10 W (pat) 33/16
BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 33/16
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(Aktenzeichen)
BESCHLUSS In der Beschwerdesache …
ECLI:DE:BPatG:2018:250918B10Wpat33.16.0 betreffend das Patent 198 81 098 hat der 10. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 25. September 2018 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr.-Ing. Lischke sowie der Richter Eisenrauch, Dr.-Ing. Großmann und Dipl.-Ing. Univ. Richter beschlossen:
1. Das Einspruchs- und das Einspruchs-Beschwerdeverfahren sind in der Hauptsache erledigt.
2. Der mit der Beschwerde angefochtene Beschluss der Patentabteilung 12 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 3. Mai 2016 ist wirkungslos.
3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe I.
Die Einsprechende hat gegen das Patent 198 81 098 (Streitpatent), dessen Erteilung am 20. Februar 2014 veröffentlicht worden war, Einspruch erhoben. Gegen den Beschluss der Patentabteilung 12 des Deutschen Patent- und Markenamts (DPMA) vom 3. Mai 2016, mit dem das Streitpatent beschränkt aufrechterhalten wurde, hat die Einsprechende Beschwerde eingelegt.
Das Streitpatent ist am 17. Juni 2018 mit Erreichen der nach § 16 PatG maximal möglichen Schutzdauer erloschen.
Der erkennende Senat hat daraufhin mit Bescheid vom 27. Juli 2018 der Einsprechenden mitgeteilt, dass er das Beschwerdeverfahren durch Beschluss in der Hauptsache für erledigt erklären werde, falls die Einsprechende nicht ein Rechtsschutzinteresse an einem rückwirkenden Widerruf des Streitpatents geltend machen würde. Zu diesem Bescheid, der auch der Patentinhaberin formlos zur Kenntnis gegeben wurde, hat keine der beiden Verfahrensbeteiligten Stellung genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.
II.
Das Einspruchsverfahren und das Einspruchs-Beschwerdeverfahren sind in der Hauptsache für erledigt zu erklären, da das Streitpatent erloschen ist und keine der beiden Verfahrensbeteiligten an der Fortführung des Verfahrens ein Rechtsschutzinteresse geltend gemacht hat.
1. Nach dem Erlöschen eines Patents, das sich im Einspruchsverfahren befindet, kommt ein gegebenenfalls noch bestehendes Interesse der Allgemeinheit am Widerruf eines Patents mit Wirkung „ex tunc“ nicht mehr zum Tragen (vgl. BPatG GRUR 1996, 873, 874 f - „Rechtschutzbedürfnis“; BPatG GRUR 2010, 363, 365 ff. - „Radauswuchtmaschine“). In einem solchen Fall tritt Erledigung des Einspruchsverfahrens in der Hauptsache ein, wenn nicht der oder die Einsprechende ausnahmsweise ein besonderes Rechtsschutzinteresse an der Fortführung des Einspruchsverfahrens hat (vgl. BGH GRUR 2012, 1071, 1072 [Rz. 9] - „Sondensystem“; a. A. wohl: Benkard/Schäfers/ Schwarz, PatG, 11. Aufl., § 59 Rn. 120 ff.). Die vorliegende Einsprechende hat sich auf Nachfrage des Senats, ob sie ein entsprechendes Interesse am Widerruf des Streitpatents mit Wirkung „ex tunc“ habe, nicht geäußert, weshalb davon auszugehen ist, dass ein solches Interesse nicht besteht. Damit hat im vorliegenden Fall das Erlöschen des Streitpatents durch Zeitablauf unmittelbar zur Erledigung des vorliegenden Einspruchsverfahrens in der Hauptsache geführt.
2. Mit der Erledigung des Einspruchsverfahrens ist auch eine Erledigung hinsichtlich des vorliegenden Beschwerdeverfahrens eingetreten, das dieselbe Zielrichtung betraf (vgl. Busse/Engels, PatG, 8. Aufl., § 73 Rn. 195). Eine Fortführung des Einspruchs-Beschwerdeverfahrens hat auch die Patentinhaberin nicht begehrt, obwohl ihr das eine Möglichkeit eröffnet hätte, ggf. im Wege einer Anschlussbeschwerde nochmals aktiv gegen die auch sie belastende, erstinstanzliche Entscheidung vorzugehen (vgl. hierzu: Schulte/Püschel, PatG, 10. Aufl., § 73 Rn. 206). Im Interesse der vorliegenden Verfahrensbeteiligten sowie Dritter konnte daher durch den hier gefassten, der förmlichen Rechtskraft fähigen Beschluss auch die Erledigung des vorliegenden Einspruchs-Beschwerdeverfahrens ausgesprochen werden (vgl. BPatG GRUR 2010, 363, 365 - „Radauswuchtmaschine“; Busse/Engels, PatG, 8. Aufl., § 73 Rn. 191, 200).
3. Die Erledigung des Einspruchsverfahrens in der Hauptsache hat in entsprechender Anwendung von § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO zur Wirkungslosigkeit des mit der Beschwerde angefochtenen Beschlusses geführt (vgl. Busse/Engels, PatG, 8. Aufl., § 73 Rn. 189 ff., 200). Im Interesse der Öffentlichkeit ist auch diese Rechtsfolge von Amts wegen festzustellen (vgl. Busse/Engels, PatG, 7. Aufl., § 59 Rn. 295; vgl. auch Anmerkung Köppen in Mitt. 2014, 282, 283).
4. Für eine Kostenentscheidung war kein Raum, da eine Kostenauferlegung weder für das Einspruchsverfahren noch für das vorliegende Einspruchs-Beschwerdeverfahren der Billigkeit entsprochen hätte (vgl. § 62 Abs. 1 PatG bzw. § 80 Abs. 1 PatG).
5. Hinsichtlich der Rechtsfrage, ob die Erledigung des Einspruchsverfahrens hier in entsprechender Anwendung von § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO zur Wirkungslosigkeit des mit der Beschwerde angefochtenen Beschlusses geführt hat, war gemäß § 100 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 PatG die Rechtsbeschwerde zuzulassen. Die genannte Rechtsfrage ist von grundsätzlicher Bedeutung und höchstrichterlich bisher nicht geklärt worden. In Fällen, in denen mit einem erstinstanzlichen Beschluss ein Voll- oder Teilwiderruf eines Patents ausgesprochen wurde, verhindert die Anwendung der genannten Regelung den Eintritt der Bestandskraft und verursacht damit quasi „rückwirkend“ wieder die ungeschmälerte Aufrechterhaltung des Patents. Die Anwendung von § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO führt damit zu einem Ergebnis, das sowohl für die Allgemeinheit als auch für den jeweiligen Einsprechenden einen gleichsam sehr überraschenden wie belastenden Rechtsnachteil bedeuten kann. Mit Blick auf Sinn und Zweck von patentamtlichem Einspruchsverfahren und patentgerichtlichem Einspruchs-Beschwerdeverfahren stellt sich damit die Frage, ob beim patentamtlichen Einspruchsverfahren im Sinne von § 99 Abs. 1 PatG Besonderheiten zu beachten sind, die hier eine entsprechende Anwendung von § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO als untunlich erscheinen lassen.
III. Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich einzulegen.
Dr. Lischke Eisenrauch Dr. Großmann Richter prö