10 W (pat) 7/12
BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 7/12
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(Aktenzeichen)
BESCHLUSS In der Beschwerdesache
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betreffend das deutsche Patent 102 61 344 (Wiedereinsetzung)
hat der 10. Senat (Juristischer Beschwerdesenat und Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts am 17. Juli 2013 durch den Vorsitzenden Richter Rauch, die Richterin Püschel und die Richterin Dr. Kober-Dehm BPatG 152 08.05 beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I.
Am 28. Dezember 2002 wurde eine Erfindung mit der Bezeichnung „Bidirektionales System für Hilferuf und Entfernungsbestimmung“ beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) zum Patent angemeldet. Die Anmeldung, die das Aktenzeichen 102 61 344.3 erhielt, führte zu einer am 26. Februar 2009 veröffentlichten Patenterteilung.
Mit einem beim DPMA am 8. Juli 2011 eingegangenen Schreiben vom 27. Juni 2011 stellte der Patentinhaber einen Antrag auf Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der 8. Jahresgebühr; gleichzeitig entrichtete er diese Gebühr samt Verspätungszuschlag. Zur Begründung gab er an, dass er am 14. Juli 2009 an einer lebensgefährlichen Gehirnblutung erkrankt und deshalb in den darauf folgenden Monaten arbeitsunfähig gewesen sei. Erst ab dem 6. Juli 2011 habe er seine Geschäfte wieder aufnehmen können. Er habe dann sogleich festgestellt, dass er die beiden Jahresgebühren noch nicht entrichtet habe. Er sei weder patentanwaltlich vertreten noch habe er Angehörige, die sich in diesen Angelegenheiten ausgekannt hätten.
Durch Bescheid vom 3. August 2011 teilte das DPMA dem Patentinhaber mit, dass sein Wiedereinsetzungsantrag voraussichtlich zurückgewiesen werden müsse. Zur Begründung wird in dem Bescheid u. a. ausgeführt, dass der Antrag nach Ablauf der Jahresausschlussfrist des § 123 Abs. 2 Satz 4 PatG gestellt worden sei. Diese Frist diene der Rechtssicherheit und laufe unabhängig von der Kenntnis des Säumigen.
In der Beantwortung dieses Bescheids stellte der Patentinhaber darauf ab, dass die Frist lediglich um acht Tage versäumt worden sei und ihn ernstliche gesundheitliche Probleme an der Fristeinhaltung gehindert hätten.
Mit Beschluss vom 24. Oktober 2011 wies das DPMA – Prüfungsstelle für Klasse G08B – den Wiedereinsetzungsantrag aus den Gründen des vorangegangenen Bescheids zurück.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde des Patentinhabers. Er beantragt,
- den angefochtenen Beschluss aufzuheben und - Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der 8. Jahresgebühr zu gewähren.
Zur Begründung verweist der Patentinhaber auf die grundlegende Bedeutung des Patents für sein Unternehmen und auf die großen persönlichen und finanziellen Belastungen, die mit der Entwicklungsarbeit, die zu der patentierten Erfindung geführt habe, verbunden gewesen seien. Ende Juni 2011 sei er gesundheitlich wieder so weit genesen gewesen, dass er am 27. Juni 2011 einen Wiedereinsetzungsantrag gestellt habe. Diesen habe seine Frau erst sieben Tage später zur Post gegeben, weil er selbst einen Rückfall erlitten habe und auf Grund dauernder rasender Kopfschmerzen keinen klaren Gedanken habe fassen können.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, aber in der Sache nicht begründet. Die beantragte Wiedereinsetzung wurde vom Patentamt zu Recht zurückgewiesen.
1. Der Patentinhaber hatte zur Aufrechterhaltung seines Schutzrechts Jahresgebühren nach Maßgabe des Patentkostengesetzes zu entrichten. Ausgehend vom Anmeldetag 28. Dezember 2002 war die Gebühr für das 8. Jahr in Höhe von 240 € (Nr. 312 080 des Gebührenverzeichnisses, Anhang zu § 2 Abs. 2 PatKostG) am 31. Dezember 2009 fällig geworden (§ 3 Abs. 2 Satz 1 PatKostG). Entsprechend § 7 Abs. 1 Satz 1 PatKostG und § 222 Abs. 2 ZPO hätte die Gebühr ohne Zuschlag bis zum Montag, 1. März 2010, entrichtet werden können. Nachdem dies nicht geschehen ist, wäre eine Nachentrichtung mit einem Verspätungszuschlag in Höhe von 50 € bis zum 30. Juni 2010 möglich gewesen (§ 7 Abs. 1 Satz 2 PatKostG).
Da der Patentinhaber innerhalb dieser Fristen keine Gebührenzahlung geleistet hat, ist das Patent kraft Gesetzes erloschen (§ 20 Abs. 1 Nr. 3 PatG).
2. Wie in dem angefochtenen Beschluss bzw. in dem dort in Bezug genommenen Bescheid vom 3. August 2011 zutreffend ausgeführt wurde, ist der am 8. Juli 2011 beim Patentamt eingegangene Wiedereinsetzungsantrag unzulässig, weil ein Jahr nach Ablauf der versäumten Frist die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt und die versäumte Handlung nicht mehr nachgeholt werden kann (§ 123 Abs. 2 Satz 4 PatG). Da die Gebührenzahlungsfrist vorliegend am 30. Juni 2010 abgelaufen war, konnte somit die Wiedereinsetzung in diese Frist nur bis zum 30. Juni 2011 beantragt werden.
Die Jahresausschlussfrist dient der Rechtssicherheit; die Öffentlichkeit soll nach Ablauf eines Jahres darauf vertrauen dürfen, dass ein erloschenes Patent nicht wieder im Wege einer Wiedereinsetzung in Kraft tritt. Aus diesem Grund läuft die Frist unabhängig von der Kenntnis des Säumigen, also auch dann, wenn der Gebührenschuldner ohne Schuld an ihrer Einhaltung gehindert ist. Auch die Berücksichtigung von besonderen, den Gebührenschuldner stark belastenden Umständen ist aus diesem Grund nicht möglich. Ebenso kommt eine Wiedereinsetzung in die Jahresausschlussfrist nicht in Betracht (vgl. Schulte, PatG, 8. Aufl., § 123 Rn. 32).
Für den vorliegenden Fall hat dies zur Folge, dass die schwerwiegenden Umstände, die zur Versäumung der Zahlungsfrist geführt haben, ebenso wenig berücksichtigt werden können wie die Gründe, die dazu geführt haben, dass das Wiedereinsetzungsgesuch vom 27. Juni 2011 erst am 8. Juli 2011 beim Patentamt eingegangen ist.
Rauch Püschel Dr. Kober-Dehm prö