• Suche
  • Impressum

caselaw.de²

  • caselaw.de²

  • Suche
  • Impressum

  • Suche
  • Filter
  • Ergebnis
  • Entscheidung
Entscheidung
Paragraphen
Original
Teilen

8 W (pat) 22/13

BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 22/13 Verkündet am 20. September 2016

…

BESCHLUSS In der Beschwerdesache betreffend die Patentanmeldung 10 2009 044 636.2 …

hat der 8. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung am 20. September 2016 durch den Vorsitzenden Richter Dipl.-Phys. Dr. phil. nat. Zehendner und die Richter Dr. agr. Huber, Heimen und Dipl.-Ing. Brunn BPatG 154 05.11 beschlossen:

Die Beschwerde der Anmelderin wird zurückgewiesen.

Gründe I.

Die Patentanmeldung mit dem Aktenzeichen 10 2009 044 636.2 wurde am 24. November 2009 unter Inanspruchnahme der Priorität JP2008-299527 mit der Bezeichnung „Nahtaufbau eines Sichtlageteils zum Abdecken eines Fahrzeugsitzes, Verfahren zur Herstellung desselben und Airbagaufbau für einen Fahrzeugsitz“ durch die T… in K… beim Deutschen Patent- und Markenamt angemeldet.

Im Prüfungsverfahren wurden die Druckschriften D1 US 2008/0145604 A1 D2 US 5 669 670 A D3 JP 2001 269 493 A D4 JP 2006 116 059 A D5 JP H07-036 558 Y2 D6 US 6 505 570 B1 D7 JP 2004 188 176 A D8 JP 2005 328 991 A D9 JP H06 29 500 U D10 JP2007 289 284 A berücksichtigt, wovon die D10 schon von der Anmelderin in den ursprünglichen Unterlagen als Stand der Technik genannt wurde.

Die Prüfungsstelle für Klasse B60N hat die Anmeldung in einer Anhörung durch den Beschluss vom 8. April 2013, zugestellt am 12. April 2013, zurückgewiesen, da sich der Gegenstand des Patentanspruchs 1 unter Einbeziehung des Wissens eines einschlägigen Fachmanns in naheliegender Weise aus dem aufgezeigten Stand der Technik ergäbe.

Gegen den Beschluss hat die Anmelderin am 10. Mai 2013 Beschwerde eingelegt und in der Beschwerdebegründung sinngemäß ausgeführt, dass der Gegenstand der geltenden Ansprüche 1 und 2 angesichts der im Verfahren befindlichen Entgegenhaltungen neu sei und auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.

Die Anmelderin beantragt:

den angefochtenen Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse B60N des Deutschen Patent- und Markenamts vom 8. April 2013 aufzuheben und das Patent auf der Grundlage folgender Unterlagen zu erteilen:

Patentansprüche 1 bis 2, eingereicht in der mündlichen Verhandlung, Beschreibungsseiten 1 bis 12, eingereicht in der mündlichen Verhandlung, im Übrigen wie angemeldet.

Der geltende Patentanspruch 1 lautet:

1. Nahtaufbau eines Sichtlageteils (6S) zum Abdecken eines Fahrzeugsitzes, wobei das Sichtlageteil (6S) aus einer Vielzahl von Sichtlagestücken (11,12) gebildet ist, wobei jedes Sichtlagestück (11, 12) ein Oberflächenteil (22) und ein auf das Oberflächenteil (22) laminiertes Kissenteil (24) mit einer Dicke größer oder gleich der Dicke des Oberflächenteils (22) dergestalt aufweist, dass das Oberflächenteil (22) jedes Sichtlagestücks (11, 12)

über das darunter liegende Kissenteil (24) hinausragt, wobei die Vielzahl von Sichtlagestücken (11, 12) an den über die Kissenteile (24) hinausragenden Enden (E) der Oberflächenteile (22) entlang einer Naht (SS) miteinander vernäht sind, und wobei die über die Naht (SS) überstehenden freien Abschnitte der Enden (E) jeweils auf die Rückseite des Kissenteils (24) des zugehörigen Sichtlagestücks (11, 12) umgeschlagen und mit dem zugehörigen Sichtlagestück (11, 12) vernäht sind.

Der geltende nebengeordnete Patentanspruch 2 lautet:

2. Nahtaufbau eines Sichtlageteils (6S) zum Abdecken eines Fahrzeugsitzes, wobei das Sichtlageteil (6S) aus einer Vielzahl von Sichtlagestücken (11, 12) gebildet ist, wobei jedes Sichtlagestück (11, 12) ein Oberflächenteil (22) und ein auf das Oberflächenteil (22) laminiertes Kissenteil (24) mit einer Dicke größer oder gleich der Dicke des Oberflächenteils (22) dergestalt aufweist, dass das Oberflächenteil (22) jedes Sichtlagestücks (11, 12) über das darunter liegende Kissenteil (24) hinausragt, wobei die Vielzahl von Sichtlagestücken (11, 12) an den über die Kissenteile (24) hinausragenden Enden (E) der Oberflächenteile (22) entlang einer Naht (SS) miteinander vernäht sind, und wobei beide über die Naht (SS) überstehenden freien Abschnitte der Enden (E) gemeinsam auf die Rückseite eines Kissenteils (24) eines zugehörigen Sichtlagestücks (12) umgeschlagen und mit dem zugehörigen Sichtlagestück (12) vernäht sind.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Akte verwiesen.

II

1. Die Beschwerde der Anmelderin ist frist- und formgerecht eingereicht und auch im Übrigen zulässig. In der Sache ist sie jedoch unbegründet.

Der Gegenstand der Anmeldung betrifft einen Nahtaufbau eines Sichtlageteils zum Abdecken eines Fahrzeugsitzes. Unter einem Sichtlageteil ist hier ein Bezugsstoffteil zu verstehen, welches zum Abdecken eines Sitzkissens eines Fahrzeugsitzes, das eine Außenform eines Sitzes bildet, dient. Typische Bezugsstoffteile umfassen ein Oberflächenteil, z. B. aus Leder an der Außenseite, ein Kissenteil, das an einer Rückseite des Oberflächenteils angeklebt ist, und ggf. eine Abdeckschicht, die auf der Oberfläche des Oberflächenteils gebildet ist. Bei Nutzung wird das Bezugsstoffteil aufgrund von Bewegungen und Gewichtsdruck eines Insassen Reibung und Druck unterzogen, was insbesondere bei vorstehenden Bereichen des Bezugsteils zu einer teilweisen Zerstörung des Bezugsteils oder zur teilweisen Abschälung der Abdeckschicht dieses Teils führt. Vorstehende Teile des Bezugteils entstehen in den Nahtbereichen, in denen das Bezugsteil aus einer Vielzahl von Sichtlagestücken zusammengenäht wird. Im Nahtbereich wird der Randbereich der Sichtlagestücke nach innen umgeschlagen und aneinandergenäht, wodurch dieser Bereich eine Dicke, die doppelt so groß wie jene des Rests des Sichtlageteils ist, aufweist und vorsteht.

Die D10 beschreibt eine Lösung, um die Dicke der Sichtlagestücke im Randbereich zu verringern, indem eine zusätzliche Naht nur entlang der im Randbereiches überstehenden Endteile der Sichtlagestücke vorgesehen wird, um dadurch das Vorstehen der genähten Teile so weit wie möglich zu verringern, was jedoch aufwendig ist (Absatz [0001] – [0006]).

Mit dem Anmeldegegenstand soll ein Nahtaufbau eines Sichtlageteils zum Abdecken eines Fahrzeugsitzes bereitgestellt werden, bei dem die Dicke der Nähte der zusammengenähten Teile eines Sichtlageteils (bzw. eines Sitzbezuges) mit einfachen Mitteln verringert wird (Absatz [0008]).

Als zuständiger Fachmann ist ein Fachhochschulingenieur mit langjähriger Praxis auf dem Gebiet der Gestaltung und Herstellung von Fahrzeugsitzbezügen zu sehen.

Der geltende Patentanspruch 1 lautet in einer gegliederten Fassung:

a) Nahtaufbau eines Sichtlageteils (6S) zum Abdecken eines Fahrzeugsitzes,

b) Das Sichtlageteil (6S) ist durch Zusammennähen einer Vielzahl von Sichtlagestücken (11, 12) gebildet,

c) Jedes der Sichtlagestücke weist ein Oberflächenteil (22) und ein auf das Oberflächenteil (222) laminiertes Kissenteil (24) auf,

d) Die Dicke des Kissenteils (24) ist größer oder gleich der Dicke des Oberflächenteils (22).

e) Das Oberflächenteils (22) jedes Sichtlagestücken (11, 12) ragt über das darunter liegende Kissenteil hinaus.

f) Die Vielzahl von Sichtlagestücken (11, 12) sind an den über die Kissenteile (24) hinausragenden Enden (E) der Oberflächenteile (22) entlang einer Naht (SS) miteinander vernäht.

g1) Die über die Naht (SS) überstehenden freien Abschnitte der Enden (E) sind jeweils auf die Rückseite des Kissenteils (24) des zugehörigen Sichtlagestücks (11, 12) umgeschlagen und mit dem zugehörigen Sichtlagestück (11, 12) vernäht.

Der geltende, nebengeordnete Anspruch 2 unterscheidet sich vom Anspruch 1 nur durch das alternative Merkmal zum Merkmal g1) des Anspruchs 1:

g2) Die über die Naht (SS) überstehenden freien Abschnitte der Enden (E) sind gemeinsam auf die Rückseite eines Kissenteils (24) eines zugehörigen Sichtlagestücks (11, 12) umgeschlagen und mit dem zugehörigen Sichtlagestück (11, 12) vernäht.

Die Ansprüche bedürfen einer Auslegung:

Die Merkmale a) bis e) beschreiben den Aufbau eines Sichtlageteils zum Abdecken eines Fahrzeugsitzes, wobei unter einem „Sichtlageteil“ ein Sitzbezug zu verstehen ist. Das Sichtlageteil (der Bezug) besteht aus einer Vielzahl an ihren Endteilen (Randbereich) miteinander vernähter Sichtlagestücke, welche jeweils aus einem Oberflächenteil und einem Kissenteil bestehen, wobei das Kissenteil jeweils auf das Oberflächenteil laminiert ist (Merkmale a) bis c)). Ob die Teile dabei ganzflächig oder nur im Randbereich verklebt sind, lässt die Anmeldung offen. Nach Merkmal d) ist die Dicke des Kissenteils (24) größer oder gleich der Dicke des Oberflächenteils (22), während nach Merkmal e) das Oberflächenteil (22) jedes Sichtlagestücks (11, 12) über das darunter liegende Kissenteil hinaus ragt. Entsprechend der Beschreibung wird dies erreicht, indem im Randbereich des Oberflächenteils mindestens ein Teil des Kissenteils wieder entfernt oder das Kissenteil in diesem Bereich nicht auf das Oberflächenteil laminiert wird (Absatz [0009]), wozu das Kissenteil in seiner flächenmäßigen Ausdehnung dann kleiner ist als das Oberflächenteil und somit der Randbereich des Oberflächenteils frei bleibt.

Die Merkmale a) bis e) lassen dabei offen, ob die zu vernähenden Sichtlageteile hinsichtlich Material, Dicke und Aufbau identisch gestaltet sind oder auch voneinander abweichende Teile darstellen können, sofern diese jeweils die Bedingungen der Merkmale c) bis e) erfüllen.

Die Merkmale f) und g1) bzw. g2) beschreiben den in der Erfindung beanspruchten Nahtaufbau, bei dem nach Merkmal f) die Sichtlagestücke an den über die Kissenteile hinausragenden Enden (bzw. dem Randbereich) der Oberflächenteile entlang einer Naht (SS) miteinander vernäht sind, wodurch die Sichtlagestücke nur durch ihre Oberflächenteile miteinander verbunden sind.

In der Beschreibung werden die Buchstaben SS durchgehend in Verbindung mit dem Begriff „genähtes Teil“ verwendet, was im üblichen Sprachgebrauch nicht auf eine Naht schließen lässt. Unter Berücksichtigung der Figuren 1 bis 4 ist im Sinne der Streitanmeldung mit SS jedoch keines der Sichtlagestücke 6S (als ein genähtes Teil), sondern die Naht zur Verbindung der Sichtlagestücke untereinander bzw. der Nahtbereich zu verstehen.

Nach den Merkmalen g1) bzw. g2) werden die über die Naht (SS) überstehenden freien Abschnitte der Enden auf die Rückseite der Kissenteile der Sichtlagestücke umgeschlagen und dort mit den Sichtlagestücken vernäht. Hierbei verlaufen im Gegensatz zur Naht (SS) die Nähte (SEW) daher sowohl durch die Oberflächenteile als auch die Kissenteile (vgl. Figuren 3 und 4).

Die Ansprüche 1 und 2 unterscheiden sich mit ihren Merkmalen g1) bzw. g2) nur in der Art, in der die überstehenden freien Abschnitte der Enden auf die Rückseite der Kissenteile der Sichtlagestücke umgeschlagen und mit den Sichtlagestücken vernäht werden. Dabei entspricht der Gegenstand des Anspruchs 1 der Figur 3 (Merkmal g1) und der Gegenstand des Anspruchs 2 der Figur 4 (Merkmal g2).

3. Ob der Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 im Gegensatz zur Auffassung der Prüfungsstelle gegenüber dem Stand der Technik neu ist (§ 3 PatG), kann dahingestellt bleiben, da sich die technische Lehre für den Fachmann in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt und der geltende Patentanspruch 1 jedenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht, § 4 PatG.

Der aus der D1 bekannte Nahtaufbau für einen Sitzbezug eines Fahrzeugsitzes kommt dem Gegenstand des Patentanspruchs 1 am nächsten, da er alle Merkmale des Oberbegriffs zeigt und sich die D1 ebenfalls mit der Optimierung eines Nahtaufbaus (vgl. Absätze [0003] bis [0007]) beschäftigt. Die D1 bildet daher für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit den geeigneten Ausgangspunkt.

Die D1 zeigt mit den Figuren 3A bis 3E einen Nahtaufbau mit den Merkmalen a) bis f), bei dem beide der zu vernähenden Sichtlagestücke aus zwei Komponenten entsprechend der Merkmale c) bestehen können („…Each of the pieces of skin 1, 1‘ can have a homogenous or stratified structure in several layers….“; Absatz [0021]). Entsprechend der Figuren 3B bis 3E ist die Dicke des Kissenteils größer als die Dicke des Oberflächenteils, wobei das Oberflächenteil jedes Sichtlagestücks auch über das darunter liegende Kissenteil hinausragt (Merkmale d) und e)). Die Sichtlagestücke der D1 sind an den über die Kissenteile hinausragenden Enden der Oberflächenteile entlang einer Naht auch miteinander vernäht (Merkmale f)). In der D1 werden zwar Fahrzeugsitze nicht explizit benannt, entsprechend Absatz [0012] wird als Verwendungszweck der vernähten Bezüge die Abdeckung („covering“) von Innenteilen von Kraftfahrzeugen benannt, worunter auch Fahrzeugsitze fallen. Weiterhin spricht die D1 auch nicht explizit von einem laminierten Schichtmaterial, aber Absatz [0021] („…stratified structure in several layers…“) offenbart dem Fachmann eine derartige Ausgestaltung eindeutig.

Der Nahtaufbau nach D1 unterscheidet sich vom Gegenstand des Anspruchs 1 daher nur darin, dass im Gegensatz zum Merkmal g1) die freien Abschnitte der Enden der Oberflächenteile nur auf ihre eigene Rückseite und nicht auf die Rückseite der Kissenteile umgeschlagen werden und daher mit dem zugehörigen Sichtlagestück nur soweit vernäht werden, als das auf Oberflächenteil laminierte Kissenteil nicht im Bereich dieser Naht liegt (Fig. 2E, Anspruch 10, Absatz [0032]). Ein Umschlagen der freien Enden entsprechend dem Merkmal g2) ist der D1 auch nicht zu entnehmen.

Die D1 zeigt daher nicht die Merkmale g1) und g2).

Der Kern der D1 liegt zwar in der Verbindung zweier im Aufbau unterschiedlicher Sichtlagestücke (Absätze [0003] und [0004]). Deswegen führt die D1 den Fachmann jedoch nicht, wie von der Anmelderin vorgetragen, von der Erfindung weg. Die D1 lehrt dem Fachmann, wie er unterschiedlich aufgebaute Sichtlagestücke miteinander vernähen kann. Eingeschlossenen in diese Lehre sind auch die vorbereitenden Schritte zur Bearbeitung der Endbereiche der zu vernähenden Einzelteile (vgl. Figur 3A und 3B). Der Gegenstand der Streitanmeldung betrifft jedoch nur einen Nahtaufbau. Wie und ob die Vielzahl der Sichtlagestücke nach dem Gegenstand des Anspruchs 1 vorbereitet werden und ob die zu vernähenden Sichtlagestücke einen identischen Aufbau aufweisen, lässt der geltende Anspruch 1 offen. Dementsprechend weisen die zu vernähenden Teile der D1 entsprechend der Figuren 3C bis 3E auch die Merkmale c) bis e) auf.

Als nachteilig ist an einem entsprechenden Nahtaufbau der D1 mit mindestens einem mehrschichtigen Sichtlagestück (vgl. Figuren 3A bis 3F) anzusehen, dass durch das Umschlagen der über die Naht überstehenden freien Abschnitte der Enden des Oberflächenteile nur auf die Rückseite der Oberteile im Nahtbereich kein Kissenteil vorhanden ist. Dadurch steht der Nahtbereich des fertigen Sitzbezuges zwar über dessen Oberfläche nicht über, durch die fehlende Dicke des Kissenteils im Nahtbereich können dort aber rinnenartige Vertiefungen in der Oberfläche des Fahrzeugsitzes entstehen, die optisch und haptisch als störend empfunden werden können und darüber hinaus nun an der Kante bzw. im Übergangsbereich zwischen dem Bereich mit Kissenpolster und der rinnenartige Vertiefungen ohne Kissenpolster zu ähnlichen Abnutzungen führen können wie bei einem überstehenden Nahtbereich.

In Anbetracht dessen ist der Fachmann dazu veranlasst, nach alternativen Möglichkeiten suchen, den Nahtbereich von genähten Sitzbezügen ohne eine rinnenartige Vertiefung so zu gestalten, dass einerseits die Gefahr einer Oberflächenab- nutzung minimiert und andererseits durch ein vom Kissenteil gebildetes, durchgehendes (d. h. nicht unterbrochenes) Sitzpolster der Sitzkomfort erhöht wird.

Für den Fachmann drängt sich bei dieser Problematik die Maßnahme auf, die in der D1 gezeigten Enden der Oberflächenteile so weit wie möglich umzuschlagen und die Sichtlagestücke so dicht wie möglich an den Enden der Kissenteile miteinander zu vernähen, um keine rinnenartige Vertiefung im Nahtbereich entstehen zu lassen. Dem Fachmann ist es nämlich geläufig, dass zur Vermeidung problematischer Abnutzungserscheinungen von Sitzpolstern diese möglichst eben und ohne Kanten zu gestalten, die entweder durch überstehende Nähte oder die Randbereich von rinnen- oder muldenförmigen Vertiefungen gebildet werden können.

Die dafür erforderliche Maßnahme, die entsprechend des Merkmals g1) über die Naht überstehenden freien Abschnitte der Enden der Oberflächenteile auf der Rückseite des Kissenteils des zugehörigen Sichtlagestücks umzuschlagen und im Bereich des Kissenteils mit dem zugehörigen Sichtlagestück zu vernähen, ist dem Fachmann dabei zum Beispiel aus dem Stand der Technik nach der D3 (Figuren 5a bis 5c) oder der D10 bekannt.

Die Anmelderin führt dazu aus, weder die D1 noch die D10 würden aufgrund ihrer jeweils anders gelagerten Aufgabenstellung, die bei der D1 in der Verbesserung der ästhetischen Erscheinung und der Regelmäßigkeit einer Verbindungsnaht zweier unterschiedlicher Sichtlagestücke und bei der D3 in einer besonders hervorgehobenen Verbindungsnaht zu sehen sind, dem Fachmann einen Hinweis darauf geben, dass durch eine verbesserte Nahtgestaltung eine bessere Haltbarkeit der Naht durch Vermeidung von Abnutzungserscheinungen zu erzielen wäre.

Dieser Argumentation vermag der Senat nicht zu folgen. Die Aufgabenstellung der D1 liegt zwar in erster Linie darin, zwei ggf. unterschiedliche Sichtlagestücke gut verbinden zu können, allerdings liegt der Fokus der D1 analog zur Streitanmel- dung auch darin, die ästhetischen Erscheinung und die Regelmäßigkeit der Verbindungsnaht zu verbessern. Dabei gibt schon die D1 dem Fachmann den Hinweis, dass es für diese Zielstellung förderlich ist, die Randbereiche beider Sichtlagestücke hinsichtlich Dicke bzw. Steifigkeit so zu gestalten, dass diese nach dem Umklappen der Faltkanten 2 einen konstanten Krümmungsradius beider Faltkanten und damit eine gleiche Dicke im Nahtbereich aufweisen (Absatz [0024]), was zur Vermeidung von überstehenden Nahtbereichen führt. Daher zeigt die D1 dem Fachmann schon einen Weg auf, zur Verbesserung der ästhetischen Erscheinung und damit zur Vermeidung von Abnutzungen oder Diskontinuitäten eine möglichst ebene Nahtgestaltung ohne Überstände oder Vertiefungen anzustreben.

Die D3 lehrt eine zur D1 alternative Gestaltung des Nahtaufbaus, indem jedes Einzelteil zwar auch ein Oberflächenteil und ein Kissenteil aufweist, die im Randbereich durch eine Naht verbunden sind und bei denen die Dicke des Kissenteils größer als die Dicke des Oberflächenteils ist. Die über die Naht überstehenden freien Abschnitte der Sichtlagestücke werden ebenfalls auf die Rückseite des zugehörigen Sichtlagestücks umgeschlagen und mit dem jeweiligen Sichtlagestück vernäht. Dadurch ist auch im Nahtbereich das Kissenteil vorhanden, was zu einem durchgehenden Sitzpolster und zur Vermeidung des bei dem Nahtaufbau nach D1 bestehenden Nachteils führt. Allerdings ragt im Gegensatz zur D1 das Oberflächenteil nicht über das Kissenteil hinaus, so dass durch die umgeschlagenen Endteile mit Oberflächen- und Kissenteil der Nahtbereich gegenüber den Sichtlagestücken eine doppelte Dicke aufweist, was wiederum zu problematischen Abnutzungserscheinungen der Oberfläche im Nahtbereich führen kann.

Angesichts der Problematik der D1 war der Fachmann in Kenntnis der D3 dazu veranlasst, die jeweiligen Vorteile des in der D1 bzw. D3 offenbarten Nahtaufbaus miteinander zu verbinden, in dem er ausgehend von dem Nahtaufbau nach D1 die Gestaltung der Sichtlagestücke mit den über das Kissenteil hinausragenden Oberflächenteilen beibehält und diese auch wie nach D1 nur an den über die Kissenteile hinausragenden Enden der Oberflächenteile miteinander vernäht. Für den Fachmann war es dabei naheliegend, im Gegensatz zur D1 (Figur 3d und 3e) die Naht ähnlich wie in der D1, Figur 3c gezeigt möglichst nahe an die Kissenteile zu legen und die über die Naht überstehenden freien Endteile soweit auf die Rückseiten der Sichtlagestücke umzuklappen, dass die Kissenteile, wie in der D3 offenbart, ohne nennenswerten Zwischenraum aneinander liegen, wozu die Endteile nahezu vollständig auf die Rückseiten der Kissenteile umgeschlagen und mit den Kissenteilen vernäht werden müssen.

In einer derartigen Übertragung der aus der D3 bekannten Anordnung der Kissenteile im Nahtbereich auf einen aus der D1 bekannten Nahtaufbau ist daher keine erfinderische Tätigkeit, sondern nur eine dem Fachmann im Rahmen seines Fachwissens- und Fachkönnens mögliche Modifikation zu sehen, ohne dass dieser hätte erfinderisch tätig werden müssen.

Somit gelangt der Fachmann, ausgehend von der D1 unter Berücksichtigung der D3 und seines Fachwissens- und Fachkönnens in naheliegender Weise zum Gegenstand des Patentanspruchs 1.

Die alternative Ausgestaltung des Nahtaufbaus entsprechend dem Gegenstand des Anspruchs 2 lag dabei im Griffbereich des Durchschnittsfachmanns, dem beide Ausgestaltungsmöglichkeiten entsprechend der Merkmale g1) und g2) aus dem Stand der Technik der D3 als gleichwertige Lösungen bekannt sind, die der Fachmann je nach speziellen Anforderungen auswählen und anwenden kann.

Die Beschwerde war daher zurückzuweisen.

Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr ist nicht anzuordnen. Die Entscheidung über die Rückzahlung der Beschwerdegebühr gemäß § 80 Abs. 3 PatG bestimmt sich nach billigem Ermessen. Es müssen Umstände vorliegen, die es unbillig erscheinen lassen, die Beschwerdegebühr einzubehalten (vgl. Schulte, Patentgesetz, 9. Aufl., § 73, Rdn. 131, Busse, Patentgesetz, 7. Aufl., § 80, Rn. 90). Eine Rückzahlung der Beschwerdegebühr aus Billigkeitsgesichtspunkten ist allerdings nicht bereits bei Vorliegen von einfachen Verfahrensfehlern, nicht schwerwiegenden Fehler in der Sachbehandlung oder bloß fehlerhafter Rechtsanwendung anzuordnen. Solche Gründe, die vorliegend eine Rückzahlung der Beschwerdegebühr aus Billigkeitsgesichtspunkten gerechtfertigt erscheinen lassen, sind nicht vorgetragen worden und auch sonst nicht ersichtlich.

III.

Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss steht dem am Beschwerdeverfahren Beteiligten das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass

1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, 2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, 3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, 4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat, 5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder 6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.

Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich einzulegen.

Dr. Zehendner Dr. Huber Heimen Brunn Pr

Wir stellen das Dokument etwas schmaler dar, um die Lesbarkeit zu erhöhen.

Bitte nutzen Sie nur das Original für den Druck des Dokuments.

Werbung

Urheber dieses Dokuments ist das Bundespatentgericht. Nach § 5 UrhG geniessen Entscheidungen und Gesetze keinen urheberrechtlichen Schutz. Auflagen des Gerichts können aber die kommerzielle Verwertung einschränken. In Anlehnung an Creative Commons Lizenzen ist die Nutzung mit einer CC BY-NC-SA 3.0 DE Lizenz vergleichbar. Bitte beachten Sie, dass diese Entscheidung urheberrechtlich geschützte Abbildungen enthalten kann. Vor einer Nutzung - über die reine Wiedergabe der Entscheidung hinaus - sind in solchen Fällen entsprechende Nutzungsrechte bei den jeweiligen Rechteinhabern einzuholen.

▲ Anfang

Paragraphen in 8 W (pat) 22/13

Sortiert nach der Häufigkeit
Häufigkeit Paragraph
1 3 PatG
1 4 PatG
1 80 PatG

Die aufgeführten Paragraphen wurden durch eine ausgeklügelte Software ermittelt.

Bitte haben Sie dafür Verständnis, dass dabei auch falsche Kombinationen aus Paragraph und Gesetz ermittelt werden können.

Sollte ein Gesetz in Gänze übersehen worden sein, dann teilen Sie uns diesen Umstand bitte mit.

Sortiert nach dem Alphabet
Häufigkeit Paragraph
1 3 PatG
1 4 PatG
1 80 PatG

Original von 8 W (pat) 22/13

Der nachfolgende Link führt Sie zum originalen Dokument. Aufgrund der technischen Natur des Internets ist es möglich, dass der Link zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr gültig ist. Bitte haben Sie dafür Verständnis, dass wir nicht alle Links einer ständigen Prüfung unterziehen können.

Öffnen

Bitte nutzen Sie möglichst das Original für den Druck des Dokuments.

Teilen von 8 W (pat) 22/13

Wenn Sie in einer E-Mail auf diese Entscheidung hinweisen möchten, dann können Sie diese komfortabel erstellen lassen, wenn Ihr Mail-Programm diese Option unterstützt. Alternativ können Sie den nachfolgenden Link in Ihre E-Mails und Webseiten einbauen:

Bitte nutzen Sie den Link in sozialen Netzwerken wie Facebook oder Google+.

Das ist ein wirksames Mittel um mehr Menschen auf unsere Dienste aufmerksam zu machen.

Eine Dienstleistung von caselaw.de | Diese Datensammlung unterliegt der Creative Commons Lizenz CC BY-NC-SA 3.0 DE | Impressum