10 W (pat) 1/15
BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 1/15 An Verkündungs Statt zugestellt am 21. Juni 2016 …
BESCHLUSS In der Beschwerdesache …
betreffend die Patentanmeldung 11 2007 002 197.7 hat der 10. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 5. April 2016 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr.-Ing. Lischke sowie der Richter Dipl.-Ing. Hildebrandt, Eisenrauch und Dipl.-Ing. Univ. Richter BPatG 154 05.11 beschlossen:
-2Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe I.
Der Beschwerdeführer ist Anmelder der Patentanmeldung 11 2007 002 197.7, die im Wege einer Nationalisierung aus der internationalen Patentanmeldung PCT/DE2007/000012 vom 4. Januar 2004 hervorgegangen ist. Gegenstand der Anmeldung ist eine „Waschvorrichtung“. Die Anmeldung umfasst insgesamt 27 Haupt-, Neben- und Unteransprüche, wobei der Patentanspruch 1 folgenden Wortlaut hat:
„Waschvorrichtung, insbesondere für Genitalien, dadurch gekennzeichnet, dass die Waschvorrichtung ein Waschbecken mit wenigstens einer Ausnehmung an einer Seite des Waschbeckens umfasst.“
Nachdem der Anmelder die Beschränkung seines Hauptanspruchs abgelehnt hatte, hat die Prüfungsstelle für Klasse E03D des Deutschen Patent- und Markenamts (DPMA) mit Beschluss vom 10. Oktober 2014 die Anmeldung zurückgewiesen. Die Prüfungsstelle hat ihre Entscheidung im Wesentlichen damit begründet, dass der Gegenstand des Patentspruchs 1 nicht neu im Sinne von § 1 Abs. 1 und § 3 PatG sei, und der Anmeldung beispielhaft die Druckschrift DE 299 12 467 U1 entgegengehalten. Da der Patentanspruch 1 nicht gewährbar sei, müsse eine Patenterteilung insgesamt unterbleiben.
Gegen die Zurückweisung seiner Anmeldung hat der Anmelder am 27. Oktober 2014 Beschwerde eingelegt, der die Prüfungsstelle nicht abgeholfen hat.
Auch während des gesamten Beschwerdeverfahrens hat der Anmelder sein Begehren auf umfassenden Patentschutz weiterverfolgt und in Schriftsätzen stets betont, dass er ohne Abstriche auf einer Patenterteilung auf der Grundlage seiner ursprünglichen Anmeldeunterlagen bestehe. Eine vom Senat in der mündlichen Verhandlung vorgeschlagene, weniger einschneidende Beschränkung seiner Patentansprüche hat er ebenfalls nur unter Vorbehalt akzeptiert. Hierzu hat er sinngemäß ausgeführt, es stehe außer Frage, dass der Inhalt seiner Patentanmeldung seine „Schöpfung“ sei und dass er als „Urheber“ dieser Schöpfung in vollem Umfang Schutz beanspruchen dürfe. Es sei ihm bekannt, dass Dritte seine Erfindung bereits auf den Markt brächten. Angesichts dessen stelle sich nur eine Frage, nämlich ob das vom Senat vorgeschlagene Patent in gleicher Weise wie die angemeldete Fassung die Gewähr für eine erfolgreiche Durchsetzung seiner Rechte im Wege einer Verletzungsklage böte. Für eine solche Prüfung benötige er allerdings Zeit.
Der Anmelder hat in der mündlichen Verhandlung einzig den Antrag auf Verzögerung des Verfahrens für 6 Wochen gestellt.
Zwischenzeitlich hat der Anmelder mit Eingabe vom 24. April 2016 weitere Anträge gestellt und nochmals darauf hingewiesen, dass eine Patenterteilung mehr als angezeigt sei, da verschiedene Unternehmen den Gegenstand seiner Anmeldung herstellten und bundesweit vertrieben - und zwar ohne dass sie Lizenzgebühren an ihn zahlten.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Amts- und Gerichtsakten verwiesen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist zurückzuweisen.
1. Der Senat ist dem Antrag des Anmelders auf Verfahrensverzögerung gefolgt und hat - wie am Schluss der mündlichen Verhandlung verkündet - mit der Zustellung einer Entscheidung an Verkündungs statt entsprechend zugewartet, wobei die Vorgabe von 6 Wochen ab Schluss der mündlichen Verhandlung mehr als eingehalten wurde.
2. Die Beschwerde ist zurückzuweisen, da der Anmelder bis zum Schluss der am 5. April 2016 durchgeführten mündlichen Verhandlung keinen Sachantrag gestellt hat. Damit kann das Beschwerdeverfahren nicht mit der Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und der Erteilung eines Patents enden. Dies ergibt sich aus § 91 Abs. 3 PatG nebst § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 296 a ZPO.
Die zwischenzeitliche Eingabe des Anmelders vom 24. April 2016 ändert hieran nichts, da er weder eine Schriftsatzfrist beantragt hatte noch seine Eingabe erkennen lässt, dass er sich in der mündlichen Verhandlung nicht hätte ausreichend erklären können. Die Frage, ob die vom erkennenden Senat vorgeschlagene Patenterteilung dazu geeignet gewesen wäre, um von Mitbewerbern des Anmelders Lizenzzahlungen erzwingen zu können, ist und war im vorliegenden Verfahren stets ohne Bedeutung. Der Senat war unter diesen Umständen nicht gehalten, beim Anmelder nochmals nachzufragen, ob er die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung und weiteren Vortrag anstrebe (BGH GRUR 2012, 89, 90 - „STAHLSCHLUESSEL“).
3. Im Übrigen sei angemerkt, dass die Zurückweisung der Beschwerde auch dann auszusprechen gewesen wäre, wenn der erkennende Senat zur Auffassung gelangt wäre, der Anmelder hätte in der mündlichen Verhandlung sein bisheriges Begehren - nämlich eine Patenterteilung auf der Grundlage seiner ursprünglichen Anmeldeunterlagen - mit konkludent gestelltem Antrag weiterverfolgt.
Die Prüfungsstelle hat in der angegriffenen Entscheidung völlig zu Recht darauf hingewiesen, dass einem Antrag auf Erteilung eines Patents auch dann nicht stattgegeben werden kann, wenn sich nur einer unter mehreren Patentansprüchen als nicht gewährbar erweist. Diese Auffassung entspricht nicht nur gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH GRUR 1980, 716 f. - „Schlackenbad“; GRUR 1989, 103 f. - „Verschlussvorrichtung für Gießpfannnen“; GRUR 1997, 120 ff. - „Elektrisches Speicherheizgerät“; GRUR 2012, 149 ff. - „Sensoranordnung“), sie ergibt sich auch aus der Natur der Sache. Warum sollte ein Mitbewerber wegen Verletzung eines Patentgegenstandes erfolgreich in Anspruch genommen werden können, wenn dieser Gegenstand nicht neu ist, sondern offensichtlich seit vielen Jahrzehnten zum Stand der Technik gehört? Einen solchen Fall stellt aber der Gegenstand nach Patentanspruch 1, wie er in den ursprünglichen Anmeldeunterlagen beansprucht wird, zweifellos dar. Der Anmelder hatte im Laufe zweier Instanzenzüge Gelegenheit, sich selbstkritisch zu fragen, was eine simple Waschvorrichtung, die sich in einem Waschbecken mit wenigstens einer Ausnehmung an einer Seite des Waschbeckens erschöpft, zu einer Erfindung macht, die neu ist und auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht. Dies war die von Gesetzes wegen zentrale Frage des vorliegenden Patenterteilungsverfahrens, die aber dem Anmelder weder vom erkennenden Senat noch von seiner anwaltlichen Vertreterin näherzubringen war.
4. Der Anmelder kann ferner nicht verlangen - wie zwischenzeitlich nochmals mit Eingabe vom 24. April 2016 beantragt -, dass ihm der erkennende Senat zumindest in irgendeiner Weise bescheinigt, „Urheber“ des von ihm angemeldeten Gegenstandes zu sein. In dieser Forderung zeigt sich ein tiefgreifendes Unverständnis des Anmelders über den Sinn und Zweck eines Patenterteilungsverfahrens. Der Senat hätte sich selbst dann nicht zur Frage geäußert, ob der vorliegende Anmelder „Urheber“, also Erfinder, einer „Waschvorrichtung“ ist, wenn es zur Erteilung eines Patents gekommen wäre. In einem Patenterteilungsverfahrens wird geprüft, ob für eine angemeldete Erfindung ein Patent erteilt werden kann. Hierbei ist es weder den Prüfungsstellen des DPMA noch dem erkennenden Senat, dem die Patentprüfung in der Beschwerdeinstanz obliegt, gestattet, sich Gedanken zur Erfindereigenschaft eines Anmelders zu machen (vgl. Münch in Fitzner/Lutz/Bodewig, PatRKomm, 4. Aufl., PatG, § 7 Rn. 2 und 3). Dies ist ausdrücklich in § 7 Abs. 1 PatG geregelt, wonach die sachliche Prüfung einer Patentanmeldung nicht durch die Feststellung des Erfinders verzögert werden darf und jeder Anmelder kraft unwiderlegbarer, gesetzlicher Fiktion als berechtigt gilt, die Erteilung eines Patents zu verlangen.
III.
Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss steht dem Beschwerdeführer das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass
1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, 2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, 3. dem Beschwerdeführer das rechtliche Gehör versagt wurde, 4 . der Beschwerdeführer im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat, 5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder
6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich einzulegen.
Dr. Lischke Hildebrandt Eisenrauch Richter prö