IX ZR 163/24
BUNDESGERICHTSHOF IX ZR 163/24 IM NAMEN DES VOLKES URTEIL Nachschlagewerk: ja BGHZ:
nein BGHR:
ja JNeu:
nein in dem Rechtsstreit BGB § 407 Abs. 2; RVG § 11 Abs. 1; VVG § 86 Abs. 1 Satz 1 Ein Rechtsschutzversicherer muss in einem Prozess auf Rückzahlung von auf Rechtsanwaltsgebühren geleisteten Vorschüssen einen rechtskräftigen Beschluss, durch den die Vergütung des Rechtsanwalts gegen den Auftraggeber festgesetzt worden ist, nicht gegen sich gelten lassen, wenn der Rechtsanwalt den Antrag auf Vergütungsfestsetzung gestellt hat, nachdem er vom Übergang etwaiger Rückzahlungsansprüche des Auftraggebers auf den Rechtsschutzversicherer Kenntnis erlangt hatte.
BGH, Urteil vom 12. Juni 2025 - IX ZR 163/24 - LG Köln AG Köln ECLI:DE:BGH:2025:120625UIXZR163.24.0 Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 12. Juni 2025 durch die Richter Dr. Schultz, Röhl, die Richterin Dr. Selbmann, die Richter Weinland und Kunnes für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil der 30. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 26. September 2024 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen Tatbestand:
Die Klägerin ist ein Rechtsschutzversicherer. Die beklagte Rechtsanwaltsgesellschaft vertrat einen Versicherungsnehmer der Klägerin in einem Berufungsverfahren vor dem Oberlandesgericht. Gemäß Anforderung der Beklagten vom 4. Mai 2020 zahlte die Klägerin der Beklagten einen Vorschuss auf die zu erwartende Terminsgebühr aus einem Streitwert von 55.163,19 € in Höhe von 1.782,14 € brutto. Es kam zu keinem Verhandlungstermin, weil das Berufungsgericht die Berufung des Versicherungsnehmers durch Beschluss vom 15. März 2021 gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückwies. Die Klägerin forderte die Beklagte mit Schreiben vom 28. April 2022 zur Rückzahlung der bevorschussten Terminsgebühr auf, da in dem gemäß § 522 Abs. 2 ZPO erledigten Berufungsverfahren keine Terminsgebühr anfalle.
Unter dem 18. Juli 2022 beantragte die Beklagte die Festsetzung der ihr gegen den Versicherungsnehmer der Klägerin für das Berufungsverfahren zustehenden Gebühren gemäß § 11 RVG unter Einschluss der Terminsgebühr. Zur Begründung führte die Beklagte aus, die sachbearbeitende Rechtsanwältin habe am 30. Oktober 2020 ein Telefonat mit dem Rechtsanwalt der Gegenseite geführt; dieser habe angegeben, dass eventuell ein Vergleich in Betracht komme. Die Beklagte legte offen, dass die Vergütung in Form von Vorschüssen des Rechtsschutzversicherers bezahlt ist. Das Landgericht setzte die Vergütung mit rechtskräftigem Beschluss vom 25. August 2022 antragsgemäß fest. An dem Verfahren war die Klägerin nicht beteiligt.
Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin die Rückzahlung des auf die Terminsgebühr geleisteten Vorschusses. Das Amtsgericht hat der Klage antragsgemäß stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Mit ihrer vom Landgericht zugelassenen Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Der Geltendmachung des Rückzahlungsanspruchs stehe der im Verfahren nach § 11 RVG ergangene rechtskräftige Vergütungsfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Ingolstadt entgegen. Dieser sei nicht durch Täuschung erschlichen worden. Das von der Beklagten behauptete Telefonat unterstellt, sei eine Terminsgebühr nach § 2 Abs. 2 RVG, Teil 3 Vorbemerkung 3 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 VV RVG angefallen. Der Beschluss nach § 11 RVG wirke auch zwischen den Parteien des vorliegenden Rechtsstreits. Zwar wirke die Rechtskraft eines Beschlusses nach § 11 RVG grundsätzlich nur zwischen den Beteiligten jenes Verfahrens. Sie erstrecke sich nicht auf die zwischen anderen Personen stattfindenden Festsetzungsverfahren nach den §§ 103 ff, 126 ZPO und § 55 RVG und gelte damit nicht im Verhältnis zum Gegner und zur Staatskasse. Die Klägerin als Rechtsschutzversicherer sei aber nicht an anderen Festsetzungsverfahren beteiligt. Sie könne vielmehr selbst einen Antrag auf Vergütungsfestsetzung stellen, wenn sie nach Forderungsübergang die Rechtsnachfolgerin des Auftraggebers sei und die Richtigkeit der anwaltlichen Rechnung geprüft haben wolle. Sie sei aber nicht zulässige Gegnerin im Verfahren nach § 11 RVG, da zwischen ihr und dem Rechtsanwalt kein unmittelbares Vertragsverhältnis bestehe. Der Rechtsanwalt müsse daher zur Klärung der Vergütungshöhe die Festsetzung gegen seinen Mandanten beantragen. Gemäß § 407 Abs. 2 BGB müsse ein Rechtsnachfolger, wie die Klägerin, auf die Ansprüche nach § 86 VVG übergehen, im Falle des Anspruchsübergangs vor Rechtshängigkeit ein zwischen Gläubiger und Schuldner ergangenes Urteil gegen sich gelten lassen. Soweit dies nach § 407 Abs. 2 BGB nicht gelte, wenn der Schuldner bei Eintritt der Rechtshängigkeit die Rechtsnachfolge gekannt habe, müsse vorliegend berücksichtigt werden, dass die Beklagte keine Möglichkeit gehabt habe, die Klägerin im Verfahren nach § 11 RVG zu beteiligen. Die Situation der Beklagten sei der eines gutgläubigen Schuldners vergleichbar. Die Klägerin sei nicht unangemessen benachteiligt, weil ihr Versicherungsnehmer im Rahmen seiner versicherungsvertraglichen Obliegenheiten verpflichtet sei, diese zu informieren.
II.
Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung nicht stand. Mit der Begründung des Berufungsgerichts lässt sich ein Erstattungsanspruch der Klägerin nicht verneinen.
1. Im rechtlichen Ausgangspunkt trifft es zu, dass der Rechtsanwalt aus dem Anwaltsvertrag mindestens entsprechend §§ 675, 667 BGB verpflichtet ist, denjenigen Teil eines ihm geleisteten Vorschusses zurückzuzahlen, der die tatsächlich geschuldete Vergütung übersteigt. Zudem ist es richtig, dass im Fall eines rechtsschutzversicherten Mandanten der Rückzahlungsanspruch wegen eines nicht verbrauchten Gebührenvorschusses gemäß § 86 Abs. 1 Satz 1 VVG auf den Rechtsschutzversicherer übergeht, weil die Rechtsschutzversicherung eine Schadensversicherung ist und der Versicherer mit der Vorschussleistung an den Rechtsanwalt seinem Versicherungsnehmer im Sinne der Bestimmung "einen Schaden ersetzt" (vgl. BGH, Urteil vom 20. Juni 2024 - IX ZR 80/23, WM 2024, 1375 Rn. 7 mwN).
2. Anders als das Berufungsgericht meint, steht dem Erstattungsanspruch nicht entgegen, dass im Verhältnis zwischen der Beklagten und dem Versicherungsnehmer der Klägerin durch Beschluss des Landgerichts Ingolstadt vom 25. August 2022 rechtskräftig Gebühren für das Berufungsverfahren unter Einschluss der streitgegenständlichen Terminsgebühr festgesetzt wurden. Dieser Beschluss entfaltet keine Bindungswirkung zwischen der Klägerin und der Beklagten.
a) Ein rechtskräftiges Urteil wirkt grundsätzlich nur zwischen den Parteien (vgl. § 325 Abs. 1 ZPO). Dasselbe gilt für urteilsvertretende Beschlüsse (vgl. MünchKomm-ZPO/Gottwald, 7. Aufl., § 322 Rn. 30; MünchKomm-ZPO/Musielak/ Hüntemann, 7. Aufl., § 329 Rn. 17; Stein/Jonas/Roth, ZPO, 23. Aufl., § 329 Rn. 27), wie die Vergütung festsetzende Beschlüsse nach § 11 RVG (vgl. BGH, Urteil vom 5. Dezember 1996 - IX ZR 67/96, WM 1997, 324). Die Klägerin war an dem Vergütungsfestsetzungsverfahren nicht beteiligt.
b) Eine Rechtskrafterstreckung kommt nicht in Betracht.
aa) Eine Rechtskrafterstreckung nach § 325 Abs. 1 ZPO scheidet aus. Danach erstreckt sich die Rechtskraftwirkung auf Parteien, die nach Eintritt der Rechtshängigkeit Rechtsnachfolger der Parteien geworden sind. Vorliegend sind etwaige Ansprüche des Versicherungsnehmers auf Rückzahlung geleisteter Vorschüsse mit der Zahlung des Vorschusses durch die Klägerin an die Beklagte gemäß § 86 Abs. 1 Satz 1 VVG auf die Klägerin übergegangen (vgl. BGH, Urteil vom 16. Dezember 2021 - IX ZR 81/21, ZIP 2022, 217 Rn. 15). Der Anspruchsübergang erfolgte somit, bevor das Verfahren auf Festsetzung der Vergütung nach § 11 RVG eingeleitet wurde.
bb) Aus § 407 Abs. 2, § 412 BGB ergibt sich ebenfalls keine Bindung der Klägerin an den Beschluss des Landgerichts Ingolstadt.
Nach diesen Vorschriften muss der neue Gläubiger ein rechtskräftiges Urteil gegen sich gelten lassen, das in einem nach dem Forderungsübergang zwischen Schuldner und bisherigem Gläubiger anhängig gewordenen Rechtsstreit über die Forderung ergangen ist, es sei denn, der Schuldner hat den Forderungsübergang bei dem Eintritt der Rechtshängigkeit gekannt. Dabei kommt es auf die Parteirolle des Schuldners nicht an (BGH, Urteil vom 28. Mai 1969 - V ZR 46/66, BGHZ 52, 150, 152; Staudinger/Busche, BGB, 2022, § 407 Rn. 19).
Zwar bestehen keine Bedenken, § 407 Abs. 2 BGB auf das ein Erkenntnisverfahren ersetzende Verfahren nach § 11 RVG entsprechend anzuwenden. Die Beklagte kannte jedoch bereits im Zeitpunkt der Antragseinreichung den Forderungsübergang auf die Klägerin. Sie wusste, dass die Klägerin die Gebühren bevorschusst hatte, dass damit etwaige Ansprüche auf Rückzahlung des geleisteten Vorschusses auf den Rechtsschutzversicherer übergegangen waren (§ 86 Abs. 1 Satz 1 VVG) und dass der Rechtsschutzversicherer den Rückforderungsanspruch ihr gegenüber geltend gemacht hatte. Gleichwohl beantragte sie eine Festsetzung der Vergütung gegenüber dem Versicherungsnehmer.
cc) Auch eine entsprechende Anwendung von § 407 Abs. 2 BGB kommt nicht in Betracht. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts sind Rechtsanwälte nicht deshalb als gutgläubig im Sinne der Norm zu behandeln, weil ihnen anderenfalls die Möglichkeit der Klärung der ihnen zustehenden Gebühren in einem vereinfachten Verfahren verwehrt sei.
(1) Eine Analogie ist nur zulässig, wenn das Gesetz eine planwidrige Regelungslücke enthält und der zu beurteilende Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht so weit mit dem Tatbestand, den der Gesetzgeber geregelt hat, vergleichbar ist, dass angenommen werden kann, der Gesetzgeber wäre bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie bei dem Erlass der herangezogenen Gesetzesvorschrift, zu dem gleichen Abwägungsergebnis gekommen (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 27. Oktober 2022 - IX ZR 145/21, WM 2023, 83 Rn. 13; vom 14. März 2023 - XI ZR 420/21, BGHZ 236, 320 Rn. 33; jeweils mwN). Die Planwidrigkeit muss dabei aufgrund konkreter Umstände positiv festgestellt werden können, weil sonst jedes Schweigen des Gesetzgebers - und das ist der Normalfall, wenn er etwas nicht regeln will - als planwidrige Lücke im Wege der Analogie von den Gerichten ausgefüllt werden könnte (BVerfGE 118, 212, 243; 128, 193, 210; BGH, Urteil vom 14. März 2023, aaO).
(2) Gemessen an diesen Maßstäben fehlen die Voraussetzungen für eine analoge Anwendung des § 407 Abs. 2 BGB.
(a) Es fehlt an einer Regelungslücke in § 407 Abs. 2 BGB. Auch das Berufungsgericht hält die Vorschrift nicht für lückenhaft. Es erblickt eine Lücke im Anwendungsbereich des § 11 RVG, weil nach seiner Ansicht ein Rechtsschutzversicherer auf Antragsgegnerseite nicht Beteiligter eines Verfahrens nach § 11 RVG sein könne und es deshalb für den Rechtsanwalt in diesem Verfahren unmöglich sei, eine Vergütungsfestsetzung (unmittelbar) gegen den Rechtsschutzversicherer zu erreichen. Der Senat kann offenlassen, ob § 11 RVG eine planwidrige Regelungslücke enthält. Sie kann jedenfalls nicht dadurch geschlossen werden, dass der bei Eintritt der Rechtshängigkeit bösgläubige Rechtsanwalt als gutgläubig im Sinne des § 407 Abs. 2 BGB behandelt wird.
§ 407 Abs. 2 BGB erstreckt die Rechtskraft gerichtlicher Entscheidungen, die in einem nach dem Forderungsübergang zwischen Schuldner und Altgläubiger anhängig gewordenen Rechtsstreit ergangen sind, zugunsten des Schuldners auf den neuen Gläubiger, es sei denn, dass der Schuldner den Forderungsübergang bei Eintritt der Rechtshängigkeit gekannt hat. Daraus folgt, dass sich ein bei Eintritt der Rechtshängigkeit bösgläubiger Schuldner gegenüber dem Neugläubiger nicht auf ein ihm günstiges Urteil gegen den Altgläubiger berufen kann. Raum für eine Durchbrechung zugunsten (bestimmter) bösgläubiger Schuldner lässt die - als Ausnahmevorschrift nicht über ihren unmittelbaren Anwendungsbereich hinaus anwendbare (vgl. BGH, Urteil vom 3. Mai 2005 - XI ZR 287/04, BGHZ 163, 59, 63) - Vorschrift nicht.
(b) Da allenfalls § 11 RVG lückenhaft ist, nicht aber § 407 Abs. 2 BGB, kann auch nicht angenommen werden, der Gesetzgeber hätte die Lücke durch eine erweiternde Anwendung des § 407 Abs. 2 BGB geschlossen. Das Gegenteil trifft zu. Die Interessenlage verbietet eine Übertragung des von der Norm vermittelten Schutzes auf den bei Beginn eines rechtsförmlichen Verfahrens bösgläubigen Schuldner.
Das Gesetz ermöglicht Gläubigern in den Grenzen der §§ 399 f BGB eine rechtsgeschäftliche Übertragung einer Forderung ohne Mitwirkung des Schuldners. Auch gesetzlich angeordnete Forderungsübergänge (§ 412 BGB) vollziehen sich, ohne dass der Schuldner einen Beitrag dazu geleistet haben muss. Das Gesetz mutet dem Schuldner grundsätzlich gleichwohl zu, sich mit dem neuen Gläubiger auseinanderzusetzen, obwohl er auf dessen Eintritt in das Schuldverhältnis keinen Einfluss hat. Dabei kann sich der Forderungsübergang vollziehen, ohne dass der Schuldner hiervon Kenntnis erlangt.
Zum Ausgleich erhält das Gesetz dem Schuldner im Falle eines Gläubigerwechsels Einwendungen, die im Zeitpunkt des Forderungsübergangs begründet waren (§ 404 BGB), und bietet die Möglichkeit zur Aufrechnung gegenüber dem neuen Gläubiger mit bestimmten Forderungen gegen den Altgläubiger (§ 406 BGB). Des Weiteren schützt das Gesetz den Schuldner bei Rechtshandlungen in Unkenntnis des Forderungsübergangs. So muss der Neugläubiger eine Leistung des Schuldners an den Altgläubiger sowie die Vornahme jeglicher, in Ansehung der Forderung vorgenommener Rechtsgeschäfte zwischen Schuldner und Altgläubiger gegen sich gelten lassen, wenn der Schuldner bei Leistung oder Vornahme des Rechtsgeschäfts keine Kenntnis von der Abtretung oder dem gesetzlichen Forderungsübergang hatte (§ 407 Abs. 1 BGB). Ist ein Rechtsstreit nach Abtretung oder Forderungsübergang anhängig geworden, muss der Neugläubiger ein rechtskräftiges Urteil gegen sich gelten lassen, es sei denn, dass der Schuldner die Abtretung oder den Forderungsübergang beim Eintritt der Rechtshängigkeit gekannt hat. In den Fällen des § 407 BGB schützt das Gesetz nach seinem Wortlaut nur den im maßgeblichen Zeitpunkt gutgläubigen Schuldner. Sie ist als Schuldnerschutznorm ausgestaltet, die dem Umstand Rechnung trägt, dass sich der Forderungsübergang ohne Wissen des Schuldners vollziehen kann (vgl. BGH, Urteil vom 28. Mai 1969 - V ZR 46/66, BGHZ 52, 150, 152 ff).
Ein bösgläubiger Schuldner ist demgegenüber nicht schutzwürdig; er kann und muss sich mit dem Neugläubiger auseinandersetzen. Es ist auch nicht einzusehen, warum ein Neugläubiger gezwungen sein sollte hinzunehmen, dass der Schuldner einen Streit um die Forderung mit dem Altgläubiger ausficht, obwohl der Schuldner schon bei Beginn der Auseinandersetzung weiß, dass der Altgläubiger nicht mehr Inhaber der Forderung ist und deshalb an dem Ausgang des Rechtsstreits nicht dasselbe Interesse hat wie der Neugläubiger.
Selbst wenn die Annahme zuträfe, dass der Rechtsanwalt wegen des Gläubigerwechsels der Möglichkeit einer Feststellung der Vergütung im privilegierten Verfahren nach § 11 RVG verlustig ginge, rechtfertigte dies keine Rechtskrafterstreckung. Der Schuldner hat die Folgen eines sich ohne sein Zutun vollziehenden Wechsels in der Person des Gläubigers zu tragen, soweit das Gesetz nichts anderes anordnet. Das Gesetz ordnet anderes nur an, soweit der Schuldner bei Einleitung des Verfahrens gutgläubig ist. Der Rechtsanwalt wird hierdurch selbst dann nicht schutzlos gestellt, wenn ihm das Verfahren nach § 11 RVG im Verhältnis zum Rechtsschutzversicherer nicht zur Verfügung steht. Er kann entweder zuwarten, ob der Rechtsschutzversicherer die von diesem behaupteten Ansprüche geltend macht, oder negative Feststellungsklage gegen den Rechtsschutzversicherer erheben.
(c) Überdies steht der Regelungsmechanismus einer entsprechenden Anwendung des § 407 Abs. 2 BGB auf bösgläubige Schuldner entgegen. Die Norm ist als Schutzvorschrift für den Schuldner, der vom Forderungsübergang keine Kenntnis hatte, ausgestaltet. Sie ordnet dementsprechend eine Rechtskrafterstreckung der gerichtlichen Entscheidung nur zugunsten des Schuldners an, nicht aber eine solche zugunsten des Neugläubigers (vgl. BGH, Urteil vom 28. Mai 1969 - V ZR 46/66, BGHZ 52, 150, 152 ff; vom 3. Mai 2005 - XI ZR 287/04, BGHZ 163, 59, 63). Die entsprechende Anwendung, wie sie dem Berufungsgericht vorschwebt, würde der Beklagten gestatten, wissentlich ein Verfahren gegen den falschen Gläubiger zu führen, ohne gegenüber dem richtigen an einen für sie ungünstigen Ausgang gebunden zu sein.
III.
Das Urteil ist danach aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif.
Schultz Weinland Röhl Kunnes Selbmann Vorinstanzen: AG Köln, Entscheidung vom 24.02.2023 - 161 C 333/22 LG Köln, Entscheidung vom 26.09.2024 - 30 S 6/23 - Verkündet am: 12. Juni 2025 Kluckow, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle