wobei jedes Element des Vektors 0 auf 1/ N gesetzt wird, wodurch jedes Modell eine gleiche Wahrscheinlichkeit eines Übereinstimmens eines Fahrverhaltens des beobachteten Fahrzeugs aufweist.“
Der Patentanspruch 6 lautet:
„Verfahren nach Anspruch 1, wobei (c), Ermitteln der Wahrscheinlichkeit, dass der beobachtete Übergang durch jedes statistische Modell eines Fahrverhaltens vorhergesagt wird, umfasst, dass eine Referenznachschlagtabelle eingesetzt wird, wobei die Nachschlagtabelle eine für jedes statistische Modell entwickelte zweidimensionale Matrix ist, wobei es N statistische Modelle eines Fahrverhaltens gibt, wobei die Nachschlagtabelle drei unabhängige Indizes aufweist; einen Index, der das statistische Modell, die momentane Geschwindigkeit und die vorherige Geschwindigkeit des beobachteten Fahrzeugs identifiziert; und eine vorbestimmte Matrix M1 eingesetzt wird, um die Wahrscheinlichkeit eines Übergehens von einem Fahrverhalten zu einem anderen bei jedem Beispiel zu definieren, wobei M1 eine Markov-Matrix ist.“
Der Patentanspruch 7 lautet:
„Verfahren nach Anspruch 6, wobei (c), Berechnen der Wahrscheinlichkeit, dass das statistische Modell das Fahrverhalten des beobachteten Fahrzeugs bei dem Zeitschritt k 1 erklärt, umfasst, dass eine vorbestimmte Matrix M 2 eingesetzt wird, um die Wahrscheinlichkeit eines Übergehens von einem Fahrverhalten zu einem anderen bei jedem Beispiel zu definieren, wobei M 2 eine Markov-Matrix ist.“
Die Anmelderin trägt vor, dass mit Hilfe des beanspruchten Verfahrens das wahrscheinlichste statistische Modell eines Fahrverhaltens eines beobachteten Fahrzeugs ermittelt werden könne. Der Vorteil des Gegenstandes der Anmeldung bestehe insbesondere darin, dass zwischen mehreren Modellen umgeschaltet werden könne, wodurch eine genauere Vorhersage des Fahrverhaltens ermöglicht werde. Aufgrund der genaueren Vorhersage könne auch eine verbesserte Steuerung des Verhältnisses von Batterie- und Maschinenleistung erzielt werden, wodurch das Fahrzeug besonders effizient betrieben werden könne.
Ein solches Verfahren sei nicht nur technisch, es sei darüber hinaus durch den den Druckschriften D1 bis D4 entnehmbaren Stand der Technik weder bekannt noch durch diesen nahegelegt.
II.
Die rechtzeitig eingegangene und auch sonst zulässige Beschwerde führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Deutsche Patent- und Markenamt gemäß § 79 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 PatG.
1. Die vorliegende Patentanmeldung bezieht sich auf ein Verfahren zum Ermitteln der Wahrscheinlichkeit, dass ein statistisches Modell das Fahrverhalten oder die Verwendung eines beobachteten Fahrzeugs beschreibt (Offenlegungsschrift, [0001]).
Wie in der Anmeldung ausgeführt, umfassen die Ziele für die Entwicklung von Hybridelektrofahrzeugen die Verbesserung der Kraftstoffwirtschaftlichkeit und die Reduzierung von Schadstoffemissionen von Automobilen. Bei der Konstruktion eines Hybrid-Fahrzeugs werde die Kraftstoffwirtschaftlichkeit mittels optimierter Operationen und einer Steuerstrategie maximiert. Ein statistisches Modell eines Fahrverhaltens könne dabei eine Optimierung von Operationen sowohl für Hybridals auch Nicht-Hybrid-Fahrzeuge bieten (Offenlegungsschrift, [0002]). Aus der Beschreibung geht sinngemäß hervor, dass eine an das jeweilige Fahrverhalten des Fahrzeugs angepasste Ermittlung statistischer Modelle bislang nicht bekannt sei, so dass aus Sicht der Steuerung des Hybridmotors z. B. zwischen einem Fahren auf einer Schnellstraße und einem Fahren in der Stadt oftmals nicht eindeutig unterschieden werden könne.
Die der Anmeldung zugrundeliegende objektive technische Aufgabe sieht der Senat darin, ein Verfahren zu schaffen, mit dem ein statistisches Modell identifiziert werden kann, welches das momentane Fahrverhalten eines Hybrid-Fahrzeugs am besten beschreibt und auf dessen Grundlage die passende Steuerstrategie für den Hybridmotor gefunden bzw. das Verhältnis aus Batterie- und Maschinenleistung optimal eingestellt werden kann.
Als Fachmann, der mit der Aufgabe betraut wird, ein Verfahren anzugeben, mit dem der Kraftstoffverbrauch eines Hybrid-Fahrzeugs optimiert werden kann, ist ein berufserfahrener Maschinenbauingenieur anzusehen, welcher nicht nur über fundierte Kenntnisse auf dem Gebiet von Brennkraftmaschinen und Hybridantrieben verfügt sondern auch mit der Anwendung numerischer Lösungsmethoden zur Bestimmung der charakteristischen Zustandsgrößen vertraut ist.
2. Das geltende Patentbegehren ist zulässig. Zudem ist der Gegenstand nach Patentanspruch 1 dem Patentschutz grundsätzlich zugänglich sowie durch den aus den Druckschriften D1 bis D4 entnehmbaren Stand der Technik weder neuheitsschädlich vorweggenommen noch durch diesen nahegelegt.
2.1 Zur Lösung der genannten Aufgabe schlägt der Patentanspruch 1 ein Verfahren nach den Merkmalen (a´) bis (f) vor.
Der Patentanspruch 1 bedarf der Auslegung.
Mit Hilfe des beanspruchten Verfahrens soll das wahrscheinlichste statistische Modell ermittelt werden, das das Fahrverhalten eines beobachteten Hybrid-Fahrzeugs von einem Zeitschritt k bis zu einem gegenwärtigen Zeitpunkt beschreibt. Es soll dazu dienen, die Kraftstoffwirtschaftlichkeit des Fahrzeugs zu verbessern, d. h. seinen Kraftstoffverbrauch zu optimieren. Laut Patentanspruch 1 verfügt das Fahrzeug über eine Batterie und eine Maschine, die jeweils eine Batterie- und Maschinenleistung erbringen (Merkmal (a´)). Der Senat versteht dabei unter der Maschine in erster Linie eine Brennkraftmaschine.
Im Verfahrensschritt (a´´) wird das Fahrverhalten des Fahrzeugs beobachtet, was das Beobachten der Fahrzeuggeschwindigkeit umfasst. Die gemäß Anspruchswortlaut gewählte Umschreibung „Beobachten der Fahrzeuggeschwindigkeit“, bei der es sich nach dem Verständnis des Senats um eine zielgerichtete Wahrnehmung des Fahrzeugs bzw. von dessen Geschwindigkeit handelt, lässt dabei offen, ob das Merkmal (a´´) auf eine Simulation mit Test oder eine reale Messung abstellt.
Merkmal (a) besagt, dass wenigstens zwei statistische Modelle erstellt werden, die jeweils ein Fahrverhalten beschreiben. Jedes Modell beinhaltet bedingte Wahrscheinlichkeiten, die die jeweiligen Wahrscheinlichkeiten für das Eintreten eines Zustandes zu einem nächsten Zeitschritt k 1 angeben unter der Bedingung, dass ein bestimmter Zustand, beschrieben durch die unter Merkmal (a2) aufgezählten Größen, zu einem früheren Zeitschritt k bereits vorliegt (Merkmal (a4)). Laut Merkmal (a2) werden die Fahrzeuggeschwindigkeit, ein Drehmoment, eine Beschleunigung, eine Straßenneigung, eine Tageszeit, eine Fahrzeugbeladung, eine Insassenanzahl und eine Fahreridentifikation als Eingaben für die mindestens zwei statistischen Modelle verwendet. Entsprechend der Beschreibung geben die bedingten Wahrscheinlichkeiten eines Modells z. B. dann an, mit welcher Wahrscheinlichkeit eine Fahrzeuggeschwindigkeit vk1 zu einem späteren Zeitpunkt k 1 angenommen wird, wenn ein Zustand mit einer gewissen Fahrzeuggeschwindigkeit vk , einem Drehmoment Tk usw. beobachtet wird (Offenlegungsschrift, [0014], [0037]).
Das beanspruchte Verfahren umfasst ferner, eine anfängliche Wahrscheinlichkeitsverteilung für die mindestens zwei statistischen Modelle festzulegen, welche jeweils ein bestimmtes Fahrverhalten beschreiben (Merkmal (b)). Wie in der Beschreibung ausgeführt, wird diese Wahrscheinlichkeitsverteilung durch einen Vektor repräsentiert, der die anfängliche Wahrscheinlichkeit umfasst, dass überhaupt eines der wenigstens zwei Modelle mit dem Fahrverhalten übereinstimmt (Offenlegungsschrift, [0015]). Insoweit entspricht Merkmal (b) der Initialisierung einer Wahrscheinlichkeit zu einem Anfangszeitpunkt. Aus der Beschreibung geht hervor, dass jedes statistische Modell für ein spezielles Fahrverhalten steht, z. B. ein Fahren auf einer Schnellstraße bzw. in der Stadt oder einen aggressiven Fahrstil (Offenlegungsschrift, [0005]).
Unter Beobachtung des Fahrverhaltens bzw. der Fahrzeuggeschwindigkeit wird die Wahrscheinlichkeit dafür ermittelt, dass ein Übergang des Fahrverhaltens (z. B. von Schnellstraße zu Stadtverkehr) durch die wenigstens zwei statistischen Modelle für das Fahrverhalten vorhergesagt wird (Merkmal (c)). Damit findet die Wahrscheinlichkeit für einen Wechsel zwischen den statistischen Modellen zum Zeitschritt k Berücksichtigung (Offenlegungsschrift, [0017], siehe P ).trans,mdli Merkmal (d) besagt, dass außerdem die Wahrscheinlichkeit dafür berechnet werden soll, dass die wenigstens zwei statistischen Modelle ein Fahrverhalten des Fahrzeugs bei dem nächsten Zeitschritt k 1 erklären bzw. beschreiben. Diese wird in der Beschreibung durch einen Vektor repräsentiert, dessen Komponen- ten Pmdl,k1 die jeweiligen Wahrscheinlichkeiten dafür angeben, dass eines der statistischen Modelle das Fahrverhalten zum Zeitschritt k 1 richtig kennzeichnet (Offenlegungsschrift, [0018]).
Entsprechend Merkmal (d2) sollen die Berechnung der Wahrscheinlichkeit für eine Änderung im Fahrverhalten gemäß Merkmal (c) sowie die Ermittlung der Wahrscheinlichkeit für die richtige Beschreibung des (zu einem späteren Zeitschritt vorliegenden) Fahrverhaltens durch eines der statistischen Modelle gemäß Merkmal (d) rekursiv wiederholt werden, und zwar für alle betrachteten Zeitschritte bis zu einem gegenwärtigen Zeitpunkt.
Merkmal (e) sieht vor zu bestimmen, welches der mindestens zwei statistischen Modelle die größte Wahrscheinlichkeit besitzt, das Fahrverhalten des Fahrzeugs in geeigneter Weise zu beschreiben.
Auf der Grundlage des auf diese Weise gefundenen statistischen Modells sollen mit Hilfe von Leistungsverzweigungssteuerungen des Fahrzeugs Batterie- und Maschinenleistung derart eingestellt werden, dass die Kraftstoffwirtschaftlichkeit des Fahrzeugs verbessert wird. Hierbei sollen Kalibrierungen, die zu den Leistungsverzweigungssteuerungen gehören, gesteuert werden (Merkmal (f)). In der Beschreibung wird hierzu ausgeführt, dass die Leistungsverzweigungssteuerungen das Verhältnis von Batterie- und Maschinenleistung, die zu einem gegenwärtigen Zeitpunkt erbracht werden, beeinflussen. Dies geschieht mittels „steuerbarer“ Betriebsparameter des Fahrzeugs, die Kalibrierungen und „andere geeignete Parameter“ umfassen sollen (Offenlegungsschrift, [0038]). Die Kalibrierung des in der Beschreibung geschilderten „Allgemeinen Algorithmus“ erfolgt anhand von anfänglichen Wahrscheinlichkeitsverteilungen der statistischen Modelle, MarkovMatrizen und bedingten Übergangswahrscheinlichkeiten (Offenlegungsschrift, [0020]-[0023]).
2.2 Das geltende Patentbegehren ist zulässig.
Der Patentanspruch 1 geht hervor aus dem ursprünglichen Patentanspruch 10 und Teilen der Beschreibung.
So beruht das „Verfahren zum Ermitteln des wahrscheinlichsten statistischen Modells eines Fahrverhaltens eines beobachteten Fahrzeugs von einem Zeitschritt k bis zur Gegenwart“ zusammen mit den Merkmalen (a), (a4) und (b) bis (e) auf dem ursprünglichen Patentanspruch 10.
Das hinzugefügte Teilmerkmal, wonach das beanspruchte Verfahren eingesetzt wird, um die Kraftstoffwirtschaftlichkeit in einem Hybrid-Fahrzeug zu verbessern, welches über eine Batterie, die eine Batterieleistung liefert, und eine Maschine, die eine Maschinenleistung liefert, verfügt, wird auf der Beschreibungsseite 13, Zeilen 9 bis 23 beschrieben (Offenlegungsschrift, [0038]).
Das Beobachten des Fahrverhaltens des Fahrzeugs zusammen mit der Fahrzeuggeschwindigkeit gemäß Merkmal (a´´) findet seine Stütze auf Seite 9, Zeilen 1 bis 10 der Beschreibung (Offenlegungsschrift, [0026]).
Merkmal (f), welches die Beeinflussung des Verhältnisses von Batterie- und Maschinenleistung betrifft, geht hervor aus Seite 13, Zeilen 9 bis 23 (Offenlegungsschrift, [0038]).
Merkmal (a2) ist in der Beschreibung auf der Seite 4, Zeile 26 bis Seite 5, Zeile 6 und der Seite 12, Zeile 27 bis Seite 13, Zeile 5 offenbart (Offenlegungsschrift, [0013], [0037]).
Die abhängigen Patentansprüche 2 bis 7 sind mit den ursprünglichen Patentansprüchen 2, 3 sowie 5 bis 8 identisch.
Die in den Beschreibungsseiten vorgenommenen Änderungen sind zulässig.
Die geltenden Figuren entsprechen den ursprünglich eingereichten Figuren.
2.3 Das Verfahren nach Patentanspruch 1 ist dem Patentschutz grundsätzlich zugänglich, da es die Lösung eines konkreten technischen Problems (vgl. die oben angegebene Aufgabe) mit technischen Mitteln liefert.
2.4 Die Lehre des Patentanspruches 1 ist durch den bisher bekannten Stand der Technik weder vorbekannt noch nahegelegt. Denn aus keiner der Druckschriften ist entnehmbar, dass die Fahrzeuggeschwindigkeit, ein Drehmoment, eine Beschleunigung, eine Straßenneigung, eine Tageszeit, eine Fahrzeugbeladung, eine Insassenanzahl und eine Fahreridentifikation als Eingaben für die mindestens zwei statistischen Modelle verwendet werden.
Die Druckschrift D1 befasst sich mit einem Verfahren zur automatischen Erkennung von langfristigen Fahrmustern eines Fahrzeugs in Echtzeit unter Verwendung eines statistischen Muster-Erkennungssystems ([0003]; [0032]). Die Mustererkennung ist durch vorwärtsgekoppelte neuronale Netzwerkmodelle implementiert, die zur Erkennung von beispielsweise vier Klassen einer Fahrumgebung aus Daten des Fahrzeug-Leistungsverhaltens entwickelt wurden ([0032]; Fig. 1). Als Eingangsgrößen können zeitliche Mittelwerte, Standardabweichungen und mittlere Abweichungen von Fahrzeugparameterverläufen in das Verfahren eingehen ([0037] bis [0039]). Das vorgestellte System beinhaltet Modelle, die die gewünschten Klassifikationsschemata aus empirischen Daten lernen anstatt entsprechend vorprogrammiert zu werden. Die angewandten neuronalen Netze werden z. B. darauf trainiert, vier Kategorien von Fahrmustern zu erkennen, nämlich Autobahn („highway“), Hauptstraße („main road“), Vorstadt („suburban“) und Innenstadt („city driving“). Eine wichtige Anwendung des bekannten Verfahrens besteht in einer an erkannte Fahrmuster angepassten Optimierung von Motor- und Fahrwerkparametern in Echtzeit oder in einer Unterstützung von Fahrerassistenzsystemen ([0053]).
Die Druckschrift D1 setzt sich im Wesentlichen damit auseinander, wie ein Fahrverhalten einem Fahrmuster zugeordnet werden kann ([0033], siehe „Bayes Theorem“).
Die Druckschrift D2 beschreibt ein Verfahren zur Ermittlung einer stochastischen Steuerungsstrategie für das Antriebsmanagement in Elektro-Hybridfahrzeugen.
Um eine solche Strategie zu erhalten, wird im Wesentlichen vorgeschlagen, die durch den Fahrer des Hybrid-Fahrzeugs angeforderte Motorleistung als Markov- Kette bzw. Markov-Prozess zu modellieren. Eine optimale Steuerungsstrategie wird dann durch den Mechanismus der Stochastischen Dynamischen Programmierung („Stochastic Dynamic Programming“ SDP) bestimmt (Abstract). Die Güte der präsentierten stochastischen Näherung wird sowohl anhand von Standard- Fahrzyklen, die das Fahren in der Innenstadt, der Vorstadt oder auf der Autobahn repräsentieren, als auch anhand von zufallsbedingten Fahrzyklen in einer SIMULINK-Umgebung überprüft (Seite 3, linke Spalte, siehe „It follows that specifying driving-cycle characteristics is equivalent to specifying the transition probabilities … and highway driving.“; Seite 5, Abschnitt 5.2 - „Simulation Results“). Insbesondere wird das Leistungsverzweigungsverhältnis („Power-Split-Ratio“ PSR)
aus der Leistung der Brennkraftmaschine und der angeforderten Motorleistung optimiert (Seite 5, linke Spalte, erster Absatz). Das Verfahren der Druckschrift D2 beruht u. a. auf der Anwendung zumindest eines statistischen Modells, welches bedingte Wahrscheinlichkeiten beinhaltet. In ein solches statistisches Modell können wenigstens zwei verschiedene Zustandsgrößen, nämlich die zu einem Zeitpunkt k
angeforderte Motorleistung P und die Radgeschwindigkeit d em
wh , eingegeben und als Wahrscheinlichkeitsbedingung berücksichtigt werden (Seite 3, linke Spalte, Gleichung (6) u. a.).
Die Druckschrift D3 behandelt in erster Linie die wahrscheinlichkeitstheoretische Beschreibung dynamischer Systeme mittels Bayesscher Statistik. Der mathematische Formalismus unter der jeweiligen Annahme eines festgelegten Modells („fixed“), mehrerer wechselnder Modelle („switching“) und miteinander wechselwir- kender („interacting“) Modelle wird dargestellt (Seiten 130-134). Aus der Druckschrift D3 geht zumindest hervor, dass im Fall der Beschreibung eines dynamischen Systems durch mehrere statistische Modelle nicht nur die bedingten Wahrscheinlichkeiten für den Übergang von Zustandsgrößen sondern ebenso Wahrscheinlichkeiten für einen Wechsel der statistischen Modelle in geeigneter Weise berücksichtigt werden müssen (Seite 132, rechte Spalte, siehe „Time Update“ und „Measurement Update“).
Die Druckschrift D4 befasst sich mit einem IMM („Interacting Multiple Model“) Algorithmus für eine anpassungsfähige Geschwindigkeitsregelung in einem Fahrerassistenzsystem („ACC System“). Das „ACC System“ eines Fahrzeugs beinhaltet eine Fahrerschnittstelle, einen Radarsensor zur Messung der jeweiligen Entfernungen und Geschwindigkeiten vorausfahrender Fahrzeuge sowie eine Steuereinrichtung zur Ansteuerung von Stellgliedern für Ventile und Bremssysteme. Die Möglichkeit, die Bewegung und das Fahrverhalten vorausfahrender Fahrzeuge in einem Fahrerassistenzsystem genau vorherzusagen, versetzt die Steuereinrichtung in die Lage, das Fahrverhalten des Fahrzeugs problemlos an die Bewegung vorausfahrender Fahrzeuge anzupassen (Seite 310, rechte Spalte).
Die Druckschrift geht davon aus, dass das Fahrverhalten von Fahrzeugen durch die Verwendung mehrerer miteinander wechselwirkender Modelle (IMMs) besser abgeschätzt bzw. beschrieben werden kann als wenn lediglich ein einziges Modell zugrunde gelegt wird (Seite 312, rechte Spalte, Abschnitt 2.3. - Two kinamtic models). Dementsprechend basiert der vorgestellte Algorithmus auch auf der Verwendung wenigstens zweier kinematischer Modelle, die eine geradlinige und eine kurvenförmige Bewegung vorausfahrender Fahrzeuge berücksichtigen (Seite 313, Gleichungen (5) und (11); Seite 313, rechte Spalte, letzter Absatz). Die zur Lösung der Modelle angewandten Kalmanfilter liefern die charakteristischen Größen zur Beschreibung eines vorausfahrenden Fahrzeugs, nämlich einen Schätzwert für den Zustandsvektor des Fahrzeugs (Ort, Geschwindigkeit, Beschleunigung, Kurvenradius usw.), Kovarianz und Modellwahrscheinlichkeit (Sei- te 314, linke Spalte, siehe „Remark 1“). Der präsentierte IMM Algorithmus beruht auf miteinander wechselwirkenden Modellen mit bedingten Wahrscheinlichkeiten für Zustandsgrößen eines Fahrzeugs.
Durch keine dieser Druckschriften ist jedoch unmittelbar nahegelegt, in Hinblick auf die Erstellung wenigstens zweier statistischer Modelle eines Fahrverhaltens die Fahrzeuggeschwindigkeit, ein Drehmoment, eine Beschleunigung, eine Straßenneigung, eine Tageszeit, eine Fahrzeugbeladung, eine Insassenanzahl und eine Fahreridentifikation als Eingabegrößen für die statistischen Modelle zu verwenden, die den Zustand des Hybrid-Fahrzeugs bei einem Zeitschritt k beschreiben sollen.
Nach allem ist nicht erkennbar, wie der Fachmann in Kenntnis lediglich des aus den ermittelten Druckschriften bekannten Standes der Technik zur Lehre des Patentanspruches 1 hätte gelangen können.
3. Die Anmeldung war an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückzuverweisen.
Eine unmittelbare Patenterteilung hält der Senat für nicht sachgerecht. Denn das Amt hat für die Patentansprüche in der Fassung des Hauptantrages bislang nicht geprüft, ob die Voraussetzungen für die Erteilung eines Patents erfüllt sind.
Insbesondere das Merkmal (a2) des Patentanspruches 1, welches vorsieht, zugleich die Fahrzeuggeschwindigkeit, ein Drehmoment, eine Beschleunigung, eine Straßenneigung, eine Tageszeit, eine Fahrzeugbeladung, eine Insassenanzahl und eine Fahreridentifikation in die statistischen Modelle einzugeben, war nicht Gegenstand des bisherigen Prüfungsverfahrens. Es deutet nichts darauf hin, dass die bisherige Recherche zum Stand der Technik auch auf eine solche Vielzahl von Zustandsgrößen in den statistischen Modellen ausgerichtet war.
Eine Recherche, die diesem Umstand Rechnung trägt, wird nunmehr nachzuholen sein.
4. Die Beschwerdegebühr ist zurückzuzahlen.
In ihren Eingaben ist die Anmelderin auf die Argumentation der Prüfungsstelle in den vorangegangenen Prüfungsbescheiden eingegangen und hat hilfsweise eine Anhörung beantragt. Die Anmeldung wurde mit geänderten Patentansprüchen weiterverfolgt. Nach dem zweiten Prüfungsbescheid erfolgte der Zurückweisungsbeschluss, in welchem die Durchführung einer Anhörung mit der Begründung abgelehnt wurde, dass der sachliche Gehalt des Patentbegehrens unstrittig sei und unterschiedliche Sichtweisen somit lediglich bezüglich des Zutreffens der Ausschlusskriterien des § 1 PatG existierten. Durch die Bescheide der Prüfungsstelle sei der Anmelderin bereits ausreichend rechtliches Gehör gewährt worden, so dass eine Anhörung aus Gründen der Verfahrensökonomie als nicht sachdienlich angesehen werde.
Wie der Senat in früheren Entscheidungen bereits mehrfach dargelegt hat, war das Prüfungsverfahren in solchen Fällen regelmäßig mängelbehaftet; es kann nicht ausgeschlossen werden, dass dieser Mangel ursächlich für die Beschwerdeerhebung war (vgl. etwa 17 W (pat) 74/07, 17 W (pat) 86/07, 17 W (pat) 113/07, 17 W (pat) 76/09, 17 W (pat) 83/10, 17 W (pat) 32/12, 17 W (pat) 43/12).
Es entspricht daher der Billigkeit, die Beschwerdegebühr zurückzuzahlen.
III.
Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass
1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, 2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, 3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, 4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat 5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder 6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich einzulegen.
Dr. Morawek Eder Baumgardt Dr. Forkel Fa
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