7 W (pat) 701/12
BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 701/12
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(Aktenzeichen)
BESCHLUSS In der Einspruchssache betreffend das Patent 196 81 754.5-53 …
BPatG 152 08.05 hat der 7. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 7. Juni 2013 durch Dipl.-Phys. Dipl.-Wirt.-Phys. Maile als Vorsitzenden und die Richter Schwarz, Dipl.-Phys. Dr. rer. nat. Schwengelbeck und Dipl.-Ing. Altvater beschlossen:
Das Verfahren wird an das zuständige Deutsche Patent- und Markenamt zur Entscheidung über den Einspruch abgegeben.
Gründe I.
Das Patent 196 81 745 mit der Bezeichnung Verfahren zum Übergeben der Kontrolle des Zugriffs auf einen Hauptspeicher von einer Speichersteuereinrichtung auf eine weitere Steuereinrichtung und ein solches Verfahren ausführendes Computersystem ist unter Inanspruchnahme der ausländischen Priorität vom 12. Februar 1996 aufgrund der amerikanischen Anmeldung US 08/599,921 am 18. Juli 1996 angemeldet und mit Beschluss vom 7. Juli 2010 erteilt worden; die Erteilung wurde am 2. Dezember 2010 veröffentlicht. Infolge der Nichtzahlung der zum 30. April 2010 fälligen, mit Verspätungszuschlag spätestens bis Ende Januar 2011 zu zahlenden 15. Jahresgebühr ist das Patent erloschen.
Gegen die Patenterteilung hat der Einsprechende mit beim Deutschen Patent- und Markenamt per Fax am 27. Februar 2011 eingegangem Schreiben vom selben Tag unter Zahlung der Einspruchsgebühr Einspruch erhoben und diesen begründet. Die Einspruchsschrift wurde der Patentinhaberin mit Schreiben vom 29. März 2011, welches den Vertretern der Patentinhaberin am 4. April 2011 zugegangen ist, unter Fristsetzung von drei Monaten übersandt. Die Patentinhaberin hat hierauf mit Anwaltsschriftsatz vom 25. Mai 2011 zum Einspruch Stellung genommen und u.a. beantragt, diesen als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise die Erledigung des Einspruchsverfahrens mangels Rechtsschutzbedürfnis der Einsprechenden festzustellen.
Mit Schreiben vom 19. August 2011, das beim Deutschen Patent- und Markenamt am 20. August 2011 eingegangen ist, hat der Einsprechende beantragt, „den Einspruch gemäß § 61 Abs. 2 Nr. 1 Patentgesetz zur weiteren Behandlung an das Bundespatentgericht weiterzuleiten.“ Dieses Schreiben wurde der Patentinhaberin seitens des Deutschen Patent- und Markenamtes nicht zur Kenntnis gebracht. Stattdessen wurde der Einsprechende mit Schreiben der Patentabteilung 1.53 vom 5. Dezember 2011 unter Hinweis auf das Erlöschen des Patents zur Geltendmachung eines Rechtsschutzbedürfnisses aufgefordert. Nachdem der Einsprechende mit Schreiben vom 5. Januar 2012 erneut auf seinen Antrag vom 19. August 2011 hingewiesen hatte, hat das Deutsche Patent- und Markenamt die bei ihm elektronisch geführte Akte mit Schreiben vom 27. August 2012 an das Bundespatentgericht weitergeleitet, bei dem sie am 20. September 2012 eingegangen ist.
Nachdem der Senat mit Schreiben vom 12. April 2013, welches den Vertretern der Patentinhaberin am 15. April 2013 zugestellt wurde, erstmals die Schreiben des Einsprechenden vom 19. August 2011 und 5. Januar 2012 übermittelt hatte, hat die Patentinhaberin mit Anwaltsschriftsatz vom 17. April 2013 „dem Antrag des Einsprechenden nach § 61 Abs. 2 Ziff. 1 PatG […] fristgerecht widersprochen“ und sinngemäß um Abgabe des Einspruchsverfahrens an das Deutsche Patent- und Markenamt mangels Zuständigkeit des Bundespatentgerichts gebeten.
Der Einsprechende hat zu dem ihm übersandten Schreiben der Patentinhaberin keine Stellung genommen.
II.
Das Einspruchsverfahren ist an das Deutsche Patent- und Markenamt abzugeben, weil eine Zuständigkeit des Bundespatentgerichts zur Entscheidung über den Einspruch nach § 61 Abs. 2 Nr. 1 PatG nicht gegeben ist.
Nach dieser Vorschrift ist das Bundespatentgericht abweichend von der Zuständigkeit der Patentabteilung des Deutschen Patent- und Markenamtes nach § 61 Abs. 1 PatG nur zuständig, wenn ein Beteiligter dies beantragt und kein anderer Beteiligter innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Antrages widerspricht.
Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben.
Allerdings liegt ein wirksamer Antrag der Einsprechenden nach § 61 Abs. 2 Nr. 1 PatG vor. Dem steht auch der – vorrangig zur Zulässigkeit des Einspruchs erhobene, aber auch für den Antrag nach § 61 Abs. 2 Nr. 1 PatG relevante - Einwand der Patentinhaberin in ihrem Schriftsatz vom 25. Mai 2011 nicht entgegen, dem zu Folge der Einsprechende als nichtrechtsfähiger Verein nur unter bestimmten, für das Einspruchsverfahren aber nicht geltenden Voraussetzungen aktiv parteifähig sei. Die Patentinhaberin verkennt dabei nämlich grundlegend, dass auch Personenvereinigungen des privaten Rechts nach der (allgemein anerkannten) Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofs vom 29. Januar 2011 (BGHZ 146, 341) grundsätzlich rechtsfähig und damit in allen Veraltungs- und Gerichtsverfahren aktiv und passiv beteiligtenfähig sind, soweit sie am Rechtsverkehr teilnehmen
(sog. Außengesellschaften); dies gilt dabei nicht nur für Gesellschaften des bürgerlichen Rechts nach den §§ 705 ff. BGB, sondern auch für körperschaftlich organisierte Personenvereinigungen, auf die ohne staatliche Verleihung (§ 22 BGB) oder Eintragung im Vereinsregister (§§ 55 ff. BGB) nach § 54 BGB grundsätzlich die Vorschriften der §§ 705 ff. BGB anwendbar sind (sog. nichtrechtsfähige Vereine). Zu diesen körperschaftlich organisierten Personenvereinigung, die wie Außengesellschaften am Rechtsverkehr teilnehmen, gehört aber auch der (nicht im Vereinsregister eingetragene) Einsprechende, da er als gewerkschaftliche Interessenvertretung gegenüber anderen Rechtsträgern (insbesondere der Bundesrepublik Deutschland als rechtsfähiger öffentlich-rechtlicher Körperschaft) auftritt und damit am Rechtsverkehr zwischen unabhängigen Rechtsträgern teilnimmt.
Eine Zuständigkeit des Bundespatentgerichts scheitert aber daran, dass die Patentinhaberin dem zulässigen Antrag des Einsprechenden wirksam widersprochen hat.
Da eine Zustellung des Antrages der Einsprechenden an die Patentinhaberin seitens des Patentamtes offenbar unterblieb, weil sich aus der dem Gericht einsehbaren (elektronischen) Amtsakte weder eine Übersendung an die Patentinhaberin noch ein Nachweis über die Zustellung an diese ergibt, hat die Widerspruchsfrist des § 61 Abs. 2 Nr. 1 PatG, innerhalb derer die Patentinhaberin der Abgabe des Einspruchsverfahrens an das Bundespatentgericht widersprechen kann, erst mit Zustellung der entsprechenden Schreiben der Einsprechenden an die Patentinhaberin in Folge der Verfügung der Geschäftsstelle des Senats vom 12. April 2013, welche den Vertretern der Patentinhaberin am 15. April 2013 zugegangen ist, zu laufen begonnen.
Da die Patentinhaberin mit Anwaltsschreiben vom 17. April 2013 innerhalb der danach bis 15. Juni 2013 laufenden Widerspruchsfrist und damit fristgemäß dem Antrag der Einsprechenden auf Entscheidung des Bundespatentgerichts über den Einspruch widersprochen hat, ist eine Zuständigkeit des Bundespatentgerichts zur Sachentscheidung zu keinem Zeitpunkt begründet gewesen.
Aus diesem Grund ist das Verfahren an das Patentamt zur Entscheidung über den Einspruch der Einsprechenden abzugeben.
Maile Schwarz Schwengelbeck Altvater Hu