VIII ZB 73/23
BUNDESGERICHTSHOF VIII ZB 73/23 BESCHLUSS vom 2. Juli 2024 in dem Rechtsstreit ECLI:DE:BGH:2024:020724BVIIIZB73.23.0 Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 2. Juli 2024 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Bünger, die Richterin Dr. Liebert, den Richter Dr. Schmidt sowie die Richterinnen Wiegand und Dr. Matussek beschlossen:
Die Anhörungsrüge der Beklagten gegen den Beschluss des Senats vom 26. März 2024, durch den ihr Antrag auf Beiordnung eines Notanwalts zur Durchführung einer Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 6. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg vom 16. Oktober 2023 zurückgewiesen worden ist, wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Die Gegenvorstellungen der Beklagten gegen den vorgenannten Senatsbeschluss sowie gegen die darin erfolgte Festsetzung des Gegenstandswerts für das Rechtsbeschwerdeverfahren werden zurückgewiesen.
Die Beklagte wird darauf hingewiesen, dass sie auf weitere Eingaben vergleichbaren Inhalts nicht mehr mit einer gesonderten Bescheidung durch den Senat rechnen kann.
Gründe:
1. Die gemäß § 321a Abs. 1 ZPO statthafte, im hiesigen, die Beiordnung eines Notanwalts betreffenden Verfahren nicht dem Anwaltszwang unterliegende
(vgl. BGH, Beschlüsse vom 30. Juni 2016 - IX ZR 49/16, juris Rn. 2; vom 26. Januar 2021 - VIII ZA 6/20, juris Rn. 4; jeweils mwN) und innerhalb der Frist des § 321a Abs. 2 Satz 1 ZPO eingelegte Anhörungsrüge der Beklagten, über die der Senat in der nach seinen Mitwirkungsgrundsätzen gemäß § 21g GVG berufenen regulären Spruchgruppe und nicht in derselben Besetzung wie im angegriffenen Beschluss zu entscheiden hat (st. Rspr.; vgl. nur Senatsbeschluss vom 13. Juni 2023 - VIII ZR 402/21, juris Rn. 1 mwN), ist jedenfalls unbegründet.
a) Soweit die Beklagte beanstandet, der Senat sei zu Unrecht von ihrem Verschulden an der Niederlegung des Mandats der zunächst beauftragten Rechtsanwältin am Bundesgerichtshof ausgegangen, genügt die Anhörungsrüge bereits nicht den Anforderungen an die Darlegung einer entscheidungserheblichen Gehörsverletzung durch den Senat (§ 321a Abs. 2 Satz 5 iVm Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO). Denn insoweit setzt die Beklagte lediglich ihre Rechtsansicht derjenigen des Senats gegenüber, zeigt aber einen übergangenen Sachvortrag nicht auf und legt damit einen Verstoß gegen das Gebot rechtlichen Gehörs nicht dar, weil dieses ein Gericht zwar verpflichtet, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen, nicht jedoch der von den Beteiligten vertretenen Rechtsansicht inhaltlich zu folgen (vgl. BVerfG, NJW 2022, 3413 Rn. 27; BGH, Beschlüsse vom 29. November 2018 - I ZR 26/17, juris Rn. 4; vom 26. Januar 2021 - VIII ZA 6/20, juris Rn. 12).
Ungeachtet dessen kommt es auf den von der Beklagten behaupteten fehlenden Kontakt zu ihrer Rechtsanwältin "zwischen Mandatserteilung und Abvotum" und einen fehlenden "Dialog" zur Beurteilung ihres Verschuldens an der Mandatsniederlegung durch ihre vormalige Prozessbevollmächtigte nicht an. Denn maßgebend für das Verschulden und die darauf beruhende Ablehnung der Beiordnung eines Notanwalts sind die Differenzen zwischen der Beklagten und ihrer Rechtsanwältin hinsichtlich der Beurteilung der Erfolgsaussichten der eingelegten Rechtsbeschwerde. Derartige Differenzen bestanden, wie sich bereits aus den Ausführungen der Beklagten in ihrem Antrag auf Notanwaltsbeiordnung ergibt, wonach ihre vormalige Prozessbevollmächtigte "das Vorliegen dieser bereits anerkannten Verfassungswidrigkeit vollständig übersehen und in ihrer Einschätzung nicht mal erwähnt" habe. Anhaltspunkte für ein dennoch fehlendes Verschulden der Beklagten an der Mandatsbeendigung ergeben sich aus deren Vorbringen nicht und sind auch sonst nicht ersichtlich.
b) Soweit die Beklagte eine Verletzung ihres rechtlichen Gehörs darin sieht, dass der Senat auf ihr Vorbringen zu mehrfachen Rechtsverstößen im mit der Rechtsbeschwerde angegriffenen Beschluss des Berufungsgerichts nicht eingegangen sei, begründet dies keinen Gehörsverstoß. Der Senat hat den Anspruch der Beklagten auf Gewährung rechtlichen Gehörs schon deshalb nicht in entscheidungserheblicher Weise verletzt (§ 321a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 4 Satz 3 ZPO), da es für die Entscheidung über den Antrag auf Beiordnung eines Notanwalts nach Vorstehendem auf die Frage der Aussichtslosigkeit der Rechtsverfolgung (§ 78b Abs. 1 ZPO) nicht angekommen ist.
2. Angesichts der Zurückweisung der Anhörungsrüge bezüglich der Ablehnung der Notanwaltsbestellung sind die weiteren Anträge der Beklagten (Aufhebung des Beschlusses über die Zurückweisung der Beiordnung eines Notanwalts, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sowie Beiordnung eines Notanwalts) gegenstandslos.
3. Die von der Beklagten gegen die Ablehnung der Beiordnung eines Notanwalts weiter erhobene Gegenvorstellung hat - ungeachtet der Frage, ob sie überhaupt statthaft ist - in der Sache keinen Erfolg, denn das Vorbringen der Beklagten gibt keinen Anlass zur Abänderung des Senatsbeschlusses vom 26. März 2024.
4. Der als Gegenvorstellung auszulegende Antrag der Beklagten, den im vorgenannten Senatsbeschluss für das Rechtsbeschwerdeverfahren festgesetzten Gegenstandswert zu "korrigieren", ist zwar statthaft (vgl. BGH, Beschlüsse vom 7. April 2011 - VII ZR 66/07, juris Rn. 7; vom 17. August 2017 - V ZR 277/16, NJW-RR 2017, 1471 Rn. 5) und auch innerhalb der entsprechend geltenden sechsmonatigen Frist von § 68 Abs. 1 Satz 3, § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG eingegangen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 14. April 2016 - III ZR 284/14, juris Rn. 1 mwN; vom 9. Mai 2023 - VIII ZR 72/22, juris Rn. 3).
Die Gegenvorstellung ist jedoch unbegründet. Die Beklagte, die keine Einwände gegen die Höhe des festgesetzten Gegenstandswerts (Jahresnettomiete) erhebt, ist der Ansicht, eine Wertfestsetzung habe nicht bereits durch den Senat, sondern erst dann zu erfolgen, wenn ein erstinstanzliches Endurteil erlassen werde. An einem solchen Endurteil fehle es, da bisher lediglich ein Teilanerkenntnisurteil gegen ihren ebenfalls auf Räumung und Herausgabe des vermieteten Einfamilienhauses in Anspruch genommenen Vater vorliege. Insoweit verkennt die Beklagte, dass im Verfahren der Rechtsbeschwerde - mit welcher sie sich gegen die Verwerfung ihrer gegen das vorbezeichnete Teilanerkenntnisurteil gerichteten Berufung wendet - eine eigenständige Gebühr entsteht (Nr. 1820 KV-GKG), deren Wert durch das Rechtsbeschwerdegericht als Prozessgericht (§ 63 Abs. 2 Satz 1 GKG; vgl. Toussaint/Toussaint, Kostenrecht, 54. Aufl., § 63 GKG Rn. 40) festgesetzt wird.
Dr. Bünger Wiegand Dr. Liebert Dr. Schmidt Dr. Matussek Vorinstanzen:
AG Lüneburg, Entscheidung vom 11.04.2023 - 42 C 86/22 LG Lüneburg, Entscheidung vom 16.10.2023 - 6 S 39/23 -