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VI ZR 108/13

BUNDESGERICHTSHOF VI ZR 108/13 BESCHLUSS vom 1. Juli 2014 in dem Rechtsstreit Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 1. Juli 2014 durch den Vorsitzenden Richter Galke, den Richter Wellner, die Richterin Diederichsen, den Richter Stöhr und die Richterin von Pentz beschlossen:

Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten wird das Urteil des 11. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 28. Februar 2013 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Gegenstandswert: bis 380.000 €

Gründe: I.

Der Kläger verlangt Schadensersatz nach einer Behandlung im Krankenhaus der Beklagten zu 1 durch den Beklagten zu 2 in der Zeit vom 3. bis 13. Mai 2009 wegen eines Bandscheibenvorfalls. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt und festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger sämtlichen weiteren materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen, der ihm aufgrund der am 8. Mai 2009 verursachten Querschnittlähmung noch entsteht, soweit der Anspruch nicht auf Dritte übergegangen sei. Zwar habe das Landgericht rechtsfehlerfrei festgestellt, dass den Beklagten kein Behandlungsfehler in der Bewertung der Befunde und in der Reaktion darauf vorzuwerfen sei. Es liege aber ein grober Behandlungsfehler vor, weil der Beklagte zu 2 - unstreitig - dem durch ständiges Klingeln unangenehm aufgefallenen Kläger gesagt habe, er werde diesen in die Psychiatrie einweisen lassen, wenn er weiter grundlos klingele. Alles spreche dafür, dass der Kläger deswegen davon abgehalten worden sei, zunehmende Beschwerden zeitnah zu melden. Es sei nicht ausgeschlossen, dass der eingetretene Nervenschaden (inkomplette Querschnittlähmung mit neurogener Harnblasen- und Mastdarmentleerungsstörung) bei einer früheren Entlastungsoperation nicht irreversibel gewesen wäre. Dagegen wenden sich die Beklagten mit der Nichtzulassungsbeschwerde.

II.

Die Nichtzulassungsbeschwerde hat Erfolg und führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht. Das Berufungsurteil hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand und verletzt den Kläger in seinem Anspruch auf rechtliches Gehör.

1. Die Nichtzulassungsbeschwerde wendet sich mit Erfolg gegen die Auffassung des Berufungsgerichts, der Beklagte zu 2 habe einen groben Behandlungsfehler begangen und die Beklagten hätten nicht beweisen können, dass auch eine einige Stunden früher durchgeführte Operation die Querschnittlähmung hätte verhindern können. Es sei nicht ausgeschlossen, dass der Nervenschaden bei einer früheren Entlastungsoperation nicht irreversibel gewesen wäre. Die Nichtzulassungsbeschwerde macht mit Recht geltend, das Berufungsgericht habe bei seiner Würdigung den Beweisantritt des Klägers auf Vernehmung des Zeugen J. zu dem Vortrag übergangen, dass dieser beim Kläger während seines Nachtdienstes vom 7. auf den 8. Mai 2009 dessen Bettflasche wiederholt geleert habe und sich daran erinnern könne, dass er die Urinflasche des Klägers bei Dienstbeginn zwischen 20.00 Uhr und 21.00 Uhr und ein weiteres Mal um 24.00 Uhr entleert habe. Sie macht auch zu Recht geltend, dass konkrete tatsächliche Feststellungen dazu fehlen, zu welchem Zeitpunkt vor der Meldung des Klägers beim Zeugen J. um 5.00 Uhr am frühen Morgen des 8. Mai 2009 beim Kläger in Bezug auf die Blasenentleerungsstörung ein Tatbestand vorgelegen habe, der ihn ohne die Drohung des Beklagten zu einer Meldung veranlasst hätte. Der allgemeine Hinweis darauf, dass der Nervenschaden nach den Ausführungen des Sachverständigen im Falle einer früheren Operation vielleicht noch nicht irreversibel gewesen wäre, macht eine Vernehmung des Zeugen J. nicht entbehrlich. Die Nichtzulassungsbeschwerde verweist zu Recht darauf, dass nach den Ausführungen des Sachverständigen das Gefühl des Harndrangs sich erst mit einer gewissen Füllungsmenge (ca. 500 ml) einstelle, so dass "auch bei sorgfältigstem Monitoring die Frist vom letzten Wasserlassen bis zum Erreichen dieser Urinmenge bei der Entdeckung einer Blasenstörung verloren ginge". Unter diesen Umständen ist der Zeitpunkt, zu welchem der Kläger das letzte Mal Wasser gelassen hatte, erheblich und musste der Sachverständige dazu gehört werden, ob beim Kläger überhaupt eine Blasensymptomatik vorgelegen haben kann, die ihn ohne die Drohung des Beklagten zu 2 zu einer Betätigung der Bettklingel veranlasst hätte.

2. Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass das Berufungsgericht nach Vernehmung des Zeugen J. und Anhörung des Sachverständigen zu einer anderen Einschätzung gelangt wäre, war das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Dieses wird bei erneuter Befassung auch Gelegenheit haben, die Annahme eines groben Behandlungsfehlers unter Einbeziehung des Umstands zu prüfen, dass der Kläger gemäß der Behandlungsdokumentation am 6. Mai 2009 im Rahmen der Oberarztvisite darauf hingewiesen worden war, dass er sich bei Auftreten neurologischer Ausfälle, Taubheitsgefühl, Lähmung oder Blasenentleerungsstörungen sofort melden sollte. Zur Annahme eines groben Behandlungsfehlers ist eine Würdigung der gesamten Umstände des Einzelfalles erforderlich. Dabei wird auch die Einschätzung des medizinischen Sachverständigen zu berücksichtigen sein, ab wann ein Tatbestand vorgelegen haben kann, der den Kläger ohne die Drohung zu einer Meldung veranlasst haben könnte, und welche Auswirkungen sowie Bedeutung gegebenenfalls eine verspätete Meldung hatte.

Das Berufungsgericht wird bei erneuter Befassung auch Gelegenheit haben, das weitere wechselseitige Vorbringen der Parteien in der Revisionsinstanz zu berücksichtigen.

Galke Wellner Diederichsen Stöhr von Pentz Vorinstanzen: LG Lüneburg, Entscheidung vom 25.04.2012 - 2 O 50/10 OLG Celle, Entscheidung vom 28.02.2013 - 11 U 121/12 -

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