Paragraphen in X ZB 16/19
Sortiert nach der Häufigkeit
Häufigkeit | Paragraph | |
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2 | 103 | GG |
1 | 100 | PatG |
1 | 107 | PatG |
1 | 109 | PatG |
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2 | 103 | GG |
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BUNDESGERICHTSHOF X ZB 16/19 BESCHLUSS vom 15. September 2020 in dem Rechtsbeschwerdeverfahren ECLI:DE:BGH:2020:150920BXZB16.19.0 Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 15. September 2020 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Bacher, die Richter Dr. Grabinski und Hoffmann, die Richterin Dr. Kober-Dehm und den Richter Dr. Rensen beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 18. Senats (Technischen Beschwerdesenats) des Bundespatentgerichts vom 31. Juli 2019 wird auf Kosten der Patentinhaberin zurückgewiesen.
Gründe:
I. Die Rechtsbeschwerdeführerin ist Inhaberin des am 10. Oktober 2002 angemeldeten deutschen Patents 102 47 252 (Streitpatents), das eine Vorrichtung zum Sortieren oder Sammeln von Materialien betrifft. Patentanspruch 1, auf den drei weitere Ansprüche zurückbezogen sind, lautet in der erteilten Fassung:
Vorrichtung zum Sortieren und/oder Sammeln von Materialien wie Mehrweg- und/oder Einweggetränkeverpackungen, wie PET/Glasflaschen, Dosen, Trinkbecher, mit einer Erkennungseinrichtung zum Erkennen eines auf in einen Eingaberaum der Vorrichtung eingebrachtes Material aufgedruckten Sicherheitscodes bestehend aus einer bildartigen Darstellung, die aus zumindest einem Bereich aus Normalfarbe und einem Bereich aus Infrarotfarbe zusammengesetzt ist, gekennzeichnet durch
- eine auf Sichtbild- und Infrarotbildbasis arbeitende, zur Erkennungseinrichtung gehörende Kamera (10),
- Beleuchtungsmittel zum Beleuchten des Sicherheitscodes (1) mit Normallicht (Tages- und/oder Kunstlicht) und alternierend oder zusätzlich mit Infrarotlicht, und
- eine elektronische Auswerte- und Steuerungseinrichtung (19) zur Hinterlegung von Sollwerten für mit der Kamera (10) unter Normallicht (Tages- und/oder Kunstlicht) und Infrarotlicht aufgenommene Bilder des Sicherheitscodes (1) und zum Vergleich dieser Sollwerte mit von der Kamera (10) unter Normallicht (Tages- und/oder Kunstlicht) und Infrarotlicht aufgenommenen Bildern (Istwerte) des Sicherheitscodes (1).
Das Patentamt hat das Streitpatent auf Einspruch widerrufen. Hiergegen hat die Patentinhaberin Beschwerde eingelegt.
Das Patentgericht hat anlässlich der Ladung zur mündlichen Verhandlung einen Hinweis erteilt, in dem unter anderem Folgendes ausgeführt ist:
Nach der vorläufigen Auffassung des Berichterstatters dürfte derzeit der Anspruch 1 aller vorliegenden Anträge nicht zulässig sein. Es wird im Folgenden u.a. auf die Offenlegungsschrift (OS) Bezug genommen, die inhaltlich den Anmeldeunterlagen entspricht. … Beleuchtungsmittel zum Beleuchten des Sicherheitscodes dürften explizit nur zu den Figuren 7 und 8 in Form einer Infrarotbeleuchtung bzw. -lichtquelle als Teil einer Erkennungseinrichtung genannt sein (vgl. S. 11, zw. Abs. und le. Abs.). Aus der Nennung von Kunstlicht dürfte nicht zwangsläufig folgen, dass die beanspruchte Vorrichtung Beleuchtungsmittel für "Normallicht" aufweist … Da Tageslicht ebenfalls als Beispiel für "Normallicht" genannt ist, dürfte auch aus einer "Bestrahlung mit Normallicht" nicht bereits folgen, dass die Vorrichtung Beleuchtungsmittel für Normallicht aufweist.
Die Pateninhaberin hat daraufhin neu gefasste Unterlagen eingereicht, in denen die Beleuchtungsmittel betreffenden Merkmale (in der Gliederung des Patentgerichts) wie folgt formuliert sind:
M4 Beleuchtungsmittel, um den Sicherheitscode (1) zu beleuchten M4.1a zum einen mit Kunstlicht M4.1b zum anderen zusätzlich mit Infrarotlicht, wobei M4.2 die Beleuchtungsmittel eine Infrarotlichtquelle (22) aufweisen, die im Bereich der Kamera (10) angeordnet ist, und Das Patentgericht hat die Beschwerde zurückgewiesen. Mit ihrer nicht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Patentinhaberin ihre Anträge aus der Beschwerdeinstanz weiter. Der Einsprechende hat sich im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht geäußert.
II. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft, weil der nicht an eine Zulassung gebundene Rechtsbeschwerdegrund des § 100 Abs. 3 Nr. 3 PatG geltend gemacht wird, und auch im Übrigen zulässig. Sie ist aber unbegründet. Das Patentgericht hat den Anspruch der Patentinhaberin auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) nicht verletzt.
1. Das Patentgericht hat angenommen, der Gegenstand von Patentanspruch 1 gehe in allen verteidigten Fassungen über den Inhalt der ursprünglich eingereichten Unterlagen hinaus. In diesen sei ein Beleuchtungsmittel zum Beleuchten des Sicherheitscodes mit Kunstlicht, wie es in Merkmal 4.1a vorgesehen sei, nicht als Teil der beanspruchten Vorrichtung offenbart. Zwar könne aus dem Umstand, dass Kunstlicht als Beleuchtungsmittel genannt werde, auf das Vorhandensein eines entsprechenden Beleuchtungsmittels geschlossen werden. Aus einer Beleuchtung mit Kunstlicht folge indessen nicht zwangsläufig, dass ein derartiges Beleuchtungsmittel auch Teil der beanspruchten Vorrichtung selbst sei. In den ursprünglichen Unterlagen werde Kunstlicht nur zusammen mit Tageslicht im Rahmen der Beschreibung des Sicherheitscodes genannt. Auch aus der Funktion der elektronischen Auswerte- und Steuerungseinrichtung ergebe sich kein Hinweis auf Beleuchtungsmittel für Kunstlicht, die Teil der Vorrichtung wären. Diese Einrichtung veranlasse zwar die Aufnahme der Bilder. Weder Patentanspruch 1 noch die Anmeldungsunterlagen oder die Streitpatentschrift enthielten indessen Angaben dazu, dass die Einrichtung für die Aufnahme der einzelnen Bilder auch entsprechende Beleuchtungsmittel steuere. Darüber hinaus sei eine Nutzung des Umgebungslichts der Vorrichtung, sei es Kunst- oder Tageslicht, weder explizit ausgeschlossen noch technisch nicht praktikabel, so dass der Fachmann erst aufgrund seines Fachwissens oder durch Abwandlung der offenbarten Lehre zu einer Vorrichtung gelangte, die neben einer Infrarotlichtquelle auch Beleuchtungsmittel für Kunstlicht aufweise. Ebenso wenig sei auch die in der geltenden und in der mit den zuletzt gestellten Anträgen geänderten Fassung der Beschreibung des Streitpatents enthaltene Aussage, dass die Vorrichtung Beleuchtungsmittel zum Beleuchten des Sicherheitscodes mit Normallicht (Tages- und/oder Kunstlicht) und mit Infrarotlicht besitze, den ursprünglich eingereichten Unterlagen zu entnehmen.
2. Diese Beurteilung hält den Angriffen der Rechtsbeschwerde stand.
a) Die Rechtsbeschwerde macht geltend, der angefochtene Beschluss stelle eine Überraschungsentscheidung dar. Das Patentgericht habe in dem von ihm erteilten Hinweis die Auffassung der Patentinhaberin geteilt, wonach die Lehre des Streitpatents schon in der erteilten Fassung nicht verlangt habe, dass die in Patentanspruch 1 genannten Szenarien für die Beleuchtung des Sicherheitscodes mit Normallicht und Infrarotlicht durch dasselbe Beleuchtungsmittel realisiert werden müssten. Den vom Patentgericht geäußerten Bedenken im Hinblick auf die ursprüngliche Offenbarung eines gesonderten Beleuchtungsmittels für Normallicht habe die Patentinhaberin Rechnung getragen, indem sie in Merkmal 4.1a nur noch Beleuchtungsmittel für Kunstlicht vorgesehen habe. Mangels eines weiteren Hinweises des Patentgerichts habe sie darauf vertrauen dürfen, dass diese Bedenken damit ausgeräumt seien.
b) Die Rüge ist nicht begründet.
Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde war das Patentgericht nicht zu einem nochmaligen Hinweis auf Bedenken in Bezug auf die ursprüngliche Offenbarung gehalten.
aa) Ein Gericht muss den Verfahrensbeteiligten nicht mitteilen, wie es den die Grundlage seiner Entscheidung bildenden Sachverhalt voraussichtlich würdigen wird. Es reicht in der Regel aus, wenn die Sach- und Rechtslage erörtert und den Beteiligten dadurch aufgezeigt wird, welche Gesichtspunkte für die Entscheidung voraussichtlich von Bedeutung sein werden. Ein Hinweis kann lediglich geboten sein, wenn für die Beteiligten auch bei sorgfältiger Prozessführung nicht vorhersehbar ist, auf welche Erwägungen das Gericht seine Entscheidung stützen wird (vgl. nur BGH, Beschluss vom 26. August 2014 - X ZB 19/12,
GRUR 2014, 1235 Rn. 11 - Kommunikationsrouter; Beschluss vom 25. Januar 2000 - X ZB 7/99, GRUR 2000, 792, 793 - Spiralbohrer).
Ein Gericht ist nach Art. 103 Abs. 1 GG grundsätzlich auch dann nicht gehalten, den Verfahrensbeteiligten mitzuteilen, wie es den Sachverhalt voraussichtlich würdigen wird, wenn ein Beteiligter auf einen Hinweis des Gerichts mit ergänzendem Vorbringen oder zusätzlichen Anträgen reagiert (BGH, Beschluss vom 27. März 2018 - X ZB 11/17, MDR 2018, 1209 Rn. 19 f.). In diesen Fällen kann allerdings ein erneuter Hinweis geboten sein, wenn das Gericht hinsichtlich einer entscheidungserheblichen Frage von einer zuvor geäußerten Beurteilung abweichen will (BGH, Beschluss vom 16. Juni 2011 - X ZB 3/10, GRUR 2011, 851 Rn. 11 ff. - Werkstück), wenn erkennbar ist, dass ein Beteiligter einen erteilten Hinweis falsch aufgenommen hat (BGH, Urteil vom 25. Juni 2002 - X ZR 83/00, NJW 2002, 3317, 3320), oder wenn der Beteiligte aufgrund des erteilten Hinweises davon ausgehen durfte, dass die darin geäußerten Bedenken durch sein ergänzendes Vorbringen ausgeräumt sind (BGH, Urteil vom 5. November 2003 - VIII ZR 380/02, NJW-RR 2004, 281, 282).
bb) Keine dieser Voraussetzungen ist im Streitfall erfüllt.
(1) Das Patentgericht hat in seinem Hinweis das Fehlen einer Ursprungsoffenbarung von Beleuchtungsmitteln für Normallicht als Teil der beanspruchten Vorrichtung zwar auch damit begründet, dass nach dem Verständnis des Streitpatents der Ausdruck "Normallicht" nicht nur Kunstlicht umfasse, sondern auch Tageslicht, für dessen Erzeugung ein Beleuchtungsmittel nicht erforderlich sei. Es hat aber auch darauf hingewiesen, dass aus der Nennung von Kunstlicht in der Anmeldung nicht zwangsläufig folge, dass die beanspruchte Vorrichtung Beleuchtungsmittel für Normallicht aufweise.
Bei dieser Ausgangslage durfte die Patentinhaberin nicht davon ausgehen, dass den vom Patentgericht geäußerten Bedenken durch die Ersetzung des Begriffs "Normallicht" durch "Kunstlicht" vollständig Rechnung getragen ist. Sie musste vielmehr damit rechnen, dass das Patentgericht auch eine solche Fassung als nicht ursprungsoffenbart beurteilen wird, weil es ein Beleuchtungsmittel für jegliche Art von Normallicht als nicht zur Erfindung gehörend offenbart ansieht.
(2) Anhaltspunkte dafür, dass die Patentinhaberin den erteilten Hinweis falsch aufgenommen hat, ergeben sich aus der Reaktion der Patentinhaberin nicht.
Den Ausführungen der Patentinhaberin zu den auf den Hinweis neu formulierten Anträgen ist zwar zu entnehmen, dass sie die Bedenken des Patentgerichts als ausgeräumt angesehen hat, nicht aber, dass dies auf einem unzutreffenden Verständnis des erteilten Hinweises beruht.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 109 Abs. 1 Satz 2 PatG.
IV. Eine mündliche Verhandlung erachtet der Senat nicht als erforderlich (§ 107 Abs. 1 PatG).
Bacher Grabinski Hoffmann Kober-Dehm Rensen Vorinstanz: Bundespatentgericht, Entscheidung vom 31.07.2019 - 18 W(pat) 11/17 -
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