Paragraphen in 18 W (pat) 1/19
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BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 1/19 Verkündet am 23. Oktober 2019
…
BESCHLUSS In der Beschwerdesache betreffend die Patentanmeldung 10 2011 011 191.3 …
hat der 18. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 23. Oktober 2019 durch die Vorsitzende Richterin Dipl.-Ing. Wickborn sowie die Richter Kruppa, Dipl-Ing. Veit und Dr.-Ing. Flaschke ECLI:DE:BPatG:2019:231019B18Wpat1.19.0 beschlossen:
-2Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe I.
Die Patentanmeldung 10 2011 011 191.3 mit der Bezeichnung
„Vorrichtung zur Abdeckung und / oder Rekonstruktion einer Knochendefektstelle; Verfahren zur Herstellung eines Aufsatzes einer Abdeckvorrichtung für eine Knochendefektstelle“
wurde am 14. Februar 2011 beim Deutschen Patent- und Markenamt angemeldet, und nimmt die inneren Prioritäten 10 2010 009 333.5 vom 19. Februar 2010 und 10 2010 049 809.2 vom 21. Oktober 2010 in Anspruch.
Im Prüfungsverfahren ist u.a. die Druckschrift D6 DE 10 2006 047 054 A1 in Betracht gezogen worden.
Die Prüfungsstelle für Klasse A61F hat die Anmeldung mangels Patentfähigkeit durch den am Ende der Anhörung vom 16. Januar 2014 verkündeten Beschluss zurückgewiesen.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die am 17. Februar 2014 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingelegte Beschwerde der Anmelderin.
In der mündlichen Verhandlung vom 23. Oktober 2019 beantragt die Anmelderin,
den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse A 61 F des Deutschen Patent- und Markenamts vom 16. Januar 2014 aufzuheben und das Patent auf der Grundlage der folgenden Unterlagen zu erteilen: - Patentansprüche 1-19, eingegangen am 16. Dezember 2013,
hilfsweise gemäß Hilfsantrag 1 Patentansprüche 1-18, hilfsweise gemäß Hilfsantrag 2 Patentansprüche 1-18, jeweils eingegangen am 8. Juli 2019, - Beschreibung Seiten 1-12 zu Hauptantrag, eingegangen am 17. Februar 2014, zu Hilfsantrag 1 Seiten 1-12, zu Hilfsantrag 2 Seiten 1-12, jeweils eingegangen am 8. Juli 2019, Figuren 1-4, eingegangen am 26. Februar 2011.
Die nebengeordneten Patentansprüche gemäß Hauptantrag und den Hilfsanträgen 1 und 2 lauten mit einer senatsseitigen Gliederung versehen:
Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag:
M0 Vorrichtung (1) zur Abdeckung und/oder Rekonstruktion einer Knochendefektstelle (2),
M1 - mit einem Aufsatz (4), der eine dem Knochendefekt abgewandte Wandung (11) und eine dem Knochendefekt zugewandte Wandung (9) aufweist,
M2 - mit mindestens einem Fixiermittel (5) zur Fixierung des Aufsatzes (4) an einem Knochen, dadurch gekennzeichnet,
M1.1 dass der Aufsatz (4) ein starrer Formkörper ist, M1.2 der aus einem formstabilen Material besteht, M1.3 das zumindest teilweise mit dem Knochen in Berührung steht, und M1.4 die dem Knochendefekt zugewandte Wandung (9) des Aufsatzes (4) oder die dem Knochendefekt abgewandte Wandung (11) des Aufsatzes (4) die Form des Knochens nach seiner Regeneration aufweist, wobei diese Form der Form eines gesunden Knochens entspricht.
Der nebengeordnete Patentanspruch 15 gemäß Hauptantrag lautet mit einer Gliederung versehen:
N0 Verfahren zur Herstellung eines Aufsatzes (4) einer Abdeckvorrichtung für eine Knochendefektstelle (2), bestehend aus folgenden Verfahrensschritten:
N1 - Aufnahme eines Datensatzes, der die betroffene Knochendefektstelle (2) in seiner Dreidimensionalität repräsentiert, mittels Tomografie oder ähnlichen bildgebenden Verfahren,
N2 - Verwendung des Datensatzes zur Planung des Aufsatzes (4), der eine dem Knochendefekt abgewandte Wandung (11) und eine dem Knochendefekt zugewandte Wandung (9) aufweist, und mit mindestens einem Fixiermittel (5) an einem Knochen fixierbar ist,
N3 - Umsetzung der Planung des Aufsatzes (4) in einen Planungsdatensatz und N4 - Zuführung des Planungsdatensatzes an ein computergesteuertes Fertigungsverfahren, dadurch gekennzeichnet, N4.1 dass der Aufsatz (4) ein starrer Formkörper ist, der aus einem formstabilen Material gebildet wird und dessen dem Knochendefekt zugewandte Wandung (9) oder dessen dem Knochendefekt abgewandte Wandung (11) die Form des Knochens nach seiner Regeneration aufweist, wobei diese Form der Form eines gesunden Knochens entspricht.
Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 entspricht dem Patentanspruch 1 nach Hauptantrag.
In den nebengeordneten Patentanspruch 15 nach Hilfsantrag 1 ist gegenüber dem Patentanspruch 15 nach Hauptantrag zusätzlich noch das Merkmal N4.2 „wobei der Aufsatz (4) in einer Vorrichtung (1) zur Abdeckung und/oder Rekonstruktion einer Knochendefektstelle (2), nach einem der Ansprüche 1 bis 14, einsetzbar ist.“
aufgenommen.
Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 entspricht dem Verfahrensanspruch 15 nach Hauptantrag.
Der nebengeordnete Vorrichtungsanspruch 5 nach Hilfsantrag 2 lautet mit einer Gliederung versehen (Unterschiede zum Patentanspruch 1 nach Hauptantrag gekennzeichnet):
M0 Vorrichtung (1) zur Abdeckung und/oder Rekonstruktion einer Knochendefektstelle (2),
M1 - mit einem Aufsatz (4), der eine dem Knochendefekt abgewandte Wandung (11) und eine dem Knochendefekt zugewandte Wandung (9) aufweist,
M2 - mit mindestens einem Fixiermittel (5) zur Fixierung des Aufsatzes (4) an einem Knochen, dadurch gekennzeichnet,
M1.0 dass der Aufsatz (4) nach einem Verfahren zur Herstellung eines Aufsatzes (4) einer Abdeckvorrichtung für eine Knochendefektstelle (2), gemäß einem der Ansprüche 1 bis 4, hergestellt wurde und M1.1 dass der Aufsatz (4) ein starrer Formkörper ist, M1.2 der aus einem formstabilen Material besteht, M1.3 das zumindest teilweise mit dem Knochen in Berührung steht, und M1.4 die dem Knochendefekt zugewandte Wandung (9) des Aufsatzes (4) oder die dem Knochendefekt abgewandte Wandung (11) des Aufsatzes (4) die Form des Knochens nach seiner Regeneration aufweist, wobei diese Form der Form eines gesunden Knochens entspricht.
Bezüglich der abhängigen Patentansprüche nach Hauptantrag und den Hilfsanträgen 1 und 2 wird auf die Akte verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet, da die Gegenstände der jeweiligen Vorrichtungsansprüche 1 gemäß Hauptantrag und Hilfsantrag 1 sowie der Gegenstand des Vorrichtungsanspruchs 5 gemäß Hilfsantrag 2 nicht neu sind (§ 3 PatG) in Anbetracht der Druckschrift DE 10 2006 047 054 A1 (D6).
1. Die Anmeldung betrifft laut Beschreibung eine Vorrichtung zur Abdeckung bzw. Rekonstruktion einer Knochendefektstelle sowie ein Verfahren zur Herstellung einer solchen Abdeckvorrichtung (vgl. Offenlegungsschrift, Abs. 1). Wie weiter ausgeführt ist (vgl. Abs. 2-5), würden Knochendefektstellen in Form von Ausnehmungen oder Höhlungen im Knochengewebe oftmals mit Knochenaufbaumaterial gefüllt und abgedeckt. Aus dem Stand der Technik seien verschiedene Vorrichtungen zur Behandlung von Knochendefektstellen bekannt, die jedoch mit Nachteilen behaftet seien. Die erfindungsgemäße Vorrichtung habe demgegenüber den Vorteil, dass sie aus einer starren formstabilen Schale als Aufsatz und einem Mittel zum Fixieren des Aufsatzes an einem Knochen bestehe, wobei die Wandungen des Aufsatzes der Form des regenerierten Knochens entsprächen (vgl. Abs. 6).
Der Senat sieht die der Anmeldung zugrunde liegende objektive Aufgabe darin, eine gegenüber dem Stand der Technik verbesserte bzw. andere Vorrichtung zur Abdeckung bzw. Rekonstruktion eines Knochendefektes anzugeben.
Als zuständiger Fachmann ist vorliegend ein Ingenieur der Fachrichtung Maschinenbau mit Schwerpunkt Medizintechnik bzw. ein Medizintechnikingenieur ansehen, der über Berufserfahrung auf dem Gebiet der Implantation bzw. Knochenrekonstruktion verfügt, und bezüglich medizinischer Fragestellungen mit einem Arzt zusammenarbeitet.
2. Den nebengeordneten Vorrichtungsansprüchen gemäß Hauptantrag und den Hilfsanträgen 1 und 2 ist senatsseitig folgendes Verständnis zugrunde zu legen:
Nach Merkmal M0 ist eine Vorrichtung beansprucht, die so ausgebildet sein soll, dass sie u.a. den angegebenen Zweck einer Abdeckung bzw. Rekonstruktion einer Knochendefektstelle erfüllen kann. Hierzu weist sie einen Aufsatz (Merkmal M1) und mindestens ein Fixiermittel (Merkmal M2) auf. Das Fixiermittel muss zur Fixierung des Aufsatzes an einem Knochen geeignet sein (Merkmal M2). Laut Beschreibung (Offenlegungsschrift, Abs. 15) kann es sich bei dem allgemein beanspruchten Fixiermittel um bspw. einen Pin, eine Schraube, einen Nagel oder Knochenkleber handeln.
Nach Meinung der Anmelderin soll mit der Angabe im Merkmal M1, wonach der Aufsatz eine dem Knochendefekt abgewandte sowie zugewandte Wandung aufweisen soll, ausgedrückt werden, dass der Aufsatz ausschließlich die Knochendefektstelle abdecken und nicht den gesunden Knochen außerhalb der Defektstelle überlappen soll. Dieser einschränkenden Sichtweise kann sich der Senat jedoch nicht anschließen, da im Merkmal M1 lediglich von einer allgemein dem Knochendefekt zugewandten und abgewandten Wandung die Rede ist, ohne eine weitere Einschränkung dahingehend, dass die Wandung des Aufsatzes in ihrer Ausdehnung ausschließlich auf die Knochendefektstelle begrenzt sein soll.
Der Aufsatz soll ein starrer Formkörper sein und aus einem formstabilen Material bestehen (Merkmale M1.1 u. M1.2). Das Maß der Starrheit bzw. Formstabilität ist im Patentanspruch nicht definiert. Gemäß der Beschreibung (Offenlegungsschrift,
Abs. 30) soll er selbsttragend sein, so dass keine zusätzliche Abstützung notwendig ist. Die Bezeichnung des Aufsatzes als Formkörper kann dahingehend verstanden werden, dass dieser eine bestimmte Form aufweist, die aufgrund seiner Ausbildung mit einem formstabilen Material im Wesentlichen beibehalten werden soll, wobei der Patentanspruch offen lässt, unter welchen Bedingungen diese Formstabilität gegeben sein soll. Das Material des Aufsatzes soll zumindest teilweise mit dem Knochen in Berührung stehen (Merkmal M1.3). Dieses Merkmal ist bereits dann erfüllt, wenn der Aufsatz an irgendeiner Stelle mit dem Knochen in Kontakt ist und ihn somit berührt.
Figur 1 zeigt ein Ausführungsbeispiel der beanspruchten Vorrichtung mit einem kappenförmigen Aufsatz 4, der an einem Kieferknochen 3 eine Knochendefektstelle 2 (fehlende Knochensubstanz) abdeckt und dort mit einem Fixiermittel 5 in Form eines Pins befestigt ist. Zwischen der Innenwand (= dem Knochendefekt zugewandte Wandung 9) des Aufsatzes 4 (Merkmal M1) und dem Kieferknochen 3 entsteht dadurch ein abgedichteter Innenraum 8, der durch Regeneration des Knochens oder Einbringen von Knochenersatzmaterial ausgefüllt werden soll. Die dem Knochendefekt 2 abgewandte Wandung des Aufsatzes 4 (Merkmal M1) wird durch dessen Außenseite gebildet (Offenlegungsschrift, Abs. 30).
Bei einem weiteren in der Figur 3 dargestellten Ausführungsbeispiel ist der Aufsatz 4 durch einen Formkörper aus menschlichem oder tierischem Knochen-material gebildet. Der Aufsatz ist in diesem Beispiel so geformt, dass seine dem Knochendefekt 2 zugewandte Wandung 9 dem Relief des Knochens 2 angepasst ist, so dass der Aufsatz den Defekt (fehlendes Knochenvolumen) vollständig ausfüllt. Die Form des regenerierten Knochens entspricht in diesem Falle der dem Knochendefekt abwandten Wandung 11 des Aufsatzes (Offenlegungsschrift, Abs. 32).
Im Merkmal M1.4 ist beansprucht, dass die dem Knochendefekt zugewandte oder abgewandte Wandung des Aufsatzes die Form des Knochens nach seiner Regeneration aufweisen soll, wobei diese Form der Form eines gesunden Knochens entsprechen soll. In der Beschreibung (Offenlegungsschrift, Abs. 6) ist angegeben, dass mit dem Begriff „Knochendefektstelle” eine Stelle eines (kranken) Knochens bezeichnet werden soll, die von der Form eines gesunden Knochens abweicht.
Nach Meinung der Anmelderin ist die Angabe im Merkmal M1.4 dahingehend eng auszulegen, dass die Form des aufgebauten bzw. aufgefüllten regenerierten Knochens sich ausschließlich an der Form des vormals „gesunden“ Knochens ohne Defektstelle bemessen soll.
Dieser Auffassung kann der Senat nicht uneingeschränkt beitreten. Denn welche Form der aufzubauende bzw. aufzufüllende Knochen nach seiner Regeneration haben soll, und was als „gesunder“ Knochen anzusehen ist, ist in erster Linie durch die Sichtweise und das Therapieziel des jeweiligen Behandlers bestimmt. Dieses Therapieziel kann auch darin bestehen, abweichend von einer möglicherweise vor- mals vorhandenen („gesunden“) Knochenform, den Knochen, bspw. einen Kieferkamm, soweit aufzubauen, dass darin bspw. ein Zahnimplantat sicher und dauerhaft verankert werden kann. Die dafür notwendige und als „gesund“ anzusehende Knochenform bemisst sich somit nach dem jeweiligen Therapieziel.
Gemäß dem Merkmal M1.0 (Hilfsantrag 2) soll der Aufsatz nach einem Verfahren zur Herstellung eines Aufsatzes einer Abdeckvorrichtung für eine Knochendefektstelle, gemäß einem der Ansprüche 1 bis 4 des Hilfsantrags 2, hergestellt worden sein.
Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 ist identisch zum Verfahrensanspruch 15 nach Hauptantrag, und beschreibt ein Herstellungsverfahren für den Aufsatz der beanspruchten Vorrichtung. Die dort in den Merkmalen N1-N4 angegebenen Verfahrensschritte („Aufnahme eines Datensatzes ...“; „Verwendung des Datensatzes zur Planung des Aufsatzes“; „Umsetzung der Planung des Aufsatzes in einen Planungsdatensatz“; „Zuführung des Planungsdatensatzes an ein computergesteuertes Fertigungsverfahren“) können den Aufsatz jedoch nicht gegenständlich definieren. Denn es macht keinen Unterschied, ob die Form des Aufsatzes bspw. an einem Computer mit Hilfe eines Datensatzes festgelegt wurde, oder durch Anfertigen einer technischen Zeichnung. Auch ist dem Aufsatz gegenständlich nicht anzusehen, ob er durch ein computergesteuertes Fertigungsverfahren oder auf handwerkliche Art hergestellt wurde. Die in dem weiteren Merkmal N4.1 des Verfahrensanspruchs 1 angegebene gegenständliche Kennzeichnung des Aufsatzes entspricht den Merkmalen M1.1, M1.2 und M1.4 des Vorrichtungsanspruchs und fügt diesem somit nichts Neues hinzu.
Auch die abhängigen Verfahrensansprüche 2 bis 4 nach Hilfsantrag 2 sind nicht zur weiteren gegenständlichen Kennzeichnung des beanspruchten Aufsatzes geeignet. Denn ob die Aufnahme des Datensatzes der Knochendefektstelle mittels Computertomografie bzw. digitaler Volumentomografie erfolgt (Anspruch 2), oder der Aufsatz mittels Fräsung gebildet wird (Anspruch 3), oder der Aufsatz nach der Fertigung gereinigt oder sterilisiert wird (Anspruch 4), hat keinen Einfluss auf die Form des Aufsatzes und kann diesen daher nicht gegenständlich kennzeichnen.
3. Die Vorrichtung gemäß Patentanspruch 1 nach Hauptantrag und Hilfsantrag 1 ist nicht neu in Anbetracht der Druckschrift D6 (§ 3 PatG).
Aus Druckschrift D6 ist eine Vorrichtung zur Abdeckung bzw. Rekonstruktion einer Knochendefektstelle bekannt (vgl. Fig. 1-3, Abs. 16: „…so dass das Implantatlager vom behandelnden Arzt einfach von außen auf den Kieferknochen des Patienten aufgesetzt werden kann und die Defektstelle entsprechend der ursprünglichen Anatomie ergänzt.“; Abs. 30: „Alveolarkamm Augmentation“ / = Merkmal M0), mit einem Aufsatz (Implantatlager 1) mit einer dem Knochendefekt zugewandten sowie abgewandten Wandung (vgl. Fig. 2, Abs. 30 letzter Satz: „Das Implantatlager 1 wurde in diesem Fall einfach (hier von unten) auf den verbleibenden Alveolarkamm aufgesetzt.“ / = Merkmal M1), sowie einem Fixiermittel zur Fixierung des Aufsatzes an einem Knochen (vgl. Abs. 15: „Um den Halt des Implantatlagers am Knochen zu verbessern, können auch Bohrungen für Schrauben vorhanden sein, die in den Knochen einzuschrauben sind.“ / = Merkmal M2).
Der Aufsatz (Implantatlager) besteht aus Keramik, Metall oder Kunststoff (vgl. Abs. 13) und besitzt eine stabile Struktur (vgl. Anspruch 11). Er ist daher als starrer Formkörper ausgebildet, der aus einem formstabilen Material besteht (= Merkmale M1.1 u. M1.2). Er kann unmittelbar auf den Kieferknochen aufgesetzt werden, wodurch er zumindest teilweise mit dem Knochen in Berührung steht (vgl. Abs. 10 / = Merkmal M1.3).
Die Form des Aufsatzes (Implantatlager) ist an die Defektstelle individuell angepasst (vgl. Abs. 11 u. 14), und ergänzt die Defektstelle entsprechend der ursprünglichen Anatomie (vgl. Abs. 16), somit entsprechend dem vormals „gesunden“ Knochen. Der Aufsatz (Implantatlager) der D6 weist - analog zur Ausführungsform der Figur 3 der vorliegenden Anmeldung - eine dem Knochendefekt zugewandte Wandung auf, die an das Relief der Knochendefektstelle angepasst ist, und kann bspw. zur Alveolarkamm Augmentation eingesetzt werden (vgl. Abs. 30). Seine Wandung bestimmt daher die Form des „gesunden“ wiederhergestellten Knochens nach Abschluss der Neubildung bzw. Regeneration von Knochenmaterial (= Merkmal M1.4).
Somit sind alle Merkmale der Vorrichtung des Anspruchs 1 nach Haupt- und Hilfsantrag 1 aus der D6 bekannt.
Dem Einwand der Anmelderin, wonach das in der Figur 2 der D6 gezeigte Implantatlager 1 zwischen dem Backenzahn 4 und dem Schneidezahn 5 angeordnet sein soll und daher keinen Knochendefekt abdecke, da sich an dieser Stelle normalerweise kein Knochen befinde, kann nicht gefolgt werden.
Bei dem in der Figur 2 gezeigten Modell eines Oberkiefers 7 befindet sich die aufzufüllende Knochendefektstelle zwischen einem Backenzahn 4 und einem Schneidezahn 5. Zwar sind zwischen diesen beiden Zähnen keine weiteren Zähne vorhanden bzw. fehlen. Die beiden Zähne 4, 5 sind jedoch über den erkennbar vorhandenen Oberkiefer 7 miteinander verbunden, der an dieser Stelle einen Defekt aufweist, der mit dem Implantatlager 1 aufgefüllt werden soll (vgl. Abs. 30: „... Implantatlager 1 im Einsatz bei einer Alveolarkamm Augmentation ...“).
Auch der weitere Einwand der Anmelderin, wonach bei dem Implantatlager der D6 die dem Defekt abgewandte Oberfläche nicht der Form des gesunden Knochens entspreche, da sie Bohrungen, bspw. für Implantate, aufweise, greift nicht durch.
Denn auch die in der vorliegenden Anmeldung beanspruchte Vorrichtung kann insbesondere zur Abdeckung bzw. Rekonstruktion eines Kieferknochens ausgebildet sein (vgl. bspw. Fig. 1, Abs. 30: „Kieferknochen 3“), und daher auch der Aufnahme von Zahnimplantaten dienen, wozu selbstverständlich Bohrungen im aufgebauten Kieferknochen bzw. Aufsatz für die Implantate notwendig sind. Außerdem verändern solche in die Tiefe gehenden Bohrungen nicht die grundsätzliche äußere Form des aufgebauten bzw. rekonstruierten Knochens. Auch die beanspruchte Vorrichtung weist ein Fixiermittel gemäß Merkmal M2 auf, das z.B. eine in einer Bohrung aufgenommene Schraube umfassen kann.
4. Der Gegenstand des Patentanspruchs 5 nach Hilfsantrag 2 ist ebenfalls nicht neu (§ 3 PatG).
In den nebengeordneten Vorrichtungsanspruch 5 nach Hilfsantrag 2 ist gegenüber dem Patentanspruch 1 nach Hauptantrag und Hilfsantrag 1 noch das Merkmal M1.0 aufgenommen. Danach soll der Aufsatz nach einem Verfahren zur Herstellung eines Aufsatzes einer Abdeckvorrichtung für eine Knochendefektstelle, gemäß einem der Ansprüche 1 bis 4 des Hilfsantrags 2, hergestellt worden sein.
Wie bereits vorstehend unter Abschnitt II. 2. zum Verständnis der nebengeordneten Vorrichtungsansprüche gemäß Hauptantrag und den Hilfsanträgen 1 und 2 dargelegt, können die in den Verfahrensansprüchen 1 bis 4 nach Hilfsantrag 2 angegebenen Merkmale den beanspruchten Aufsatz nicht weiter gegenständlich kennzeichnen. Das Merkmal M1.0 fügt dem Vorrichtungsanspruch 1 nach Hauptantrag und Hilfsantrag 1 somit nichts Neues hinzu. Der nebengeordnete Patentanspruch 5 nach Hilfsantrag 2 ist daher nicht anders zu beurteilen als der Patentanspruch 1 nach Haupt- und Hilfsantrag 1. Sein Gegenstand ist somit in Anbetracht der Druckschrift DE 10 2006 047 054 A1 (D6) ebenfalls als nicht neu anzusehen.
5. Mit dem jeweils nicht patentfähigen Patentanspruch 1 nach Haupt- und Hilfsantrag 1 sowie dem nicht patentfähigen nebengeordneten Patentanspruch 5 nach Hilfsantrag 2 fallen auch die weiteren nebengeordneten und abhängigen Ansprüche nach Haupt- und Hilfsanträgen 1 und 2, da auf diese Ansprüche kein eigenständiges Schutzbegehren gerichtet war (BGH, Beschluss vom 27. Juni 2007 – X ZB 6/05; GRUR 2007, 862 Abs. III 3. a) aa) – Informationsübermittlungsverfahren II).
6. Bei dieser Sachlage war die Beschwerde zurückzuweisen.
Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss steht der am Beschwerdeverfahren Beteiligten das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass
1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, 2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, 3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, 4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat, 5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder 6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich einzulegen.
Wickborn Kruppa Veit Dr. Flaschke Pr
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