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17 W (pat) 39/12

BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 39/12 Verkündet am 30. April 2015

…

BESCHLUSS In der Beschwerdesache betreffend die Patentanmeldung 11 2005 002 888.7 - 53 …

hat der 17. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 30. April 2015 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Phys. Dr. Morawek, der Richterin Eder sowie der Richter Dipl.-Ing. Baumgardt und Dipl.-Ing. Hoffmann beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

BPatG 154 05.11 Gründe:

I.

Die vorliegende Patentanmeldung ist eine PCT-Anmeldung in nationaler Phase, welche die Priorität einer Voranmeldung beim EPA vom 23. November 2004 in Anspruch nimmt und als WO 2006 / 56 036 A1 in englischer Sprache veröffentlicht wurde. Ihr PCT-Anmeldetag ist der 31. August 2005. Sie trägt in der deutschen Übersetzung (DE 11 2005 002 888 T5) die Bezeichnung:

„Tragbare elektronische Vorrichtung mit Textdisambiguierung“.

Die Anmeldung wurde durch Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G 06 F des Deutschen Patent- und Markenamts in der Anhörung vom 30. November 2011 mit der Begründung zurückgewiesen, dass der Gegenstand des Hauptanspruchs des Hauptantrags und der Gegenstand des Hauptanspruchs des Hilfsantrags mangels erfinderischer Tätigkeit nicht gewährbar seien, weil der Fachmann zum jeweiligen Gegenstand gelange, ohne dass es für ihn eines erfinderischen Zutuns bedürfe. Dazu bezog sich die Prüfungsstelle auf die Druckschrift D3 (s. u.).

Gegen diesen Beschluss ist die Beschwerde der Anmelderin gerichtet.

Sie stellt in der Beschwerdebegründung vom 7. Mai 2012 (sinngemäß) den Antrag,

den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts vom 30. November 2011 aufzuheben und die Patenterteilung (mit den Patentansprüchen 1 und 2 vom 13. Oktober 2011 in der Fassung gemäß Hauptantrag, hilfsweise in der Fassung gemäß Hilfsantrag) zu beschließen,

weiter hilfsweise eine mündliche Verhandlung durchzuführen.

Zur Begründung verdeutlicht die Anmelderin die Unterschiede der beanspruchten Lehre gegenüber der Lehre der Druckschrift D3 und bemängelt, dass nicht nachvollziehbar sei, wie aus Sicht der Prüfungsstelle „der Fachmann bei würdigender Durchsicht der Druckschrift 3“ die fehlenden Merkmale „mitlesen“ solle. Ganz im Gegenteil weise die D3 den Fachmann in eine andere Richtung und führe somit von der beanspruchten Erfindung weg. Für die Anmelderin sei aufgrund der unverständlichen und floskelhaft vorgetragenen Argumentation der Beschlussbegründung keine logische und nachvollziehbare Gedankenführung für die im Tenor getroffene Entscheidung erkennbar.

Der geltende Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag (mit der Gliederung aus dem Zurückweisungsbeschluss, jedoch mit zusätzlichen Untermerkmalen (a1) bis (a4)) lautet:

(a) 1. Verfahren zur Disambiguierung einer Eingabe in eine tragbare elektronische Vorrichtung (4) eines Typs, der eine Eingabeeinrichtung (8), eine Ausgabeeinrichtung (12) und einen Speicher (20) mit einer Vielzahl von darin gespeicherten Objekten aufweist,

(a1) wobei der Speicher eine unveränderbare linguistische Quelle (88) und eine veränderbare linguistische Quelle (92, 96, 99) aufweist, wobei zumindest einige der Objekte in der unveränderbaren linguistischen Quelle sind, zumindest einige der Objekte in der veränderbaren linguistischen Quelle sind,

(a2) die Vielzahl der Objekte eine Vielzahl von Sprachobjekten (100) und eine Vielzahl von Häufigkeitsobjekten (104) aufweist, wobei zumindest einigen der Sprachobjekte jeweils ein zugehöriges Häufigkeitsobjekt zugeordnet ist, wobei zumindest einige der Häufigkeitsobjekte (104) einen Häufigkeitswert umfassen,

(a3) wobei die veränderbare linguistische Quelle eine HäufigkeitsLerndatenbank (96) umfasst, wobei die Häufigkeits-Lerndatenbank (96) veränderbare Häufigkeitsobjekte umfasst, wobei die veränderbaren Häufigkeitsobjekte Sprachobjekten der unveränderbaren linguistischen Quelle (88) zugeordnet sind,

(a4) wobei die Eingabeeinrichtung eine Vielzahl von Eingabeelementen (28) umfasst, wobei zumindest einige der Eingabeelemente eine Anzahl von zugeordneten Zeichen (48) aufweisen,

wobei das Verfahren umfasst:

(b) Speichern eines ersten Sprachobjektes und eines ersten Häufigkeitsobjektes in der Häufigkeits-Lerndatenbank (96), wobei dem ersten Sprachobjekt das erste Häufigkeitsobjekt zugeordnet ist, wobei das erste Sprachobjekt das gleiche Sprachobjekt ist wie ein zweites Sprachobjekt, wobei das zweite Sprachobjekt in der unveränderbaren linguistischen Quelle (88) gespeichert ist und wobei dem zweiten Sprachobjekt ein zweites Häufigkeitsobjekt zugeordnet ist;

(c) Erkennen einer mehrdeutigen Eingabe, welche eine Anzahl von Betätigungen von Eingabeelementen umfasst, wobei zumindest eines der Eingabeelemente eine Anzahl von zugeordneten Zeichen aufweist;

(d) Erzeugen einer Anzahl von Präfixobjekten, die der mehrdeutigen Eingabe entsprechen;

(e) Identifizieren, dass das erste Sprachobjekt in der Häufigkeits-Lerndatenbank (96) mit einem ersten Präfixobjekt korrespondiert;

(f) Identifizieren, dass das zweite Sprachobjekt in der unveränderbaren linguistischer Quelle mit dem ersten Präfixobjekt korrespondiert;

(g) Identifizieren eines dritten Sprachobjektes, welches mit einem zweiten Präfixobjekt korrespondiert, wobei dem dritten Sprachobjekt ein drittes Häufigkeitsobjekt zugeordnet ist;

(h) wenn der Häufigkeitswert des ersten Häufigkeitsobjekts größer ist als der Häufigkeitswert des zweiten Häufigkeitsobjekts, Ausgeben des ersten Präfixobjektes und des zweiten Präfixobjektes in abfallender Reihenfolge der Häufigkeitswerte, welche dem ersten und dem dritten Häufigkeitsobjekten zugeordnet sind;

(i) wenn der Häufigkeitswert des zweiten Häufigkeitsobjekts größer ist als der Häufigkeitswert des ersten Häufigkeitsobjekts, Ausgeben des ersten Präfixobjektes und des zweiten Präfixobjektes in abfallender Reihenfolge der Häufigkeitswerte, welche dem zweiten und dem dritten Häufigkeitsobjekten zugeordnet sind.

Der ihm nebengeordnete Patentanspruch 2 ist auf ein „Tragbares elektronisches Gerät“ gerichtet, dass mittels eines Prozessors (16) ein Verfahren i. W. gemäß Anspruch 1 bearbeitet; hierzu wird auf die Akte verwiesen.

Gemäß Hilfsantrag lautet der Patentanspruch 1 (mit soweit wie möglich derselben Gliederung, wobei die Unterschiede zum Hauptantrag unter- oder durchgestrichen sind – die Merkmale (a5) und (b1) sind hinzugekommen):

(a) 1. Verfahren zur Disambiguierung einer Eingabe in eine tragbare elektronische Vorrichtung (4) eines Typs, der eine Eingabeeinrichtung (8), eine Ausgabeeinrichtung (12) und einen Speicher (20) mit einer Vielzahl von darin gespeicherten Objekten aufweist,

(a1‘) wobei der Speicher eine unveränderbare linguistische Quelle (88) und eine veränderbare linguistische Quellen (92, 96, 99) aufweist, wobei zumindest einige der Objekte in der unveränderbaren linguistischen Quelle sind, zumindest einige der Objekte in der den veränderbaren linguistischen Quellen sind,

(a2) die Vielzahl der Objekte eine Vielzahl von Sprachobjekten (100) und eine Vielzahl von Häufigkeitsobjekten (104) aufweist, wobei zumindest einigen der Sprachobjekte jeweils ein zugehöriges Häufigkeitsobjekt zugeordnet ist, wobei zumindest einige der Häufigkeitsobjekte (104) einen Häufigkeitswert umfassen,

(a3‘) wobei die veränderbaren linguistischen Quellen eine Häufígkeits-Lerndatenbank (96) und eine Neue-Wörter-Datenbank (92) umfassen, wobei die Häufigkeits-Lerndatenbank (96) veränderbare Häufigkeitsobjekte umfasst, wobei die veränderbaren Häufigkeitsobjekte Sprachobjekten der unveränderbaren linguistischen Quelle (88) zugeordnet sind,

(a5) und wobei die Neue-Wörter-Datenbank (92) Wortobjekte umfasst, die anders sind als die Sprachobjekte der unveränderbaren linguistischen Quelle (88),

(a4) wobei die Eingabeeinrichtung eine Vielzahl von Eingabeelementen (28) umfasst, wobei zumindest einige der Eingabeelemente eine Anzahl von zugeordneten Zeichen (48) aufweisen,

wobei das Verfahren umfasst:

(b) Speichern eines ersten Sprachobjektes und eines ersten Häufigkeitsobjektes in der Häufigkeits-Lerndatenbank (96), wobei dem ersten Sprachobjekt das erste Häufigkeitsobjekt zugeordnet ist, wobei das erste Sprachobjekt das gleiche Sprachobjekt ist wie ein zweites Sprachobjekt, wobei das zweite Sprachobjekt in der unveränderbaren linguistischen Quelle (88) gespeichert ist und wobei dem zweiten Sprachobjekt ein zweites Häufigkeitsobjekt zugeordnet ist;

(b1) Speichern eines dritten Sprachobjektes und eines dritten Häufigkeitsobjektes, wobei dem dritten Sprachobjekt ein drittes Häufigkeitsobjekt zugeordnet ist, wobei das dritte Sprachobjekt anders ist als die Sprachobjekte, die in der unveränderbaren linguistischen Quelle (88) gespeichert sind;

(c) Erkennen einer mehrdeutigen Eingabe, welche eine Anzahl von Betätigungen von Eingabeelementen umfasst, wobei zumindest eines der Eingabeelemente eine Anzahl von zugeordneten Zeichen aufweist;

(d) Erzeugen einer Anzahl von Präfixobjekten, die der mehrdeutigen Eingabe entsprechen;

(e) Identifizieren, dass das erste Sprachobjekt in der Häufigkeits-Lerndatenbank (96) mit einem ersten Präfixobjekt korrespondiert;

(f) Identifizieren, dass das zweite Sprachobjekt in der unveränderbaren linguistischen Quelle mit dem ersten Präfixobjekt korrespondiert;

(g‘) Identifizieren, in der Neue-Wörter-Datenbank (92), eines dritten Sprachobjektes, welches mit einem zweiten Präfixobjekt korrespondiert, wobei dem dritten Sprachobjekt ein drittes Häufigkeitsobjekt zugeordnet ist;

(h) wenn der Häufigkeitswert des ersten Häufigkeitsobjekts größer ist als der Häufigkeitswert des zweiten Häufigkeitsobjekts, Ausgeben des ersten Präfixobjektes und des zweiten Präfixobjektes in abfallender Reihenfolge der Häufigkeitswerte, welche dem ersten und dem dritten Häufigkeitsobjekten zugeordnet sind;

(i) wenn der Häufigkeitswert des zweiten Häufigkeitsobjekts größer ist als der Häufigkeitswert des ersten Häufigkeitsobjekts, Ausgeben des ersten Präfixobjektes und des zweiten Präfixobjektes in abfallender Reihenfolge der Häufigkeitswerte, welche dem zweiten und dem dritten Häufigkeitsobjekten zugeordnet sind.

Auch hier ist der ihm nebengeordnete Patentanspruch 2 auf ein entsprechend arbeitendes „Tragbares elektronisches Gerät“ gerichtet; dazu wird ebenfalls auf die Akte verwiesen.

Als zugrundeliegende technische Aufgabe ist in der Beschwerdebegründung, Seite 2 Mitte, angegeben: ein tragbares elektronisches Gerät mit reduzierter Tastatur bzw. ein entsprechend angepasstes Verfahren bereitzustellen, bei dem die Auflösung der Mehrdeutigkeiten von Eingaben über eine reduzierte Tastatur im Vergleich zum Stand der Technik verbessert wird.

Als Stand der Technik wurden im Laufe des Verfahrens entgegengehalten:

D1 US 6 204 848 B1 D2 WO 2004 / 73 286 A2 D3 US 2004 / 153 975 A1 D4 US 6 307 549 B1 II.

Die Beschwerde ist rechtzeitig eingegangen und auch sonst zulässig. Sie hat jedoch keinen Erfolg, weil der jeweilige Gegenstand des Patentanspruchs 1 sowohl nach Haupt- wie auch nach Hilfsantrag bei Nicht-Berücksichtigung von Merkmalen, die zu einer technischen Problemlösung nichts beitragen, nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht (§§ 1, 4 PatG).

1. Die vorliegende Patentanmeldung betrifft ein Verfahren zur Texteingabe in eine tragbare elektronische Vorrichtung über eine Eingabeeinrichtung (insbesondere eine Tastatur), welche eine Vielzahl von Eingabeelementen (Tasten) besitzt, von denen zumindest einige mehrfach belegt sind (jeweils „… eine Anzahl von zugeordneten Zeichen aufweisen“ – Merkmal (a4)); der eingegebene Text wird auf einer Ausgabeeinrichtung (Display) angezeigt, und es wird ferner ein Speicher für den Wortschatz benötigt (Merkmal (a)).

Wegen der Mehrfach-Belegung kann eine betätigte Taste nicht eindeutig einem bestimmten Eingabezeichen zugeordnet werden. Daher ist eine „Disambiguierung“ der Eingabe erforderlich, d. h. ein Algorithmus zur Auflösung der Mehrdeutigkeit.

Prinzipiell waren dazu (siehe Beschreibung gemäß DE 11 2005 002 888 T5, Absatz [0005] / [0006]) Verfahren bekannt, bei denen ein einzugebendes Zeichen durch mehrfache Tastenbetätigung ausgewählt wird (z. B. „key chording“, wobei mehrere Tasten gleichzeitig oder zusammenhängend nacheinander betätigt werden, oder „Multi-Tap“, wobei eine Taste mehrfach nacheinander betätigt wird und die Zeichenauswahl durch die Anzahl der Betätigungen erfolgt). Ferner war es aber auch schon bekannt, jeweils nur eine Taste zu betätigen und die Mehrdeutigkeit durch eine Zusammenstellung der aufgrund der bisherigen Eingaben „möglichen“ Wort-Kandidaten aufzulösen, und ggf. unterschiedliche mögliche Worte zur Auswahl anzubieten; dafür ist ein Wörterbuch in der verwendeten Sprache und ggf. auch eine Häufigkeitsinformation für die möglichen Worte erforderlich (siehe Absatz [0007], [0009] und die gesamte Beschreibung, insbesondere das Beispiel gemäß den Figuren 7 bis 10 und Absatz [0101] bis [0115]).

1.1 Die vorliegende Anmeldung geht davon aus, dass die möglichen EingabeWorte oder Präfixe in einer generischen Wortliste („unveränderbare linguistische Quelle“ 88) vorgehalten werden, in welcher jedem Wortobjekt 108 oder N-GrammObjekt 112 auch ein Häufigkeitsobjekt 104 zugeordnet ist, welches die Vorkommens-Häufigkeit des Wort- oder N-Gramm-Objekts ausdrückt (Merkmal (a2)). Bei der Ausgabe (Anzeige) der möglichen Worte oder Wort-Teile wird dieses Häufigkeitsobjekt bzw. sein „Häufigkeitswert“ berücksichtigt, d. h. die Ausgabeliste ist nach Vorkommens-Häufigkeit sortiert, die Begriffe mit dem größeren Häufigkeitswert werden weiter oben in der Ausgabeliste angezeigt (Merkmale (h) / (i)).

Als Besonderheit lehrt die Anmeldung, dass parallel zu der Wortliste (88) eine sog. Häufigkeits-Lerndatenbank (96) vorgesehen werden soll, in welcher nur die zuvor tatsächlich benutzten Worte der Wortliste (88) abgespeichert sind (Merkmale (a3), (b)), zusammen mit einem höheren Häufigkeitswert als der (unveränderbare) Häufigkeitswert in der Wortliste (88) (vgl. Absatz [0085] Seite 12 Zeile 12 bis 16). D. h. den vom Nutzer tatsächlich benutzten Worten wird mittels einer eigenen Datenbank ein änderbarer, höherer Häufigkeitswert zugeordnet, so dass diese Worte weiter oben in der Ausgabeliste angeordnet werden können.

Darüber hinaus (siehe Hilfsantrag) kann auch noch eine „Neue-Wörter-Datenbank“ (92) vorgesehen werden, in welche „neue“ Worte aufgenommen werden, die der Benutzer eingibt, die aber nicht in der generischen Wortliste (88) vorkommen (Merkmale (a3‘), (a5)). Auch diesen wird ein variabler, änderbarer Häufigkeitswert zugeordnet (Merkmal (b1)), der später für die Reihenfolge in der Wortliste berücksichtigt wird.

1.2 Insbesondere die Merkmale (c) bis (i) bedürfen einer weitergehenden Interpretation.

Sie sind gerichtet auf die Erzeugung einer Ausgabeliste, in welcher ausgehend von der bisherigen mehrdeutigen Eingabe (Merkmale (c), (d)) die möglichen Präfix-Objekte nach Häufigkeit sortiert angeboten werden sollen.

Dabei geht der Anspruch von der Situation aus, dass einem „ersten“ möglichen Präfixobjekt zwei verschiedene Häufigkeitsobjekte zugeordnet sind, nämlich ein „erstes Häufigkeitsobjekt“ in der Häufigkeits-Lerndatenbank 96 (Merkmale (b), (e)) und ein „zweites Häufigkeitsobjekt“ in der unveränderbaren linguistischen Quelle (d. h. der generischen Wortliste 88) (Merkmale (b), (f)). Außerdem wurde ein „drittes Häufigkeitsobjekt“ für ein alternativ mögliches „zweites Präfixobjekt“ bestimmt (Merkmal (g)).

Die Merkmale (h) und (i) legen nun fest, in welcher Reihenfolge die beiden Präfixobjekte ausgegeben werden sollen. Eine Analyse der doch ungewöhnlich komplexen Merkmals-Formulierung zeigt, dass lediglich überprüft wird, welches der beiden dem „ersten Präfixobjekt“ zugeordneten Häufigkeitsobjekte das größere ist nur dieses wird mit dem „dritten Häufigkeitsobjekt“ verglichen, um die Reihenfolge zwischen dem „ersten Präfixobjekt“ und dem „zweiten Präfixobjekt“ festzulegen.

Damit lässt sich die Lehre der Anspruchsmerkmale (c) bis (i) folgendermaßen zusammenfassen: Wenn einem Präfixobjekt außer dem Häufigkeitsobjekt aus der generischen Wortliste (88) noch zusätzlich ein Häufigkeitsobjekt aus der Häufigkeits-Lerndatenbank (96) zugeordnet ist, dann soll nur der größere Häufigkeitswert von beiden für den Vergleich mit den Häufigkeitswerten anderer Präfix-Objekte herangezogen werden.

1.3 Als Fachmann, der mit der Aufgabe betraut wird, ein bekanntes, auf Wörterbuch-Vergleich basierendes Disambiguierungsverfahren für die Wort-Eingabe mittels mehrfach belegter Tasten zu verbessern, sieht der Senat einen Informatiker oder System-Programmierer mit Hochschul-Ausbildung an, der bei der Konfigurierung der Wort-Datenbank einen Sprachwissenschaftler hinsichtlich von besonderen Eigenschaften der Sprache hinzuzieht.

2. Sowohl der Haupt- als auch der Hilfsantrag haben keinen Erfolg, weil die wesentlichen Merkmale ihres jeweiligen Hauptanspruchs durch den Stand der Technik nahegelegt sind und darüber hinaus „nur Maßnahmen der Datenverarbeitung“ beansprucht werden, welche bei der Prüfung auf erfinderische Tätigkeit nicht zu berücksichtigen sind.

2.1 Als nächstkommenden Stand der Technik sieht der Senat hier die Druckschrift D2 (WO 2004 / 73 286 A2) an. Sie beschreibt im Sinne des Patentbegehrens ein Verfahren zur Disambiguierung einer Eingabe in eine tragbare elektronische Vorrichtung (Mobiltelefon 100), welche eine Eingabeeinrichtung (102; 308),

eine Ausgabeeinrichtung (108; 310) und einen Speicher für Sprachobjekte (304: 328; Figur 10) aufweist, wobei die Eingabeeinrichtung eine Vielzahl vom mehrfach belegten Tasten (106) umfasst (Merkmale (a), (a4)). Dabei nimmt sie das grundsätzliche Prinzip der Verwendung von Wörterbüchern und der Anzeige von PräfixObjekten vorweg (siehe z. B. Figur 13 / 14; Seite 7 untere Hälfte, Seite 12 Mitte - Merkmale (c), (d), (f), sowie Ausgabe einer Wahl-Liste ähnlich dem zweiten Teil der Merkmale (g) und (h)).

Gemäß Seite 18 unten / Seite 19 oben stützt sich die Disambiguierung auf mehrere linguistische Quellen: ein unveränderbares Wörterbuch der englischen Sprache 1010, ein „persönliches Wörterbuch“ 1012 für Worte, die der Benutzer häufig verwendet (Seite 19 Zeile 1: „frequently used“), und eine Neue-Wörter-Datenbank 1014 für Worte, die in dem Standard-Wörterbuch 1010 nicht enthalten sind (Seite 19 Zeile 3 / 4: „which are not represented within dictionary 1010“). Dabei werden das „persönliches Wörterbuch“ 1012 und die Neue-Wörter-Datenbank 1014 zwar nicht ausdrücklich als „veränderbar“ beschrieben; dies ergibt sich aber bereits aus der Zweckbestimmung, da beide Gruppen von Wörtern dem System ursprünglich nicht bekannt sind – Merkmale (a1), (a1‘), (a5), Teil von (a3‘). Es ist auch nicht beschrieben, dass den Sprachobjekten Häufigkeitsobjekte zugeordnet sind; die aufgrund der Eingabe möglichen Kandidaten sollen jedoch nach der Benutzungshäufigkeit sortiert werden (siehe z. B. Seite 12 Mitte „sorted in descending order of usage“; Seite 19 Zeile 7 / 8 „to order predicted candidates according to frequency … of use“). Dem Fachmann ist klar, dass dies nur möglich ist, wenn gerade zu dem „persönlichen Wörterbuch“ 1012 und der Neue-WörterDatenbank 1014 auch eine Information über die Benutzungshäufigkeit jedes einzelnen Wortes gespeichert wird - Merkmal (a2); Merkmale (a3) / (a3‘) und (b) teilweise. Die Verwendung von „Häufigkeitsobjekten“ wird im Übrigen für ein gattungsgemäßes, ähnlich beschriebenes Verfahren explizit in Druckschrift D4 (US 6 307 549 B1) erläutert, siehe D4 Spalte 14 Zeile 1: „frequency of use field“.

Damit ist das dem Patentanspruch 1 nach Haupt- und Hilfsantrag zugrundeliegende Prinzip i. W. aus D2 vorbekannt und hinsichtlich der „Häufigkeitsobjekte“ zumindest in Verbindung mit D4 nahegelegt.

Wie die Anmelderin jedoch zu Recht feststellt (siehe Beschwerdebegründung Seite 11), unterscheidet sich die Lehre der Druckschrift D2 von der beanspruchten Lehre insbesondre darin, dass in D2 nirgendwo ausdrücklich angegeben ist, dass die Worte des „persönlichen Wörterbuchs“ 1012 gleichzeitig auch in dem unveränderbaren Wörterbuch 1010 enthalten wären. Somit kann nach der Lehre der D2 auch nicht das Problem entstehen, dass zu ein- und demselben Wort zwei verschiedene Häufigkeitswerte vorliegen. Für die anspruchsgemäße Lösung dieses Problems kann D2 daher keine konkrete Anregung liefern.

2.2 Die Unterschiede der beanspruchten Lehre gegenüber dem aus dem Stand der Technik Bekannten sind für die Prüfung auf das Vorliegen einer erfinderischen Tätigkeit nicht beachtlich.

Bei der Prüfung einer Erfindung auf erfinderische Tätigkeit sind nur diejenigen Anweisungen zu berücksichtigen, die die Lösung eines technischen Problems mit technischen Mitteln bestimmen oder zumindest beeinflussen (BGH GRUR 2011, 125 - Wiedergabe topografischer Informationen, Leitsätze a und b). Mit Merkmalen, die zu einer technischen Problemlösung nicht beitragen, lässt sich das Vorliegen einer erfinderische Tätigkeit nicht begründen (vgl. auch BGH GRUR 2013, 275 - Routenplanung, insbesondere III. 2b und 3b).

Im vorliegenden Fall sind in den Maßnahmen der Patentansprüche 1 nach Hauptbzw. nach Hilfsantrag, die über die Lehre des Standes der Technik hinausgehen, d. h. in den Einträgen von konkret benutzten Worten in eine zweite Datenbank, um damit ein zweites Feld für eine veränderbare Benutzungshäufigkeit zur Verfügung zu haben, und in dem Algorithmus der Merkmale (c) bis (i), der das daraus entstehende Problem löst, welcher von beiden Häufigkeitswerten berücksichtigt wer- den soll, „nur … Maßnahme[n] der Datenverarbeitung zu sehen und nicht die Lösung eines konkreten technischen Problems“ (BGH GRUR 2011, 610 - Webseitenanzeige, Abs. 25).

Dabei ist schon sehr fraglich, ob überhaupt das Vorsehen besonderer Datenbanken und das Zuordnen von veränderbaren Häufigkeitswerten „an sich“ als technische Problemlösung anerkannt werden könnten. Dies kann indes offenbleiben, da diese grundlegenden Maßnahmen, wie ausgeführt, jedenfalls aus dem Stand der Technik bekannt sind.

Darüber hinausgehend erfordert die konkrete Realisierung, indem sie eine Datenbank-Struktur und einen Algorithmus zur Auswertung und Nutzung der gespeicherten Daten vorschlägt, in keiner Weise irgendein technisches Fachwissen; sie stützt sich auch nicht auf „auf technischen Überlegungen beruhende Erkenntnisse“ (BGH GRUR 2000, 498 - Logikverifikation). Die technischen Aspekte der zugrundeliegenden „tragbaren elektronische Vorrichtung“ haben keinen Einfluss auf die einzelnen Schritte und werden ihrerseits auch nicht durch sie beeinflusst. Ein „konkretes technisches Problem“ besteht an dieser Stelle nicht mehr.

Vielmehr kann es nur als Problem des Informatikers oder Programmierers gesehen werden, wie er die Ablage der erforderlichen Daten strukturiert, und wie er ggf. zwei auszuwertende Häufigkeitswerte in die zu ermittelnde Reihenfolge einfließen lässt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Informatik nicht zu den „herkömmlichen Gebieten der Technik, also der Ingenieurwissenschaften, der Physik, der Chemie oder der Biologie“ (BGH GRUR 2002, 143 - Suche fehlerhafter Zeichenketten) gehört, und dass somit Lösungen, die aus diesem Fachgebiet stammen, nicht allein deshalb bereits als „technische“ Lösungen zu verstehen sein können (vgl. BPatG 2 Ni 4/12 (EP), Urteil vom 14. November 2013).

Weil somit die über die Lehre der Druckschrift D2 bzw. D4 hinausgehenden Anspruchsmerkmale zu einer technischen Problemlösung nicht beitragen, sind sie bei der Prüfung auf erfinderische Tätigkeit unbeachtlich.

2.3 Mit dem jeweiligen Patentanspruch 1 fällt beim Haupt- und Hilfsantrag auch der Nebenanspruch 2, da über einen Antrag nur einheitlich entschieden werden kann.

Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass

1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, 2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, 3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, 4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat, 5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder 6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.

Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich einzulegen.

Dr. Morawek Eder Baumgardt Hoffmann Fa

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