AnwZ (Brfg) 42/24
BUNDESGERICHTSHOF AnwZ (Brfg) 42/24 BESCHLUSS vom
7. Februar 2025 in der verwaltungsrechtlichen Anwaltssache ECLI:DE:BGH:2025:070225BANWZ.BRFG.42.24.0 Der Bundesgerichtshof, Senat für Anwaltssachen, hat durch die Präsidentin des Bundesgerichtshofs Limperg, die Richterinnen Dr. Liebert und Ettl sowie die Rechtsanwälte Dr. Lauer und Prof. Dr. Schmittmann am 7. Februar 2025 beschlossen:
Der Antrag des Klägers auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des 1. Senats des Anwaltsgerichtshofs des Landes NordrheinWestfalen vom 16. August 2024 wird abgelehnt.
Gründe: I.
Der Kläger ist seit dem 11. Mai 2011 als Rechtsanwalt zugelassen. Mit Bescheid vom 12. März 2024 widerrief die Beklagte seine Zulassung wegen Vermögensverfalls (§ 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO). Die dagegen gerichtete Klage des Klägers hat der Anwaltsgerichtshof abgewiesen. Nunmehr beantragt der Kläger die Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Anwaltsgerichtshofs und beantragt für dieses Verfahren die Gewährung von Prozesskostenhilfe.
II.
Der Antrag auf Prozesskostenhilfe wird abgelehnt, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Erfolgsaussicht bietet (§ 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 166 VwGO, § 114 ZPO). Zwar dürfen die Anforderungen an die hinreichende Erfolgsaussicht nicht überspannt werden. Die Ausführungen des Klägers - der sich entgegen seiner Ansicht in dem vorliegenden Verfahren gemäß § 112e Satz 2 BRAO, § 125 Abs. 1 Satz 1, § 67 Abs. 4 i.V.m. § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO selbst vertreten kann - lassen einen Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Anwaltsgerichtshofs jedoch aus keinem der in § 124 Abs. 2 VwGO genannten Gründe erfolgversprechend erscheinen. Ob der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe zulässig ist, kann daher dahingestellt bleiben.
1. Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 112e Satz 2 BRAO, § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Dieser Zulassungsgrund setzt voraus, dass ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung des angefochtenen Urteils mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird (st. Rspr.; vgl. etwa Senat, Beschluss vom 28. Oktober 2011 - AnwZ (Brfg) 30/11, NJW-RR 2012, 189 Rn. 5 mwN).
Der Kläger verweist zum einen darauf, dass ein Vermögensverfall nicht vorliege, da das Grundstück, das zur anfänglichen Pfändung des Zeugen B. geführt habe, nicht wertlos sei, sondern einen Gegenwert in entsprechender Höhe habe. Durch eine Veräußerung sei ein Mittelzufluss zu erwarten. Der Kläger gibt zum anderen an, dass die Interessen der Rechtsuchenden durch die gegenständlichen Pfändungen nicht beeinträchtigt würden. Die pfändenden Gläubiger hätten zugestimmt, dass die Anderkonten von der Pfändung ausgenommen seien.
a) Das Vorbringen des Klägers begründet keine ernstlichen Zweifel an der Annahme des Anwaltsgerichtshofs, dass sich der Kläger im maßgeblichen Zeitpunkt des Widerspruchsbescheids in Vermögensverfall befunden hat. Vermögenswerte des Klägers sind nur dann von Bedeutung, wenn sie liquide sind. Immobilienvermögen ist dementsprechend nach ständiger Rechtsprechung des Senats nur von Relevanz, wenn es dem Betroffenen zum maßgeblichen Zeitpunkt als liquider Vermögenswert zur Tilgung seiner Verbindlichkeiten zur Verfügung gestanden hat (vgl. Senat, Beschluss vom 10. Mai 2022 - AnwZ (Brfg) 9/22, juris Rn. 16). Nicht hinreichend ist, dass das Grundstück jederzeit veräußert oder im Wege der Zwangsvollstreckung durch die Gläubiger belastet oder sonst verwertet werden könnte; denn alleine die Veräußerbarkeit und die Möglichkeit der Zwangsvollstreckung bewirken nicht das Vorhandensein von liquiden Mitteln im maßgeblichen Zeitpunkt des Widerspruchsbescheids (vgl. Senat, Beschluss vom 10. Mai 2022, aaO). Aus dem Vortrag des Klägers ergeben sich hingegen bereits Zweifel, ob der Kläger das Grundstück zum fraglichen Zeitpunkt hätte veräußern können. Denn die Pfändung des Zeugen B. wurde dadurch veranlasst, dass der Kläger den Kaufpreis für das Grundstück nicht zahlte, so dass nicht ersichtlich ist, dass der Kläger zum maßgeblichen Zeitpunkt Eigentümer des Grundstücks gewesen wäre. Soweit der Kläger sich - wie im Verfahren vor dem Anwaltsgerichtshof - auf ein Anwartschaftsrecht an dem Grundstück beziehen sollte, hat der Anwaltsgerichtshof darauf abgestellt, dass der Kläger weder belegt habe, dass aufgrund des Anwartschaftsrechts ein Darlehen gewährt würde, um die Verbindlichkeiten abzulösen, noch dass ihm zum 12. März 2024 eine kurzfristige Veräußerung des Anwartschaftsrechts zu einem Kaufpreis von 300.000 € möglich gewesen wäre. Ausführungen dazu hat der Kläger auch im Verfahren vor dem Senat nicht gemacht.
b) Das Vorbringen des Klägers begründet auch keine ernsthaften Zweifel an der Annahme des Anwaltsgerichtshofs, dass eine Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden vorlag.
Nach der in § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO zum Ausdruck kommenden Wertung des Gesetzgebers ist mit dem Vermögensverfall eines Rechtsanwalts grundsätzlich eine Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden verbunden. Auch wenn diese Regelung nicht im Sinne eines Automatismus zu verstehen ist, die Gefährdung daher nicht zwangsläufig und ausnahmslos schon aus dem Vorliegen eines Vermögensverfalls folgt, kann die Gefährdung im nach der gesetzlichen Wertung vorrangigen Interesse der Rechtsuchenden nur in seltenen Ausnahmefällen verneint werden, wobei den Rechtsanwalt hierfür die Feststellungslast trifft (vgl. nur Senat, Beschluss vom 12. Dezember 2018 - AnwZ (Brfg) 65/18, juris Rn. 7). Die Annahme einer derartigen Sondersituation setzt mindestens voraus, dass der Rechtsanwalt seine anwaltliche Tätigkeit nur noch für eine Rechtsanwaltssozietät ausübt und mit dieser rechtlich abgesicherte Maßnahmen verabredet hat, die eine Gefährdung der Mandanten effektiv verhindern. Selbst auferlegte Beschränkungen des in Vermögensverfall geratenen Rechtsanwalts sind dagegen grundsätzlich nicht geeignet, eine Gefährdung der Rechtsuchenden auszuschließen (Senat, Beschluss vom 10. Mai 2022 - AnwZ (Brfg) 9/22, juris Rn. 21 mwN). Im Einklang mit diesen Grundsätzen hat der Anwaltsgerichtshof einen Ausnahmefall verneint und zutreffend darauf abgestellt, dass die Anlage und Verwaltung der Fremdgelder auf vollstreckungsgeschützten Anderkonten allein der Entscheidung des Klägers als Einzelanwalt unterliegt, die er jederzeit ändern könne.
2. Weitere Zulassungsgründe hat der Kläger nicht aufgezeigt und sind auch nicht ersichtlich.
Limperg Lauer Liebert Schmittmann Ettl Vorinstanz: AGH Hamm, Entscheidung vom 16.08.2024 - 1 AGH 18/24 -