XI ZR 417/19
BUNDESGERICHTSHOF XI ZR 417/19 BESCHLUSS vom 2. Juni 2021 in dem Rechtsstreit ECLI:DE:BGH:2021:020621BXIZR417.19.0 Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 2. Juni 2021 durch den Vizepräsidenten Prof. Dr. Ellenberger, den Richter Dr. Matthias, die Richterin Dr. Menges, den Richter Dr. Schild von Spannenberg und die Richterin Dr. Allgayer beschlossen: I. Die Gegenvorstellung der Beklagten gegen die Festsetzung des Gegenstandswerts in dem Beschluss des Senats vom 17. November 2020 wird zurückgewiesen. II. Der Antrag der Beklagten, ihre Verpflichtung zur Zahlung der Gerichtskosten und der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten der klagenden Parteien nach einem Teil des Streitwerts zu bestimmen, wird zurückgewiesen.
Gründe: I.
Der als Gegenvorstellung anzusehende Antrag der Beklagten auf "verfahrensabschließende Streitwertfestsetzung" ist zulässig, hat aber keinen Erfolg.
Eine Beschwerde gegen die Streitwertfestsetzung durch den Bundesgerichtshof ist gemäß § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG nicht statthaft. Den Verfahrensbeteiligten steht jedoch die Gegenvorstellung offen, soweit sie - wie vorliegend geschehen - innerhalb der in § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG vorgesehenen Frist eingelegt wird (Senatsbeschluss vom 22. November 2016 - XI ZR
305/14, NJW 2017, 739). In entsprechender Anwendung der § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 5 Satz 1 GKG, § 78 Abs. 5 ZPO bedarf es auch nicht der Mitwirkung eines beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalts.
In der Sache gibt die Gegenvorstellung allerdings keinen Anlass, den Gegenstandswert herabzusetzen.
Gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1 GKG bestimmt sich der Streitwert im Rechtsmittelverfahren nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert gemäß § 47 Abs. 3 GKG der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.
Vorliegend ist der Streitwert mit 124.000 € zutreffend bestimmt. Der Streitwert für die Anfechtungsklage nach § 20 SchVG ist regelmäßig gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG, § 3 ZPO auf der Grundlage des jeweiligen Zahlungsanspruchs aus den Anleihen zu bemessen (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Dezember 2008 - II ZR 39/08, NZG 2009, 518 Rn. 2; Wasmann/Steber in: Veranneman, SchVG, 2. Aufl., § 20 Rn. 27; Vogel in: Preuße, SchVG, § 20 Rn. 51; Friedl in: FraKommSchVG, § 20 Rn. 77; Birke in: Reinhard/Schall, SchVG, § 20 Rn. 40). Werden im Wege einer objektiven Klagehäufung mehrere Beschlüsse angefochten, wird der Streitwert grundsätzlich für jeden angefochtenen Beschluss gesondert festgesetzt und gemäß § 5 ZPO, § 39 Abs. 1 GKG ein Gesamtstreitwert gebildet. Unter den vorliegenden Umständen war hiervon indessen, was die Beklagte nicht beschwert, ausnahmsweise abzusehen, da bei wirtschaftlicher Betrachtung der angefochtenen Beschlussvorschläge ein im Sinne von § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG identischer Streitgegenstand vorliegt. Den Gläubigern stand bezüglich der zur gemeinsamen Abstimmung anstehenden Beschlussvorschläge der Beklagten allein die Möglichkeit zu, diese einheitlich anzunehmen, abzulehnen oder sich der Stimmabgabe zu enthalten; die Frage der Anfechtbarkeit der Beschlüsse konnte nur einheitlich bewertet werden. Eine Wertaddition der Klagen mehrerer Kläger gegen den gleichen Beschluss findet in einem einheitlichen Verfahren nicht statt, maßgebend ist insoweit gemäß § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG der Wert der höchsten Klage. In Ansehung dessen hat der Senat den aus der gehaltenen Anleihe geltend gemachten Zahlungsanspruch der Klägerin zu 1. in Höhe von 496.000 € zugrunde gelegt und den Streitwert mit 25% des Nominalwerts dieser Anleihe bemessen. Er hat dabei in den Blick genommen, dass der reale Wert der Teilschuldverschreibungen aufgrund der wirtschaftlich schlechten Situation der Gesellschaft deutlich unter dem jeweils ausgewiesenen Nennwert liegt, und deshalb einen erheblichen Abschlag von dem im Zeitpunkt der Beschlussfassung bestehenden Nominalwert für gerechtfertigt erachtet (vgl. BGH, Urteil vom 30. April 2001 - II ZR 328/00, WM 2001, 1270, 1271 f.).
Die von der Beklagten aufgeworfene Frage, ob § 247 Abs. 1 Satz 1 AktG analog auf die Anfechtungsklage nach § 20 SchVG anzuwenden ist (so etwa OLG Köln, Beschluss vom 13. Januar 2014 - 18 U 174/13, juris Rn. 51 [in ZIP 2014, 268 nicht abgedr.]; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 30. September 2015 - 7 AktG 1/15, juris Rn. 90 [in WM 2016, 605 nicht abgedr.]), bedarf vorliegend nicht der Entscheidung, denn daraus ergäbe sich unter den Umständen des vorliegenden Falles nichts anderes.
II.
Der Antrag der Beklagten, ihre Verpflichtung zur Zahlung der Gerichtskosten und der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten der klagenden Parteien entsprechend § 247 Abs. 2 AktG nach einem Teil des Streitwerts zu bestimmen, ist zurückzuweisen. Die abschließende Regelung in § 20 Abs. 3 SchVG sieht eine Streitwertspaltung nicht vor. Unbeschadet dessen wäre der Antrag nach § 247 Abs. 2 AktG auch deshalb aussichtslos, weil ein solcher, auch in Verfahren ohne mündliche Verhandlung, nach rechtskräftiger Beendigung des Verfahrens nicht mehr gestellt werden kann. So liegt es hier. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des 23. Zivilsenates des Oberlandesgerichts München vom 7. August 2019 wurde durch Ende November 2020 zugestellten Beschluss vom 17. November 2020 zurückgewiesen. Der Antrag auf Streitwertspaltung ging am 23. Dezember 2020 ein.
Ellenberger Matthias Menges Schild von Spannenberg Allgayer Vorinstanzen: LG München II, Entscheidung vom 25.10.2018 - 1 HKO 3131/16 OLG München, Entscheidung vom 07.08.2019 - 23 U 3843/18 -