I ZB 40/23
BUNDESGERICHTSHOF I ZB 40/23 BESCHLUSS vom 7. März 2024 in dem Zwangsvollstreckungsverfahren Nachschlagewerk: ja BGHZ:
nein BGHR:
ja BGB § 2314 Abs. 1 Der Notar, der vom Erben mit der Aufstellung eines Nachlassverzeichnisses beauftragt worden ist, entscheidet nach eigenem pflichtgemäßem Ermessen, welche Ermittlungen er vornimmt und welcher Erkenntnisquellen er sich bedient. Die Anforderungen an den Umfang der Ermittlungen richten sich nach den konkreten Gegebenheiten des Einzelfalls und orientieren sich daran, welche Nachforschungen ein objektiver Dritter in der Lage des Gläubigers für erforderlich halten würde. Der Notar ist dagegen nicht verpflichtet, ohne konkrete Anhaltspunkte in alle denkbaren Richtungen zu ermitteln, um weiteres Nachlassvermögen aufzuspüren.
BGH, Beschluss vom 7. März 2024 - I ZB 40/23 - LG Bonn AG Bonn ECLI:DE:BGH:2024:070324BIZB40.23.0 Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 7. März 2024 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Koch, den Richter Dr. Löffler und die Richterinnen Dr. Schwonke, Pohl und Dr. Schmaltz beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 5. Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom 11. April 2023 wird auf Kosten der Gläubigerinnen zurückgewiesen.
Gründe:
A. Die Gläubigerinnen sind Enkelinnen der am 22. September 2010 verstorbenen Erblasserin. Die Mutter der Gläubigerinnen, Tochter der Erblasserin, ist vor der Erblasserin verstorben. Die Schuldnerin ist eine weitere Tochter der Erblasserin. Die Erblasserin setzte die Schuldnerin durch notarielles Testament vom 22. Juni 2010 als ihre Alleinerbin ein und vermachte den Gläubigerinnen eine Immobilie in Kärnten/Österreich.
Die Gläubigerinnen haben die Schuldnerin im Wege der Stufenklage auf Auskunftserteilung und Zahlung in Anspruch genommen. Sie sind der Ansicht, dass sie von der Schuldnerin den Pflichtteil beziehungsweise Pflichtteilsergänzung beanspruchen können.
Die Gläubigerin zu 1 hat auf der ersten Stufe beantragt,
die Schuldnerin zu verurteilen, ihr über Schenkungen der (Erblasserin) durch Vorlage eines systematischen, mit Vollständigkeitsversicherung versehenen geordneten Verzeichnisses Auskunft zu erteilen, welches die im Zeitraum zwischen dem 22. September 2000 und dem 22. September 2010 an Dritte geschenkten Beträge oder Werte, die jeweiligen Schenkungszeitpunkte und die Personen des jeweiligen Empfängers ausweist.
Beide Gläubigerinnen haben außerdem beantragt,
die Schuldnerin zu verurteilen, gegenüber ihnen Auskunft gemäß § 2314 BGB über den Bestand des Nachlasses der Erblasserin durch Vorlage eines notariell aufgenommenen und vom Notar unterzeichneten ausführlichen, systematischen und vollständigen Verzeichnisses zu erteilen, und sie bei der Aufnahme des Verzeichnisses zuzuziehen.
Das Amtsgericht Bonn hat, nachdem die Schuldnerin den zweiten Auskunftsantrag anerkannt hat, mit rechtskräftigem Teil-Anerkenntnis- und Teilurteil vom 23. November 2017 die Schuldnerin entsprechend ihrem Anerkenntnis verurteilt und den ersten Auskunftsantrag abgewiesen. Die Schuldnerin erteilte in der Folge Auskunft durch Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses vom 4. Mai 2018.
Da die Gläubigerinnen dieses Nachlassverzeichnis für unzureichend hielten, haben sie die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des Amtsgerichts Bonn betrieben. Dagegen hat die Schuldnerin Vollstreckungsabwehrklage mit der Begründung erhoben, sie habe die titulierte Verpflichtung erfüllt. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben (AG Bonn, Urteil vom 21. Dezember 2018 - 105 C 51/18, juris). Das Landgericht hat die Klage unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils mit der Begründung abgewiesen, das notarielle Nachlassverzeichnis vom 4. Mai 2018 sei unvollständig, weil es keine umfassenden Angaben über die Geschäftsbeziehung der Erblasserin zu der in Kärnten enthalte (LG Bonn, Urteil vom 3. Juli 2019 - 5 S 18/19, juris). Der Bundesgerichtshof hat die Revision der Schuldnerin zurückgewiesen (BGH, Urteil vom 20. Mai 2020 - IV ZR 193/19, NJW 2020, 2187).
Die Schuldnerin legte daraufhin eine vom Notar vorgenommene Ergänzung des notariellen Nachlassverzeichnisses vom 28. Juli 2020 vor, die Angaben zu den Geschäftsbeziehungen der Erblasserin mit der Raiffeisenbank Millstättersee in Kärnten enthält.
Die Gläubigerinnen sind der Ansicht, die Schuldnerin habe weiterhin ihrer titulierten Auskunftsverpflichtung nicht genügt. Sie haben beantragt, gegen die Schuldnerin ein Zwangsgeld, ersatzweise Zwangshaft, festzusetzen. Das Amtsgericht hat den Antrag zurückgewiesen. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde der Gläubigerinnen ist erfolglos geblieben. Mit ihrer vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgen die Gläubigerinnen ihren Antrag auf Festsetzung von Zwangsmitteln weiter.
B. Das Beschwerdegericht hat die sofortige Beschwerde als zulässig, aber unbegründet angesehen, weil die Schuldnerin den titulierten Anspruch durch Vorlage des notariellen Nachlassverzeichnisses vom 4. Mai 2018 nebst Ergänzung vom 28. Juli 2020 vollständig erfüllt habe. Daher bestehe kein Anspruch auf eine weitere Ergänzung des notariellen Nachlassverzeichnisses. Zur Begründung hat es ausgeführt:
Der Erfüllungseinwand der Schuldnerin sei im Zwangsmittelverfahren zu prüfen. Dabei sei das Beschwerdegericht nicht durch das rechtskräftig gewordene, im Verfahren der Vollstreckungsabwehrklage der Schuldnerin ergangene Urteil des Landgerichts Bonn vom 3. Juli 2019 gebunden.
Das notarielle Nachlassverzeichnis nebst Ergänzung sei nicht deshalb erkennbar unvollständig, weil die Schuldnerin dem Notar keine Zustimmung zur Einholung von Auskünften von weiteren Banken und Sparkassen in der Umgebung von Millstatt in Kärnten und zur Durchführung eines automatisierten Kontendatenabrufs in ganz Österreich erteilt habe. Die Gläubigerinnen hätten keine konkreten Anhaltspunkte für die Existenz weiterer Konten bei anderen Banken und Sparkassen in Österreich als der Raiffeisenbank Millstättersee in Millstatt in Kärnten vorgetragen.
Das notarielle Nachlassverzeichnis nebst Ergänzung sei auch nicht deshalb erkennbar unvollständig, weil es keine Auskunft über die Verfügungen der Erblasserin in ihren letzten zehn Lebensjahren über das auf dem bei der Raiffeisenbank Millstättersee geführten Sparbuch vorhandene Guthaben enthalte. Aus dem titulierten Anspruch der Gläubigerinnen ergebe sich keine Verpflichtung der Schuldnerin, Auskunft über die Schenkungen der Erblasserin in den letzten zehn Jahren vor ihrem Tod zu erteilen.
C. Die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO) und auch im Übrigen zulässig (§ 575 ZPO). In der Sache hat sie indes keinen Erfolg. Das Beschwerdegericht hat den Vollstreckungsantrag der Gläubigerinnen zu Recht als unbegründet erachtet.
I. Die Entscheidung des Beschwerdegerichts ist nicht wegen des Fehlens von Gründen gemäß § 576 Abs. 3, § 547 Nr. 6 ZPO aufzuheben.
1. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs müssen Beschlüsse, die der Rechtsbeschwerde unterliegen, den für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt wiedergeben. Nach § 577 Abs. 2 Satz 4, § 559 ZPO hat das Rechtsbeschwerdegericht grundsätzlich von dem Sachverhalt auszugehen, den das Beschwerdegericht festgestellt hat. Fehlen tatsächliche Feststellungen, ist es zu einer rechtlichen Überprüfung nicht in der Lage. Ausführungen des Beschwerdegerichts, die eine solche Überprüfung nicht ermöglichen, sind keine Gründe im zivilprozessualen Sinne. Das Fehlen von Gründen im verfahrensrechtlichen Sinne begründet einen Verfahrensmangel (§ 576 Abs. 3, § 546 Nr. 6 ZPO), der von Amts wegen zu berücksichtigen ist und die Aufhebung der Beschwerdeentscheidung nach sich zieht (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 20. November 2014 - V ZB 204/13, ZWE 2015, 97 [juris Rn. 4], mwN).
2. Der angefochtene Beschluss des Beschwerdegerichts genügt gerade noch den Anforderungen des § 547 Nr. 6 ZPO. Die Entscheidung des Beschwerdegerichts enthält allerdings - anders als der Beschluss des Amtsgerichts - keine eigenständige Sachverhaltsdarstellung. In dem angefochtenen Beschluss wird auch nicht ausdrücklich auf die ausführlichen tatsächlichen Feststellungen in dem Beschluss des Amtsgerichts Bezug genommen. Allerdings ergeben sich aus den Gründen des angegriffenen Beschlusses an verschiedenen Stellen konkludente Bezugnahmen auf die Feststellungen des Amtsgerichts sowie ausdrückliche Bezugnahmen auf die in dem Verfahren der Vollstreckungsabwehrklage der Schuldnerin gegen die Gläubigerinnen ergangenen Entscheidungen sowie einzelne, für das Verfahren maßgebliche, in den Gerichtsakten enthaltene Unterlagen. Diese Bezugnahmen ermöglichen noch eine rechtliche Überprüfung.
II. Das Beschwerdegericht hat den Zwangsgeldantrag der Gläubigerinnen mit Recht für unbegründet erachtet, weil die Schuldnerin die titulierte Verpflichtung zur Auskunftserteilung durch Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses erfüllt hat.
1. Nach § 2314 Abs. 1 Satz 1 BGB hat der Erbe dem Pflichtteilsberechtigten, der nicht Erbe ist, auf Verlangen über den Bestand des Nachlasses Auskunft zu erteilen. Der Pflichtteilsberechtigte kann gemäß § 2314 Abs. 1 Satz 2 BGB verlangen, dass er bei der Aufnahme des ihm nach § 260 BGB vorzulegenden Verzeichnisses der Nachlassgegenstände zugezogen und dass der Wert der Nachlassgegenstände ermittelt wird. Er kann nach § 2314 Abs. 1 Satz 3 BGB auch verlangen, dass das Verzeichnis durch die zuständige Behörde oder durch einen zuständigen Beamten oder Notar aufgenommen wird.
2. Das Beschwerdegericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Verurteilung des Erben zur Erteilung einer Auskunft über den Bestand des Nachlasses des Erblassers durch Vorlage eines durch einen Notar aufgenommenen Bestandsverzeichnisses, bei dessen Aufnahme der Gläubiger hinzugezogen wird (§ 2314 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB), als Verurteilung zur Vornahme einer nicht vertretbaren Handlung gemäß § 888 Abs. 1 Satz 1 ZPO durch Androhung von Zwangsmitteln zu vollstrecken ist. Zwar handelt es sich bei der für die Aufnahme eines notariellen Verzeichnisses erforderlichen Beauftragung des Notars um eine vertretbare Handlung. Für die Aufnahme des Verzeichnisses ist außerdem das Tätigwerden des beauftragten Notars erforderlich. Jedoch kann der Notar ohne Mitwirkung des Schuldners das Verzeichnis nicht aufnehmen. Er ist vielmehr darauf angewiesen, dass ihm der Schuldner die für die Aufnahme des Verzeichnisses erforderlichen Informationen übermittelt. Deshalb richtet sich die Vollstreckung der Verpflichtung zur Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses insgesamt nach § 888 ZPO (BGH, Beschluss vom 13. September 2018 - I ZB 109/17, NJW 2019, 231 [juris Rn. 13 f.] mwN).
3. Das Beschwerdegericht hat seiner Beurteilung zugrunde gelegt, dass die allgemeinen Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung gemäß § 750 Abs. 1 ZPO vorliegen. Rechtsfehler sind insoweit nicht ersichtlich.
4. Das Beschwerdegericht ist zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass der von den Gläubigerinnen begehrten Festsetzung eines Zwangsgelds der Erfüllungseinwand der Schuldnerin entgegensteht. Die Schuldnerin hat die in dem Teil-Anerkenntnis- und Teilurteil des Amtsgerichts Bonn vom 23. November 2017 titulierte Pflicht zur Auskunftserteilung durch Vorlage des notariellen Nachlassverzeichnisses vom 4. Mai 2018 nebst Ergänzung vom 28. Juli 2020 vollständig erfüllt (§ 362 Abs. 1 BGB). Daher besteht kein Anspruch der Gläubigerinnen auf eine (weitere) Ergänzung oder Berichtigung des Nachlassverzeichnisses.
a) Das Beschwerdegericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass im vorliegenden Zwangsvollstreckungsverfahren der Erfüllungseinwand der Schuldnerin zu beachten ist. Der Schuldner ist nicht nur im Verfahren der Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 ZPO, sondern auch in den Zwangsvollstreckungsverfahren nach §§ 887, 888 ZPO mit seinem Einwand zu hören, der vollstreckbare Anspruch sei erfüllt (vgl. BGH, Beschluss vom 5. November 2004 - IXa ZB 32/04, BGHZ 162, 67 [juris Rn. 11]; Beschluss vom 6. Juni 2013 - I ZB 56/12, NJWRR 2013, 1336 [juris Rn. 8 bis 10 und 18], jeweils mwN; Urteil vom 29. September 2022 - I ZR 180/21, NJW-RR 2023, 66 [juris Rn. 17]).
b) Das Beschwerdegericht hat zu Recht angenommen, dass die Rechtskraft der im Verfahren der Vollstreckungsabwehrklage ergangenen Entscheidung des Landgerichts Bonn (Urteil vom 3. Juli 2019 - 5 S 18/19, juris) einer erneuten Prüfung des Erfüllungseinwands der Schuldnerin im vorliegenden Zwangsgeldverfahren nicht entgegensteht.
aa) Das Landgericht Bonn hat in seinem Urteil vom 3. Juli 2019 angenommen, die Vollstreckungsabwehrklage der Schuldnerin sei unbegründet, weil das notarielle Nachlassverzeichnis vom 4. Mai 2018 teilweise unvollständig sei, da es mangels Zustimmung der Schuldnerin zu einer entsprechenden Abfrage keine umfassenden Angaben über die Geschäftsbeziehung der Erblasserin zu der Raiffeisenbank Millstättersee in Millstatt in Kärnten enthalte (LG Bonn, Urteil vom 3. Juli 2019 - 5 S 18/19, juris Rn. 32 bis 33). Der Bundesgerichtshof hat diese Beurteilung gebilligt und die Revision der Schuldnerin gegen das Urteil des Landgerichts Bonn zurückgewiesen (BGH, NJW 2020, 2187 [juris Rn. 11]). Die Gläubigerinnen haben im Verfahren der von der Schuldnerin erhobenen Vollstreckungsabwehrklage weiter geltend gemacht, die Schuldnerin habe die titulierte Verpflichtung auch deshalb nicht erfüllt, weil das von der Schuldnerin vorgelegte notarielle Nachlassverzeichnis vom 4. Mai 2018 keine Angaben zu weiteren Konten bei anderen Banken und Sparkassen in Österreich als der Raiffeisenbank Millstättersee in Millstatt in Kärnten und zu Schenkungen der Erblasserin in den letzten zehn Jahren vor ihrem Tod enthalte; es sei auch aus diesem Grund unvollständig. Dieses Vorbringen hat das Landgericht Bonn für unbegründet erachtet (LG Bonn, Urteil vom 3. Juli 2019 - 5 S 18/19, juris Rn. 38 bis 41).
bb) Die Gläubigerinnen haben den vorliegenden Zwangsgeldantrag wiederum darauf gestützt, es fehle an einer Erfüllung der titulierten Verpflichtung, weil weder das von der Schuldnerin vorgelegte notarielle Nachlassverzeichnis vom 4. Mai 2018 noch dessen Ergänzung vom 28. Juli 2020 Angaben zu weiteren Konten der Erblasserin bei anderen Banken und Sparkassen in Österreich als der Raiffeisenbank Millstättersee in Millstatt in Kärnten und zu Schenkungen der Erblasserin in den letzten zehn Jahren vor ihrem Tod enthalte.
cc) Die Gründe der Entscheidung des Landgerichts Bonn vom 3. Juli 2019, mit denen es hinsichtlich dieser Umstände eine Unvollständigkeit des notariellen Nachlassverzeichnisses vom 4. Mai 2018 verneint hat, sind nicht in Rechtskraft erwachsen.
(1) Die Vollstreckungsabwehrklage ist eine rein prozessrechtliche Klage auf ein rechtsgestaltendes - auf Beseitigung der Vollstreckbarkeit - gerichtetes Urteil. Das der Vollstreckungsabwehrklage stattgebende Urteil stellt nicht das Nicht(mehr)-Bestehen des materiell-rechtlichen Anspruchs rechtskräftig fest (vgl. BGH, Urteil vom 14. Juli 2008 - II ZR 132/07, NJW-RR 2008, 1512 [juris Rn. 12]). Umgekehrt wird bei einer Abweisung der Klage nach § 767 ZPO nicht bindend entschieden, dass der titulierte Anspruch materiell-rechtlich weiter besteht (BGH, Urteil vom 19. Juni 1984 - IX ZR 89/83, FamRZ 1984, 878 [juris Rn. 16]; zu der Frage, ob die Rechtskraft eines Zwangsmittelbeschlusses der nachfolgenden Erhebung einer Vollstreckungsabwehrklage entgegensteht vgl. BGH, Urteil vom
13. Juli 2017 - I ZR 64/16, NJW 2018, 235 [juris Rn. 15] mwN - Rechtskraft des Zwangsmittelbeschlusses).
(2) Die Ausführungen in dem Urteil des Landgerichts Bonn vom 3. Juli 2019 zu den Gründen, warum das von der Schuldnerin vorgelegte notarielle Nachlassverzeichnis vom 4. Mai 2018 einerseits unvollständig ist und aus welchen Gründen es andererseits nicht unvollständig ist, betreffen deshalb lediglich das der entschiedenen Rechtsfolge zugrundeliegende vorgreifliche Rechtsverhältnis, also eine bloße Voraussetzung für die entschiedene Rechtsfolge. Diese Ausführungen können nur dann an der Rechtskraft teilhaben, wenn sie von den Parteien durch Feststellungsklage ebenfalls zum Streitgegenstand erhoben worden sind. Eine solche Feststellungsklage beziehungsweise Feststellungswiderklage ist von der Schuldnerin beziehungsweise den Gläubigerinnen in dem Verfahren der Vollstreckungsabwehrklage aber nicht erhoben worden.
c) Das Beschwerdegericht hat mit Recht angenommen, dass die Schuldnerin die titulierte Pflicht zur Auskunftserteilung gemäß § 2314 Abs. 1 Satz 1 und 3 BGB durch die Vorlage eines von einem Notar aufgenommenen Nachlassverzeichnisses erfüllt hat und daher kein Anspruch auf Ergänzung dieses Verzeichnisses besteht.
aa) Das Beschwerdegericht hat den Umfang der titulierten Pflicht zur Auskunftserteilung zutreffend nach den nachfolgenden Grundsätzen bestimmt:
§ 2314 BGB geht von der Lage aus, in der sich ein Pflichtteilsberechtigter befindet, der nicht Erbe ist. Weil dieser weder Zugang zum Nachlass hat noch an ihm beteiligt ist, gewährt ihm die Bestimmung Auskunftsrechte, die so umfassend ausgestaltet sind, dass er sein Pflichtteilsrecht gleichwohl durchzusetzen vermag. Gesetzgeberischer Zweck des § 2314 BGB ist es damit, dem Pflichtteilsberechtigten die notwendigen Kenntnisse zur Bemessung des Pflichtteilsanspruchs zu verschaffen. Außerdem soll mit der Bezugnahme auf § 260 BGB sichergestellt werden, dass der gesetzliche Auskunftsanspruch in einer klaren und übersichtlichen Form befriedigt wird (BGH, NJW 2019, 231 [juris Rn. 31]).
Ein notarielles Nachlassverzeichnis gemäß § 2314 Abs. 1 Satz 3 BGB soll eine größere Gewähr für die Vollständigkeit und Richtigkeit der Auskunft als das Privatverzeichnis des Pflichtteilsbelasteten bieten. Dementsprechend muss der Notar den Bestand des Nachlasses selbst und eigenständig ermitteln und durch Bestätigung des Bestandsverzeichnisses als von ihm aufgenommen zum Ausdruck bringen, dass er den Inhalt verantwortet (BGH, NJW 2019, 231 [juris Rn. 32]). Der Notar ist in der Ausgestaltung des Verfahrens weitgehend frei. Er muss zunächst von den Angaben des Auskunftspflichtigen ausgehen. Allerdings darf er sich hierauf nicht beschränken und insbesondere nicht lediglich eine Plausibilitätsprüfung durchführen. Dabei hat er diejenigen Nachforschungen anzustellen, die ein objektiver Dritter in der Lage des Gläubigers für erforderlich halten würde (vgl. BGH, NJW 2019, 231 [juris Rn. 32] mwN; NJW 2020, 2187 [juris Rn. 8]).
Die Verpflichtung des Erben zur Mitwirkung an der Aufnahme des notariellen Nachlassverzeichnisses richtet sich danach, in welchem Umfang diese Mitwirkung für die ordnungsgemäße Aufnahme des Verzeichnisses erforderlich ist. Maßgebend sind jeweils die Umstände des Einzelfalls (BGH, NJW 2019, 231 [juris Rn. 30]; NJW 2020, 2187 [juris Rn. 9]). Hierbei darf und muss der Notar das Wissen des Erben sowie das in seiner Person vorhandene Aufklärungspotential gegebenenfalls in der Weise nutzen, dass er den Erben auffordert, eigene Auskunftsansprüche gegenüber Geldinstituten beziehungsweise sonstigen Dritten durchzusetzen. Die vom Erben geschuldete Kooperation kann insoweit auch in der Anweisung an Dritte bestehen, die benötigten Auskünfte unmittelbar gegenüber dem Notar zu erteilen (BGH, NJW 2020, 2187 [juris Rn. 9] mwN).
bb) Liegt - wie hier - ein notarielles Nachlassverzeichnis vor, so ist die Pflicht zur Auskunftserteilung gemäß § 2314 Abs. 1 Satz 1 und 3 BGB erfüllt und der Pflichtteilsberechtigte kann grundsätzlich nicht dessen Berichtigung oder Ergänzung verlangen. Vielmehr ist er in diesem Fall, soweit die Voraussetzungen des § 260 Abs. 2 BGB vorliegen, auf den Weg der eidesstattlichen Versicherung verwiesen. Von diesem Grundsatz sind jedoch verschiedene Ausnahmen anerkannt (BGH, NJW 2020, 2187 [juris Rn. 10] mwN). So kann ein Anspruch auf Ergänzung beziehungsweise Berichtigung eines notariellen Nachlassverzeichnisses bestehen, wenn sich der Notar auf die Wiedergabe der Bekundungen des Erben ohne eigene Ermittlungstätigkeit beschränkt (dazu C II 4 c cc), wenn die Auskunft zwar dem Wissensstand des Verpflichteten entspricht, dieser sich jedoch fremdes Wissen trotz Zumutbarkeit nicht verschafft hat (dazu C II 4 c dd), oder wenn in dem Verzeichnis eine unbestimmte Mehrheit von Nachlassgegenständen - etwa aufgrund eines Rechtsirrtums des Pflichtigen - nicht aufgeführt ist und beispielsweise Angaben über den fiktiven Nachlass oder Schenkungen fehlen (dazu C II 4 c ee). Das Beschwerdegericht hat zutreffend angenommen, dass nach diesen Grundsätzen im Streitfall kein Anspruch auf Ergänzung des notariellen Nachlassverzeichnisses besteht.
cc) Vorliegend ist das Nachlassverzeichnis nicht deshalb unvollständig und daher zu ergänzen, weil sich der Notar auf die Wiedergabe der Bekundungen des Erben ohne eigene Ermittlungstätigkeit beschränkt hätte.
(1) Der Notar entscheidet nach eigenem pflichtgemäßem Ermessen, welche Ermittlungen er vornimmt (OLG Koblenz, NJW 2014, 1972 [juris Rn. 28]; Staudinger/Herzog [2021] § 2314 Rn. 162) und welcher Erkenntnisquellen er sich bedient. Die Anforderungen an den Umfang der Ermittlungen richten sich nach den konkreten Gegebenheiten des Einzelfalls (OLG Saarbrücken, FamRZ 2011,
[juris Rn. 12]; MünchKomm.BGB/Lange, 9. Aufl., § 2314 Rn. 49) und orientieren sich daran, welche Nachforschungen ein objektiver Dritter in der Lage des Gläubigers für erforderlich halten würde (vgl. BGH, NJW 2019, 231 [juris Rn. 32] mwN; NJW 2020, 2187 [juris Rn. 8]; OLG Bamberg ZEV 2016, 580 [juris Rn. 4]; OLG Celle, FamRZ 2021, 398 [juris Rn. 22]; Horn in Burandt/Rojahn, Erbrecht, 4. Aufl., § 2314 Rn. 54). Anhaltspunkte für solche Nachforschungen können sich beispielsweise aus Angaben des Erben oder anderer befragter Personen und aus im Nachlass befindlichen Unterlagen - beispielsweise Überweisungen von bekannten Konten des Erblassers auf bislang unbekannte Konten (vgl. Koroch, RNotZ 2020, 537, 547 f.; Heinze, MittBayNot 2020, 531, 536) - sowie aus ausländischen Nachlassverfahren ergeben. Der Notar ist dagegen nicht verpflichtet, ohne konkrete Anhaltspunkte in alle denkbaren Richtungen zu ermitteln, um weiteres Nachlassvermögen aufzuspüren (OLG Bamberg, ZEV 2016, 581 [juris Rn. 3]; OLG Dresden, FamRZ 2018, 69 [juris Rn. 14]; OLG Hamm, ErbR 2020, 511 [juris Rn. 13]; OLG Frankfurt, FamRZ 2022, 392 [juris Rn. 16]).
(2) Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde traf den Notar nach diesen Maßstäben keine Pflicht, weitere Konten der Erblasserin bei Banken in Deutschland zu ermitteln, die nicht bereits Gegenstand des notariellen Nachlassverzeichnisses vom 4. Mai 2018 waren.
(a) Die Rechtsbeschwerde legt bereits nicht dar, dass die Gläubigerinnen in den Tatsacheninstanzen mit ihrem Antrag auf Zwangsgeldfestsetzung geltend gemacht hätten, die Ermittlungen des Notars in Bezug auf Bankkonten der Erblasserin in Deutschland seien unzureichend. Die Rechtsbeschwerde verweist auch nicht auf Vortrag der Gläubigerinnen in den Tatsacheninstanzen, aus dem sich ergeben könnte, dass die Erblasserin außer den im notariellen Nachlassverzeichnis vom 4. Mai 2018 bereits genannten Konten bei zwei deutschen Geldinstituten mit weiteren Banken in Deutschland Geschäftsbeziehungen unterhalten hat. Aus dem angefochtenen Beschluss des Beschwerdegerichts lässt sich ein solches Vorbringen ebenfalls nicht entnehmen.
(b) Selbst wenn man zugunsten der Gläubigerinnen annimmt, sie hätten durch die Berufung auf Vorschriften des deutschen Rechts bereits in den Tatsacheninstanzen zumindest konkludent geltend gemacht, der von der Schuldnerin beauftragte Notar habe auch in Deutschland Ermittlungen hinsichtlich weiterer Bankkonten der Erblasserin anstellen müssen, führte dies nicht zur Annahme entsprechender Ermittlungspflichten des Notars. Der Umstand allein, dass die Erblasserin sowohl in Deutschland als auch in Österreich Bankkonten unterhalten hat, begründet entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde keine Verpflichtung des Notars, ohne nähere konkrete Anhaltspunkte Ermittlungen bei allen deutschen Banken anzustellen, um mögliche weitere Konten der Erblasserin ausfindig zu machen.
(c) Fehlt es an konkreten Anhaltspunkten für die Existenz weiterer bislang unbekannter Konten der Erblasserin in Deutschland, kommt es nicht mehr darauf an, dass der Notar ohnehin nicht in der Lage gewesen wäre, die von der Rechtsbeschwerde für erforderlich gehaltene Maßnahme gemäß § 802l Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO - Ersuchen an das Bundeszentralamt für Steuern, bei deutschen Kreditinstituten die in § 93b Absatz 1 und 1a AO bezeichneten Daten zu Konten der Erblasserin, ausgenommen die Identifikationsnummer nach § 139b der Abgabenordnung, abzurufen (§ 93 Absatz 8 AO) - durchzuführen. Hierfür fehlt es an der erforderlichen gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage.
Die automatisierte Abfrage von Kontostammdaten greift in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG ein (BVerfG, NJW 2007, 2464 [juris Rn. 89 bis 92]; BGH, NJW-RR 2022, 924 [juris Rn. 36]) und bedarf daher einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage, die dem Gebot der Normenklarheit und -bestimmtheit unterliegt. Bei einem Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung hat dieses Gebot die Funktion, eine hinreichend präzise Umgrenzung des Verwendungszwecks der betroffenen Informationen sicherzustellen. Zu den Bestimmtheitsanforderungen gehört es, den Erhebungszweck in einer dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung genügenden Weise festzulegen. Mindestvoraussetzung dafür ist die Angabe im Gesetz, welche staatliche Stelle zur Erfüllung welcher Aufgaben zu der geregelten Informationserhebung berechtigt sein soll (BVerfG, NJW 2007, 2464 [juris Rn. 95 bis 98]).
Nach § 802l Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO darf der Gerichtsvollzieher die in dieser Bestimmung aufgeführten Maßnahmen durchführen, soweit sie zur Vollstreckung erforderlich sind und die in Satz 2 dieser Vorschrift geregelten Voraussetzungen vorliegen. Der darin liegende Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung kann mit Blick auf das durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Recht des Gläubigers auf eine effektive Zwangsvollstreckung wegen seiner Forderung sowie mit Blick auf den Justizgewährleistungsanspruch nach Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG gerechtfertigt sein (vgl. Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung des Schutzes von Gerichtsvollziehern vor Gewalt sowie zur Änderung weiterer zwangsvollstreckungsrechtlicher Vorschriften, BT-Drucks. 19/27636, S. 26). Die Vorschrift des § 802l Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO enthält eine entsprechende Ermächtigung jedoch lediglich für den Gerichtsvollzieher bei der Vollstreckung von Geldforderungen und dies auch nur unter engen Voraussetzungen. Eine Ermächtigung des mit der Erstellung eines Nachlassverzeichnisses gemäß § 2314 Abs. 1 Satz 3 BGB beauftragten Notars zur automatisierten Abfrage von Kontostammdaten hat der Gesetzgeber dagegen nicht vorgesehen (Koroch, RNotZ 2020, 537, 548; Heinze, MittBayNot 2020, 531, 533).
(3) Die Rechtsbeschwerde macht ohne Erfolg geltend, der Notar sei verpflichtet gewesen, weitere Konten der Erblasserin bei Banken in Österreich zu ermitteln.
(a) Das Beschwerdegericht hat angenommen, das notarielle Nachlassverzeichnis vom 4. Mai 2018 nebst Ergänzung vom 28. Juli 2020 sei nicht deshalb erkennbar unvollständig, weil die Beschwerdegegnerin dem Notar nicht die Zustimmung zur Einholung von Auskünften von weiteren Banken und Sparkassen in der Umgebung von Millstatt in Kärnten erteilt habe. Die Gläubigerinnen hätten keine konkreten Anhaltspunkte für weitere Konten bei anderen Banken und Sparkassen in Österreich als der Raiffeisenbank Millstättersee in Millstatt in Kärnten vorgetragen, obwohl sie bereits mit dem Urteil der Kammer vom 3. Juli 2019 auf dieses Erfordernis hingewiesen worden seien. Solche Anhaltspunkte seien auch sonst nicht ersichtlich. Die bloße Vermutung, die Angaben der Auskunftspflichtigen seien unvollständig, reiche nicht aus. Gegen diese Beurteilung wendet sich die Rechtsbeschwerde ohne Erfolg.
(b) Da der Notar lediglich diejenigen Nachforschungen anzustellen hat, die ein objektiver Dritter in der Lage des Gläubigers für erforderlich halten würde, hat das Beschwerdegericht mit Recht angenommen, dass es für weitere Nachfragen des Notars bei anderen österreichischen Banken konkreter Anhaltspunkte bedurft hätte, dass die Erblasserin neben der bereits ermittelten Geschäftsbeziehung zu der Raiffeisenbank Millstättersee in Millstatt in Kärnten weitere Konten bei anderen Kreditinstituten im Umkreis ihrer Immobilie in Österreich unterhalten hat. Solche Indizien lassen sich - wie das Beschwerdegericht unter Bezugnahme auf die Feststellungen im Urteil vom 3. Juli 2019 (LG Bonn, Urteil vom 3. Juli 2019 - 5 S 18/19, juris Rn. 38 bis 40) zutreffend angenommen hat - dem Sachvortrag der Gläubigerinnen nicht entnehmen.
(c) Die Rechtsbeschwerde macht ohne Erfolg geltend, es sei kein Grund dafür ersichtlich, dass die Erblasserin, die in Deutschland Geschäftsbeziehungen zu verschiedenen Banken unterhalten habe, ihre Finanzgeschäfte in Österreich anders gehandhabt haben sollte. Dieses Vorbringen lässt keine konkreten Anhaltspunkte für die Erforderlichkeit weiterer Ermittlungen erkennen. Es basiert auf Vermutungen, die nicht ausreichend sind, um eine Ermittlungspflicht des Notars zu begründen.
(d) Die Rechtsbeschwerde beruft sich ohne Erfolg darauf, dass es Zweck des Auskunftsanspruchs gemäß § 2314 Abs. 1 BGB ist, der Beweisnot des Pflichtteilsberechtigten abzuhelfen (vgl. BGH, Urteil vom 2. November 1960 - V ZR 124/59, BGHZ 33, 373 [juris Rn. 11]). Dieser Zweck rechtfertigt es zwar, den Inhalt der zu erteilenden Auskunft weit zu fassen, nicht aber, aufgrund bloßer Mutmaßungen weitere Ermittlungen als erforderlich anzusehen.
(e) Dieser Beurteilung steht das Urteil des IV. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs im Verfahren der Vollstreckungsabwehrklage der Schuldnerin (BGH, NJW 2020, 2187) nicht entgegen. Randnummer 11 dieses Urteils lässt sich entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde nicht entnehmen, dass die Abfrage bei weiteren in der Umgebung der Immobilie der Erblasserin in Österreich liegenden Kreditinstituten - neben der Raiffeisenbank Millstättersee - aus Sicht eines objektiven Dritten erforderlich gewesen wäre und dem Notar Anlass für entsprechende Ermittlungen hätte geben müssen. Vielmehr hat der IV. Zivilsenat lediglich die Beurteilung des Berufsgerichts gebilligt, das notarielle Nachlassverzeichnis vom 4. Mai 2018 sei teilweise unvollständig, da es mangels Zustimmung der Schuldnerin zu einer entsprechenden Abfrage keine umfassenden Angaben über die Geschäftsbeziehung der Erblasserin zu der Raiffeisenbank Millstättersee enthielt. Die Erforderlichkeit einer Ermittlung hinsichtlich des Bestehens von Konten bei anderen österreichischen Banken war nicht Gegenstand des allein von der Schuldnerin eingeleiteten Revisionsverfahrens.
dd) Das notarielle Nachlassverzeichnis ist auch nicht deshalb unvollständig und daher zu ergänzen, weil die Schuldnerin sich fremdes Wissen trotz Zumutbarkeit nicht verschafft hat.
(1) Die Schuldnerin hat es nicht unterlassen, in zumutbarer Weise an der Ermittlung weiterer Konten der Erblasserin in Deutschland mitzuwirken.
(a) Die Rechtsbeschwerde legt bereits nicht dar, dass die Gläubigerinnen in den Tatsacheninstanzen geltend gemacht hätten, die Schuldnerin müsse bei der Ermittlung weiterer Konten in Deutschland mitwirken. Sie verweist auch nicht auf dort gehaltenen Tatsachenvortrag der Gläubigerinnen zu konkreten Anhaltspunkten dafür, dass die Erblasserin mit mehr als zwei Kreditinstituten im Inland Geschäftsbeziehungen unterhalten hätte.
(b) Danach muss nicht entschieden werden, ob dem Erben aus Art. 15 Abs. 1 der Verordnung (EU) 2016/679 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung, DSGVO) ein Auskunftsanspruch im Hinblick auf die Existenz ihm unbekannter Konten des Erblassers zustehen könnte.
Gemäß Art. 15 Abs. 1 DSGVO hat die betroffene Person das Recht, von dem Verantwortlichen eine Bestätigung darüber zu verlangen, ob sie betreffende personenbezogene Daten verarbeitet werden und, wenn dies der Fall ist, ein hierauf und auf weitere - näher bezeichnete Informationen - bezogenes Recht auf Auskunft.
Zwar hat der deutsche Gesetzgeber in § 2a Abs. 5 Nr. 1 AO von der in Erwägungsgrund 27 Satz 2 DSGVO vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch gemacht, die grundsätzliche Geltung der Vorschriften der Datenschutz-Grundverordnung, der Abgabenordnung und der Steuergesetze über die Verarbeitung personenbezogener Daten natürlicher Personen auch für Informationen vorzusehen, die sich auf identifizierte oder identifizierbare verstorbene natürliche Personen beziehen. Zweifelhaft ist jedoch, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen die Schuldnerin als Erbin aufgrund dieser Ermächtigung nach Art. 15 Abs. 1 DSGVO von hierzu befugten Stellen (der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen, § 24c Abs. 2 KWG, oder dem Bundeszentralamt für Steuern, § 93 Abs. 7 und 8 AO) die Durchführung eines automatisierten Abrufs von Kontoinformationen bei dem von Kreditinstituten zu führenden Dateisystems (§ 24c Abs. 1 KWG) zu dem Zweck beanspruchen kann, ihr Kenntnis über weitere ihr bislang nicht bekannte Konten der Erblasserin zu vermitteln. Dies muss mangels Entscheidungserheblichkeit jedoch nicht vertieft werden.
(2) Die Schuldnerin hat auch keine ihr zumutbaren Mitwirkungshandlungen unterlassen, sich beziehungsweise dem von ihr mit der Erstellung des Nachlassverzeichnisses beauftragten Notar Kenntnis über das Bestehen weiterer Konten der Erblasserin in Österreich zu verschaffen.
(a) Da konkrete Anhaltspunkte für das Bestehen weiterer Konten der Erblasserin in Österreich nicht vorliegen, ist die Schuldnerin nicht verpflichtet, ihre Zustimmung dazu zu erteilen, dass der von ihr beauftragte Notar in ganz Österreich Nachforschungen anstellt, um weitere Konten der Erblasserin zu ermitteln.
(b) Es kann deshalb offen bleiben, ob der Schuldnerin ein Auskunftsanspruch gemäß § 4 Abs. 4 des österreichischen Kontenregister- und Konteneinschaugesetzes (KontRegG) mit Blick auf etwaige (weitere) Konten der Erblasserin in Österreich zusteht. Es muss auch nicht näher untersucht werden, ob das in dieser Vorschrift normierte Recht der betroffenen Person auf Auskunft, welche sie betreffende Daten in das Kontenregister aufgenommen wurden, auf den Rechtsnachfolger übergeht (verneinend Österreichisches Bundesfinanzgericht [BFG], Erkenntnis vom 24. November 2022, RV/7103069/2022; BFG, Erkenntnis vom 10. März 2022, RV/7102265/2021 [nicht rechtskräftig]; aA Velisek, ÖBA 2023, 115, 117 bis 120).
ee) Das notarielle Nachlassverzeichnis vom 4. Mai 2018 nebst Ergänzung vom 28. Juli 2020 ist auch nicht deshalb unvollständig und daher weiter zu ergänzen, weil darin eine unbestimmte Mehrheit von Nachlassgegenständen - etwa aufgrund eines Rechtsirrtums des Pflichtigen - nicht aufgeführt ist. Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde erfasst die titulierte Verpflichtung der Schuldnerin zur Auskunftserteilung durch ein notarielles Nachlassverzeichnis nicht Schenkungen, die die Erblasserin in den zehn letzten Lebensjahren vorgenommen hat.
(1) Das Beschwerdegericht hat angenommen, der titulierte Anspruch umfasse nur die Verpflichtung, Auskunft über den realen Bestand des Nachlasses durch Vorlage eines notariellen Verzeichnisses zu erteilen. Die Gläubigerinnen hätten die Auskunft über die Schenkungen der Erblasserin in den letzten zehn Jahren vor ihrem Tod und die Auskunft über den Bestand des Nachlasses getrennt voneinander mit zwei Klageanträgen geltend gemacht. Anerkannt habe die Schuldnerin mit Schriftsatz vom 7. Februar 2014 jedoch nur den mit dem Klageantrag zu 2 geltend gemachten Anspruch und damit nur die Pflicht zur Erstellung eines notariellen Verzeichnisses über die tatsächlich vorhandenen Nachlassgegenstände. Den mit dem Klageantrag zu 1 geltend gemachten Anspruch der Gläubigerin zu 1 habe sie nicht anerkannt. In der Folge habe das Amtsgericht auch nur hinsichtlich des Klageantrags zu 2 durch Anerkenntnisurteil entschieden und den Klageantrag zu 1 als unbegründet abgewiesen. Die im amtsgerichtlichen Urteil titulierte Verpflichtung umfasse deshalb nicht auch die Verpflichtung zur Erstellung eines notariellen Nachlassverzeichnisses über den fiktiven Nachlass.
(2) Gegen diese Beurteilung wendet sich die Rechtsbeschwerde ohne Erfolg.
(a) Die Rechtsbeschwerde macht ohne Erfolg geltend, nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung umfasse die gesetzliche Auskunftspflicht des Erben nach § 2314 BGB neben den tatsächlich vorhandenen Nachlassgegenständen grundsätzlich auch den sogenannten fiktiven Nachlassbestand, insbesondere die Schenkungen innerhalb der letzten zehn Lebensjahre, die nach den Vorschriften über die Berechnung des Pflichtteils hinzuzurechnen sind, § 2325 Abs. 1 BGB (RG, Urteil vom 7. März 1910 - IV 113/09, RGZ 73, 369, 371; BGHZ 33, 373 [juris Rn. 11]; BGH, Urteil vom 29. Oktober 1981 - IX ZR 92/80, BGHZ 82, 132 [juris Rn. 17]; Urteil vom 9. November 1983 - IVa ZR 151/82, BGHZ 89, 24 [juris Rn. 8]).
Im Verfahren der Zwangsvollstreckung ist es dem Vollstreckungsgläubiger verwehrt, Auskünfte allein deshalb zu erzwingen, weil der Vollstreckungsschuldner materiell-rechtlich zu deren Erteilung verpflichtet ist. Maßgeblich für Inhalt und Umfang der zu vollstreckenden Verpflichtung ist vielmehr der Vollstreckungstitel, den das nach § 888 Abs. 1 ZPO als Vollstreckungsorgan berufene Prozessgericht gegebenenfalls auslegen muss. Die Auslegung hat vom Tenor der zu vollstreckenden Entscheidung auszugehen. Ergänzend sind die Entscheidungsgründe und gegebenenfalls auch die Klagebegründung und der Parteivortrag heranzuziehen (BGH, Beschluss vom 6. Februar 2013 - I ZB 79/11, GRUR 2013, 1071 [juris Rn. 14] = WRP 2013, 1485; Beschluss vom 25. Februar 2014 - X ZB 2/13, GRUR 2014, 605 [juris Rn. 18] = MDR 2014, 617 - Flexitanks II; Beschluss vom 5. März 2015 - I ZB 74/14, GRUR 2015, 1248 [juris Rn. 20]). Das Prozessgericht, das als zuständiges Vollstreckungsorgan über eine Zwangsvollstreckungsmaßnahme aus einem Titel entscheidet, den es selbst erlassen hat, kann bei der Auslegung des Titels allerdings sein Wissen aus dem Erkenntnisverfahren mit heranziehen und damit Umstände berücksichtigen, die außerhalb des Titels liegen (BGH, GRUR 2015, 1248 [juris Rn. 22]). Für die Auslegung des Vollstreckungstitels durch das Beschwerdegericht, das über die sofortige Beschwerde gegen eine Zwangsvollstreckungsmaßnahme aus einem Titel entscheidet, den das Prozessgericht des ersten Rechtszugs erlassen hat, gelten diese Grundsätze entsprechend (BGH, GRUR 2015, 1248 [juris Rn. 23]).
(b) Hiervon ist das Beschwerdegericht ausgegangen und ist zu dem Ergebnis gelangt, die Auslegung des Vollstreckungstitels ergebe, dass die Schuldnerin im Streitfall gegenüber den Gläubigerinnen nicht verpflichtet sei, diesen auch Auskünfte über den fiktiven Nachlass der Erblasserin in Form eines notariellen Nachlassverzeichnisses zu erteilen. Hierbei hat es zutreffend die Klageanträge und die Entscheidungsgründe des Vollstreckungstitels berücksichtigt. Ausweislich der Entscheidungsgründe des Teil-Anerkenntnis- und Teilurteils des Amtsgerichts Bonn vom 23. November 2017 hat das Amtsgericht den Klageantrag zu 1 mit der Begründung abgewiesen, die Schuldnerin habe den geltend gemachten Anspruch erfüllt, indem sie die Auskunft durch eine Versicherung an Eides Statt vom 21. Januar 2014 erteilt habe, in der sämtliche Schenkungen der Erblasserin unter Benennung der beschenkten Personen sowie unter Darlegung des Wertes der Schenkung aufgeführt worden seien. Die Beurteilung des Beschwerdegerichts, da das Amtsgericht den gesondert geltend gemachten Anspruch auf Auskunft über von der Erblasserin vorgenommene Schenkungen abgewiesen habe, sei die von der Schuldnerin anerkannte Verpflichtung zur Erstellung eines notariellen Nachlassverzeichnisses auf den aktiven Nachlass beschränkt, erweist sich danach als zutreffend.
(c) Soweit die Rechtsbeschwerde dagegen einwendet, die Geltendmachung des Begehrens der Gläubigerinnen in zwei getrennten Klageanträgen beruhe darauf, dass sich der von der Gläubigerin zu 1 gestellte Klageantrag zu 1 auf ein nur Schenkungen der Erblasserin betreffendes privatschriftliches Nachlassverzeichnis beziehe, der von beiden Gläubigerinnen geltend gemachte Klageantrag zu 2 hingegen auf ein den aktiven und passiven Nachlass betreffendes notarielles Nachlassverzeichnis, ist eine solche Auslegung des Vollstreckungstitels zwar möglich. Sie ist jedoch nicht naheliegend.
Die in § 2314 Abs. 1 BGB vorgesehenen mehreren Arten von Auskunftsansprüchen stehen dem Gläubiger grundsätzlich kumulativ zu, so dass sie der Gläubiger neben- oder nacheinander geltend machen kann. Das ist insbesondere anerkannt für den praktisch wichtigsten Fall, dass der Erbe ein privatschriftliches Verzeichnis vorlegt und der Pflichtteilsberechtigte danach noch ein notarielles Nachlassverzeichnis verlangt (vgl. BGH, Urteil vom 2. November 1960 - V ZR 124/59, BGHZ 33, 373 [juris Rn. 22]; Urteil vom 23. Mai 2012 - IV ZR 250/11, BGHZ 193, 260 [juris Rn. 8]; Urteil vom 31. Oktober 2018 - IV ZR 313/17, NJW 2019, 234 [juris Rn. 9]). Hat jedoch der Erbe ein notarielles Nachlassverzeichnis vorgelegt, wird in der Regel kein Privatverzeichnis mehr gefordert werden können, weil sich in diesem Fall das Zweitverlangen als rechtsmissbräuchlich erweist (BGHZ 33, 373 [juris Rn. 22]).
Wäre die von der Rechtsbeschwerde für richtig gehaltene Auslegung der Klageanträge zutreffend, hätte die Gläubigerin zu 1 - bezogen auf Schenkungen der Erblasserin in ihren letzten zehn Lebensjahren - dieselbe Auskunft gleichzeitig sowohl in privatschriftlicher Form als auch in notarieller Form verlangt. Für das Verlangen nach Auskunft in privatschriftlicher Form neben einer Auskunft in notarieller Form hätte jedoch ebenso wenig ein Rechtsschutzbedürfnis bestan- den wie in dem Fall, in dem nach Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses noch eine privatschriftliche Auskunftserteilung verlangt wird. Eine solche Auslegung des Vollstreckungstitels, die zur Unzulässigkeit des von der Gläubigerin zu 1 geltend gemachten Klageantrags zu 1 hätte führen müssen, ist nicht naheliegend. Ersichtlich entsprach eine solche Auslegung auch nicht dem Verständnis der Parteien und des hiermit befassten Amtsgerichts. Die Parteien haben ausweislich der Gründe des amtsgerichtlichen Urteils in diesem Zusammenhang allein darüber gestritten, ob für den Klageantrag zu 1 der Gläubigerin zu 1 ein Rechtsschutzbedürfnis besteht, weil die Gläubigerin zu 2 bereits zuvor in einem gesonderten Rechtsstreit einen dem Klageantrag zu 1 entsprechenden Vollstreckungstitel gegen die Schuldnerin erstritten hatte, und ob die Schuldnerin die begehrte Verpflichtung, in privatschriftlicher Form Auskunft über Schenkungen der Erblasserin zu erteilen, bereits erfüllt hatte.
(d) Dem Urteil des IV. Zivilsenats im Vollstreckungsabwehrklageverfahren (BGH, NJW 2020, 2187) lässt sich entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde eine abweichende Beurteilung nicht entnehmen. Die dortige Bezugnahme auf fehlende Angaben über die Geschäftsbeziehung der Erblasserin zur Raiffeisenbank Millstättersee lässt keinen Rückschluss darauf zu, dass der Vollstreckungstitel die Erteilung von Auskünften über den fiktiven Nachlass umfasst. Der Bundesgerichtshof hatte im Verfahren der Revision der Schuldnerin allein zu prüfen, ob das notarielle Nachlassverzeichnis deshalb unvollständig war, weil der mit der Erstellung des Nachlassverzeichnisses beauftragte Notar mangels Zustimmung der Schuldnerin zu der bestehenden Geschäftsverbindung der Erblasserin zur Raiffeisenbank Millstättersee in Österreich keine Angaben aufgenommen hatte.
D. Danach ist die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des Beschwerdegerichts auf Kosten der Gläubigerinnen (§ 97 Abs. 1 ZPO) zurückzuweisen.
Koch Pohl Löffler Schmaltz Schwonke Vorinstanzen: AG Bonn, Entscheidung vom 21.07.2022 - 105 C 6/17 LG Bonn, Entscheidung vom 11.04.2023 - 5 T 78/22 -