Paragraphen in 15 W (pat) 20/08
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BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 20/08 Verkündet am 16. September 2013
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BESCHLUSS In der Beschwerdesache betreffend die Patentanmeldung 10 2004 001 536.8-43 …
hat der 15. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 16. September 2013 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Feuerlein und der Richter Dr. Egerer, Dr. Kortbein und Dr. Wismeth BPatG 154 05.11 beschlossen:
-2Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe I.
Die Anmelderin K… GmbH, Geesthacht, reichte am 10. Januar 2004 beim Deutschen Patent- und Markenamt die Patentanmeldung mit der Bezeichnung
„Verfahren zur Herstellung von mit einer Anti-Graffiti-Ausrüstung versehenen Oberflächen“,
ein, die am 4. August 2005 in Form der DE 10 2004 001 536 A1 offengelegt wurde.
Mit Beschluss vom 15. April 2008 wies die Prüfungsstelle für Klasse C 09 D des Deutschen Patent- und Markenamt die Anmeldung zurück. Dem Zurückweisungsbeschluss lagen die ursprünglichen Patentansprüche 1 bis 3 ersetzenden Patentansprüche 1 und 2, eingegangen am 24. Mai 2005, sowie die sich daran – nach gegebenenfalls vorzunehmender Umnummerierung – anschließenden ursprünglichen Patentansprüche 4 bis 27 folgenden Wortlauts zugrunde:
Die Zurückweisung erfolgte aus den Gründen des Prüfungsbescheids vom 26. November 2007. In diesem Beschluss, der sich auf die Vorbescheide und die darin zitierten Entgegenhaltungen stützt, ist im Wesentlichen ausgeführt, dass der beanspruchte Gegenstand gegenüber der Lehre der Druckschrift US 6 379 448 B1
(1) nicht mehr neu sei, jedenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Des Weiteren wurde die Druckschrift DE 198 14 605 A1 (2) entgegengehalten und unter anderem deren Inhalt zur Begründung der mangelnden erfinderischen Tätigkeit herangezogen (vgl Erstbescheid vom 27. August 2004).
Gegen die Zurückweisung hat die Anmelderin mit Schriftsätzen vom 14. Mai 2008 bzw. vom 19. Mai 2008 Beschwerde eingelegt. In der Beschwerdebegründung vom 14. Oktober 2008 reicht sie eine geänderte Anspruchsfassung mit den Ansprüchen 1 bis 21 folgenden Wortlauts ein:
- 11 - Die Anmelderin führt im Wesentlichen aus, es gebe im Prüfungsverfahren keinen nächstliegenden Stand der Technik, gegen den der geänderte Patentanspruch 1 abgrenzbar sei, da es sich anmeldungsgemäß um einen ersten Schritt des Auftragens eines Topcoats auf Silikatbasis und um darauf folgende Schritte der Silanbeschichtung einschließlich Nachbehandlung handle, wogegen aus dem Stand der Technik nur eine Silanbeschichtung auf Si-haltigen Oberflächen bekannt sei. Insofern sei der Gegenstand des nunmehr geltenden Patentanspruchs 1 auch gegenüber der Druckschrift (1) neu und erfinderisch. Darüber hinaus hat sie mündliche Verhandlung beantragt.
Auf die Ladung zur mündlichen Verhandlung am 16. September 2013 hat die Anmelderin, nach einem fernmündlichen Gespräch des Anmeldervertreters mit dem Berichterstatter sowie einer darauffolgenden Zwischenverfügung, mit Schriftsatz vom 16. August 2013 mitgeteilt, dass sie an der mündlichen Verhandlung nicht teilnehmen werde.
In der auf das fernmündliche Gespräch folgenden Zwischenverfügung war der Anmelderin, ergänzend zu den Ausführungen in den Prüfbescheiden des Deutschen Patent- und Markenamts, mitgeteilt worden, dass sowohl die Verwendung von Silikatzwischenschichten einschließlich Kleinstpartikeln auf Si-Basis im Zuge der Beschichtung mit Fluoralkylsilanen als auch die Beschichtung anderer Substrate als Glas mit Fluoralkylsilanen bereits Stand der Technik ist. Hierzu war beispielsweise auf die EP 629 673 A2 und die US 6 361 871 B1 verwiesen worden.
Der Vetreter der Anmelderin hat sinngemäß den Antrag gestellt,
den Beschluss der Prüfungsstelle C09D vom 15. April 2008 des Deutschen Patent- und Markenamts aufzuheben und auf die Anmeldung ein Patent zu erteilen auf der Grundlage der mit Schriftsatz vom 14. Oktober 2008 eingereichten Ansprüche 1 bis 21.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.
II.
Die Beschwerde der Anmelderin ist frist- und formgerecht eingelegt worden und zulässig (PatG § 73). Sie hat jedoch aus nachstehenden Gründen keinen Erfolg.
1. Der Erzeugnis- bzw. Sachanspruch 20 des geltenden Antrags erfasst Bauelemente mit einer Oberfläche, die nach einem Verfahren gemäß den antragsgemäß vorangehenden Ansprüchen 1 bis 19 mit einer Beschichtung auf Basis von Fluoralkyl-Silanen (FAS) der allgemeinen Formel X-A-Si-R1R2R3 mit X einem fluorierten, verzweigten oder unverzweigten Alkylrest der Summenformel CnF2n+1 versehen ist und einen „Anti-Graffiti“-Effekt besitzen soll. Entsprechendes gilt für die Verwendung solcher Bauelemente gemäß Anspruch 21 zur Herstellung verschiedenster Bauten und Vorrichtungen.
Die Struktur und Zusammensetzung der nach dem Verfahren des Anspruchs 1 erhaltenen Oberfläche ist abhängig von den Merkmalen der Verfahrensschritte a) bis f) und darüber hinaus stofflich unbestimmt gehalten. Somit sind aus dem Stand der Technik bekannte Arbeitsweisen zur Behandlung von Oberflächen auf den Einsatz von Fluoralkyl-Silanen, insbesondere auch in Gemischen mit anderen Silanen und/oder beliebigen anderen Substanzen, dem Patentgegenstand entgegenzuhalten. Entsprechendes gilt für den Topcoat auf Silikat-Basis, der damit letztlich stofflich unbestimmt gehalten ist, sowie wie für die ebenfalls unbestimmt gehaltenen Verfahrensbedingungen an sich.
Festzuhalten ist, dass Zweckangaben in den Ansprüchen, hier insbesondere die „Anti-Graffiti“-Funktion, weder in den Verfahrensansprüchen noch in den Sachansprüchen eine abgrenzende Wirkung haben. Eine Abgrenzung könnte allenfalls durch eine besondere stoffliche Ausgestaltung dieser „Anti-Graffiti“-Ausrüstung herbeigeführt werden, jedoch nur unter Beachtung der vorstehenden Ausführungen zur stofflichen Bestimmtheit.
Was das Fehlen der Definition eines Zahlenbereichs für den Index n in Anspruch 1, in den Folgeansprüchen und in der Beschreibung anbelangt, ist davon auszugehen, dass sämtliche Fluoralkyl-Reste umfasst sein sollen.
2. Die Prüfungsbescheide des Deutschen Patent- und Markenamts sind klar und verständlich abgefasst. Darin werden auch die Unteransprüche und nebengeordneten Ansprüche abgehandelt. Die Zurückweisung aus den Gründen dieser Bescheide nach Antrag auf Entscheidung nach Aktenlage hält einer Überprüfung durch den Senat auch bei nunmehr geltender geänderter Anspruchsfassung stand. Denn der beanspruchte Gegenstand beruht gegenüber der Lehre der US 6 379 448 B1 (1) jedenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Die vorveröffentlichte Druckschrift (1) betrifft ausweislich ihrer Bezeichnung die Beschichtung von Oberflächen auf Silikatbasis mit Silanen, wobei die Silanschicht auf einem silikatischen Substrat vorteilhafterweise durch Bindung von Siliciumatomen von Fluoralkysilanen über Sauerstoffatome an Siliciumatome der obers- ten Silikatschicht des Substrats gebildet wird und insbesondere frei ist von nichtfluorierten Silanen und von organischen Polymeren (vgl. (1) z.B. Sp. 4 Z. 7 bis 12 i.V.m. Sp. 5 Z. 9 bis 17). Da es sich bei den Fluoralkylsilanen aus (1) um Verbindungen gemäß der allgemeinen Formel des vorliegenden Anspruchs 1 handelt (vgl. (1) z.B. Sp. 8 Z. 22 bis 65 i.V.m. z.B. Sp. 12 Z. 60 bis 67), und die funktionellen Gruppen der silikatischen obersten Schicht des Substrats aktiviert werden (vgl. (1) Sp. 6 Z. 40 bis 62), sind die essentiellen Verfahrensschritte b) und c) des anmeldungsgemäßen Verfahrens bereits ebenso unmittelbar aus (1) entnehmbar wie die thermische Behandlung der mit der Fluoralkylsilan-Zusammensetzung behandelten Substratoberfläche gemäß Verfahrensschritt e) (vgl. (1) Sp. 5 Z. 18 bis 40 i.V.m. z.B. Sp. 6 Z. 9 bis 13, 35 bis 39). Entsprechendes gilt für die im Hinblick auf die Wendung „gegebenenfalls“ ohnehin nur optionalen Verfahrensschritte d) (vgl. (1) Sp. 6 Z. 25 bis 29) und f.) (vgl. (1) Sp. 12 Z. 4, 5, Anwendung auf Fahr- und Flugzeugscheiben, i.V.m. Sp. 15 ex. 2, 3). Da in (1) als silikatische Substrate unter anderen ein SiO2-Partikel haltiges Solgel und SiO2-Partikel haltige Beschichtungen beschrieben und diese Substrate in der Regel wiederum zuerst auf einen Träger aufzubringen sind, werden nach Ansicht des Senats durch die Lehre dieser Druckschrift auch bereits der Verfahrensschritt a) und damit auch das anmeldungsgemäß beanspruchte Verfahren sowie die anmeldungsgemäß beanspruchten Bauelemente vorweggenommen. Entsprechendes gilt für die Verwendung als Anti-Graffiti-Ausrüstung (vgl. (1) Sp. 2 Z. 27 bis 31).
Aber selbst wenn man den Verfahrensschritt a) des Auftragens eines Topcoats auf Silikatbasis als nicht expressis verbis aus (1) entnehmbar erachten wollte, erfordert diese Maßnahme ausgehend von der Lehre von (1) von einem Fachmann, ein mit der Beschichtung von Substraten befassten und vertrauten Diplom-Chemiker, kein erfinderisches Zutun. Denn der Fachmann wird nicht zuletzt aufgrund seines Fachwissens ohne Weiteres erkennen, dass er die in (1) unter anderem als Substrate auf Silikatbasis aufgeführten silikatischen Solgele und Silikat- bzw. Kieselsäurepartikel (vgl. (1) Sp. 12 Z. 15 bis 21) vor der Behandlung mit der Fluoralkyl- silan-Lösung als Untergrund bzw. als Grundierung auf unterschiedlichste Substrate, beispielsweise auch auf eine metallische Oberfläche, aufbringen kann, wofür es keines erfinderischen Zutuns bedarf.
Anspruch 1 ist deshalb jedenfalls mangels erfinderisches Tätigkeit nicht gewährbar.
Entsprechendes gilt für den auf den Verfahrensanspruch 1 bezogenen Sachanspruch 20 und für den auf den Sachanspruch 20 bezogenen Verwendungsanspruch 21.
3. Der Ansicht der Anmelderin und Beschwerdeführerin, es gebe im Prüfungsverfahren keinen nächstliegenden Stand der Technik, gegen den der neu formulierte Anspruch abgrenzbar ist, vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Die vorveröffentlichte Druckschrift (1) nimmt die Lehre der vorliegenden Anmeldung bereits nicht nur gegenständlich, sondern auch hinsichtlich der Anti-GraffitiWirkung und damit funktionell vorweg. Sofern die Anmelderin und Beschwerdeführerin den Unterschied zum Stand der Technik darin sieht, dass auf die mit einer Anti-Graffiti-Beschichtung auszurüstende Oberfläche zunächst in einem ersten Schritt ein Topcoat aufgetragen wird und erst in den darauf folgenden Verfahrensschritten eine Silanbeschichtung hergestellt wird, verkennt sie, dass dem Fachmann das Prinzip der kovalenten Anbringung von Silanschichten auf Silikatoberflächen bereits lange vor dem Zeitrang der vorliegenden Patentanmeldung bekannt war. Auch wenn der Begriff Topcoat in (1) nicht vorkommt, handelt es sich bei vielen der dort aufgeführten Substratflächen um eine oberste silikatische Schicht, auf der die Silanbeschichtung hergestellt wird. Die Silikatstruktur der Glasoberfächen ist der Reaktionspartner für die reaktiven Trialkoxy-Silane. Von diesem bekannten Prinzip weicht die anmeldungsgemäße Erfindung nicht ab.
Falls die mit Fluoralkysilanen zu beschichtende Oberfläche keine Silikatbasis für die chemische Anbindung der Silane aufweist, wird der Fachmann, wie unschwer aus der Beschreibung von (1) zu erkennen, durch eine Grundierung mit SiO2-Partikel-haltigen Farben und Beschichtungen eine für die Silanisierung geeignete Oberfläche bereitstellen (vgl. (1) Sp. 12 Z. 16 bis 18). Denn es liegt nahe, die zu silanisierende Oberfläche mit einer silikatischen Beschichtung als Reaktivpartner für die aufzubringenden Silane zu grundieren.
Ergänzend ist noch auf die seitens des Senats im Zuge der Überprüfung der Argumente der Beschwerdeführerin und der Prüfung der Unteransprüche ermittelten und in einer Zwischenverfügung mitgeteilten vorveröffentlichten Druckschriften EP 629 673 A2 und die US 6 361 871 B1 hinzuweisen, aus denen hervorgeht, dass sowohl die Verwendung von Silikatzwischenschichten einschließlich Kleinstpartikeln auf Si-Basis im Zuge der Beschichtung mit Fluoralkylsilanen als auch die Beschichtung anderer Substrate als Glas mit Fluoralkylsilanen bereits Stand der Technik ist.
4. Die Anmelderin hat von der ihr durch Anberaumung einer mündlichen Verhandlung eingeräumten Möglichkeit zur Verteidigung ihrer Patentanmeldung nicht Gebrauch gemacht und ihre Patentanmeldung in dem Beschwerdeverfahren ersichtlich nur im Umfang der mit Schriftsatz vom 14. Oktober 2008 eingereichten Patentansprüche verteidigt, die mit dem Verfahrensanspruch 1 zumindest einen nicht rechtsbeständigen Patentanspruch enthalten. Auf die übrigen Patentan- sprüche brauchte bei der Sachlage deshalb nicht gesondert eingegangen zu werden (BGH GRUR 2007, 862 – Informationsübermittlungsverfahren II; Fortführung von BGH GRUR 1997, 120 – Elektrisches Speicherheizgerät).
Feuerlein Egerer Kortbein Wismeth Hu
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