19 W (pat) 15/15
BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 15/15 (Aktenzeichen)
Verkündet am 16. September 2015
…
BESCHLUSS In der Beschwerdesache …
BPatG 154 6.70
-2…
betreffend das Patent 101 64 933 hat der 19. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 16. September 2015 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Ing. Kleinschmidt, der Richterin Kirschneck und der Richter Dr.-Ing. Scholz und Dipl.-Ing. J. Müller beschlossen:
Die Beschwerde der Patentinhaberin wird zurückgewiesen.
Gründe I.
Das Patent ist durch Teilungserklärung vom 8. Februar 2005 aus der Stammanmeldung 101 52 198.7 mit dem Anmeldetag 23. Oktober 2001 hervorgegangen. Die Erfindung trägt die Bezeichnung „Elektrische Kunststoffspritzgießmaschine“.
Das Deutsche Patent- und Markenamt – Patentabteilung 1.16 – hat das Patent auf die Einsprüche vom 30. und 31. Mai, sowie 5. Juni 2007, durch Beschluss vom 17. Dezember 2008 mit der Begründung widerrufen, der Gegenstand des Patentanspruchs 1 beruhe gegenüber dem Stand der Technik nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die am 2. März 2009 beim Patentamt eingegangene Beschwerde der Patentinhaberin vom 27. Februar 2009. Die Patentinhaberin hat mit Schriftsatz vom 10. September 2014 und in der mündlichen Verhandlung neue Patentansprüche 1 jeweils nach Hauptantrag und Hilfsanträgen mit jeweils zugehörigen Unteransprüchen eingereicht.
Die Patentinhaberin beantragt,
den Beschluss der Patentabteilung 1.16 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 17. Dezember 2008 aufzuheben und das angegriffene Patent 101 64 933 im erteilten Umfang,
hilfsweise aufgrund folgender Unterlagen beschränkt aufrecht zu erhalten:
Patentansprüche 1 bis 5 gemäß Hilfsantrag 1 vom 10. September 2014,
Patentansprüche 1 bis 3 gemäß Hilfsantrag 1a, überreicht in der mündlichen Verhandlung am 16. September 2015,
Patentansprüche 1 bis 5 gemäß Hilfsantrag 2 vom 10. September 2014, Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2a, überreicht in der mündlichen Verhandlung am 16. September 2015, Patentansprüche 1 bis 4 gemäß Hilfsantrag 3 vom 10. September 2014, Patentansprüche 1 bis 2 gemäß Hilfsantrag 4 vom 10. September 2014, übrige Unterlagen zu den Hilfsanträgen jeweils wie erteilt. Die Einsprechenden I bis V beantragen übereinstimmend, die Beschwerde zurückzuweisen. Die Einsprechenden machen unzulässige Erweiterung und mangelnde erfinderische Tätigkeit geltend. Die Patentinhaberin tritt den Ausführungen der Einsprechenden in allen Punkten entgegen, sie hält den Gegenstand des Streitpatents für patentfähig. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II. Die statthafte und auch sonst zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg. Die Patentabteilung hat das Patent zu Recht widerrufen. 1. Hinsichtlich der Zulässigkeit der Einsprüche gemäß § 59 Abs. 1 PatG bestehen keine Bedenken. 2. Das Patent betrifft eine elektrische Kunststoffspritzgießmaschine. Bei derartigen, im Handel erhältlichen und in der Beschreibungseinleitung als Stand der Technik genannten Kunststoffspritzgießmaschinen werden alle beweglichen Maschinenteile wie Schnecke, Schließeinheit und Auswerfer (im Unterschied zu hydraulisch betätigten Kunststoffspritzgießmaschinen) jeweils mittels eines eigenen elektrischen Antriebs bewegt. Jeder elektrische Motor ist eingangsseitig mit wechselspannungsseitigen Ausgängen eines lastseitigen Wechselrichtermoduls verbunden. Diese Wechselrichtermodule sind gleichspannungsseitig mit Ausgängen eines netzseitigen Stromrichtermoduls verknüpft.
Im Betrieb wird der bewegliche Teil der Schließeinheit periodisch beschleunigt und wieder abgebremst. Gebremst wird bei einigen solcher Maschinen mit einer Bremseinheit, die jeweils einen Bremsstrom in Wärme umsetzt. Dadurch weisen solche elektrische Kunststoffspritzgießmaschinen höhere Energiekosten auf.
Werden als Netzgleichrichter Diodengleichrichter eingesetzt, kann die gemeinsame Zwischenkreis-Gleichspannung in Ländern, in denen das speisende Versorgungsnetz nicht sehr stabil ist, schwanken, was sich auf die Produktionszeit auswirken kann.
Die Anmeldung hat sich zur Aufgabe gesetzt, die bekannte elektrische Kunststoffspritzgießmaschine derart zu verbessern, dass die vorstehend genannten und auch in der Beschreibungseinleitung erläuterten Nachteile nicht mehr auftreten (Patentschrift Absätze 0004, 0005, 0010).
Zur Lösung dieser Aufgabe wird als netzseitiges Stromrichtermodul ein selbstgeführtes Pulsstromrichtermodul eingesetzt, das spannungsgeregelt und rückspeisefähig sein kann.
Der Anspruch 1 des Streitpatents (mit einer für diesen Beschluss eingefügten Merkmalsnummerierung) beschreibt das wie folgt:
Elektrische Kunststoffspritzgießmaschine mit 2 einem verfahrbaren Zylinder (4) mit einer innenliegenden drehbaren Schnecke (6), 3 einer Schließeinheit (12) und 4 einem Auswerfer (14), 5 wobei diese Maschinenteile (4, 6, 12, 14) jeweils mit einem elektrischen Motor (24, 16, 18, 20, 22) gekoppelt sind, 6 wobei die Motoren eingangsseitig jeweils mit Ausgängen eines Wechselrichtermoduls (34, 26, 28, 30, 32) verknüpft sind, 7 die ihrerseits gleichspannungsseitig mit Ausgängen eines netzseitigen Stromrichtermoduls (36) verbunden sind, 8 das wechselspannungsseitig mit einem Versorgungsnetz (38) verknüpft ist, dadurch gekennzeichnet, dass 9 das netzseitige Stromrichtermodul (36) ein selbstgeführtes Pulsstromrichtermodul (40) ist.
Die Hilfsanträge spezifizieren den im Anspruch 1 genannten Pulsstromrichter mit weiteren Merkmalen.
Der einteilig abgefasste Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 umfasst die Merkmale 1 bis 9 des Anspruchs 1 nach Hauptantrag mit sprachlich abgeänderten Merkmalen:
6a die eingangsseitig jeweils mit Ausgängen eines Wechselrichtermoduls (34, 26, 28, 30, 32) verknüpft sind,
9a wobei das netzseitige Stromrichtermodul (36) ein selbstgeführtes Pulsstromrichtermodul (40) ist,
und weist zusätzlich die folgenden Merkmale auf:
und wobei das selbstgeführte Pulsstromrichtermodul (40) zur Bereitstellung einer geregelten Zwischenkreisspannung (UZK) vorgesehen ist wobei mit der Zwischenkreisspannung (UZK) eine Speisung der Wechselrichtermodule (26, 28, 30, 32 34) vorgesehen ist.
Der Hilfsantrag 2 nennt zusätzlich zu Hilfsantrag 1:
und wobei das selbstgeführte Pulsstromrichtermodul (49) eine geregelte Ein/Rückspeiseeinheit ist, mit der Energie zurück in das speisende Versorgungsnetz (38) gegeben wird.
Der Hilfsantrag 3 nennt zusätzlich zu Hilfsantrag 2:
und wobei die Wechselrichtermodule (26, 28, 30, 32, 34) und das netzseitige selbstgeführte Pulsstromrichtermodul (40) nebeneinander auf einer Montageplatte lösbar befestigt sind.
Der Hilfsantrag 4 zusätzlich zu Hilfsantrag 3:
wobei das selbstgeführte Pulsstromrichtermodul (40) abschaltbare Leistungshalbleiterschalter aufweist und wobei jeweils als abschaltbarer Leistungshalbleiterschalter des selbstgeführten Pulsstromrichtermoduls (40) ein Silicium-Carbid-Insulated-Gate-Bipolar-Transistor vorgesehen ist.
Die in der mündlichen Verhandlung eingereichten Hilfsanträge 1a und 2a weisen einen zweiteilig gefassten Anspruch 1 auf und sollen sich nach den Hilfsanträgen 1 bzw. 2 einreihen. Der Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1a weist zusätzlich zum Anspruch 1 nach Hauptantrag die folgenden Merkmale auf:
14a dass das selbstgeführte Pulsstromrichtermodul (40) abschaltbare Leistungshalbleiterschalter aufweist
15a und dass jeweils als abschaltbarer Leistungshalbleiterschalter des selbstgeführten Pulsstromrichtermoduls (40) ein Insulated-GateBipolar-Transistor vorgesehen ist.
Der Anspruch 1 nach Hilfsantrag 2a weist zusätzlich zu den Merkmalen gemäß Anspruch 1 des Hilfsantrags 1a das Merkmal 13 des Hilfsantrags 2 auf. Der kennzeichnende Teil lautet:
das netzseitige Stromrichtermodul (36) ein selbstgeführtes Pulsstromrichtermodul (40) ist,
14b wobei das selbstgeführte Pulsstromrichtermodul (40) abschaltbare Leistungshalbleiterschalter aufweist,
15b wobei jeweils als abschaltbarer Leistungshalbleiterschalter des selbstgeführten Pulsstromrichtermoduls (40) ein Insulated-GateBipolar-Transistor vorgesehen ist,
und wobei die Wechselrichtermodule (26, 28, 30, 32, 34) und das netzseitige selbstgeführte Pulsstromrichtermodul (40) nebeneinander auf einer Montageplatte lösbar befestigt sind.
3. Für diesen Sachverhalt sieht der Senat als Fachmann einen Diplomingenieur (FH) der Fachrichtung Elektrotechnik mit Erfahrungen in der Entwicklung von Stromrichterantrieben, der hinsichtlich der mechanischen Anforderungen mit einem Maschinenbauer mit Erfahrungen in der Entwicklung von Kunststoffspritzgießmaschinen zusammenarbeitet.
4. Die Gegenstände der jeweiligen Ansprüche nach den Hilfsanträgen sind in den ursprünglich eingereichten Unterlagen offenbart (§ 21 Abs.1 Nr. 4 PatG).
Der Einsprechenden V kann nicht darin gefolgt werden, dass die Patentinhaberin in unzulässiger Weise in die Ansprüche 1 nach den Hilfsanträgen 1, 2, 3 und 4 nicht eine komplette Merkmalskombination aus der ursprünglichen Beschreibung aufgenommen hat (siehe ursprüngliche Beschreibung, Seite 5, Zeilen 4 bis 9: „Dieses selbstgeführte Pulsstromrichtermodul 40 erzeugt aus der anstehenden Netzspannung, beispielsweise 380 V/50 Hz, eine geregelte Zwischenkreisspannung UZK von 600 V. Mit dieser geregelten Zwischenkreisspannung UZK werden alle lastseitigen Stromrichtermodule 26, …, 34 mittels eines Gleichspannungskreises 42 gespeist.“), sondern im Wege eines unzulässigen „cherry picking“ unter Weglassen von Merkmalen (siehe die fettgedruckten Merkmale) nur eine eigenständig nicht offenbarte Unterkombination (siehe Merkmale 10 und 11 der jeweiligen Patentansprüche 1: „und wobei das selbstgeführte Pulsstromrichtermodul (40) zur Bereitstellung einer geregelten Zwischenkreisspannung (UZK) vorgesehen ist wobei mit der Zwischenkreisspannung (UZK) eine Speisung der Wechselrichtermodule (26, 28, 39, 32, 34) vorgesehen ist.“). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Aufnahme einzelner Merkmale eines Ausführungsbeispiels zulässig, wenn dadurch die zunächst weitere Lehre auf eine engere Lehre eingeschränkt wird und die Merkmale als zur Erfindung gehörend zu erkennen waren (vgl. BGH, Urteil vom 11. September 2001 – X ZB 18/00, GRUR 2002, 49 – Drehmomentübertragungseinrichtung). Dies trifft vorliegend zu. Unstreitig wird die weitere Lehre des erteilten Patentanspruchs 1 durch die Merkmale 10 und 11 in den Ansprüchen 1 der betreffenden Hilfsanträge eingeschränkt. Unschädlich ist zunächst das Weglassen der Spannungsangabe 600 V, weil diese in den ursprünglichen Unterlagen nur beispielhaft genannt ist. Ebenso die Angabe „alle“ lastseitigen Stromrichtermodule, da „alle“ im Merkmal 11 durch die Angabe sämtlicher Bezugszeichen der lastseitigen Stromrichtermodule ersetzt worden ist. Schließlich ist die Merkmalskombination 10/11 auch ohne das Merkmal „mittels eines Gleichspannungszwischenkreises 42“ in den ursprünglichen Unterlagen offenbart, da bei der von dem selbstgeführten Pulsstromrichtermodul (40) erzeugten geregelten Zwischenkreisspannung (UZK), die zur Speisung der Wechselrichtermodule vorgesehen ist, ein Gleichspannungszwischenkreis mitzulesen ist.
5. Die Gegenstände der jeweiligen Ansprüche 1 nach Hauptantrag und Hilfsanträgen sind nicht patentfähig (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG).
5.1 Einzelne Angaben in den Ansprüchen 1 nach Haupt- und Hilfsanträgen bedürfen der Erläuterung:
Im Oberbegriff der Ansprüche 1 sind die beweglichen Maschinenteile einzeln aufgelistet. Dem Fachmann ist jedoch klar, dass es bei der beabsichtigten Auslegung des netzseitigen Stromrichtungsmoduls nur darauf ankommt, dass diese beweglichen Teile jeweils einzeln von gesonderten Motoren angetrieben werden, jedoch nicht auf die Spezifikation der einzelnen beweglichen Teile.
Der Fachmann ist sich auch darüber im Klaren, dass ein selbstgeführtes Pulsstromrichtermodul über abschaltbare Leistungsschalter verfügt, die regelmäßig Halbleiterschalter sind.
Die Montageplatte nach Merkmal 13 ist – mit Ausnahme der Kühlung, die Gegenstand des Stammpatents 101 52 198 ist – nicht näher spezifiziert. Die Montage der Module auf der Montageplatte nebeneinander schließt einen Abstand zwischen den Modulen nicht aus.
5.2 Die Vorrichtung gemäß Anspruch 1 nach Hauptantrag gilt als neu (§ 3 PatG).
Die Druckschrift DE 198 19 809 C1 zeigt eine vollelektrische Spritzgießmaschine, bei der sämtliche Maschinenbewegungen (Werkzeugöffnungs- und Schließbewegung, Einspritzbewegungen etc.) mittels elektrischer Antriebsmotoren bewerkstelligt werden (Sp. 1, Z. 8 bis 14). Gemäß der dortigen Figuren 1 bis 5 nebst zugehöriger Beschreibung stehen die drei Phasen des Netzes (L1, L2, L3) mit einem elektrischen Zwischenkreis 1 in Verbindung, von dem ein oder mehrere Antriebsmotoren 2 gespeist werden (Sp. 1, Z. 46 bis 50). Als Gleichrichter ist nach den Figuren 3 und 4 ein Thyristorstromrichter vorgesehen, der spannungsgeregelt und rückspeisefähig ausgeführt ist (Sp. 3, Z. 67 bis Sp. 4, Z. 12). Damit ist mit den Worten des Anspruchs 1 des Streitpatents ausgedrückt, folgendes bekannt: eine
2(teilw) 3 4 5
6
7 Elektrische Kunststoffspritzgießmaschine mit einer Einspritzeinheit mit einer Schließeinheit und einem Auswerfer (Sp. 1, Z. 36), wobei diese Maschinenteile jeweils mit einem elektrischen Motor gekoppelt sind (Sp. 1, Z. 15 bis 17), wobei die Motoren 2 eingangsseitig jeweils mit Ausgängen eines Wechselrichtermoduls 8 verknüpft sind (Fig. 1, Sp. 3, Z. 31 bis 40 i. V. m. Sp. 1, Z. 49, 50: „ein oder mehrere Antriebsmotoren“), die ihrerseits gleichspannungsseitig mit Ausgängen eines netzseitigen Stromrichtermoduls 4 verbunden sind,
das wechselspannungsseitig mit einem Versorgungsnetz verknüpft ist.
Im wesentlichen Unterschied zum Gegenstand des Anspruchs 1, Merkmal 9, wonach das netzstromseitige Stromrichtermodul ein selbstgeführtes Pulsstromrichtermodul sein soll, ist gemäß Druckschrift DE 198 19 809 C1 das netzseitige Stromrichtermodul ein fremdgeführtes, ungepulstes Stromrichtermodul.
Auch die weiteren Entgegenhaltungen zeigen keine elektrische Kunststoffspritzgießmaschine mit einem selbstgeführten Pulsstromrichtermodul als netzseitiges Stromrichtermodul.
5.3 Der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hauptantrag beruht jedoch nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (§ 4 PatG).
Durch die Anordnung nach der Druckschrift DE 198 19 809 C1 ist die in der Streitpatentschrift (Absatz 0010 in Verbindung mit den Absätzen 0004 und 0005) angegeben Aufgabe bereits gelöst. Die bekannte Kunststoffspritzgießmaschine verfügt nämlich bereits über eine Spannungsregelung, die die Zwischenkreisspannung auf einen von der Steuerung vorgegebenen Wert regelt und somit Netzspannungsschwankungen ausregelt (Sp. 3, Z. 67 bis Sp. 4, Z. 6). Außerdem ist die Rückspeisung regenerativer Bremsenergie möglich (Sp. 4, Z. 7 bis 12).
Der Patentinhaberin ist somit zwar zuzustimmen, dass diese Aufgabe keinen Anlass gäbe, die bekannte Kunststoffspritzgießmaschine weiterzubilden. Der Senat sieht den objektiven Anlass zur Weiterbildung der aus der Druckschrift DE 198 19 809 C1 bekannten elektrischen Kunststoffspritzgießmaschine jedoch darin, die Anlage und ihre Komponenten auf einem zeitgemäßen Stand der Technik zu halten. Dies liegt im ständigen Bestreben des Fachmanns.
In diesem Bestreben liegt es auch auf der Hand, den in der DE 198 19 809 C1 genannten, zum Anmeldezeitpunkt für diesen Leistungsbereich bereits veralteten Thyristorstromrichter mit einem ähnlich hohen Steuerstrombedarf und Ansteueraufwand, wie bei Gate-Turn-Off-Thyristoren (siehe: Felix Jenni, Dieter Wuest: Steuerverfahren für selbstgeführte Umrichter, B. G. Teubner Stuttgart, 1995,
S. 34, Tabelle 3.1), durch einen zeitgemäßen Transistorstromrichter zu ersetzen. Dies führt stets zu einem selbstgeführten Stromrichter, seien das nun bipolare Transistoren, Feldeffekttransistoren oder Insulated-Gate-Bipolar-Transistoren.
Die als Unterscheidungsmerkmal verbleibende Verwendung eines verfahrbaren Zylinders mit einer innenliegenden drehbaren Schnecke als Einspritzeinheit ist fachüblich und hat keinen Einfluss auf die Ausbildung des Netzstromrichters. Sie kann das Beruhen auf einer erfinderischen Tätigkeit nicht begründen.
Es bedurfte somit keiner erfinderischen Überlegungen, um zum Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hauptantrag zu kommen.
5.4 Die jeweiligen Gegenstände der Ansprüche 1 nach allen Hilfsanträgen beruhen ebenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (§ 4 PatG).
Der Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 ist um die aus der Druckschrift DE 198 19 809 C1 bereits bekannte Bereitstellung einer geregelten Zwischenkreisspannung (Sp. 3, Z. 67 bis Sp. 4, Z. 6) ergänzt. Somit gilt auch für den Hilfsantrag 1 die in Beschlusspunkt 5.3 dargelegte Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit. Im Übrigen weisen die Einsprechenden zutreffend darauf hin, dass selbstgeführte Pulsstromrichter regelmäßig spannungsgeregelt werden (Jenni/Wuest, a. a. O, S. 28, zweiter Absatz).
Der Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1a enthält über den Hauptantrag hinausgehend noch die Spezifikation der Schalter als Insulated-Gate-Bipolar-Transistoren. Für den bei einer Kunststoffspritzgießmaschine relevanten Spannungs- und Leistungsbereich von etwa 600 V und 100 kW bis einigen 100 kW kommt der Insulated-Gate-Bipolar-Transistor (Jenni/Wuest, a. a. O, S. 36, Bild 3.3) in Frage. Der nach dieser Grafik allenfalls noch in Frage kommende GTO ist für höhere Spannungen und sehr große Leistungen ausgelegt. Er wurde zum Anmeldezeitpunkt in erster Linie bei Mittel- und Hochspannungsanwendungen eingesetzt. Der Fachmann hätte davon schon wegen des hohen Beschaltungsaufwands Abstand genommen (Jenni/Wuest, a. a. O, S. 34, Tabelle 3.1, S. 35, erster Absatz). Eine erfinderische Tätigkeit ist in der hier zweifelsfrei vorteilhaften Verwendung von Insulated-Gate-Bipolar-Transistoren nicht gegeben.
Der Anspruch 1 nach Hilfsantrag 2 ist – über den Hilfsantrag 1 hinaus – um die aus der Druckschrift DE 198 19 809 C1 bereits bekannte geregelte Ein/Rückspeiseeinheit, mit der Energie zurück in das speisende Versorgungsnetz gegeben wird, ergänzt. Somit gilt auch für den Hilfsantrag 2 die in Beschlusspunkt 5.3 dargelegte Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit. Das gleiche gilt für die entsprechende Ergänzung im Anspruch 1 nach Hilfsantrag 2a.
Im Anspruch 1 nach Hilfsantrag 3 ist – über den Anspruch 1 nach Hilfsantrag 2 hinausgehend – angegeben, dass die Wechselrichtermodule und das netzseitige selbstgeführte Pulsstromrichtermodul nebeneinander auf einer Montageplatte lösbar befestigt sind. Die Befestigung von Stromrichtermodulen nebeneinander auf einer Montageplatte ist nach Überzeugung des Senats die für den Fachmann übliche Befestigungsmethode, die auch schon in Anwendung auf die Leistungselektronik von Spritzgießmaschinen beschrieben wurde (DE 43 34 134 A1, Zusammenfassung; Fig. 5 i. V. m. Sp. 5, Z. 52 bis 66) und somit naheliegt. Ein über die Summe der Einzelwirkungen hinausgehender kombinatorischer Effekt zwischen der Verwendung von Insulated-Gate-Bipolar-Transistoren und deren Anordnung auf einer gemeinsamen Montageplatte konnte die Patentinhaberin nicht nachvollziehbar darlegen und ist für den Senat auch sonst nicht ersichtlich.
Die von der Patentinhaberin angeführte gleichmäßige Wärmeverteilung ist selbst für den nicht ausdrücklich beanspruchten Fall einer unmittelbaren Nachbarschaft nicht als Wirkung der Anordnung anzusehen. Vielmehr hängt die Wärmeverteilung zwischen den einzelnen Elementen in den Modulen im Wesentlichen von dem weder beschriebenen noch beanspruchten Verlauf der Wärmeströme innerhalb der Module ab.
Der Anspruch 1 nach Hilfsantrag 4 ist – über den Hilfsantrag 3 hinaus – auf die Verwendung von Silicium-Carbid-Insulated-Gate-Bipolar-Transistoren gerichtet. Diese Transistorart war zum Anmeldezeitpunkt noch in der Entwicklung, beziehungsweise Markteinführung. Der Senat geht jedoch davon aus, dass der Fachmann die zum Einbau nötigen Kenntnisse über diese Bauelemente, wie Datenblätter, spezifische Eigenschaften, Sicherheitsbestimmungen, Spannungs- Stromund Temperaturgrenzen usw. kannte. Andernfalls wäre die patentgemäße Lehre nicht ausführbar gewesen, denn in der Patentschrift fehlen derartige Angaben. Für einen Fachmann mit diesen Kenntnissen ist es aber ohne weiteres naheliegend, diese neu entwickelten Bauelemente zumindest versuchsweise einzusetzen, denn ihm ist auch klar, dass sie speziell zum Einsatz in Stromrichtern entwickelt wurden.
Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss steht den an dem Beschwerdeverfahren Beteiligten das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu (§ 99 Abs. 2, § 100 Abs. 1, § 101 Abs. 1 PatG). Nachdem der Beschwerdesenat in dem Beschluss die Einlegung der Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist die Rechtsbeschwerde nur statthaft, wenn einer der nachfolgenden Verfahrensmängel durch substanziierten Vortrag gerügt wird (§ 100 Abs. 3 PatG):
1. Das beschließende Gericht war nicht vorschriftsmäßig besetzt. 2. Bei dem Beschluss hat ein Richter mitgewirkt, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war. 3. Einem Beteiligten war das rechtliche Gehör versagt. 4. Ein Beteiligter war im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat. 5. Der Beschluss ist aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind. 6. Der Beschluss ist nicht mit Gründen versehen.
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe, schriftlich einzulegen (§ 102 Abs. 1 PatG).
Die Rechtsbeschwerde kann auch als elektronisches Dokument, das mit einer qualifizierten oder fortgeschrittenen elektronischen Signatur zu versehen ist, durch Übertragung in die elektronische Poststelle des Bundesgerichtshofes eingelegt werden (§ 125a Abs. 3 Nr. 1 PatG i. V. m. § 1, § 2 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, Abs. 2a, Anlage (zu § 1) Nr. 6 der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesgerichtshof und Bundespatentgericht (BGH/BPatGERVV)). Die elektronische Poststelle ist über die auf der Internetseite des Bundesgerichtshofes www.bundesgerichtshof.de/erv.html bezeichneten Kommunikationswege erreichbar (§ 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGH/BPatGERVV). Dort sind auch die Einzelheiten zu den Betriebsvoraussetzungen bekanntgegeben (§ 3 BGH/BPatGERVV).
Die Rechtsbeschwerde muss durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten des Rechtsbeschwerdeführers eingelegt werden (§ 102 Abs. 5 Satz 1 PatG).
Kleinschmidt Kirschneck Dr. Scholz Müller Hu