Paragraphen in 11 W (pat) 36/13
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BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 36/13 Verkündet am 22. September 2016
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BESCHLUSS In der Beschwerdesache …
BPatG 154 05.11 betreffend das Patent 10 2009 040 305 hat der 11. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 22. September 2016 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr.-Ing. Höchst sowie der Richter Kruppa, Dr.-Ing. Fritze und Dipl.-Ing. (Univ.) Wiegele beschlossen:
Die Beschwerde der Patentinhaberin wird zurückgewiesen.
Gründe I.
Gegen das am 5. September 2009 angemeldete und am 5. Januar 2012 veröffentlichte Patent 10 2009 40 305 ist am 28. März 2012 Einspruch erhoben worden. Die Einsprechende hat die Auffassung vertreten, das Patent sei zu widerrufen, da die Erfindung nicht so deutlich und vollständig offenbart sei, dass ein Fachmann sie ausführen könne; zudem sei der Gegenstand des Streitpatents nicht neu.
Zur Begründung hat sie unter anderem die Druckschrift GB 543,645 herangezogen.
Die Patentabteilung 15 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat den Widerruf des Patents mangels Neuheit des Gegenstandes des erteilten Anspruchs 1 beschlossen.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Patentinhaberin.
Die Beschwerdeführerin beantragt,
den Beschluss der Patentabteilung 15 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 29. Juli 2013 aufzuheben und das Patent auf der Grundlage der folgenden Unterlagen aufrechtzuerhalten:
- Patentansprüche 1 bis 4 gemäß Patentschrift - hilfsweise gemäß Hilfsantrag 1 Patentansprüche 1 und 2, eingereicht in der mündlichen Verhandlung, - hilfsweise gemäß Hilfsantrag 2 Patentansprüche 1 und 2 , eingereicht in der mündlichen Verhandlung, - Beschreibung zu Hauptantrag und Hilfsantrag 1, Seiten 1 bis 4 gemäß Patentschrift, zu Hilfsantrag 2 Seiten 2 und 3, eingereicht in der mündlichen Verhandlung, - Figur 1 gemäß Patentschrift.
Die Beschwerdegegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie vertritt weiterhin - auch gegenüber den neuen Hilfsanträgen - ihre Auffassung aus dem Einspruchsverfahren, dass das Patent zu widerrufen sei; sie bezieht sich in ihrer Begründung u. a. auf die Druckschriften GB 543,645 und DE 31 22 367 C1.
Das angegriffene Patent umfasst in der erteilten Fassung vier Ansprüche; Patentanspruch 1 lautet – hier nach Merkmalen gegliedert:
„a) Schutzeinrichtung (10) für den Schutz eines Objektes gegen insbesondere EFP Flugprojektile (5),
gekennzeichnet durch b) einen Sandwichaufbau verschiedener Werkstoffe (A, B, C), c) wobei die Ausrichtung des Sandwichaufbaus derart ausgelegt ist,
dass die Werkstoffschichten (1, 2, 3, 4) neben- bzw. übereinander liegend zur Einwirkungsrichtung (BR) weisen, d) wobei das Projektil auf mindestens zwei Werkstoffe (A, B, C) unterschiedlicher Materialien auftrifft, so dass ein Teil des Projektils durch den einen Werkstoff schnell eindringt während ein Teil des Projektils in dem anderen Werkstoff langsamer eindringt, e) wobei der Abstand zwischen den Streifen des härteren Werkstoffes zueinander kleiner als das Kaliber des Projektils (5) ist.“
Zu den nachgeordneten nach dem Hauptantrag geltenden erteilten Ansprüchen 2 bis 4 wird auf die Patentschrift verwiesen.
Der Patentanspruch 1 nach dem Hilfsantrag 1 lautet (Änderungen gegenüber der erteilten Fassung sind hier hervorgehoben):
„a) Schutzeinrichtung (10) für den Schutz eines Objektes gegen insbesondere EFP Projektile (5),
gekennzeichnet durch b) einen Sandwichaufbau verschiedener Werkstoffe (A, B, C), c) wobei die Ausrichtung des Sandwichaufbaus derart ausgelegt ist,
dass die Werkstoffschichten (1, 2, 3, 4) neben- bzw. übereinander liegend zur Einwirkungsrichtung (BR) weisen,
d) wobei das Projektil auf mindestens zwei Werkstoffe (A, B, C) unterschiedlicher Materialien auftrifft, so dass ein Teil des Projektils durch den einen Werkstoff schnell eindringt während ein Teil des Projektils in dem anderen Werkstoff langsamer eindringt,
f) wobei die Werkstoffe (A, B, C) deutlich unterschiedliche Festigkeiten aufweisen,
e) wobei der Abstand zwischen den Streifen des härteren Werkstoffes zueinander kleiner als das Kaliber des Projektils (5) ist,
g) wobei die Dicke der Werkstoffstreifen (1, 2, 3, 4) deutlich größer als die Höhe (h) und die Höhe (h) der Streifen (1, 2, 3, 4) mindestens halb so groß ist wie das Kaliber des […] Flugprojektils (5).“
Der Patentanspruch 1 nach dem Hilfsantrag 2 lautet (Änderungen gegenüber der erteilten Fassung sind hier fett hervorgehoben, Änderungen gegenüber der Fassung nach dem Hilfsantrag 1 fett und kursiv):
„a) Schutzeinrichtung (10) für den Schutz eines Objektes gegen […] EFP Flugprojektile (5),
gekennzeichnet durch b) einen Sandwichaufbau verschiedener Werkstoffe (A, B, C), c) wobei die Ausrichtung des Sandwichaufbaus derart ausgelegt ist,
dass die Werkstoffschichten (1, 2, 3, 4) neben- bzw. übereinander liegend zur Einwirkungsrichtung (BR) weisen, d) wobei das Projektil auf mindestens zwei Werkstoffe (A, B, C) unterschiedlicher Materialien auftrifft, so dass ein Teil des Projektils durch den einen Werkstoff schnell eindringt während ein Teil des Projektils in dem anderen Werkstoff langsamer eindringt, […]
e) wobei der Abstand zwischen den Streifen des härteren Werkstoffes zueinander kleiner als das Kaliber des Projektils (5) ist,
f) […] die Werkstoffe (A, B, C) deutlich unterschiedliche Festigkeiten aufweisen,
g) wobei die Dicke der Werkstoffstreifen (1, 2, 3, 4) deutlich größer als die Höhe (h) und die Höhe (h) der Streifen (1, 2, 3, 4) mindestens halb so groß ist wie das Kaliber des EFP Flugprojektils (5).“
Wegen der nach den Hilfsanträgen 1 und 2 jeweils geltenden nachgeordneten Ansprüche 2, den Änderungen in den jeweiligen Beschreibungen sowie zu den weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akten Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.
A. Das angefochtene Patent betrifft eine Schutzeinrichtung zum Schutz gegen Projektile, Munitionen und andere Geschosse (Patentschrift Abs. [0001]).
Zum technischen Hintergrund ist in der Patentbeschreibung ausgeführt, die Panzerung leichter und mittelschwerer Fahrzeuge müsse verschiedenen Bedrohungen - dazu zählen EFP - Explosively Formed Projectiles - widerstehen können und trotzdem möglichst leicht sein. Panzerstahl sei nicht für alle Fahrzeuge systemverträglich und zu schwer, sodass eine reine Panzerstahllösung innerhalb zulässiger Fahrzeuggewichte nicht möglich sei. Diverse andere Schutzlösungen basierten auf der Kombination verschiedener Werkstoffe, insbesondere unter Verwendung von Faserverbunden, die aber eine im Vergleich zu Panzerstahl geringe Volumeneffizienz aufwiesen, was zu einer Überschreitung zulässiger bzw. gewünschter Fahrzeugbreiten führe (Abs. [0002] bis [0004]).
Die Aufgabe ist, einen systemverträglichen Schutz, insbesondere leichter Fahrzeuge, wie Radfahrzeuge, aufzuzeigen, der insbesondere gegen EFP einen ausreichenden Schutz bildet (Abs. [0005]).
B. In der erteilten Fassung hat das angegriffene Patent keinen Bestand.
1. Der Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 ist klar definiert und ausführbar.
Die Beschwerdegegnerin vertritt die Meinung, der Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 sei nicht hinreichend bestimmt.
Dies trifft nicht zu. Der erteilte Patentanspruch 1 erfüllt die Vorgabe des § 34 (3) Nr. 3 PatG, wonach darin anzugeben ist, was als patentfähig unter Schutz gestellt werden soll. Allenfalls ist der Patentanspruch hier weit gefasst. Sollte die Beschwerdegegnerin mit ihrer Rüge auf den Widerrufsgrund gemäß § 21 (1) Nr. 2 PatG abzielen, ist festzustellen, dass die Offenbarung der vermeintlichen Erfindung insoweit nicht zu bemängeln ist. Bekanntlich hat der Fachmann - in diesem Fall ein Hochschulabsolvent des Maschinenbaus oder vergleichbarer Qualifikation, der über mehrjährige Berufserfahrung auf dem Gebiet der Entwicklung von Panzerungen verfügt - im Zweifel über die Bedeutung des Anspruchswortlauts zur Auslegung die gesamte Patentschrift zu berücksichtigen. Daraus erschließt sich ihm hier der Anspruchsgegenstand so deutlich, dass er ihn nacharbeiten kann. Näher an dieser Stelle darauf einzugehen, erübrigt sich, denn die Schutzeinrichtung gemäß dem Anspruch 1 ist nicht patentfähig.
2. Die Schutzeinrichtung gemäß dem unbestritten zulässigen erteilten Patentanspruch 1 beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Der Auffassung der Patentabteilung, die Druckschrift GB 543,645 nehme den Gegenstand des erteilten Anspruchs neuheitsschädlich vorweg, kann der Senat nicht beipflichten.
Die Patentabteilung vertritt ihrem Beschluss zufolge offenbar die Meinung, im Merkmal d), wonach das Projektil auf mindestens zwei Werkstoffe unterschiedlicher Materialien auftrifft, so dass ein Teil des Projektils durch den einen Werkstoff schnell eindringt, während ein Teil des Projektils in dem anderen Werkstoff langsamer eindringt, müsse der Begriff Teil im Sinne von Teilbereich zu verstehen sein. Nach diesem Verständnis kann das Projektil im Verlauf des Eindringens in die verschiedenen Materialien der Schutzeinrichtung auch ganz bleiben.
Die Beschwerdeführerin legt dementgegen dar, im Anspruch 1 ihres Patents sei mit Teil ein Bruchteil eines zerschnittenen Projektils oder eines abgescherten Projektilteils gemeint.
Diese Auslegung stützen die Abs. [0008] und [0011] sowie [0012] bis [0016] in der Patentbeschreibung, wogegen die andere Auslegung aus dem Kontext der Patentschrift nicht zweifelsfrei hervorgeht.
Der Senat legt den Anspruchswortlauts daher zugunsten der Beschwerdeführerin in deren Sinn aus und kommt damit zu dem Ergebnis, dass dem Anspruchsgegenstand gegenüber der Druckschrift GB 534,645 wegen Merkmal d) ein neuheitsbegründender Überschuss zuzugestehen ist.
Zu der anderen Druckschrift DE 31 22 367 C1, die die Beschwerdegegnerin ebenfalls als neuheitsschädlich ansieht, ist festzustellen, dass diese zumindest das Merkmal e) nicht in der dafür erforderlichen Eindeutigkeit offenbart.
Ob die patentgemäße Schutzeinrichtung neu ist, kann aber dahingestellt bleiben, denn aufgrund des sich aus der Druckschrift DE 31 22 367 C1 ergebenden Standes der Technik und des anhand der Druckschrift GB 534,645 belegbaren Fachwissens liegt ihr zumindest keine erfinderische Tätigkeit zugrunde.
Aus der Druckschrift DE 31 22 367 C1 bekannte Wände für Fahrzeuge und Gebäude zum Schutz gegen Hohlladungen und Wuchtgeschosse kommen der patentgemäßen Schutzeinrichtung bereits nahe (vgl. Figuren 1 bis 12 i. V. m. den darauf bezogenen Beschreibungspassagen). Es handelt sich dabei um Sandwichaufbauten aus verschiedenen Werkstoffen, gebildet zum einen aus parallel zueinander ausgerichteten Zwischenwänden oder –wandungen 3, 5, 6, 11, 12, 22, 28, 29, 33, 34 und 35, beispielsweise aus Panzerstahlplatten oder Stahl, zum anderen aus Zwischenräumen 4, 7, 13, 14 und 28. Letztere können - dem Oberbegriff des dortigen Anspruchs 1 zufolge - mit einem vom Material der Zwischenwandungen verschiedenen, festen Material gefüllt sein, welches eine geringere Zugfestigkeit als die Zwischenwandungen aufweist. Die Werkstoffschichten der bekannten Sandwichaufbauten sind gemäß Fig. 6 nebeneinanderliegend zur Beschussrichtung 30 ausgerichtet. Eine entsprechende Ausrichtung, wo - wie beim Patentgegenstand - die Schmalseiten der Werkstoffschichten zur Beschussrichtung weisen, erkennt der Fachmann auch bei den Vorrichtungen, welche die Figuren 1 bis 3 und 5 bis 12 zeigen.
Somit erfüllen diese bekannten Schutzeinrichtungen die Merkmale a) bis c) gemäß dem erteilten Patentanspruch, was die Beschwerdeführerin auch als zutreffend eingeräumt hat.
Mit den Vorrichtungen gemäß der Druckschrift DE 31 22 367 C1 sollen Schutzwände geschaffen werden, die bei relativ geringem Gewicht und Materialaufwand von Hohlladungen und Wuchtgeschossen nicht, jedenfalls nur mit geringer Restduchschlagleistung, durchschlagen werden können (vgl. Sp. 1, Z. 14 bis 19). Das entspricht inhaltlich der allgemein formulierten Aufgabe, von der das angegriffene Patent ausgeht, einen systemverträglichen Schutz aufzuzeigen. Hier (vgl. die Abs. [0002] und [0003] im angegriffenen Patent) wie dort (s. o.) sind Systeme angesprochen, wo es auf einen Kompromiss zwischen Gewicht und Wirksamkeit der Panzerung gegen Beschuss ankommt.
Die bekannte Lösung und die Lösung gemäß dem angegriffenen Patent entsprechen einander soweit, dass ein Fachmann ohne erfinderisches Zutun zu einer Schutzeinrichtung mit den im erteilten Anspruch 1 angegebenen Merkmalen gelangt.
Die Beschwerdeführerin bestreitet, dass durch die bekannten Schutzwände das Merkmal d) der patentgemäßen Schutzeinrichtung vorweggenommen sei. Sie ist der Auffassung, Merkmal d) verlange, dass bei der Schutzeinrichtung gemäß ihrem Patent das Projektil auf mindestens zwei Werkstoffe unterschiedlicher Materialien - zugleich - auftreffen müsse. Dagegen durchschlage bei den bekannten Vorrichtungen das Projektil die Materialien aufeinanderfolgend.
Allenfalls trifft das jedoch für die Schutzwandausgestaltung zu, die in den Fig. 4a bis 4c in der Druckschrift DE 31 22 367 C1 dargestellt sind, wo die Schichten 9 und 10 der Zwischenwandungen 11 und 12 sowie eine mittlere Wandung 8 parallel zur Außenwand 1 und Innenwand 2 angeordnet sind, denn dort treffen die Projektile offensichtlich zunächst auf die Außenwand und dann auf nachfolgend angeordnete Materialschichten.
Die übrigen Ausgestaltungen gemäß den Fig. 1 bis 3 und 5 bis 12 in der Druckschrift DE 31 22 367 C1 erfüllen jedoch auch, wenn das Verständnis der Beschwerdeführerin als zutreffend unterstellt wird, das Merkmal d), denn das Projektil soll, wenn es dort senkrecht auf einer Stelle der Wand auftrifft, wo sich eine Zwischenwandung befindet, auch (Unterstreichung von Seiten des Senats) in einen Zwischenraum zwischen den Zwischenwandungen gelangen (vgl. Sp. 2, Zeilen 15 bis 18). Erklärtes Ziel ist, auf diese Weise das Projektil – dort ein Hohlla- dungsstachel - zu zerlegen und abzulenken, so dass die Stachelteile völlig zerstäubt bzw.….abgetragen werden (vgl. Sp. 2, Z. 11 bis 14). Dies gelingt dort in weiterer Übereinstimmung mit dem zweiten Teil des Merkmals d), was der Fachmann zwar nicht wörtlich, aber aufgrund seines Fachwissens aus den Darlegungen in dieser Druckschrift zu entnehmen vermag: Die Zwischenwandungen der bekannten Schutzeinrichtung bestehen zum Beispiel aus Stahl, und zum Auffüllen der Zwischenräume sind beispielsweise Beton, Gips und gebrannte Ziegel vorgesehen (vgl. Sp. 4, Z. 17 bis 19 i. V. m Fig. 1 bis 3, Bz. 4 und 7). Dem Eindringen von Projektilteilen stehen somit verschiedene Widerstände in den Materialschichten entgegen, was aus fachmännischer Sicht zwangsläufig bewirken muss, dass - in den Worten des Patenanspruchs - ein Teil des Projektils durch den einen Werkstoff schnell eindringt, während ein Teil des Projektils in dem anderen Werkstoff langsamer eindringt.
Zum Merkmal e) ihrer patentgemäßen Schutzeinrichtung, wonach der Abstand zwischen den Streifen härteren Werkstoffes zueinander kleiner als das Kaliber des Projektils ist, vertritt die Beschwerdeführerin letztlich ebenfalls die Auffassung, es werde in der Druckschrift DE 31 22 367 C1 nicht gezeigt.
Für den Fachmann besteht aber aufgrund der dort vermittelten Lehre durchaus bereits Veranlassung, die Abstände zwischen den – härteren – Stahlwänden nicht beliebig, sondern der Bedrohung angemessen zu wählen. Nachdem dort das Projektil, wenn es senkrecht auf einer Stelle der Wand auftrifft, wo sich eine Zwischenwandung befindet, auch in einen Zwischenraum zwischen den Zwischenwandungen gelangen soll (vgl. Sp. 2, Zeilen 15 bis 18), ist dem Fachmann nämlich bewusst, dass der Abstand zwischen den Zwischenwandungen nicht so groß sein darf, dass das Projektil in den Zwischenraum eindringt und sich darin fortbewegt, ohne auch in Kontakt mit einer der angrenzenden Zwischenwandungen zu kommen. Denn dann besteht die Möglichkeit, dass es den Werkstoff durchschlägt, der den Zwischenraum ausfüllt. Infolgedessen wäre die Schutzeinrichtung nicht im gewünschten Maße wirksam. Um dieses sicher zu vermeiden, liegt dem Fach- mann die technisch einfach umsetzbare Maßnahme nahe, den Abstand zwischen den Zwischenwandungen kleiner zu wählen als das Kaliber des Projektils.
Davon abgesehen, dass bereits handwerkliche Überlegungen ausgehend von der Druckschrift DE 31 22 367 C1 zu der Bemessung des Abstandes zwischen den Streifen des härteren Werkstoffs gemäß dem Merkmal e) des erteilten Patenanspruchs 1 führen, konnte der Fachmann einen entsprechenden Hinweis aus der Druckschrift GB 543,645 entnehmen. Anlass, diese erforderlichenfalls heranzuziehen, besteht, denn die Druckschrift GB 543,645 befasst sich - wie das angegriffene Patent auch - mit Verbesserungen einer Schutzeinrichtung für Kriegsmaschinen oder Konstruktionsteile, die – unstreitig – bereits ebenfalls die Merkmale a) bis c) und auch e) gemäß dem Anspruch 1 des angegriffenen Patents aufweist (vgl. S. 1, Z. 11 bis 14 und 40 bis 55 i. V. m. Fig. 7). Unter anderem sind die daraus bekannten Schutzeinrichtungen für Pilotensitze, Treibstofftanks usw. in Flugzeugen vorgesehen (vgl. S. 4, Z. 51 bis 57). Die Druckschrift hat demnach offensichtlich auch einen Bezug zu dem Problem, welches dem angegriffenen Patent zugrunde liegt, eine Schutzeinrichtung gewichtssparend auszugestalten. Ein Teil der bekannten Lösung besteht darin, die Schutzeinrichtung aus dünnen Metalllagen und dazwischen liegenden Lagen zusammenzusetzen, wobei die Metalllagen voneinander mit einer Distanz beabstandet sind, die kleiner ist, als der Durchmesser des kleinsten Projektils, von dem die Panzerung wahrscheinlich getroffen werden wird (vgl. S. 1, Z. 40 bis 45 und S. 3, Z. 11 bis 16), was letztlich das gleiche bedeutet, wie die Maßgabe des Merkmals e) im erteilten Patentanspruch 1.
Eine Schutzeinrichtung mit den Merkmalen gemäß dem erteilten Patentanspruch 1 ist dem Fachmann somit bereits aus dem Stand der Technik nahegelegt.
C. Mit dem Patentanspruch 1 in der Fassung nach dem Hilfsantrag 1 erweist sich das angegriffene Patent ebenfalls als nicht rechtsbeständig.
1. Der Patentanspruch 1 nach dem Hilfsantrag 1 ist zulässig.
Der Senat kann entgegen der von der Beschwerdegegnerin vertretenen Auffassung nicht feststellen, dass der Schutzbereich des nach dem Hilfsantrag 1 geltenden Anspruchs 1 erweitert ist. Des Weiteren folgt er der Beschwerdegegnerin nicht in ihrer Auffassung, wonach unklar sei, was mit dem neuen Anspruch als patentfähig unter Schutz gestellt werden soll.
Nach dem Hilfsantrag 1 umfasst der Anspruch 1 zusätzlich zu den Merkmalen a) bis e) gemäß der erteilten Fassung zwei zusätzliche Merkmale f) und g).
Das Merkmal f), wonach die Werkstoffe (A, B, C) deutlich unterschiedliche Festigkeiten aufweisen, ist zwischen die Merkmale d) und e) eingefügt. Es stammt aus dem ursprünglich eingereichten und auch auf den ursprünglichen Anspruch 1 rückbezogenen Anspruch 3, und macht deutlich, dass nicht konstruktive Maßnahmen (z. B. eine Wabenbauweise) das Eindringen des Projektils beeinflussen, sondern intrinsische Eigenschaften des die Zwischenschicht bildenden Materials. Deutlich unterschiedlich ist auszulegen anhand Abs. [0009] in der Patentbeschreibung, der geeignete Werkstoffkombinationen benennt. Denkbar sind demnach Kombinationen aus Keramik und Aluminium oder Stahl und Kunststoff, woraus folgt, dass um Größenordnungen geringer feste Materialien mit im Vergleich dazu höher festen Materialien die vorstehend im Anspruch benannten Werkstoffschichten (1, 2, 3, 4) bilden sollen. Die allgemeinen Angaben genügen hier, um dem Fachmann eine hinreichend genaue Vorstellung von dem Begriff „deutlich“ zu vermitteln. Was genau mit Festigkeiten gemeint ist, ergibt sich aus dem nachfolgenden Merkmal e), wonach die Werkstoffhärten gemeint sind.
Das zuletzt im Anspruch genannte Merkmal g), wonach die Dicke der Werkstoffstreifen (1, 2, 3, 4) deutlich größer als die Höhe (h) und die Höhe (h) der Streifen (1, 2, 3, 4) mindestens halb so groß ist wie das Kaliber des Flugprojektils (5), stammt aus dem ursprünglich eingereichten und auf den ursprünglichen Anspruch 1 rückbezogenen Anspruch 2. Die Änderungen im Merkmal g), nämlich der Ersatz von der durch des und die Streichung des Ausdrucks EFP vor dem Wort Flugprojektils sind der Zusammenführung der Merkmale aus den erteilten Ansprüchen 1 und 2 geschuldet, denn im einleitenden Merkmal a) ist nach wie vor angegeben, dass die Schutzeinrichtung für den Schutz eines Objektes lediglich insbesondere - also fakultativ - gegen EFP Flugprojektile (5) vorgesehen ist. Flugprojektil und Projektil sind nach der Patentschrift synonym zu verstehen, was sich aus der Zuordnung ein und desselben Bezugszeichens (5) ergibt. Das Kriterium „mindestens halb so groß wie“ begrenzt den Wertebereich für die Höhe (h) der Streifen nach unten hin auf die Hälfte des Projektildurchmessers. Offensichtlich ist der Begriff Dicke im Anspruch nicht in Einklang mit der Beschreibung, wo für dieselbe Kenngröße die Bezeichnung Tiefe (t) verwendet wird. Die uneinheitlichen Bezeichnungen hindern den Fachmann jedoch nicht daran, den Gegenstand des Patents korrekt zu erfassen, denn die Bedeutung der Begriffe Dicke, Tiefe und Höhe erschließt sich letztlich aus der Figur und den Absätzen [0013] und [0014]. Nach der Zeichnung ist die Höhe der Werkstoffstreifen senkrecht zur Beschussrichtung orientiert und die Dicke oder Tiefe parallel dazu.
2. Die Schutzeinrichtung gemäß dem nach dem Hilfsantrag 1 geltenden Anspruch 1 ist nicht patentfähig.
Es kann dahingestellt bleiben, ob - wie die Beschwerdegegnerin meint - auch die nunmehr beanspruchte Schutzeinrichtung nicht mehr neu ist, denn sie beruht jedenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Das Merkmal f) trifft bereits für die gemäß der Druckschrift DE 31 22 367 C1 den Schichtaufbau bildenden Werkstoffe zu. Wie schon zum Hauptantrag dargelegt, sind dort zum einen Stahl für die Zwischenwandungen und zum anderen Materialien wie Beton, Gips, gebrannte Ziegel zum Auffüllen der Zwischenräume vorgesehen. Sie gehören offenkundig zu völlig verschiedenen Werkstoffgruppen, nämlich einerseits zu den Metallen und andererseits zu den Keramiken, die per se u. a. unterschiedliche Festigkeitseigenschaften aufweisen. Davon abgesehen stimmen die dort offenbarten Werkstoffkombinationen auch mit im Patent angegebenen überein (vgl. Abs. [0009], Keramik und […] Aluminium, Stahl und […]Keramik]). Die Lehre der Druckschrift DE 31 22 367 C1 nimmt somit bereits konkrete Ausgestaltungen der patengemäßen Schutzeinrichtung vorweg.
Ebenso wenig kann das Merkmal g) zu der Feststellung führen, dass die nach dem Hilfsantrag 1 beanspruchte Schutzeinrichtung auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.
Das erste Teilmerkmal, wonach die Dicke der Werkstoffstreifen deutlich größer als die Höhe ist, geht bereits aus der Druckschrift DE 31 22 367 C1 hervor. Laut Sp. 4, Z. 55 bis 60, sind für die - dort als Breite bezeichnete - Dicke der Zwischenwandungen beispielsweise Werte zwischen wenigstens 5 cm und vorzugsweise zwischen 25 und 35 cm offenbart, dagegen für die - dort als Stärke bezeichnete - Höhe mindestens 3 mm, vorzugsweise mehr als 5 mm. Damit werden dem Fachmann Beträge für die Dicke der Werkstoffstreifen nahe gelegt, die um mindestens den Faktor 10, und somit deutlich, größer sind als deren Höhe.
Das verbleibende Teilmerkmal betrifft eine Bemessungsregel für die Höhe der Werkstoffstreifen bezogen auf das Projektilkaliber, die aus der Druckschrift DE 31 22 367 C1 so nicht hervorgeht. Dass die Abmessungen der Werkstoffstreifen, also auch deren Dicke und Höhe, sich nach der Art und Größe bzw. Masse der Projektile richten müssen, weiß der Fachmann jedoch bereits, denn daraus ergibt sich die auf eine Schutzeinrichtung einwirkende Energie. Für kleine Projektile - aber keinesfalls beschränkt darauf - lehrt das auch die Druckschrift GB 543,645, die einen entsprechenden Hinweis auf eine Abhängigkeit der Höhe von Werkstoffstreifen in einer artgleichen Schutzeinrichtung in Abhängigkeit von dem Projektilkaliber enthält. Dort ist konkret ein Wert für die Werkstoffstreifenhöhe von 0,250 Zoll als wirksam gegen Projektilkaliber von 0,303 Zoll offenbart (vgl. S. 3, Z. 16 bis 19). Die Höhe ist - in Übereinstimmung mit dem Merkmal der Schutzeinrichtung gemäß dem Anspruch nach dem Hilfsantrag 1 - also mehr als halb so groß wie das Kaliber.
In Anbetracht dieses Standes der Technik ist es handwerklich, und somit nahe liegend, ein auf das Projektilkaliber bezogenes, bestimmtes Maß für die Höhe der Werkstoffstreifen anzugeben, zumal zu dessen Ermittlung ausgehend von bereits bekannten Abmessungsverhältnissen schon die Durchführung einfacher Versuche ausreicht.
D. Auch mit dem Patentanspruch 1 in der Fassung nach dem Hilfsantrag 2 ist das angegriffene Patent nicht rechtsbeständig.
1. Patentanspruch 1 nach dem Hilfsantrag 2 ist zulässig.
Der Senat kann aus den oben angegebenen Gründen zu den Fassungen nach dem Hauptantrag und dem Hilfsantrag 1 auch für diesen Anspruch 1 entgegen der Auffassung der Beschwerdegegnerin weder feststellen, dass sein Schutzbereich erweitert ist, noch dass unklar ist, was er als patentfähig unter Schutz stellt.
Gegenüber dem Hilfsantrag 1 betrifft der Anspruch 1 eine Schutzeinrichtung für den Schutz eines Objektes ausdrücklich gegen EFP Projektile, denn die fakultative Angabe insbesondere wurde im Merkmal a) gestrichen. Dem entsprechend soll nunmehr gemäß dem Merkmal g) die Höhe (h) der Streifen (1, 2, 3, 4) halb so groß sein wie das Kaliber eines EFP Flugprojektils. Die einzige Änderung im Merkmal g) gegenüber dem ursprünglichen Anspruch 2, auf den es zurückgeht, besteht in dem Ersatz von der durch des und betrifft eine grammatikalische Richtigstellung. Im Übrigen umfasst der Anspruch 1 nach dem Hilfsantrag 2 die im Anspruch 1 nach dem Hilfsantrag 1 enthaltenen Merkmale a) bis g) ebenso. Lediglich die Reihenfolge wurde geändert: Merkmal f) steht nun zwischen den Merkmalen e) und g).
2. Die Schutzeinrichtung gemäß dem nach dem Hilfsantrag 2 geltenden Anspruch 1 ist nicht patentfähig, da sie ebenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.
Die einzige Einschränkung gegenüber dem Anspruch 1 nach dem Hilfsantrag 1, wonach der Zweck der Schutzeinrichtung nunmehr der Schutz eines Objektes gegen ausschließlich EFP Flugprojektile ist, begründet keine Erfindung.
EFP bedeutet, wie bereits erwähnt, laut Abs. [0004] in der Patentschrift Explosively Formed Projectiles. Diese können Panzerungen aufgrund ihrer Masse und Geschwindigkeit, also unter Nutzung ihrer kinetischen Energie im Sinne eines Wuchtgeschosses, durchschlagen.
Die aus Druckschrift DE 31 22 367 C1 bekannten Schutzwände sind für eben diese Anwendung vorgesehen. Dort soll eine Schutzwand geschaffen werden, die bei relativ geringem Gewicht und Materialaufwand von Hohlladungen und Wuchtgeschossen nicht, jedenfalls nur mit geringer Restduchschlagleistung, durchschlagen werden kann (vgl. Sp. 1, Z. 14 bis 19). Der Fachmann sieht eine aus Druckschrift GB 543,645 bekannte Schutzeinrichtung grundsätzlich ebenfalls als geeignet gegen EFP Projektile an, deren Wirkungsweise sich nicht von den dort in Betracht gezogenen herkömmlichen Wuchtgeschossen unterscheidet und deren kinetische Energie sie aufnehmen soll (… its object is to provide a form of armouring for war machines and structures which shall absorb kinetic energy of the projectile…, vgl. S. 1, Z. 12 bis 15).
Aus denselben Gründen wie zu dem Patentanspruch 1 nach dem Hilfsantrag 1 ist die Schutzeinrichtung gemäß dem Patentanspruch 1 nach dem Hilfsantrag 2 dem Fachmann aus dem Stand der Technik nahe gelegt. Um Wiederholungen zu vermeiden, wird auf den voranstehenden Abschnitt verwiesen.
E. Den jeweils dem Patentanspruch 1 nachgeordneten Ansprüchen nach den Haupt- und Hilfsanträgen ist mit deren Fortfall die Grundlage entzogen. Eigenständig ein Patent begründende Merkmale konnte der Senat darin nicht erkennen und wurden auch nicht geltend gemacht.
Den Anträgen der Beschwerdeführerin war daher vollumfänglich nicht stattzugeben.
III.
Rechtsmittelbelehrung Dieser Beschluss kann mit der Rechtsbeschwerde nur dann angefochten werden, wenn einer der in § 100 Absatz 3 PatG aufgeführten Mängel des Verfahrens gerügt wird. Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich einzulegen.
Dr. Höchst Kruppa Dr. Fritze Wiegele Bb
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