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III ZR 61/24

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES III ZR 61/24 Nachschlagewerk: ja BGHZ:

nein BGHR:

ja JNeu:

ja URTEIL in dem Rechtsstreit UKlaG § 1; BGB § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 Bd, Cl; TKG aF § 43b Satz 1; TKG nF § 56 Abs. 1 Satz 1 a) § 43b Satz 1 TKG in der bis zum 30. November 2021 geltenden Fassung (aF) und § 56 Abs. 1 Satz 1 TKG in der seit dem 1. Dezember 2021 geltenden Fassung (nF) erfassen nicht nur Erstverträge, sondern insbesondere auch Vertragsverlängerungen.

b) Jedenfalls im Fall der Verlängerung eines bereits bestehenden Vertrages ist im Rahmen von § 43b Satz 1 TKG aF und von § 56 Abs. 1 TKG nF für den Beginn der Vertragslaufzeit nicht auf den Zeitpunkt der vereinbarten erstmaligen Leistungserbringung, sondern auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses abzustellen.

BGH, Urteil vom 10. Juli 2025 - III ZR 61/24 - Kammergericht ECLI:DE:BGH:2025:100725UIIIZR61.24.0 Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 10. Juli 2025 durch die Richter Dr. Remmert, Prof. Dr. Kessen, Dr. Herr, Liepin und Dr. Ostwaldt für Recht erkannt:

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Kammergerichts - 23. Zivilsenat - vom 22. Mai 2024 wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsrechtszugs zu tragen.

Von Rechts wegen Tatbestand Der in die Liste qualifizierter Verbraucherverbände nach § 4 UKlaG eingetragene Kläger nimmt das beklagte Telekommunikationsunternehmen auf Unterlassung in Anspruch.

Er bezieht sich auf ein Schreiben, in dem die Beklagte gegenüber Verbrauchern für die Verlängerung von Verträgen über DSL-Anschlüsse wirbt. Dieses Schreiben enthält unter anderem den folgenden Text:

"[…]

als Dankeschön für Ihre Treue erhalten Sie bei einer Vertragsverlängerung ab sofort eine Gutschrift in Höhe von 20 € und profitieren zusätzlich weiterhin von den attraktiven Konditionen Ihres günstigen Tarifes!

Ihre Vorteile auf einen Blick:

 Sie erhalten eine Gutschrift in Höhe von 20 €  Nach Ablauf Ihrer aktuellen Laufzeit genießen Sie weitere Monate die attraktiven Konditionen Ihres günstigen Tarifes  Einfach dieses Formular noch heute unterschrieben zurücksenden Ja, ich möchte weiterhin von meinem günstigen Tarif profitieren und mir meine 20 € Gutschrift sichern.

Mit meiner Unterschrift beauftrage ich die p.

GmbH, meinen Tarif im Anschluss an meine aktuelle Laufzeit um weitere Monate zu den bisherigen Konditionen zu verlängern." Mit seiner Klage hat der Kläger von der Beklagten Unterlassung der Verwendung der Klausel "Mit meiner Unterschrift beauftrage ich die p.

GmbH,

meinen Tarif im Anschluss an meine aktuelle Laufzeit um weitere 24 Monate zu den bisherigen Konditionen zu verlängern." in mit Verbrauchern zu schließenden Telekommunikationsverträgen sowie Aufwendungsersatz für die erfolglos gebliebene vorgerichtliche Abmahnung begehrt.

Das Kammergericht hat der Klage stattgegeben. Mit der von ihm zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe Die zulässige Revision ist unbegründet.

I.

Das Kammergericht hat zur Begründung seiner unter anderem in MDR 2024, 1100 auszugsweise veröffentlichten Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:

Dem Kläger stehe der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte aus § 1 UKlaG in Verbindung mit § 309 Nr. 9 Buchst. a BGB zu. Die von der Beklagten verwandte Klausel stelle eine Allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne von § 305 Abs. 1 BGB dar, durch die eine bereits im Zeitpunkt der Zurücksendung des unterschriebenen Formulars bindende Verlängerung der Vertragslaufzeit um weitere 24 Monate vereinbart werde, deren Beginn auf den Zeitpunkt des Ablaufs der aktuellen Vertragslaufzeit aufgeschoben sei. Da sich im Zeitpunkt der Vereinbarung somit eine Vertragslaufzeit von mehr als 24 Monaten (Restlaufzeit zuzüglich 24 Monate) ergebe, verstoße die Klausel gegen § 309 Nr. 9 Buchst. a BGB. Diese Vorschrift beziehe sich nicht nur auf den Abschluss von Erstverträgen, sondern auch auf durch aktuelle Willenserklärungen zustande gekommene Vertragsverlängerungen. Aus § 43b Satz 1 TKG in der bis zum 30. November 2021 geltenden Fassung (fortan: aF) und § 56 Abs. 1 Satz 1 TKG in der seit dem 1. Dezember 2021 geltenden Fassung (fortan: nF) sowie den diesen Vorschriften zugrunde liegenden Richtlinien ergebe sich nichts Anderes.

II.

Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung stand. Dem Kläger steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte gemäß § 1 UKlaG zu. Danach kann auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer in Allgemeinen Geschäftsbedingungen Bestimmungen, die nach den §§ 307 bis 309 des Bürgerlichen Gesetzbuchs unwirksam sind, verwendet oder für den rechtsgeschäftlichen Verkehr empfiehlt. Die von der Beklagten gegenüber Verbrauchern verwendete Klausel ist gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB in Verbindung mit § 43b Satz 1 TKG aF beziehungsweise § 56 Abs. 1 Satz 1 TKG nF unwirksam.

1. Die von dem Kläger beanstandete Klausel ist gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam, weil sie mit wesentlichen Grundgedanken von § 43b Satz 1 TKG aF beziehungsweise von § 56 Abs. 1 Satz 1 TKG nF nicht zu vereinbaren ist und daher die Vertragspartner der Beklagten gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unangemessen benachteiligt.

a) Das Kammergericht ist zu Recht und von der Revision unbeanstandet davon ausgegangen, dass es sich bei der vom Kläger beanstandeten Klausel um eine von der Beklagten verwendete Allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne von § 305 Abs. 1 BGB handelt, die einer Inhaltskontrolle nach den §§ 307 ff BGB unterliegt.

b) Da der Kläger seinen Unterlassungsanspruch auf eine Wiederholungsgefahr stützt, ist der Antrag nur begründet, wenn die beanstandete Klausel zum Zeitpunkt ihrer Verwendung im August 2021 unwirksam war und dies auch noch zum Zeitpunkt der Entscheidung in der Revisionsinstanz der Fall ist (vgl. Senat, Urteil vom 2. Februar 2023 - III ZR 63/22, NJW-RR 2023, 1016 Rn. 28 mwN). Das im Streitfall maßgebliche Recht ist mit Wirkung ab dem 1. Dezember 2021 durch das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2018/1972 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 über den europäischen Kodex für die elektronische Kommunikation (Neufassung) und zur Modernisierung des Telekommunikationsrechts (Telekommunikationsmodernisierungsgesetz) vom 23. Juni 2021 (BGBl. I S. 1858) geändert worden. Seitdem ist die zuvor in § 43b Satz 1 TKG aF geregelte Laufzeit von Verträgen zwischen Verbrauchern und Anbietern öffentlich zugänglicher Telekommunikationsdienste in § 56 Abs. 1 Satz 1 TKG nF normiert. Folglich muss die streitgegenständliche Klausel sowohl gegen § 43b Satz 1 TKG aF als auch gegen § 56 Abs. 1 Satz 1 TKG nF verstoßen. Das ist der Fall.

aa) Die Klausel verstößt gegen § 43b Satz 1 TKG aF. Danach darf die anfängliche Mindestlaufzeit eines Vertrages zwischen einem Verbraucher und einem Anbieter von öffentlich zugänglichen Telekommunikationsdiensten 24 Monate nicht überschreiten.

(1) Die Beklagte ist Anbieterin von öffentlich zugänglichen Telekommunikationsdiensten. Telekommunikationsdienste sind nach § 3 Nr. 24 TKG aF in der Regel gegen Entgelt erbrachte Dienste, die ganz oder überwiegend in der Übertragung von Signalen über Telekommunikationsnetze bestehen, einschließlich Übertragungsdienste in Rundfunknetzen. Nach den Feststellungen des Kammergerichts schließt die Beklagte mit Verbrauchern DSL-Anschluss- und Mobilfunkverträge ab. Sowohl Mobilfunkverträge als auch Access-Provider-Verträge, durch die sich Anbieter - wie bei Verträgen über DSL-Anschlüsse - verpflichten, Kunden den Zugang zum Internet herzustellen, haben Telekommunikationsdienste zum Gegenstand (Assion in Auer-Reinsdorff/Conrad, Handbuch IT- und Datenschutzrecht, 3. Aufl., § 31 Rn. 102 ff, 112 ff). Da die Beklagte mit Verbrauchern und damit einem unbestimmten Personenkreis Verträge über die Erbringung dieser Dienste abschließt, sind diese öffentlich zugänglich im Sinne von § 3 Nr. 17a TKG aF (vgl. BGH, Urteil vom 18. November 2021 - I ZR 106/20, NZM 2022, 218 Rn. 56 f).

(2) Die beanstandete Klausel bewirkt eine anfängliche Mindestlaufzeit, die 24 Monate überschreitet. Nach den vom Kammergericht rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen sieht die Klausel eine bindende Verlängerung der Vertragslaufzeit um weitere 24 Monate im unmittelbaren Anschluss an den Ablauf der Laufzeit des aktuellen Vertrages vor, so dass sich im Vereinbarungszeitpunkt der Vertragsverlängerung eine Laufzeit von mehr als zwei Jahren (24 Monate zuzüglich Restlaufzeit) ergibt.

(a) Der Anwendung von § 43b Satz 1 TKG aF steht nicht entgegen, dass sich die Klausel nicht auf den erstmaligen Abschluss eines Vertrages, sondern auf die Verlängerung eines bereits bestehenden Vertrages bezieht. Die Vorschrift erfasst nicht nur Erstverträge, sondern insbesondere auch Vertragsverlängerungen.

§ 43b Satz 1 TKG aF dient der Umsetzung von Art. 30 Abs. 5 Satz 1 der Richtlinie 2002/22/EG über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und -diensten (Universaldienstrichtlinie; ABl. L 108 vom 24. April 2002, S. 51) in der durch die Richtlinie 2009/136/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009 geänderten Fassung (ABl. L 337 vom 18. Dezember 2009, S. 11). Danach stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass Verträge zwischen Verbrauchern und Unternehmen,

die elektronische Kommunikationsdienste erbringen, keine anfängliche Mindestvertragslaufzeit beinhalten, die 24 Monate überschreitet. § 43b Satz 1 TKG aF ist damit im Lichte dieser Richtlinienvorschrift unionsrechtskonform auszulegen (Senat, Urteil vom 2. Februar 2023 aaO Rn. 41).

Nach der jüngst ergangenen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist Art. 30 Abs. 5 der Universaldienstrichtlinie dahin auszulegen, dass sich der Begriff "anfängliche Mindestvertragslaufzeit" in dieser Bestimmung sowohl auf die Laufzeit des Erstvertrages zwischen einem Verbraucher und einem Anbieter elektronischer Kommunikationsdienste als auch auf die Laufzeit eines Folgevertrages zwischen denselben Parteien bezieht, so dass dieser Folgevertrag keine Mindestvertragslaufzeit von mehr als 24 Monaten beinhalten darf, und zwar auch dann nicht, wenn er vor Ablauf des Erstvertrages unterzeichnet und in Vollzug gesetzt wurde (EuGH, Urteil vom 13. Februar 2025 - C-612/23, EuZW 2025, 425). Dabei stellt der Gerichtshof der Europäischen Union maßgeblich auf den Zweck von Art. 30 der Universaldienstrichtlinie ab, der ausweislich von dessen Überschrift ("Erleichterung des Anbieterwechsels") und Erwägungsgrund 47 der Richtlinie 2009/136/EG vornehmlich darin besteht, es Verbrauchern zu erleichtern, in voller Sachkenntnis den Anbieter zu wechseln, wenn dies in ihrem Interesse ist, damit die Verbraucher in den vollen Genuss der Vorteile eines wettbewerbsorientierten Umfelds kommen können. Eine Auslegung von Art. 30 der Universaldienstrichtlinie dahin, dass sich der Begriff "anfängliche Mindestvertragslaufzeit" nur auf die Laufzeit der zwischen den betreffenden Parteien geschlossenen Erstverträge und nicht auf die Laufzeit der zwischen denselben Parteien geschlossenen Folgeverträge bezieht, hätte zur Folge, dass ein Anbieterwechsel durch die Verbraucher erschwert würde - unter Umständen über lange Zeiträume - und ihnen damit gegebenenfalls die Möglichkeit genommen würde, in den vollen Genuss des Wettbewerbs in dem betreffenden Bereich zu kommen.

Auch wenn der Verbraucher bei einer Vertragsverlängerung durch seine Entscheidung, erneut mit demselben Anbieter eine Bindung einzugehen, sein Vertrauen in ihn unter Beweis stellt, darf dies im Hinblick auf das genannte Ziel nicht dazu führen, dass dieser Verbraucher daran gehindert wird, den Anbieter zu wechseln, wenn sich ihm ein attraktiveres Angebot bietet (EuGH aaO Rn. 32 ff).

Vor diesem Hintergrund ist § 43b Satz 1 TKG aF im Lichte von Art. 30 Abs. 5 der Universaldienstrichtlinie unionsrechtskonform dahin auszulegen, dass sich der Begriff "anfängliche Mindestlaufzeit eines Vertrages" in dieser Bestimmung auch auf die Verlängerung bereits bestehender Verträge bezieht. Der Wortlaut der Norm steht dieser Auslegung nicht entgegen. Das Adjektiv "anfänglich" bezieht sich auf die Mindestlaufzeit und deren Dauer zu ihrem Beginn, nicht aber auf den Vertrag, so dass aus seiner Verwendung nicht auf die Absicht des Gesetzgebers geschlossen werden kann, zwischen Erstverträgen und Folgeverträgen - hier in Gestalt eines Verlängerungsvertrages - zu unterscheiden.

(b) Der Einwand der Revision, dass nach derzeitigem Verfahrensstand eine Bindung der Vertragspartner der Beklagten an die verlängerte Vertragslaufzeit nicht feststehe, weil das Kammergericht keine Feststellungen zu einem etwaigen Kündigungsrecht der Vertragspartner der Beklagten getroffen habe, das sich aus den in der Klausel in Bezug genommenen "bisherigen Konditionen" ergeben könne, greift nicht durch.

(aa) Zwar ist von einer 24 Monate überschreitenden Mindestlaufzeit eines Vertrages nicht auszugehen, wenn dem Kunden spätestens nach 24 Monaten ein ordentliches Kündigungsrecht zusteht. In § 309 Nr. 9 Buchst. a BGB, der die Höchstdauer formularmäßig vereinbarter Vertragslaufzeiten regelt, wird dieser Umstand durch den Begriff "bindende Laufzeit des Vertrags" zum Ausdruck gebracht. Dabei liegt eine den Klauselgegner bindende Laufzeit nicht vor, wenn und solange er die Möglichkeit der Vertragskündigung hat (BGH, Urteil vom 4. November 1992 - VIII ZR 235/91, BGHZ 120, 108, 113; BeckOGK/Weiler, BGB [1. März 2025], § 309 Nr. 9 Rn. 79; Dammann in Wolf/Lindacher/Pfeiffer/Dammann, AGB-Recht, 7. Aufl., § 309 Nr. 9 Rn. 51; vgl. auch Senat, Urteil vom 7. Juni 2018 - III ZR 351/17, BGHZ 219, 51 Rn. 16). Auch wenn in § 43b Satz 1 TKG aF nicht von "bindender" Vertragslaufzeit die Rede ist, kann für die darin geregelte Mindestlaufzeit eines Vertrages nichts anders gelten. Das folgt aus dem Zweck von § 43b Satz 1 TKG aF. Dieser besteht wie derjenige von Art. 30 Abs. 5 der Universaldienstrichtlinie, dessen Umsetzung § 43b Satz 1 TKG aF dient, darin, Verbrauchern den Anbieterwechsel zu erleichtern. Hat der Kunde die Möglichkeit, einen Vertrag ordentlich zu kündigen, steht die Vertragslaufzeit einem Anbieterwechsel nicht entgegen.

(bb) Bei der gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung sieht die Klausel indessen eine bindende Verlängerung der Vertragslaufzeit vor. Danach ist die Klausel dahingehend auszulegen, dass mit der Befristung der verlängerten Laufzeit auf 24 Monate zugleich einhergeht, dass etwaig zuvor vereinbarte Kündigungsrechte nicht fortgelten sollen. Diese Auslegung kann der Senat selbst vornehmen, da Allgemeine Geschäftsbedingungen wie revisible Rechtsnormen zu behandeln und infolgedessen von dem Revisionsgericht frei auszulegen sind (st. Rspr.; vgl. nur Senat, Urteil vom 8. Oktober 2020 - III ZR 80/20, NJW 2021, 1392 Rn. 30; BGH, Urteile vom 4. Februar 2025 - XI ZR 183/23, BGHZ 243, 52 Rn. 38; vom 15. Februar 2024 - VII ZR 42/22, BGHZ 239, 300 Rn. 32 und vom 8. September 2021 - VIII ZR 97/19, WM 2022, 1384 Rn. 17; jew. mwN).

[1] Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Kreise verstanden werden. Dabei sind die Vorstellungen und Verständnismöglichkeiten eines durchschnittlichen, rechtlich nicht vorgebildeten Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen. Ansatzpunkt für die bei einer Formularklausel gebotene objektive, nicht am Willen der konkreten Vertragspartner zu orientierende Auslegung ist dabei in erster Linie ihr Wortlaut (st. Rspr.; vgl. nur Senat aaO Rn. 32; BGH, Urteile vom 4. Februar 2025 aaO; vom 15. Februar 2024 aaO und vom 8. September 2021 aaO Rn. 18, 21; jew. mwN).

Sofern nach Ausschöpfung aller in Betracht kommenden Auslegungsmöglichkeiten Zweifel verbleiben und zumindest zwei Auslegungsergebnisse rechtlich vertretbar sind, kommt die sich zu Lasten des Klauselverwenders auswirkende Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB zur Anwendung. Dabei bleiben allerdings Verständnismöglichkeiten unberücksichtigt, die zwar theoretisch denkbar, praktisch aber fernliegend sind und für die an solchen Geschäften typischerweise Beteiligten nicht ernstlich in Betracht kommen. Diese Auslegungsregel führt im hier vorliegenden Verbandsprozess - ebenso wie im Individualprozess dazu, dass bei einer mehrdeutigen Klausel von den in Erwägung zu ziehenden Auslegungen diejenige zugrunde zu legen ist, die zur Unwirksamkeit der Klausel führt. Denn damit ist die scheinbar "kundenfeindlichste" Auslegung im Ergebnis die dem Kunden günstigste (Senat aaO Rn. 33; BGH, Urteile vom 4. Februar 2025 aaO und vom 8. September 2021 aaO Rn. 19 f; jew. mwN).

[2] Die Anwendung der vorstehenden Maßstäbe führt im vorliegenden Fall zu der Auslegung, dass die Bezugnahme auf die "bisherigen Konditionen" in der Klausel nicht zur Fortgeltung etwaig zuvor vereinbarter Kündigungsrechte führt.

Wenngleich sich die Klausel in dieser Weise verstehen lässt, ist ein solches Verständnis keineswegs zwingend. Die Vereinbarung einer Befristung schließt in der Regel den konkludenten Ausschluss des Rechts zur ordentlichen Kündigung mit ein, weil dieses dem Zweck der Befristung, das Vertragsverhältnis bis zu deren Ende durchzuführen, entgegensteht (Oetker, Das Dauerschuldverhältnis und seine Beendigung, 1994, S. 453). Die Parteien können zwar ein ordentliches Kündigungsrecht vertraglich vereinbaren, jedoch stellt dies die Ausnahme von dem Grundsatz dar, dass eine ordentliche Kündigung bei befristeter Vertragslaufzeit ausgeschlossen ist (vgl. BeckOGK/Sutschet, BGB [1. April 2025], § 620 Rn. 57 f; BeckOK/Kreutzberg-Kowalczyk, BGB [1. Mai 2025], § 620 Rn. 70; MüKo/Engshuber, BGB, 9. Aufl., § 620 Rn. 11; Staudinger/Oetker, BGB, Neubearbeitung 2022, Vorbemerkung zu §§ 620-630 Rn. 82; Staudinger/Temming, BGB, Neubearbeitung 2025, § 620 Rn. 4). Angesichts des Umstands, dass die Vereinbarung einer befristeten Vertragsdauer im Regelfall zugleich den Ausschluss des ordentlichen Kündigungsrechts bedeutet, lässt die bloße Bezugnahme auf die "bisherigen Konditionen" - zumindest für durchschnittliche Vertragspartner der Beklagten (hinsichtlich des Klauselgegners in einem Handelsvertretervertrag vgl. OLG München, ZVertriebsR 2022, 327 Rn. 50 ff) - nicht zweifelsfrei erkennen, ob dadurch etwaig zuvor vereinbarte Lösungsmöglichkeiten vom Vertrag fortgelten oder diese durch die aktuell vereinbarte Befristung ausgeschlossen werden sollen. Um diese Zweifel auszuschließen, bedürfte es in der Klausel einer ausdrücklichen Bezugnahme auf etwaig zuvor vereinbarte Lösungsmöglichkeiten.

(c) Ebenso wenig verfängt der Einwand der Revision, im Rahmen von § 43b Satz 1 TKG aF würde die Vertragslaufzeit nicht mit Vertragsschluss, sondern mit der vereinbarungsgemäßen Bereitstellung der Leistung beginnen, so dass die erst im Anschluss an den abgelaufenen Erstvertrag einsetzende Mindestlaufzeit der Vertragsverlängerung 24 Monate nicht überschreite.

Allerdings ist der Revision zuzugeben, dass nach verbreiteter Ansicht bei § 43b Satz 1 TKG aF und § 56 Abs. 1 Satz 1 TKG nF für den Beginn der Vertragslaufzeit - anders als bei § 309 Nr. 9 Buchst. a BGB (vgl. Senat, Urteil vom 12. März 2009 - III ZR 142/08, NJW 2009, 1738 Rn. 21; BGH, Urteile vom 12. Dezember 2012 - VIII ZR 14/12, NJW 2013, 926 Rn. 22 und vom 17. März 1993 - VIII ZR 180/92, BGHZ 122, 63, 67; OLG Hamburg, GRUR-RS 2024, 39196 Rn. 28; BeckOGK/Weiler aaO Rn 84 ff; Staudinger/Coester-Waltjen, BGB, Neubearbeitung 2022, § 309 Nr. 9 Rn. 17a; a.A. Dammann in Wolf/Lindacher/Pfeiffer aaO Rn. 42) - nicht auf den Vertragsschluss, sondern auf den vereinbarten Zeitpunkt der erstmaligen Leistungserbringung abgestellt wird (zu § 56 Abs. 1 Satz 1 TKG nF: Kiparski, CR 2025, 331 Rn. 18 ff; ders. in Säcker/Körber, TKG, 4. Aufl., § 56 Rn. 21; zu § 43b Satz 1 TKG aF: Heilmann/Herrmann in Paschke/Berlit/ Meyer/Kröner, Hamburger Kommentar Gesamtes Medienrecht, 4. Aufl., TKG § 43b Rn. 33; Säcker/Rugullis, TKG, 3. Aufl., § 43b Rn. 4; Sassenberg, BB 2012, 1295, 1296; Schadow in Scheurle/Mayen, TKG, 3. Aufl., § 43b Rn. 3; Sodtalbers in Spindler/Schuster, Recht der elektronischen Medien, 4. Aufl., § 43b TKG Rn. 3; vgl. auch BeckOGK/Weiler aaO Rn. 40). Begründet wird dies mit Besonderheiten des Marktes auf dem Telekommunikationsdienstleistungssektor (Vorvermarktung beim Glasfaserausbau; Praxis des Anbieterwechsels), die dazu führten, dass der Zeitpunkt des Beginns der Leistungserbringung der Verfügungsgewalt der Anbieter oftmals entzogen sei und sich erheblich in die Zukunft verlagern könne (vgl. dazu Fischer/Issels, K&R 2025, 270 ff; Kiparski, CR 2025, 334 f).

Ob diese Gesichtspunkte beim Abschluss eines Erstvertrages (vgl. den dem Urteil des OLG Hamburg aaO Rn. 4 zugrunde liegenden Sachverhalt) dazu führen, dass für den Beginn der Vertragslaufzeit auf den vereinbarten Zeitpunkt der erstmaligen Leistungserbringung abzustellen ist, kann vorliegend dahinstehen. Im hier gegebenen Fall der Verlängerung eines bereits bestehenden Vertrages, auf den sich die streitgegenständliche Klausel bezieht, werden die geschuldeten Leistungen von dem Anbieter im Vereinbarungszeitpunkt der Vertragsverlängerung bereits erbracht. Die Sichtweise der Revision führt zur Aufspaltung eines einheitlichen Vorgangs der Leistungserbringung in zwei unterschiedliche Laufzeiten, ohne dass die Besonderheiten des Marktes auf dem Telekommunikationsdienstleistungssektor, die als Grund für einen späteren Beginn der Laufzeit von Telekommunikationsverträgen angeführt werden, überhaupt zum Tragen kommen. Das ist mit dem Zweck von § 43b Satz 1 TKG aF und dem zugrunde liegenden Art. 30 Abs. 5 der Universaldienstrichtlinie, Verbrauchern den Anbieterwechsel zu erleichtern (EuGH, Urteil vom 13. Februar 2025, EuZW 2025, 425 Rn. 33), nicht zu vereinbaren. Insbesondere bei frühzeitigen Vertragsverlängerungen kann eine solche Aufspaltung dazu führen, dass Verbrauchern ein Anbieterwechsel für einen wesentlich längeren Zeitraum als 24 Monate erschwert und ihnen damit gegebenenfalls die Möglichkeit genommen wird, von zwischenzeitlichen Verbesserungen der auf dem Telekommunikationsmarkt angebotenen Leistungen zu profitieren. Daher ist im Rahmen von § 43b Satz 1 TKG aF jedenfalls im Fall von Vertragsverlängerungen für den Beginn der Vertragslaufzeit auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses abzustellen.

Eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 Abs. 3 AEUV ist insoweit nicht veranlasst (zum Maßstab hierfür vgl. zB Senat, Urteil vom 2. Februar 2023 aaO Rn. 40; EuGH, NJW 2021, 3303 Rn. 32 f; jew. mwN). Es steht zur Überzeugung des Senats mit der nach der "acte-clair-" beziehungsweise "acte-éclairé-Doktrin" erforderlichen Gewissheit (vgl. hierzu Senat, Urteil vom 19. Dezember 2024 - III ZR 24/23, BGHZ 242, 341 Rn. 42 mwN; EuGH, EuZW 2016, 111 Rn. 38; NJW 1983, 1257, 1258) fest, dass die vorstehende Auslegung von § 43b Satz 1 TKG aF in Einklang mit der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 13. Februar 2025 sowie dem darin betonten Zweck von Art. 30 Abs. 5 der Universaldienstrichtlinie steht und die richtige Anwendung des Unionsrechts derart offenkundig ist, dass für vernünftige Zweifel kein Raum bleibt.

(3) Da die streitgegenständliche Klausel gegen § 43b Satz 1 TKG aF verstößt, werden die Kunden der Beklagten durch deren Verwendung unangemessen benachteiligt. Gemäß § 47b TKG aF darf von den in § 43b Satz 1 TKG aF geregelten Vorgaben für die Laufzeit von Verträgen zwischen Verbrauchern und Anbietern öffentlich zugänglicher Telekommunikationsdienste nicht zum Nachteil des Teilnehmers (vgl. § 3 Nr. 20 TKG aF) abgewichen werden, soweit nicht ein anderes bestimmt ist. Es handelt sich um halbzwingendes Recht zu Gunsten des Verbrauchers. Allgemeine Geschäftsbedingungen, die zum Nachteil des Kunden gegen (halb-)zwingendes Recht verstoßen, benachteiligen diesen mit der Folge ihrer Unwirksamkeit unangemessen im Sinne des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB (BGH, Urteil vom 20. März 2018 - XI ZR 309/16, BGHZ 218, 132 Rn. 18 mwN).

bb) Die Klausel verstößt ebenfalls gegen § 56 Abs. 1 Satz 1 TKG nF. Danach darf die anfängliche Laufzeit eines Vertrages zwischen einem Verbraucher und einem Anbieter öffentlich zugänglicher Telekommunikationsdienste, der nicht nur nummernunabhängige interpersonelle Telekommunikationsdienste oder Übertragungsdienste für die Bereitstellung von Diensten der Maschine-Maschine-Kommunikation zum Gegenstand hat, 24 Monate nicht überschreiten.

(1) Die Beklagte ist auch nach neuer Gesetzeslage Anbieterin öffentlich zugänglicher Telekommunikationsdienste. Nach § 3 Nr. 44 TKG nF sind öffentlich zugängliche Telekommunikationsdienste einem unbestimmten Personenkreis zur Verfügung stehende Telekommunikationsdienste. Der nunmehr in § 3 Nr. 61 TKG nF legaldefinierte Begriff der Telekommunikationsdienste greift die Definition in § 3 Nr. 24 TKG aF auf (vgl. § 3 Nr. 61 Buchst. c TKG nF) und erweitert sie um die auch schon nach alter Gesetzeslage als Telekommunikationsdienste zu qualifizierenden Internetzugangsdienste (§ 3 Nr. 61 Buchst. a TKG nF) und die interpersonellen Telekommunikationsdienste (§ 3 Nr. 61 Buchst. b TKG nF; Herrmann in BeckOK/IT-Recht [1. Januar 2023], § 3 TKG Rn. 56 f; Körber in Säcker/ Körber, TKG-TTDSG, 4. Aufl., § 3 TKG Rn. 89, 93, 97; Schütz in Geppert/Schütz, TKG, 5. Aufl., § 3 Rn. 142 ff). Da die DSL-Anschluss- und Mobilfunkverträge, die die Beklagte mit Verbrauchern abschließt, bereits nach § 3 Nr. 24 TKG aF Telekommunikationsdienste zum Gegenstand haben (vgl. unter II 1 b aa 1), gilt das ebenso nach der erweiterten Begriffsbestimmung in § 3 Nr. 61 TKG nF.

(2) § 56 Abs. 1 Satz 1 TKG nF erfasst ebenso wie § 43b Satz 1 TKG aF auch Vertragsverlängerungen.

§ 56 Abs. 1 Satz 1 TKG nF dient der Umsetzung von Art. 105 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie (EU) 2018/1972 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 über den europäischen Kodex für die elektronische Kommunikation (Neufassung; ABl. L 321 vom 17. Dezember 2018, S. 36). Danach stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass die Bedingungen und Verfahren für die Vertragskündigung nicht davon abschrecken, einen Anbieterwechsel vorzunehmen, und dass Verträge zwischen Verbrauchern und Anbietern öffentlich zugänglicher elektronischer Kommunikationsdienste, bei denen es sich weder um nummernunabhängige interpersonelle Kommunikationsdienste noch um für die Bereitstellung von Diensten der Maschine-Maschine-Kommunikation genutzte Übertragungsdienste handelt, keine Mindestvertragslaufzeit enthalten, die 24 Monate überschreitet. § 56 Abs. 1 Satz 1 TKG nF ist damit im Lichte dieser Richtlinienvorschrift unionsrechtskonform auszulegen.

Anders als die Revision meint, ist eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 Abs. 3 AEUV auch insoweit nicht veranlasst. Aufgrund der Entscheidung des Gerichtshofs vom 13. Februar 2025 steht vielmehr zur Überzeugung des Senats mit der nach der "acte-clair-" beziehungsweise "acte-éclairé-Doktrin" erforderlichen Gewissheit (vgl. hierzu oben II 1 b aa (2) (c)) fest, dass Art. 105 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie (EU) 2018/1972 dahin auszulegen ist, dass sich der Begriff "Mindestvertragslaufzeit" in dieser Bestimmung sowohl auf die Laufzeit des Erstvertrages zwischen einem Verbraucher und einem Anbieter elektronischer Kommunikationsdienste als auch auf die Laufzeit eines Folgevertrages zwischen denselben Parteien bezieht, so dass dieser Folgevertrag keine Mindestvertragslaufzeit von mehr als 24 Monaten beinhalten darf, und zwar auch dann nicht, wenn er vor Ablauf des Erstvertrages unterzeichnet und in Vollzug gesetzt wurde (vgl. auch Fischer/Issels aaO S. 270; Kiparski aaO Rn. 5; Linardatos, EuZW 2025, 427 f). Der Einwand der Revision, dass die Entscheidung des Gerichtshofs vom 13. Februar 2025 lediglich die Auslegung des Begriffs der anfänglichen Mindestvertragslaufzeit in Art. 30 Abs. 5 der Universaldienstrichtlinie, nicht hingegen auch die § 56 TKG zugrunde liegende Regelung des Art. 105 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie (EU) 2018/1972 betrifft, steht dem nicht entgegen. Da Art. 105 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie (EU) 2018/1972 im Wesentlichen inhaltsgleich zu Art. 30 Abs. 5 der Universaldienstrichtlinie ist, gelten die Erwägungen, die der Gerichtshof in seiner Entscheidung vom 13. Februar 2025 zu Art. 30 Abs. 5 der Universaldienstrichtlinie angestellt hat, für Art. 105 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie (EU) 2018/1972 in gleicher Weise.

Die Universaldienstrichtlinie wurde durch die Richtlinie (EU) 2018/1972 aufgehoben. Nach der Entsprechungstabelle in Anhang XIII der Richtlinie (EU) 2018/1972 entspricht Art. 105 Abs. 1 der Richtlinie (EU) 2018/1972 dem Art. 30 Abs. 5 der Universaldienstrichtlinie. Beide Vorschriften sehen für die Mitgliedstaaten die Verpflichtung vor sicherzustellen, dass Telekommunikationsverträge mit Verbrauchern keine Mindestvertragslaufzeit enthalten, die 24 Monate überschreitet. Dabei stimmt der Wortlaut beider Vorschriften im Wesentlichen überein. Soweit das Adjektiv "anfänglich" im Wortlaut von Art. 105 Abs. 1 der Richtlinie (EU) 2018/1972 entfallen ist, gibt dieser sogar deutlicher als der Wortlaut von Art. 30 Abs. 5 der Universaldienstrichtlinie zu erkennen, dass Vertragsverlängerungen vom Anwendungsbereich der Norm umfasst sind (vgl. Kloss, ITRB 2021, 232, 233).

Die auf den Zweck der Vorschrift abzielende Überschrift "Erleichterung des Anbieterwechsels" von Art. 30 der Universaldienstrichtlinie ist zwar durch die Überschrift "Vertragslaufzeit und -kündigung" in Art. 105 der Richtlinie (EU) 2018/1972 ersetzt worden. Dafür ist aber in Art. 105 der Richtlinie (EU) 2018/1972 der einleitende Halbsatz "Danach stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass die Bedingungen und Verfahren für die Vertragskündigung nicht davon abschrecken, einen Anbieterwechsel vorzunehmen, […]." eingefügt worden, in dem der Zweck benannt wird. Da auch Erwägungsgrund 47 der Richtlinie 2009/136/EG in Erwägungsgrund 273 der Richtlinie (EU) 2018/1972 eine Entsprechung findet, besteht kein Zweifel daran, dass der Zweck der Vorschrift, den der Gerichtshof der Europäischen Union für seine Auslegung von Art. 30 Abs. 5 der Universaldienstrichtlinie maßgeblich herangezogen hat (aaO Rn. 32 ff), bei Art. 105 Abs. 1 der Richtlinie (EU) 2018/1972 ebenso wie bei Art. 30 Abs. 5 der Universaldienstrichtlinie darin besteht, es Verbrauchern zu erleichtern, in voller Sachkenntnis den Anbieter zu wechseln, wenn dies in ihrem Interesse ist, damit die Verbraucher in den vollen Genuss der Vorteile eines wettbewerbsorientierten Umfelds kommen können.

Der Umstand, dass Art. 105 Abs. 3 der Richtlinie (EU) 2018/1972 eine Regelung zu Vertragsverlängerungen enthält, steht der Auslegung, dass vom Anwendungsbereich des Art. 105 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie (EU) 2018/1972 auch Vertragsverlängerungen erfasst werden, nicht entgegen. Die Regelung in Art. 105 Abs. 3 der Richtlinie (EU) 2018/1972 bezieht sich lediglich auf automatische, also stillschweigende Verlängerungen eines befristeten Vertrages, nicht hingegen auf - wie hier - ausdrücklich vereinbarte Vertragsverlängerungen, die somit dem Anwendungsbereich von Art. 105 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie (EU) 2018/1972 unterfallen können.

Da Art. 105 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie (EU) 2018/1972 nach Wortlaut und Zweck somit im Wesentlichen Art. 30 Abs. 5 Satz 1 der Universaldienstrichtlinie entspricht, lässt sich die Auslegung von Art. 30 Abs. 5 Satz 1 der Universaldienstrichtlinie, die der Gerichtshof der Europäischen Union in seiner Entscheidung vom 13. Februar 2025 vorgenommen hat, auf Art. 105 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie (EU) 2018/1972 übertragen. Dessen Auslegung dahin, dass von seinem Anwendungsbereich auch Vertragsverlängerungen erfasst werden, ist vor diesem Hintergrund derart offenkundig, dass für einen vernünftigen Zweifel kein Raum bleibt.

Zugleich steht damit fest, dass § 56 Abs. 1 Satz 1 TKG nF unionsrechtskonform dahin auszulegen ist, dass sich der darin enthaltene Begriff "anfängliche Laufzeit eines Vertrages" auch auf Vertragsverlängerungen bezieht. Der Wortlaut von § 56 Abs. 1 Satz 1 TKG nF steht dieser Auslegung nicht entgegen. Das trotz der unterbliebenen (erneuten) Verwendung in Art. 105 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie (EU) 2018/1972 in § 56 Abs. 1 Satz 1 TKG nF beibehaltene Adjektiv "anfänglich" dient - ebenso wie der in der Gesetzesbegründung verwendete Begriff "Erstlaufzeit" (Entwurf der Bundesregierung eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2018/1972 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 über den europäischen Kodex für die elektronische Kommunikation (Neufassung) und zur Modernisierung des Telekommunikationsrechts (Telekommunikationsmodernisierungsgesetz), BT-Drucks. 19/26108, S. 288) - der Abgrenzung zu der in § 56 Abs. 3 TKG nF geregelten stillschweigenden Vertragsverlängerung.

(3) Wie bereits dargelegt, bewirkt die beanstandete Klausel eine anfängliche (Mindest-)Laufzeit, die 24 Monate überschreitet. Insoweit wird auf die Ausführungen (unter II 1 b aa (2)) zu § 43b Satz 1 TKG aF Bezug genommen, die für § 56 Abs. 1 Satz 1 TKG nF entsprechend gelten.

(4) Auch nach neuer Gesetzeslage werden die Kunden der Beklagten durch die Verwendung der streitgegenständlichen Klausel aufgrund des Verstoßes gegen § 56 Abs. 1 Satz 1 TKG nF unangemessen benachteiligt. Ebenso wie bei § 43b Satz 1 TKG aF handelt es sich bei § 56 Abs. 1 Satz 1 TKG nF um halbzwingendes Recht zu Gunsten des Verbrauchers (§ 71 Abs. 1 TKG nF).

2. Da die Klausel bereits nach § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB in Verbindung mit § 43b Satz 1 TKG aF beziehungsweise § 56 Abs. 1 Satz 1 TKG nF unwirksam ist, kommt es auf eine Unwirksamkeit der Klausel nach § 309 Nr. 9 Buchst. a BGB und die damit verbundene Frage, ob § 309 Nr. 9 Buchst. a BGB in Bezug auf Telekommunikationsverträge neben § 43b Satz 1 TKG aF beziehungsweise § 56 Abs. 1 Satz 1 TKG nF anwendbar ist (verneinend: Kiparski in Säcker/Körber aaO § 56 Rn. 28; ders., CR 2022, 537, 541; ders., CR 2025, 331 Rn. 12 ff; Neumann, Telekommunikationsrecht kompakt, Band 2, 2023,

S. 57; bejahend: OLG Hamburg aaO Rn. 22 f; BeckOGK/Weiler aaO Rn. 40; MüKo/Wurmnest, BGB, 9. Aufl., § 309 Nr. 9 Rn. 10; Ditscheid/Boms in Geppert/ Schütz aaO § 56 Rn. 22; vgl. auch Erman/Looschelders, BGB, 17. Aufl., § 309 BGB Rn. 125 zur Anwendbarkeit von § 309 Nr. 9 Buchst. b BGB neben § 56 Abs. 3 TKG), nicht mehr an.

3. Der Tenor der angefochtenen Entscheidung ist nicht zu weit gefasst. Die Revision macht zu Unrecht geltend, dass die Verurteilung der Beklagten keine Rechtsgrundlage habe, soweit ihr die Verwendung der Klausel auch in gegenwärtigen und zukünftigen Verträgen untersagt werde, in denen möglicherweise Kündigungsmöglichkeiten der Vertragspartner vor Ablauf der Vertragslaufzeit vorgesehen seien und die somit nicht gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB in Verbindung mit § 43b Satz 1 TKG aF beziehungsweise § 56 Abs. 1 Satz 1 TKG nF unwirksam seien. Bei der gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung der Klausel sieht diese mit der Befristung der verlängerten Laufzeit auf 24 Monate zugleich vor, dass etwaig zuvor vereinbarte Kündigungsrechte nicht fortgelten sollen. Insoweit wird auf die Ausführungen unter II 1 b aa (2) (b) (bb) Bezug genommen.

Remmert Kessen Herr Liepin Ostwaldt Vorinstanz: KG Berlin, Entscheidung vom 22.05.2024 - 23 UKl 1/24 - Verkündet am: 10. Juli 2025 Bachmann, Justizfachangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

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