5 StR 44/24
BUNDESGERICHTSHOF StR 44/24 BESCHLUSS vom 25. April 2024 in der Strafsache gegen wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln u.a.
ECLI:DE:BGH:2024:250424B5STR44.24.0 Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. April 2024 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 sowie entsprechend § 354 Abs. 1 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 5. September 2023 a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Handeltreiben mit Cannabis, Besitz einer halbautomatischen Kurzwaffe zum Verschießen von Patronenmunition und Besitz von Munition (Fall II.4 der Urteilsgründe), wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in zwei Fällen (II.1 und II.3 der Urteilsgründe), davon in einem Fall in Tateinheit mit Handeltreiben mit Cannabis (II.3 der Urteilsgründe) sowie wegen Handeltreibens mit Cannabis schuldig ist (Fall II.2 der Urteilsgründe),
b) im Ausspruch über die Einzelstrafen in den Fällen II.2 bis II.4 und über die Gesamtstrafe aufgehoben.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Besitz einer halbautomatischen Kurzwaffe der Marke Crvena Zastava, Kaliber 7,62 mm Tokarew, die Patronenmunition verschießt, sowie Besitz von acht Patronen 7,62 mm Tokarew und wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt und in Höhe von zwei Monaten aufgrund einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung für vollstreckt erklärt. Die Revision des Angeklagten erzielt mit der Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg und ist im Übrigen im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO unbegründet.
1. Da sich das Handeltreiben in den Fällen II.3 und II.4 teilweise und im Fall II.2 ausschließlich auf Marihuana und damit Cannabis im Sinne von § 1 Nr. 8 KCanG bezieht, hat der Senat gemäß § 2 Abs. 3 StGB die seit dem 1. April 2024 geltende Strafvorschrift des § 34 KCanG (BGBl. I 2024 Nr. 109) als milderes Recht zur Anwendung zu bringen (vgl. BGH, Beschluss vom 24. April 2024 – 5 StR 136/24).
a) Nach den Feststellungen verkaufte der Angeklagte im Fall II.1 an einen gesondert Verfolgten mindestens 0,25 Gramm Kokain mit einer Wirkstoffmenge von 0,15 Gramm Kokainhydrochlorid (KHC); im Fall II.2 verkaufte er an einen anderen gesondert Verfolgten mindestens 1,55 Gramm Marihuana mit mindestens 0,02 Gramm Tetrahydrocannabinol (THC) und im Fall II.3 einmal mindestens 0,01 Gramm Kokain mit einem Wirkstoffgehalt von mindestens 0,006 Gramm KHC und zum anderen mindestens 0,25 Gramm Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von mindestens 0,02 Gramm THC jeweils an zwei weitere gesondert Verfolgte. Im Fall II.4 bewahrte der Angeklagte am 15. Januar 2021 in den Geschäftsräumen des Kulturvereins „O. “ und in einem auf dem Gelände des Vereins befindlichen, von ihm genutzten Pkw zum gewinnbringenden Verkauf insgesamt mindestens 599,31 Gramm Marihuana mit einer Gesamtwirkstoffmenge von 4,23 Gramm THC, 4,19 Gramm kokainhaltiges Gemenge mit einer Wirkstoffmenge von 3,562 Gramm KHC, 30,31 Gramm amphetaminhaltiges Gemisch mit einer Wirkstoffmenge von 4,68 Gramm Amphetaminbase sowie ein MDMA-haltiges Tablettenstück auf. Im Fußraum des Pkw, in dem unter anderem das amphetaminhaltige Gemenge aufbewahrt war, befand sich eine ungeladene funktionsfähige Schusswaffe des Fabrikats Crvena Zastava, Kaliber 7,62 mm Toakrew und dazu passende acht Schuss Patronenmunition, derer sich der Angeklagte zur Abwehr von Angriffen und Durchsetzung von Forderungen aus Betäubungsmittelgeschäften jederzeit, ohne nennenswerten zeitlichen Aufwand und ohne besondere Schwierigkeiten bedienen konnte.
b) Im Fall II.2 hat sich der Angeklagte damit gemäß § 34 Abs. 1 Nr. 4 KCanG strafbar gemacht, weil sich seine Handelstätigkeit ausschließlich auf Marihuana bezog. In den Fällen II.1 und II.3 bleibt es beim Schuldspruch wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG, da der Angeklagte im erstgenannten Fall allein und im Fall II.3 auch mit Kokain Handel trieb. Im Fall II.3 hat er sich zudem tateinheitlich wegen Handeltreibens mit Cannabis gemäß § 34 Abs. 1 Nr. 4 KCanG strafbar gemacht. Im Fall II.4 hat der Schuldspruch wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln Bestand, weil auch ohne Berücksichtigung des Marihuanas der Grenzwert der nicht geringen Menge durch die Wirkstoffmengen beim Kokain und Amphetamin überschritten ist (118 %). Tateinheitlich hat der Angeklagte sich auch bei dieser Tat wegen Handeltreibens mit Cannabis gemäß § 34 Abs. 1 Nr. 4 KCanG strafbar gemacht.
2. Der Senat hat den Schuldspruch in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO umgestellt (zur Tenorierung des Verstoßes gegen das WaffG vgl. BGH, Beschluss vom 25. März 2021 – 3 StR 10/20). Dem steht § 265 StPO nicht entgegen, weil sich der geständige Angeklagte insoweit nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.
3. Der Ausspruch über die Einzelstrafe im Fall II.2 kann keinen Bestand haben, weil § 34 Abs. 1 KCanG einen milderen Strafrahmen als § 29 Abs. 1 BtMG vorsieht. Auch in den Fällen II.3 und II.4 sind die Einzelstrafen aufzuheben, denn der Senat kann nicht ausschließen, dass die Tathandlungen des Angeklagten in Bezug auf Cannabis für das Landgericht bei der Bestimmung des Schuldumfangs und damit bei der Findung der verhängten Strafe mitentscheidend waren. Auch wenn die Strafen in diesen Fällen aus den Strafrahmen des Betäubungsmittelgesetzes zuzumessen sein werden (vgl. § 52 Abs. 2 Satz 1 StGB), ist durch die gesetzgeberische Wertung, die in § 34 Abs. 1 KCanG gegenüber den genannten Strafrahmen eine mildere Strafdrohung vorsieht, den Strafen die jeweilige Grundlage entzogen. Der Wegfall der Einzelstrafen zieht die Aufhebung der Gesamtstrafe nach sich. Der Aufhebung von Feststellungen bedarf es insoweit nicht (vgl. § 353 Abs. 2 StPO).
Vorsitzende Richterin am BGH Cirener ist wegen Urlaubs gehindert zu unterschreiben.
Gericke Köhler Gericke Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Mosbacher ist wegen Urlaubs gehindert zu unterschreiben.
Gericke Resch Vorinstanz: Landgericht Hamburg, 05.09.2023 - 611 KLs 7/21 6104 Js 44/21