IX ZR 244/22
BUNDESGERICHTSHOF IX ZR 244/22 IM NAMEN DES VOLKES URTEIL Nachschlagewerk: ja BGHZ:
nein BGHR:
ja JNEU:
nein in dem Rechtsstreit InsO § 142 aF; BGB § 546a Abs. 1 Fall 1 Zahlt der Mieter nach wirksamer Kündigung des Mietvertrags für die Dauer der Vorenthaltung der Mietsache die vereinbarte Miete, kommt die Annahme eines Bargeschäfts in Betracht.
BGH, Urteil vom 17. Oktober 2024 - IX ZR 244/22 - KG Berlin LG Berlin ECLI:DE:BGH:2024:171024UIXZR244.22.0 Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 17. Oktober 2024 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Schoppmeyer, die Richter Röhl, Dr. Schultz, Weinland und Kunnes für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel des Beklagten werden das Urteil des 14. Zivilsenats des Kammergerichts vom 9. Dezember 2022 aufgehoben und das Urteil der Zivilkammer 45 des Landgerichts Berlin vom 26. Oktober 2021 abgeändert. Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen Tatbestand:
Der Kläger ist Verwalter in dem auf Eigenantrag vom 24. November 2015 am 12. Februar 2016 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der B. GmbH (im Folgenden: Schuldnerin). Er verlangt von dem Beklagten unter dem Gesichtspunkt der Insolvenzanfechtung die Rückgewähr von zehn Zahlungen in Höhe von insgesamt 101.487,40 €, welche die Schuldnerin monatlich als Mieten nach Kündigung des zugrundeliegenden Mietvertrags in der Zeit zwischen dem 10. Februar und dem 10. November 2015 an den Beklagten gezahlt hat. Der Beklagte hat hilfsweise die Aufrechnung erklärt mit Ansprüchen in Höhe von insgesamt 29.353,37 € auf Zahlung von Miete oder Nutzungsentschädigung einerseits und aus § 170 Abs. 1 Satz 2 InsO andererseits.
Gegenstand des Mietvertrags zwischen der Schuldnerin als Mieterin und dem Beklagten als Vermieter war eine Gewerbeimmobilie, in der die Schuldnerin zuletzt ein Restaurant betrieb und von der sie einen Teil untervermietete. Nach dem Vertrag war die Zahlung der Miete bis spätestens am dritten Werktag eines jeden Monats geschuldet. Außerdem war vereinbart, dass die Schuldnerin bestimmte Betriebs- und Nebenkosten (u.a. die Kosten der Wasserversorgung, die Entwässerungskosten, die Grundsteuer und die Müllabfuhr) direkt gegenüber dem entsprechenden Gläubiger zu tragen hatte.
Mit Schreiben vom 19. Dezember 2013 kündigte der Beklagte den Mietvertrag ordentlich zum 30. Juni 2014. Weitere Kündigungen folgten. Die Schuldnerin und der Beklagte stritten über die Wirksamkeit der Kündigungen. Der Beklagte erhob eine Räumungsklage gegen die Schuldnerin, die er im ersten Rechtszug verlor und im zweiten gewann. Die Schuldnerin erhob Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Berufungsgerichts. Das Verfahren vor dem Bundesgerichtshof wurde durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin unterbrochen. Die Immobilie wurde im Zuge einer im Juni 2016 zwischen dem Kläger, dem Beklagten und der neuen Mieterin getroffenen Vereinbarung an den Beklagten zurückgegeben.
Die im Mietvertrag vorgesehene direkte Entrichtung von Betriebs- und Nebenkosten nahm die Schuldnerin ab Dezember 2014 nicht mehr vor. Der dadurch entstandene Zahlungsrückstand betrug 3.606,24 € im Dezember 2014 und 10.958,18 € im Mai 2015. Im Februar 2016 war der Rückstand auf 16.722,36 € angewachsen. Die angefochtenen Mietzahlungen für die Monate Februar bis November 2015 leistete Schuldnerin jeweils einige (höchstens elf) Tage nach dem im Mietvertrag vereinbarten Zeitpunkt.
Das Landgericht hat die streitgegenständlichen Anfechtungsansprüche auf der Grundlage von § 143 Abs. 1, § 133 Abs. 1, § 129 Abs. 1 InsO für begründet gehalten. Die Hilfsaufrechnung des Beklagten hat wegen des Anspruchs auf Zahlung von Miete oder Nutzungsentschädigung (10.594,96 €) Erfolg gehabt. Den hilfsweise zur Aufrechnung gestellten Anspruch aus § 170 Abs. 1 Satz 2 InsO (18.758,41 €) hat das Landgericht für unbegründet gehalten. Die Berufung des Beklagten hat keinen Erfolg gehabt. Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision will der Beklagte weiterhin die vollständige Abweisung der Klage erreichen.
Entscheidungsgründe:
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils, zur Abänderung der Entscheidung des Landgerichts und zur Abweisung der Klage.
I.
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, das Landgericht habe mit im Wesentlichen zutreffenden Ausführungen den dem Kläger zustehenden Zahlungsanspruch gemäß §§ 143, 129, 133 Abs. 1 aF InsO (Art. 103j EGInsO) bejaht und eine aufrechenbare Forderung aus § 170 Abs. 1 Satz 2 InsO verneint.
Die Schuldnerin habe mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz gehandelt, weil sie im Zeitpunkt der angefochtenen Zahlungen von Februar bis November 2015 wegen Zahlungseinstellung zumindest gegenüber dem Beklagten und insoweit auch für ihn erkennbar zahlungsunfähig gewesen sei. Nicht erforderlich sei, dass die Schuldnerin auch bei optimistischer Prognose gewusst habe, ihre weiteren Gläubiger künftig nicht befriedigen zu können. Die diesbezügliche Neuausrichtung der Rechtsprechung betreffe die (drohende) Zahlungsunfähigkeit bei kongruenten Leistungen und erfordere, wenn zu der Prognose nichts vorgetragen werde, weitere Indizien für die Annahme des Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes. Diese Indizien lägen vor.
Ein Bargeschäft schließe die Vorsatzanfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO aF schon nach dem Wortlaut des § 142 InsO aF nicht aus. Allerdings seien die kongruenten Mietzahlungen in bargeschäftsähnlicher Lage und Zug um Zug gegen die zur Fortsetzung des Geschäftsbetriebs unentbehrliche entgeltliche Nutzungsüberlassung der Räume, die den Gläubigern im Allgemeinen genutzt habe, erfolgt. Dies habe indiziell - auch aus der Sicht des Beklagten - gegen den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz sprechen können. Dem stehe jedoch entgegen, dass die Schuldnerin ab Dezember 2014 ihrer Verpflichtung zur (direkten) Abführung der Betriebs- und Nebenkosten nicht mehr nachgekommen sei und insoweit eine Zahlungseinstellung vorgelegen habe. Da die Nebenkostenvorauszahlungen Teil der Mietzahlungs-/Nutzungsentschädigungsverpflichtung gewesen seien und die Schuldnerin zur Fortführung ihres Geschäftsbetriebs zwingend auf die Nutzung der Gewerbeimmobilie angewiesen gewesen sei, rechtfertige sich der Schluss auf die von der Schuldnerin erkannte Zahlungsunfähigkeit und auch trotz der bargeschäftsähnlichen Lage auf ihren Gläubigerbenachteiligungsvorsatz. Die Nichtzahlung der Betriebs- und Nebenkosten sei auch in Anbetracht des laufenden Räumungsrechtsstreits unverständlich. Bei bestehender Zahlungsfähigkeit hätte es nahegelegen, die Betriebs- und Nebenkosten zu zahlen, um dem Beklagten nicht weitere Kündigungsgründe zu bieten.
II.
Das hält rechtlicher Prüfung nicht stand. Die streitgegenständlichen Zahlungen sind nicht nach § 133 Abs. 1 InsO in der auf den Streitfall anwendbaren (Art. 103j Abs. 1 EGInsO) bis zum 4. April 2017 geltenden Fassung anfechtbar. Auch andere Anfechtungstatbestände sind nicht verwirklicht. Da die Klage unbegründet ist, kommt es auf die vom Beklagten erklärten Hilfsaufrechnungen nicht an.
1. Die streitgegenständlichen Zahlungen sind nicht nach § 133 Abs. 1 InsO anfechtbar. Die Schuldnerin hat nicht mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz gehandelt. Auf die weiteren Voraussetzungen des Anfechtungstatbestands kommt es nicht mehr an.
a) Der Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners ist eine innere, dem Beweis nur eingeschränkt zugängliche Tatsache. Er kann daher in aller Regel nur mittelbar aus objektiven (Hilfs-)Tatsachen hergeleitet werden. Es ist Aufgabe des Tatrichters, die ihm unterbreiteten Hilfstatsachen auf der Grundlage des Gesamtergebnisses der mündlichen Verhandlung und einer etwaigen Beweisaufnahme umfassend und widerspruchsfrei zu würdigen. Dabei hat er die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu den für und gegen den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz sprechenden Beweisanzeichen zu berücksichtigen. Die einzelnen Beweisanzeichen dürfen dabei nicht schematisch angewandt werden (BGH, Urteil vom 6. Mai 2021 - IX ZR 72/20, BGHZ 230, 28 Rn. 11 f mwN; st. Rspr.).
b) Diesen Anforderungen genügt die Entscheidung des Berufungsgerichts nicht.
aa) Beweisanzeichen, die den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz begründen könnten, lassen sich den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht entnehmen.
(1) Zu den Beweisanzeichen, die für die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung und damit auch für den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners sprechen, zählt die erkannte Zahlungsunfähigkeit. Kennt der Schuldner seine Zahlungsunfähigkeit, weiß er, dass sein Vermögen nicht ausreicht, um sämtliche Gläubiger zu befriedigen. Begleicht der Schuldner in dieser Lage Forderungen einzelner Gläubiger, kann dies auch und insbesondere im Falle der Gewährung einer kongruenten Deckung dafür sprechen, dass er zumindest billigend die Benachteiligung anderer Gläubiger in Kauf nimmt. Die Gewährung einer inkongruenten Deckung ist ein eigenständiges Beweisanzeichen. Dieses ist schon dann zu berücksichtigen, wenn die Wirkungen der Rechtshandlung zu einem Zeitpunkt eintraten, als zumindest aus der Sicht des Empfängers der Leistung Anlass bestand, an der Liquidität des Schuldners zu zweifeln (vgl. BGH, Urteil vom 6. Mai 2021 - IX ZR 72/20, BGHZ 230, 28 Rn. 32 mwN).
Der Schluss allein von der erkannten Zahlungsunfähigkeit auf den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz fügt sich im Falle der Gewährung einer kongruenten Deckung nicht ohne Bruch in die Systematik der Anfechtungstatbestände ein. Entsprechendes gilt für die Systematik des § 133 InsO selbst. Die Annahme der subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung allein aufgrund erkannter Zahlungsunfähigkeit lässt vor diesem Hintergrund einen entsprechenden Willen des Gesetzgebers zweifelhaft erscheinen. Es kommt hinzu, dass die erkannte Zahlungsunfähigkeit für sich genommen in einer nicht zu vernachlässigenden Zahl der Fälle nicht mit hinreichender Gewissheit (§ 286 ZPO) auf die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung schließen lässt. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Schuldner aus der maßgeblichen Sicht ex ante trotz eingetretener Zahlungsunfähigkeit berechtigterweise davon ausgehen durfte, noch alle seine Gläubiger befriedigen zu können. Das hat der Senat mit Grundsatzurteil vom 6. Mai 2021 (IX ZR 72/20, BGHZ 230, 28 Rn. 30 ff) näher begründet.
Der Senat hat deshalb entschieden, dass im Falle der Gewährung einer kongruenten Deckung nicht mehr allein von der erkannten Zahlungsunfähigkeit auf den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz geschlossen werden kann. Ist der Schuldner im Zeitpunkt der angefochtenen Rechtshandlung erkanntermaßen zahlungsunfähig, kommt es vielmehr zusätzlich darauf an, ob er wusste oder jedenfalls billigend in Kauf nahm, seine anderen Gläubiger auch zu einem späteren Zeitpunkt nicht vollständig befriedigen zu können (BGH, Urteil vom 6. Mai 2021 - IX ZR 72/20, BGHZ 230, 28 Rn. 31).
(2) Das Berufungsgericht ist von einer Zahlungseinstellung der Schuldnerin ausgegangen. Es fehlt jedoch an Tatsachen, aus denen geschlossen werden könnte, dass die Schuldnerin zumindest billigend in Kauf nahm, ihre anderen Gläubiger auch zu einem späteren Zeitpunkt nicht vollständig befriedigen zu können.
Das Berufungsgericht hat nicht für erforderlich gehalten, dass die Schuldnerin auch bei optimistischer Prognose wusste, ihre anderen Gläubiger auch künftig nicht befriedigen zu können. Dies hat es damit begründet, dass weitere Indizien die Annahme des Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes begründeten. Das beruht auf einem unrichtigen Verständnis der Neuausrichtung der Rechtsprechung zur Vorsatzanfechtung.
Das Berufungsgericht ist mit Recht davon ausgegangen, dass es sich bei den angefochtenen Mietzahlungen um kongruente Deckungshandlungen handelte. Der Beklagte konnte die Zahlungen unabhängig von der Wirksamkeit der ausgesprochenen Kündigungen beanspruchen. Waren die Kündigungen unwirksam, ergab sich der Anspruch des Beklagten aus dem fortbestehenden Mietvertrag. War der Mietvertrag beendet, konnte der Beklagte die Zahlungen nach § 546a Abs. 1 Fall 1 BGB beanspruchen.
Da es sich um kongruente Deckungshandlungen handelte, reichte die erkannte Zahlungsunfähigkeit im Zeitpunkt der angefochtenen Rechtshandlungen zur Annahme des Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes nicht aus. Zwar kann die im Moment der angefochtenen Rechtshandlung bestehende Deckungslücke zwischen dem liquiden Vermögen des Schuldners und seinen Verbindlichkeiten von Bedeutung auch für die zu gewinnende Überzeugung sein, dass der Schuldner wusste oder jedenfalls billigend in Kauf nahm, seine anderen Gläubiger auch zu einem späteren Zeitpunkt nicht vollständig befriedigen zu können (vgl. BGH, Urteil vom 6. Mai 2021 - IX ZR 72/20, BGHZ 230, 28 Rn. 46; vom 18. April 2024 - IX ZR 239/22, NZI 2024, 537 Rn. 18). Eine solche Deckungslücke kann aber in der Regel nicht allein aus den zur Begründung einer Zahlungseinstellung herangezogenen Verbindlichkeiten des Schuldners abgeleitet werden (BGH, Urteil vom 18. April 2024, aaO Rn. 20 ff). Anderes lässt sich den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen nicht entnehmen (vgl. BGH, Urteil vom 18. April 2024, aaO Rn. 22).
bb) Die angefochtenen Zahlungen sind jedenfalls in bargeschäftsähnlicher Lage erfolgt, was der Annahme eines Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes entgegensteht.
(1) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 133 Abs. 1 InsO aF, die nach der Neuausrichtung der Rechtsprechung zur Vorsatzanfechtung fortgilt, kann der Schuldner in Fällen kongruenter Leistungen trotz der Indizwirkung einer erkannten Zahlungsunfähigkeit nicht mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz handeln, wenn er seine Leistung Zug um Zug gegen eine zur Fortführung seines Unternehmens unentbehrliche Gegenleistung erbracht hat, die den Gläubigern im Allgemeinen nutzt (bargeschäftsähnliche Lage; vgl. BGH, Urteil vom 3. März 2022 - IX ZR 78/20, BGHZ 233, 70 Rn. 46 mwN).
Die bargeschäftsähnliche Lage findet ihre Grundlage in den Regeln des Bargeschäfts nach § 142 InsO aF. Fehlt es an einer bargeschäftlichen Abwicklung, besteht auch keine bargeschäftsähnliche Lage. Umgekehrt kann es trotz bargeschäftlicher Abwicklung an einer bargeschäftsähnlichen Lage fehlen, weil diese gegenüber einem Bargeschäft nach § 142 InsO aF engere Voraussetzungen aufweist. Die im Wege bargeschäftlicher Abwicklung in das Vermögen des Schuldners gelangende Gegenleistung muss über die Anforderungen des § 142 InsO aF hinaus zur Fortführung des Unternehmens unentbehrlich sein und den Gläubigern im Allgemeinen nutzen (vgl. BGH, Urteil vom 3. März 2022 - IX ZR 78/20, BGHZ 233, 70 Rn. 46 mwN).
(2) Im Streitfall sind die Voraussetzungen eines Bargeschäfts gegeben. Zudem hat das Berufungsgericht mit Recht angenommen, dass die angefochtenen Zahlungen zur Abgeltung der weiteren Nutzung der Gewerbeimmobilie erfolgten, die zur Fortführung des Unternehmens der Schuldnerin, dem Betrieb des Restaurants und der Untervermietung, unentbehrlich war und den Gläubigern im Allgemeinen nutzte.
(a) Der Annahme einer bargeschäftlichen Abwicklung steht nicht entgegen, dass der Mietvertrag in den Zeitpunkten der angefochtenen Zahlungen wirksam gekündigt gewesen und die Zahlungen demzufolge eine gemäß § 546a Abs. 1 Fall 1 BGB geschuldete Nutzungsentschädigung gewesen sein könnte.
Eine Bardeckung ist eine Leistung des Schuldners, für die unmittelbar eine gleichwertige Gegenleistung in das Schuldnervermögen gelangt ist. Durch die Worte "für die" wird ausgedrückt, dass eine Bardeckung nur vorliegt, wenn Leistung und Gegenleistung durch Parteivereinbarung miteinander verknüpft sind. Nur eine der Parteivereinbarung entsprechende Leistung ist kongruent und geeignet, den Bargeschäftseinwand auszufüllen (BGH, Urteil vom 10. Juli 2014 - IX 192/13, BGHZ 202, 59 Rn. 10 mwN).
Die angefochtenen Zahlungen wären ohne Zweifel durch eine Parteivereinbarung mit der Nutzung der Gewerbeimmobilie verknüpft, wenn die vom Beklagten ausgesprochenen Kündigungen des zugrundeliegenden Mietvertrags unwirksam waren. Dann wäre der Beklagte verpflichtet gewesen, der Schuldnerin den Gebrauch an der Gewerbeimmobilie zu gewähren (§ 535 Abs. 1 Satz 1 BGB). Die Schuldnerin wäre verpflichtet gewesen, die vereinbarte Miete zu entrichten (§ 535 Abs. 2 BGB). Gebrauchsüberlassung und Zahlungspflicht wären durch den weiterhin wirksamen Mietvertrag miteinander verknüpft gewesen.
Durch eine (unterstellt) wirksame Kündigung entfällt die zur Annahme eines Bargeschäfts notwendige Verknüpfung von Leistung und Gegenleistung nicht. Die dann bestehende Pflicht der Schuldnerin, für die Dauer der Vorenthaltung der Immobilie die vereinbarte Miete zu bezahlen (§ 546a Abs. 1 Fall 1 BGB), findet hinreichenden Ausdruck in der ursprünglich getroffenen Parteivereinbarung. Die Regelungen des § 546a BGB sind grundsätzlich abdingbar (vgl. BeckOGK-BGB/Zehelein, 2024, § 546a Rn. 113; MünchKomm-BGB/Bieber, 9. Aufl., § 546a Rn. 25; Schmidt-Futterer/Streyl, Mietrecht, 16. Aufl., § 546a Rn. 108; vgl. auch BGH, Urteil vom 7. Januar 2004 - VIII ZR 103/03, NJW-RR 2004, 558, 559 f). Treffen die Parteien des Mietvertrags keine von § 546a BGB abweichenden Regelungen, beziehen sie stillschweigend eine Abwicklung des gekündigten Mietverhältnisses nach Maßgabe des § 546a BGB in ihre Vereinbarung ein. Die Abwicklung beruht insoweit auf der getroffenen Vereinbarung. Dem entspricht es, dass der Anspruch aus § 546a Abs. 1 BGB vertragsähnlicher Natur ist. Er gewährt einen Ausgleich dafür, dass der Mieter die Nutzungsmöglichkeit der Mieträume nach Beendigung des Mietverhältnisses weiterhin für sich in Anspruch nimmt. Der Entschädigungsanspruch tritt daher im Rahmen des Abwicklungsschuldverhältnisses als vertraglicher Anspruch eigener Art an die Stelle des Anspruchs auf die Miete (vgl. BGH, Urteil vom 23. Juli 2003 - XII ZR 16/00, NZM 2003, 871, 872; vom 27. Mai 2015 - XII ZR 66/13, NZM 2015, 695 Rn. 15). Die Anknüpfung an die ursprünglich getroffene Parteivereinbarung kommt auch dadurch zum Ausdruck, dass nach § 546a Abs. 1 Fall 1 BGB die vereinbarte Miete geschuldet ist und sich auch die Fälligkeit des Anspruchs nach dem Mietvertrag richtet (vgl. BGH, Urteil vom 22. März 1989 - VIII ZR 155/88, NJW 1989, 1730, 1732).
Die Anknüpfung an die ursprüngliche Parteivereinbarung und der vertragsähnliche Charakter des Anspruchs ermöglichen einen bargeschäftlichen Austausch von weiterer Nutzung der Mietsache und Entrichtung der Entschädigung gemäß § 546a Abs. 1 Fall 1 BGB. Im Schrifttum wird eine Anwendung von § 142 InsO auch auf gesetzliche Abwicklungsverhältnisse für möglich gehalten (vgl. Jaeger/Henckel, InsO, § 142 Rn. 8; Uhlenbruck/Borries/Hirte, InsO, 15. Aufl., § 142 Rn. 18; vgl. auch Bartels in Prütting/Bork/Jacoby, InsO, 2019, § 142 Rn. 53). Das trifft jedenfalls zu, wenn das Abwicklungsverhältnis - wie hier - einen hinreichenden Bezug zu einer Parteivereinbarung aufweist. Ansonsten wäre mit der Kündigung des Mietverhältnisses ein unbilliges Anfechtungsrisiko für den Vermieter verbunden, wenn der Mieter ihm die Mietsache vorenthält.
(b) Die weiteren Voraussetzungen eines Bargeschäfts liegen vor. Insbesondere erfolgten alle angefochtenen Zahlungen binnen 30 Tagen nach Fälligkeit
(vgl. BGH, Urteil vom 29. Januar 2015 - IX ZR 279/13, BGHZ 204, 83 Rn. 71 mwN).
(3) Auch im Falle eines bargeschäftsähnlichen Leistungsaustauschs kann sich der Schuldner der eintretenden mittelbaren Gläubigerbenachteiligung allerdings dann bewusst werden, wenn er weiß, dass er trotz Belieferung zu marktgerechten Preisen fortlaufend unrentabel arbeitet und deshalb bei der Fortführung seines Geschäfts mittels der durch bargeschäftsähnliche Handlungen erworbenen Gegenstände weitere Verluste anhäuft, welche die Befriedigungsaussichten der Gläubiger weiter mindern, ohne dass auf längere Sicht Aussicht auf Ausgleich besteht (vgl. BGH, Urteil vom 4. Mai 2017 - IX ZR 285/16, ZInsO 2017, 1366 Rn. 7; Beschluss vom 27. September 2018 - IX ZR 313/16, ZInsO 2018, 2519 Rn. 3). Das ist vom Insolvenzverwalter darzulegen und zu beweisen, dem im Grundsatz die Darlegungs- und Beweislast für sämtliche Voraussetzungen der Anfechtbarkeit einer Rechtshandlung obliegt (vgl. BGH, Beschluss vom 27. September 2018, aaO Rn. 4 mwN).
Umstände, die mit der gemäß § 286 ZPO erforderlichen Gewissheit für ein fortlaufend unrentables Arbeiten der Schuldnerin im Anfechtungszeitraum sprächen, sind weder festgestellt noch sonst ersichtlich. Der Umstand, dass die Schuldnerin ab Dezember 2014 die Betriebs- und Nebenkosten nicht mehr zahlte, mag eine Zahlungseinstellung begründet haben, für eine fortlaufend unrentable Geschäftstätigkeit sprach dies jedoch für sich genommen nicht. Die bargeschäftsähnliche Lage erlangt ihre Bedeutung erst dann, wenn der Schuldner seine Zahlungsunfähigkeit erkannt hat. Es bedarf weiterer Umstände, aus denen geschlossen werden kann, dass die Zahlungsunfähigkeit auf einer fortlaufend unrentablen Geschäftstätigkeit beruht und diese andauert. Solche Umstände sind nicht gegeben. Auch der von der Revisionserwiderung angeführte Gästeschwund reicht nicht aus, um von einer fortlaufend unrentablen Geschäftstätigkeit auszugehen.
2. Andere Anfechtungstatbestände sind nicht verwirklicht. Insbesondere scheitert eine Anfechtung der in den letzten drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens geleisteten Zahlungen nach § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO an § 142 InsO aF (vgl. oben Rn. 25 ff).
3. Da die Klage unbegründet ist, ist die Bedingung für eine Entscheidung über die Hilfsaufrechnungen des Beklagten nicht eingetreten.
III.
Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben. Da die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist, hat der erkennende Senat gemäß § 563 Abs. 3 ZPO auch in der Sache zu entscheiden. Die Klage ist abzuweisen.
Schoppmeyer Weinland Röhl Kunnes Schultz Vorinstanzen: LG Berlin, Entscheidung vom 26.10.2021 - 45 O 46/20 KG Berlin, Entscheidung vom 09.12.2022 - 14 U 145/21 - IX ZR 244/22 Verkündet am: 17. Oktober 2024 Preuß, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle