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2 StR 649/24

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES StR 649/24 URTEIL vom 27. August 2025 in der Strafsache gegen

1. 2.

wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.

ECLI:DE:BGH:2025:270825U2STR649.24.0 Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 27. August 2025, an der teilgenommen haben:

Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Menges,

die Richter am Bundesgerichtshof Meyberg, Dr. Lutz, Dr. Zimmermann, die Richterin am Bundesgerichtshof Herold,

Bundesanwältin beim Bundesgerichtshof als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,

Rechtsanwalt , Rechtsanwalt als Verteidiger des Angeklagten N.,

Rechtsanwalt als Verteidiger des Angeklagten E.,

Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:

1. Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Erfurt vom 1. Juli 2024 im Einziehungsausspruch a) dahin abgeändert, dass hinsichtlich des Angeklagten N. in den Fällen II.1, II.3, II.5, II.7 und II.8 der Urteilsgründe die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 91.550 Euro angeordnet ist, b) mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit von der Einziehung des Wertes von Taterträgen aa) hinsichtlich beider Angeklagter im Fall II.17 der Urteilsgründe, bb) hinsichtlich des Angeklagten N. in den Fällen II.2, II.4, II.6 und II.9 der Urteilsgründe abgesehen worden ist.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten N. wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in neun Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Anstiftung zur Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge sowie wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Anstiftung zur versuchten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Jahren verurteilt. Den Angeklagten E. hat es des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sechs Fällen, des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Anstiftung zur Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge sowie des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Anstiftung zur versuchten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig befunden und gegen ihn eine Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten verhängt.

Ferner hat die Strafkammer die Einziehung des Wertes von Taterträgen gegen den Angeklagten N. in Höhe von 94.550 Euro und gegen den Angeklagten E. in Höhe von 15.000 Euro angeordnet.

Die Staatsanwaltschaft wendet sich gegen dieses Urteil und rügt die Verletzung materiellen Rechts. Sie beanstandet mit ihren Revisionen, dass das Landgericht rechtsfehlerhaft nicht in allen Fällen eine Einziehung des Wertes der durch die Straftaten erlangten Taterträge angeordnet hat, und macht darüber hinaus – insoweit zugunsten des Angeklagten N. – einen Rechenfehler in Bezug auf die Gesamtsumme des eingezogenen Wertes von Taterträgen geltend. Die Rechtsmittel haben in vollem Umfang Erfolg.

I.

Nach den Feststellungen des Landgerichts erwarb der Angeklagte N. im Zeitraum von Mai 2020 bis Januar 2021 in acht Fällen Methamphetamin in Mengen von 300 Gramm bis zwei Kilogramm sowie in einem Fall 200 Gramm Kokain, um das Rauschgift jeweils gewinnbringend weiterzuveräußern (Fälle II.1 bis II.9 der Urteilsgründe). Im Fall II.8 der Urteilsgründe übernahm er zudem fünf weitere Kilogramm Methamphetamin, die er im Auftrag des Vermittlers des Geschäfts zwischenlagerte und anschließend nach L. verbrachte.

Der Angeklagte E. verkaufte von November 2021 bis April 2022 in sieben Fällen (II.10 bis II.16 der Urteilsgründe) Methamphetamin in Mengen von 50 bis 100 Gramm an verschiedene Abnehmer.

Zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt vor dem 1. März 2023 bestellten die Angeklagten ein Kilogramm Kokain zum gewinnbringenden Verkauf, welches von Mexiko, gleichmäßig verteilt auf vier Paketsendungen, verschickt wurde. Während eine Lieferung durch den Zoll der Vereinigten Staaten von Amerika sichergestellt wurde, gelangten die übrigen drei Pakete zur Auslieferung an den Angeklagten E. (Fall II.17 der Urteilsgründe).

Kurz vor dem 31. März 2023 bestellten die Angeklagten eine größere Menge Methamphetamin zum gewinnbringenden Weiterverkauf. Die wiederum aus Mexiko stammende Lieferung, die 9.402,31 Gramm Methamphetamin enthielt, wurde durch die amerikanischen Behörden sichergestellt. Zu einer Auslieferung der Betäubungsmittel an die Angeklagten kam es nicht (Fall II.18 der Urteilsgründe).

Das Landgericht hat im Rahmen der Einziehungsentscheidungen hinsichtlich der Angeklagten auf das jeweils durch festgestellte Weiterverkäufe „konkret Erlangte“ abgestellt. „Darüber hinaus“ hat die Strafkammer von einer Einziehung abgesehen, „da lediglich die aus dem Abverkauf der Drogen tatsächlich erlangten Erlöse eingezogen werden können, nicht aber der Wert der in Weiterverkaufsabsicht erworbenen Betäubungsmittel angesetzt werden“ dürfe.

II.

Die vom Generalbundesanwalt vertretenen Revisionen haben Erfolg.

1. Die Rechtsmittel sind gemäß § 344 Abs. 1 StPO wirksam auf die Entscheidungen über die Einziehung des Wertes von Taterträgen beschränkt, soweit von einer Einziehung des Wertes von Taterträgen abgesehen worden ist (vgl. BGH, Urteil vom 19. Juli 2023 – 5 StR 36/23, Rn. 6 mwN). Zudem beanstandet die Revisionsführerin – insoweit zu Gunsten des Angeklagten N. – die Einziehungsentscheidung in der ausgesprochenen Höhe. Der Schuldspruch, der Strafausspruch und die Einziehungsentscheidungen in den übrigen Fällen sind vom Rechtsmittelangriff der Beschwerdeführerin hingegen nicht umfasst.

Die Beschränkung der Revisionen ist wirksam, da der angefochtene Teil der Entscheidung losgelöst vom übrigen Urteilsinhalt selbständig geprüft und beurteilt werden kann und die nach dem jeweiligen Teilrechtsmittel stufenweise entstehende Gesamtentscheidung frei von inneren Widersprüchen bleibt (st. Rspr.; BGH, Urteile vom 6. Dezember 2023 – 2 StR 471/22, NZWiSt 2024, 282, 286 Rn. 41, und vom 8. Januar 2025 – 6 StR 241/24, Rn. 5, jew. mwN).

2. Die Rechtsmittel sind begründet.

a) Soweit das Landgericht gegen den Angeklagten N. in den Fällen II.1, II.3, II.5, II.7 und II.8 der Urteilsgründe die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von insgesamt 94.550 Euro angeordnet hat, ist dies zu seinem Nachteil rechnerisch fehlerhaft. Die Summe der von der Einziehung erfassten Beträge beläuft sich tatsächlich nur auf 91.550 Euro. Diesen offensichtlichen Rechenfehler korrigiert der Senat entsprechend § 354 Abs. 1 StPO.

b) Die Einziehungsentscheidung ist zudem rechtsfehlerhaft, soweit das Landgericht von einer Einziehung des Wertes von Taterträgen in den Fällen II.2, II.4, II.6, II.9 und II.17 der Urteilsgründe abgesehen hat. Insoweit hält die dieser Entscheidung zugrundeliegende Beweiswürdigung sachlich-rechtlicher Prüfung nicht stand.

aa) Die Würdigung der Beweise ist Sache des Tatgerichts, dem es obliegt, das Ergebnis der Hauptverhandlung festzustellen und zu würdigen. Die revisionsgerichtliche Überprüfung ist darauf beschränkt, ob dem Tatgericht Rechtsfehler unterlaufen sind. Dies ist in sachlich-rechtlicher Hinsicht der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist, gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt oder wenn das Tatgericht zu hohe Anforderungen an die Überzeugungsbildung gestellt hat. Rechtsfehlerhaft ist es auch, wenn das Tatgericht es versäumt, sich im Urteil mit anderen naheliegenden Möglichkeiten auseinanderzusetzen, und dadurch über schwerwiegende Verdachtsmomente ohne Erörterung hinweggeht (vgl. etwa BGH, Urteil vom 23. Januar 2014 – 3 StR 373/13, Rn. 6 mwN).

bb) Nach diesen Maßstäben ist die Beweiswürdigung des Landgerichts rechtsfehlerhaft, denn sie lässt besorgen, dass das Landgericht zu hohe Anforderungen an die Überzeugungsbildung gestellt und über schwerwiegende Verdachtsmomente ohne Erörterung hinweggegangen ist.

Die Strafkammer hat unter gebotener Würdigung sämtlicher Feststellungen nicht geprüft, ob dem Angeklagten N. im Fall II.4 der Urteilsgründe, in dem sie einen Abverkauf konkret festgestellt hat, Verkaufserlöse zugeflossen sind. Sie hat ferner nicht erörtert, ob – über die konkretisierten Weiterverkäufe hinaus – die zum gewinnbringenden Handel erworbenen Betäubungsmittel in den Fällen II.2, II.6, II.9 und II.17 der Urteilsgründe ebenfalls weiterverkauft worden sind. Angesichts der über einen langen Tatzeitraum erfolgten mehrfachen umfangreichen Ankäufe von Methamphetamin und Kokain innerhalb kurzer Zeitspannen drängte sich hier eine eingehende Erörterung auf, zumal mit Blick darauf, dass die beiden Angeklagten die abgeurteilten Taten als Haupttäter begingen, wohl um sich eine dauerhafte und nicht unerhebliche Einnahmequelle zur Finanzierung eines erheblichen Teils ihres Lebensunterhaltes zu verschaffen. Danach liegt es nahe, dass die Angeklagten die erworbenen Drogen tatzeitnah jeweils (zumindest teilweise) weiterverkauften und – wie auch in den konkretisierten Weiterverkaufsfällen – im Tatzeitraum vereinnahmte Verkaufserlöse entgegennahmen (vgl. auch BGH, Urteil vom 26. November 2008 – 5 StR 425/08, NStZRR 2009, 94).

c) Der Senat hebt insoweit die Feststellungen mit auf, um dem neuen Tatgericht insgesamt widerspruchsfreie Feststellungen zu einer Veräußerung der erworbenen Betäubungsmittel und zur Höhe des dabei erzielten Verkaufserlöses zu ermöglichen. Sollten konkrete Feststellungen hinsichtlich der Höhe der von den Angeklagten vereinnahmten Verkaufserlöse im zweiten Rechtsgang nicht getroffen werden können, ist deren Höhe nach § 73d Abs. 2 StGB zu schätzen

(vgl. BGH, Urteil vom 26. November 2008 – 5 StR 425/08, NStZ-RR 2009, 94; s. auch BGH, Urteil vom 19. Juli 2023 – 5 StR 36/23, Rn. 11). 19 3. Im Übrigen hat die Überprüfung des Urteils im Umfang der Anfechtung keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben (§ 301 StPO).

Menges Meyberg RiBGH Dr. Zimmermann ist wegen Urlaubs gehindert zu signieren.

Menges Herold Lutz Vorinstanz: Landgericht Erfurt, 01.07.2024 - 10 KLs 620 Js 25070/22

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