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18 W (pat) 40/14

BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 40/14 Verkündet am 19. März 2014

…

BESCHLUSS In der Beschwerdesache betreffend die Patentanmeldung 199 40 210.8 - 53 …

hat der 18. Senat (Techn. Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 19. März 2014 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Dipl.-Ing. Wickborn, der Richter Kruppa, Dipl.-Phys. Dr. rer. nat. Schwengelbeck und Dipl.-Ing. Altvater BPatG 154 05.11 beschlossen:

1. Der Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G 06 F des Deutschen Patent- und Markenamts vom 15. Dezember 2008 wird aufgehoben.

2. Die Sache wird zur Entscheidung an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückverwiesen.

3. Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird angeordnet.

Gründe I.

Die unter Inanspruchnahme der Priorität der US Patentanmeldung 169324 vom 9. Oktober 1998 am 25. August 1999 eingereichte Patentanmeldung 199 40 210.8-53 mit der Bezeichnung

„Installieren von Komponenten einer Benutzeroberfläche für eine aktive Benutzeroberfläche durch den Hersteller“

wurde mit Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G 06 F des Deutschen Patentund Markenamts vom 15. Dezember 2008 mit der Begründung zurückgewiesen, dass der Patentanspruch 1 nicht patentierbar sei, da es dessen Gegenstand im Hinblick auf die Druckschriften D1 EP 0 474 578 A1 und D2 Examples of Using Software Installer. First Edition. IBM Corporation,

International Technical Support Organization, Research Triangle Park, NC 27709-2195, USA, Mai 1995. (Redbook, IBM Form Number GG24-2529-00), ISBN 0738408212 an der für die Patentfähigkeit erforderlichen erfinderischen Tätigkeit mangele. Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Der Senat hat als weiteren Stand der Technik im Schriftsatz vom 18. März 2014 auf folgende Druckschrift hingewiesen: D3 US 5 794 052 A.

Die Beschwerdeführerin beantragt,

1. den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G06F des Deutschen Patentund Markenamts vom 15. Dezember 2008 aufzuheben und das Patent auf der Grundlage der folgenden Unterlagen zu erteilen:

- Patentansprüche 1-8, eingereicht in der mündlichen Verhandlung,

- Beschreibung Seiten 1, 2 und 4 bis 17,

eingegangen

25. August 1999,

Beschreibung Seiten 3 und 3a, eingegangen am 4. Oktober 2006,

am

- Figuren 1 bis 9, eingegangen am 25. August 1999,

2. die Rückzahlung der Beschwerdegebühr.

Der geltende Patentanspruch 1 lautet unter Hinzufügen von Gliederungspunkten:

M1 „Verfahren zum Herstellen eines Computersystems und zum Modifizieren einer grafischen Benutzeroberfläche, die von einem Betriebssystem kontrolliert wird, aufweisend:

M2 Zusammenbauen eines Computersystems (100) in einem HardwareHerstellungsabschnitt (102) während eines Herstellungsprozesses des Computersystems (100); M3.1 M3.2 M3.3 Transferieren des Computersystems (100) in einen Software-Installationsabschnitt (104) und Installieren eines Standardbetriebssystems und von Anwendungen auf dem Computersystem (100) durch ein Herstellungs-Computersystem (150) während des Herstellungsprozesses des Computersystems (100), wobei das Herstellungs-Computersystem (150) Festplattenabbilder (155) von einem nichtflüchtigen Speichergerät liest, wobei die Festplattenabbilder (155) ein generisches Installationsprogramm und modifizierte Konfigurationsdateien aufweisen; M4.1 M4.2 Transferieren des Computersystems (100) zu einem Konfigurierungsabschnitt (106) und Speichern von Konfigurationskomponenten, bestehend aus einem angepassten Installationsprogramm, Anwendungen und Grafikdateien, auf einem nichtflüchtigen Speichergerät (125) des Computersystems (100) durch ein Konfigurations-Installationssystem (170) durch Transferieren von einem nichtflüchtigen Speichergerät, das mit dem Konfigurations-Installationssystem (170) verbunden ist, während des Herstellungsprozesses des Computersystems (100); M5 Versenden (190) des Computersystems (100) an einen Endanwender; M6 Lesen der modifizierten Konfigurationsdatei (220) mit Bezug für das Betriebssystem während eines ersten Aufrufs (300) des Betriebssystems durch den Endanwender und Aufrufen des angepassten Installationsprogramms (320) in Antwort auf das Lesen; und M7.1 M7.2 Hinzufügen eines grafischen Bildes (380) zu der grafischen Benutzeroberfläche während des ersten Aufrufs des Betriebssystems durch den Endanwender, wobei das grafische Bild (380) einen Bezug hat zu einem Anwendungsprogramm; wobei das Hinzufügen resultiert aus dem Aufruf des angepassten Installationsprogramms und wobei das grafische Bild (380) in einer ersten Anzeige der grafischen Benutzeroberfläche für den Endanwender erscheint.“

Wegen des Wortlauts der geltenden Unteransprüche 2 bis 8 wird auf den Akteninhalt verwiesen.

Die Beschwerdeführerin führt aus, dass die geltenden Ansprüche zulässig und im Lichte des im Verfahren befindlichen Standes der Technik patentfähig seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerechte Beschwerde führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Deutsche Patent- und Markenamt gemäß § 79 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 PatG.

1. Die Anmeldung betrifft Software zum Anpassen eines Betriebssystems im Zuge einer ersten Ausführung durch einen Anwender und Verbesserungen beim Herstellungsprozess von Computersystemen durch die Verwendung dieser Anpassungen (vgl. geltende Beschreibung, Seite 1, Zn. 14-17).

Die Anmeldung geht davon aus, dass Hersteller von Personalcomputern häufig ein Betriebssystem vorinstallieren würden. Wenn ein Hersteller ein Betriebssystem installiere, verwende er häufig einen anderen Computer, um ein Abbild des Betriebssystems unter der Verwendung eines speziellen Softwareprogramms von der Festplatte des anderen Computers auf die Zielfestplatte des Kundensystems zu kopieren. Das Kopieren eines Abbildes von einer Festplatte anstelle des Installierens des Betriebssystems spare erheblich Zeit. Sobald jedoch das Abbild erzeugt worden sei, sei es ziemlich schwierig, das Kundensystem zu konfigurieren, ohne entweder ein neues Abbild zu erzeugen und zu kopieren oder an der Kundenmaschine die Anpassungen durchzuführen. Mehrere Abbildungen erhöhten die Komplexität des Herstellungsprozesses ebenso wie die Anforderungen an Computer, um die Abbildungen für den Installationsvorgang zur Verfügung zu stellen (vgl. geltende Beschreibung, S. 2, Z. 13 – S. 3, Z. 10).

Die objektive technische Aufgabe ist entsprechend dem Schriftsatz der Anmelderin vom 17. März 2014 (Seite 6, Abs. III. 4.) darin zu sehen, einen Herstellungsprozess eines Computersystems zu ermöglichen, der massentauglich ist und trotzdem eine individuelle Anpassung des Computersystems erlaubt.

Diese Aufgabe soll durch die Merkmale des Verfahrens gemäß Patentanspruch 1 gelöst werden.

2. Die geltenden Ansprüche 1 bis 8 sind zulässig.

Der geltende Anspruch 1 beruht auf dem ursprünglich eingereichten Patentanspruch 1 und stützt sich weiter auf das Ausführungsbeispiel gemäß Figur 1 in Verbindung mit der ursprünglichen Beschreibung S. 5, Zn. 18-25, S. 6, Zn. 1-7 und Z. 29 bis S. 7, Z. 2, S. 7, Zn. 11-21, S. 9, erster Absatz und Z. 29 bis S. 10, Z. 8, sowie die ursprüngliche Beschreibung des Anmeldungsgegenstandes auf S. 3, letzter Absatz.

Die Unteransprüche 2 bis 8 entsprechen den ursprünglichen Ansprüchen 2 bis 8. Ihr Rückbezug auf den geänderten Anspruch 1 ist zulässig und ergibt sich aus der allgemeinen Beschreibung des Anmeldungsgegenstandes auf den Seiten 3, letzter Abs., bis Seite 4, erster Abs. der ursprünglichen Beschreibung.

3. Der im Verfahren befindliche Stand der Technik steht dem geltenden Patentanspruch 1 nicht patenthindernd entgegen, da er für den Fachmann – der eine abgeschlossene Hochschulausbildung im Bereich der Elektrotechnik oder der Informationstechnik und mehrjährige Berufserfahrung auf dem Gebiet der Herstellung und Konfiguration von Endkunden-Computern vorweist – keine Anregung zur Ausgestaltung eines Verfahrens zum Herstellen eines Computersystems mit sämtlichen Merkmalen des Anspruchs 1 enthält.

a) Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist neu gegenüber dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik.

Den Druckschriften D1 und D2 (vgl. bspw. Sp. 2, Zn. 24-52, und Fig. 3A/B mit zugehöriger Beschreibung in Druckschrift D1; Kapitel 2.2.3, S. 23-26, und Kapitel 3.3.1.4, S. 35-37 in Druckschrift D2) ist jeweils kein Herstellungsprozess für ein Computersystem zu entnehmen, sondern allein die Softwareinstallation und Konfiguration für ein Computersystem beim Kunden, die ein Modifizieren einer grafischen Benutzeroberfläche miteinschließt (Merkmal M1 fehlt jeweils teilweise). Keiner der beiden Druckschriften D1 und D2 ist dabei insbesondere ein Verfahren zum Herstellen eines Computersystems entnehmbar, das ein Zusammenbauen des Computersystems und das Transferieren des Computersystems in einen Installationsabschnitt, verbunden mit dem Installieren eines Standardbetriebssystems und von Anwendungen unter Verwendung von Festplattenabbildern lehrt (Merkmale M2, M3.1, M3.2 und M3.3 fehlen jeweils). Den Druckschriften D1 und D2 ist jeweils auch kein Hinweis auf ein Transferieren des Computersystems zu einem Konfigurationsabschnitt zu entnehmen, in dem durch ein KonfigurationsHerstellungssystem während des Herstellungsprozesses Konfigurationsdateien auf dem nichtflüchtigen Speichergerät des Computersystems gespeichert werden (Merkmale M4.1 und M4.2 fehlen jeweils). Ein Versenden des Computers an einen Endanwender folgt in den Druckschriften D1 und D2 implizit aus der beim Endanwender erfolgenden Softwareinstallation (vgl. bspw. Sp. 5, Zn. 18-23 in Druckschrift D1, S. 34, Fig. 14 in Druckschrift D2 / Merkmal M5). Druckschrift D1 ist das Lesen von Konfigurationsdateien mit Bezug für das Betriebssystem während eines ersten Aufrufs des Betriebssystems und ein Aufrufen eines Installationsprogramms zu entnehmen (vgl. Druckschrift D1, Fig. 3B, Schritte 100 und 108 / Merkmal M6). Die Merkmale M7.1 und M7.2 fehlen in Druckschrift D1, da Druckschrift D1 keine grafische Benutzeroberfläche zu entnehmen ist. Druckschrift D2 ist unabhängig von einem ersten Betriebssystemaufruf das Lesen einer Konfigurationsdatei und ein Aufrufen eines Installationsprogramms zu entnehmen (vgl. Druckschrift D2, S. 36, Schritt 6 / Merkmal M6 teilweise), sowie das Aufrufen eines Installationsprogramms in Antwort auf das Lesen der Konfigurationsdatei, wobei ein Hinzufügen des grafischen Bildes zu der grafischen Benutzeroberfläche erfolgt (vgl. S. 37, Schritt 7.g. / Merkmale M7.1 und M7.2 teilweise).

Aus Druckschrift D3 ist ein Verfahren zum Herstellen eines Computersystems bekannt, wobei das Modifizieren einer grafischen Benutzeroberfläche eines Betriebssystems nicht explizit angesprochen ist (vgl. Sp. 4, Z. 25 bis Sp. 5, Z. 64 / Merkmal M1 teilweise). Die Softwareinstallation durch den Hersteller setzt zwangsläufig auch einen Zusammenbau des Computersystems und das Transferieren des Computers in zumindest einen Software-Installationsabschnitt voraus, die der Fachmann dabei mitliest (Merkmale M2 und M3.1). Weiterhin ist Druckschrift D3 das Installieren eines Standardbetriebssystems und von Anwendungen auf dem Computersystem durch ein Herstellungs-Computersystem während eines Herstellungsprozesses des Computersystems zu entnehmen (Sp. 4, Zn. 11-24 und 35-44 / Merkmal M3.2). Daraufhin werden Konfigurationskomponenten auf einem nichtflüchtigen Speichergerät des Computersystems gespeichert. Hierbei sind Grafikdateien jedoch nicht ausdrücklich genannt; es erfolgt mithin auch keine Unterscheidung zwischen Installations- und Konfigurationsabschnitt des Herstellungsprozesses (Sp. 4, Z. 57 – Sp. 5, Z. 2; Sp. 6, Zn. 9 – 18 / Merkmale M4.1 und M4.2 teilweise). Das Computersystem wird dann an den Endanwender versandt (Sp. 6, Zn. 16-18 / Merkmal M5). Im Hinblick auf den ersten Aufruf des Betriebssystems durch den Endanwender ist Druckschrift D3 das Lesen einer Konfigurationsdatei für das Betriebssystem (Sp. 5, Zn. 25-30 i.V.m. Sp. 6, Zn. 9-15 und 25-31) und ein Aufrufen eines Installationsprogramms zum Installieren von Komponenten zu entnehmen (Sp. 6, Zn. 9-15 und 39-41 / Merkmal M6).

Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheidet sich somit vom Gegenstand der Druckschrift D3 insbesondere im Fehlen der Verwendung von Festplattenabbildern im Rahmen des Herstellungsprozesses (Merkmal M3.3 fehlt) und dem Fehlen von Grafikdateien als Konfigurationskomponenten (Merkmal M4.2 fehlt teilweise, Merkmale M7.1 und M7.2 fehlen). Daneben unterscheidet Druckschrift D3 im Unterschied zu Anspruch 1 nicht zwischen einem Installations- und einem Konfigurationsabschnitt bei der Herstellung des Computersystems, d.h. eine Unterscheidung der Prozessschritte entsprechend der Merkmale M3.1 und M4.1 des Anspruchs 1 ist nicht vorgesehen.

b) Das Verfahren gemäß Anspruch 1 ist dem Fachmann auch nicht durch den im Verfahren befindlichen Stand der Technik nahegelegt.

Die Druckschriften D1 und D2 befassen sich ausschließlich mit der Konfiguration von Computersystemen beim Endanwender. Sie geben dem Fachmann daher keine Veranlassung, eine Konfiguration des Computers bereits im Herstellungsverfahren unter der Verwendung von Festplattenabbildern in Verbindung mit Konfigurationskomponenten auf dem nichtflüchtigen Speichergerät des Computersystems selbst bereitzustellen, deren Anpassung im Rahmen der ersten Ausführung des Betriebssystems durch den Endanwender erfolgt.

Selbst wenn man angesichts des Vorliegens eines vorinstallierten Computers beim Endanwender in den jeweiligen Druckschriften D1 und D2 von einem zwangsläufig vorausgehenden Herstellungsprozess und damit einer Veranlassung zur Verbindung von Druckschrift D1 oder Druckschrift D2 mit einem Herstellungsverfahren nach Druckschrift D3 ausgeht, gelangt der Fachmann nicht in naheliegender Weise zum Gegenstand des geltenden Anspruchs 1.

Zwar ist aus Druckschrift D3 ein Prozess zur Herstellung einer kundenspezifischen Softwareinstallation zu entnehmen, der wie der vorliegende Anspruch 1 auf der Konfiguration der installierten Software beim ersten Starten des Systems beim Endanwender beruht (vgl. Sp. 4, Zn. 25-34 i.V.m. Sp. 5, Zn. 25-30 und Sp. 6, Zn. 9-15). Im Gegensatz zur Verwendung eines Festplattenabbilds gemäß dem geltenden Anspruch 1 wird in Druckschrift D3 aber ein modularer Ansatz gewählt, der das Installieren einzelner Softwaremodule (d.h. individuelle Treiber und Anwendungen) zusammen mit diesen jeweils einzeln zugeordneten Konfigurationsdaten auf dem Computersystem bei der Herstellung vorsieht (vgl. Sp. 4, Zn. 26-34 und 52-59 sowie Sp. 5, Zn. 1-2). Diese modulare Vorbereitung der Computerkonfiguration innerhalb eines Herstellungsverfahrens in Druckschrift D3 weist somit von der vorliegend gewählten Lösung gemäß Anspruch 1 weg, die auf der Verwendung von Festplattenabbildern mit einem Standardbetriebssystem und modifizierten Konfigurationsdateien zur Anpassung des Betriebssystems bei der ersten Ausführung durch den Nutzer beruht. Es findet sich im Stand der Technik auch kein Hinweis auf eine Aufteilung des Herstellungsprozesses in einen Installations- und einen Konfigurationsabschnitt.

Folglich ergibt sich für den Fachmann auch in Verbindung der Gegenstände der Druckschriften D1 oder D2 mit der Lehre der Druckschrift D3 kein Herstellungsprozess gemäß Anspruch 1, der auf der Verwendung standardisierter Festplattenabbilder beruht.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist daher nicht durch den im Verfahren befindlichen Stand der Technik nahegelegt.

Damit trägt der im Zurückweisungsbeschluss genannte Grund nicht mehr.

4. Die neu hinzugekommenen Merkmale im geltenden Patentanspruch 1 sind ersichtlich nicht Gegenstand der Recherche im bisherigen Prüfungsverfahren gewesen.

Der Senat hat nach § 79 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und 3 PatG davon abgesehen, antragsgemäß in der Sache selbst zu entscheiden und das Patent zu erteilen, weil er die Frage, ob der Gegenstand des jeweils geltenden Patentanspruchs 1 auch auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht, anhand des derzeit ermittelten Standes der Technik nicht abschließend beurteilen kann. Denn die beanspruchten detaillierten Merkmale des Herstellungsprozesses hinsichtlich der Installation mittels Festplattenabbildern und Konfigurationskomponenten, welche wiederum die Anpassung des Systems beim ersten Starten durch den Endanwender bestimmen, sind im Wesentlichen dem Ausführungsbeispiel zu Fig. 1 der Anmeldung entnommen und waren nicht Gegenstand der im Prüfungsverfahren diskutierten Anspruchsfassungen.

Fragen einer derartigen Herstellung und Vorkonfiguration des Computersystems beim Hersteller sind ersichtlich im bisherigen Verfahren noch nicht recherchiert worden. In dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik findet sich jedenfalls kein Anhaltspunkt dafür, da sich die dort zitierten Druckschriften auf die Konfiguration eines Computersystems beim Anwender beziehen. Auf ein Naheliegen eines ursprünglich im Anspruch 15 beanspruchten Herstellungsverfahrens wird im Prüfungsverfahren allein aus der Erstellung und Lieferung von Datenträgern zur Verwendung bei der Softwareinstallation beim Anwender geschlossen (vgl. bspw. Druckschrift D1, Sp. 6, Zn. 32-38; Druckschrift D2, S. 13, Fig. 5 und S. 36, Fig. 15). Auch der Druckschrift D3 ist die im geltenden Anspruch 1 geforderte Merkmalskombination nicht zu entnehmen (vgl. Druckschrift D3, a.a.O.). Aus dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik ist das nunmehr unter Aufnahme weiterer Merkmale aus der Beschreibung beanspruchte Herstellungsverfah- ren – wie vorstehend dargelegt – dem Fachmann jedenfalls nicht nahegelegt.

Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass insbesondere unter dem Gesichtspunkt der §§ 3 und 4 PatG ein einer Patenterteilung möglicherweise entgegenstehender Stand der Technik existiert. Zu deren Ermittlung sind in erster Linie die Prüfungsstellen des Patentamts berufen, welche hierzu über geeignete Recherchemittel und Fachkenntnisse verfügen. Da eine sachgerechte Entscheidung nur aufgrund einer vollständigen Recherche des relevanten Standes der Technik ergehen kann, war die Sache – auch um der Anmelderin keine Tatsacheninstanz zu nehmen – zur weiteren Prüfung und Entscheidung an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückzuverweisen (§ 79 Abs. 3 Satz 1 Nrn. 1 und 3 PatG).

III.

Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr war nach § 80 Abs. 3 PatG anzuordnen.

Nach dieser Vorschrift kann die Rückzahlung der Beschwerdegebühr angeordnet werden, wenn dies der Billigkeit entspricht. Dies kommt insbesondere bei Verfahrensfehlern oder unsachgemäßer Sachbehandlung in Betracht (vgl. Schulte, PatG, 9. Aufl., § 80 Rdn. 111 ff. und § 73 Rdn. 131 ff.; Busse, PatG, 7. Aufl., § 80 Rdn. 90 ff).

Eine sachliche Fehlbeurteilung vermag für sich allein eine Rückzahlung der Beschwerdegebühr noch nicht zu rechtfertigen. Hier kommen aber Umstände hinzu, welche eine solche Billigkeitsentscheidung im vorliegenden Einzelfall gebieten (vgl. Schulte, a.a.O., § 73 Rdn. 136, 137, 142, 143).

a) Maßgebliche Gründe der Entscheidung der Prüfungsstelle sind dem Zurückweisungsbeschluss nicht zu entnehmen, da entscheidungserhebliche Tatsachen im Beschluss nicht angesprochen sind. So werden die Merkmale der beiden zitierten Druckschriften mosaikartig kombiniert und ohne näheres Eingehen nur durch kursorische Verweise auf Textabschnitte der jeweiligen Entgegenhaltungen belegt. Zudem werden einzelne Teilmerkmale unabhängig von ihrem ursprünglichen Kontext in den jeweiligen Entgegenhaltungen kombiniert. Schließlich ist der Nachweis einzelner Merkmale im angefochtenen Beschluss teilweise nicht erkennbar, bspw. hinsichtlich der Unterscheidung der verschiedenen in der vorliegenden Anmeldung genannten Installationsprogramme und Konfigurationskomponenten. Daher ergibt sich im Beschluss auch kein schlüssiges Bild der Beurteilung der von der Anmelderin angeführten Gegenargumente durch die Prüfungsstelle. Denn diese Argumente werden im Beschluss nur aufgezählt, ohne auf sie einzugehen. Eine wie im vorliegenden Fall nur auf der kommentarlosen Zuordnung von Textverweisen beruhende Begründung mag zwar bei einem einfach überschaubaren Gegenstand und eindeutig zuordenbaren Merkmalen des Standes der Technik ausreichend sein. Im vorliegenden Fall verbleibt jedoch bereits die Frage nach der Veranlassung des Fachmanns zur Kombination der beiden Druckschriften unbeantwortet. Die Begründung des Beschlusses ist daher nicht nachvollziehbar.

b) Im vorliegenden Fall ist auch der Beurteilungsspielraum der Prüfungsstelle bei der Einschätzung der Sachdienlichkeit der von der Anmelderin im Schriftsatz vom 4. Oktober 2006 hilfsweise beantragten Anhörung überschritten worden. § 46 Abs. 1 Satz 2 PatG gibt vor, dass der Anmelder bis zum Beschluss über die Erteilung auf Antrag zu hören ist, wenn es sachdienlich ist. Sachdienlich ist nach ständiger Rechtsprechung eine Anhörung immer dann, wenn sie aus objektiver Sicht das Verfahren fördern kann (vgl. Schulte, a.a.O., § 46 Rdn. 11 m.w.N; BPatGE 18, 30, 39; 39, 204, 205). In der Rechtsprechung wird die einmalige Durchführung einer Anhörung im Prüfungsverfahren in aller Regel als sachdienlich angesehen (vgl. BPatGE 18, 30, 39; Winterfeld, Engels: Aus der Rechtsprechung des Bundespatentgerichts im Jahre 2007, GRUR 2008, 645). Eine Ablehnung eines Antrags auf Anhörung kommt nur ausnahmsweise in Betracht, wenn triftige Gründe dafür vorliegen, weil z.B. die Anhörung zu einer überflüssigen Verfahrensverzögerung eines einfach gelagerten Verfahrens führen würde (Schulte, a.a.O., § 46 Rdn. 15).

Allein aus der Tatsache, dass eine geänderte Anspruchsfassung nach dem Verständnis der Prüfungsstelle nur unwesentliche Änderungen des beanspruchten Gegenstands umfasst, kann jedoch nicht geschlossen werden, dass alle wesentlichen Aspekte der Anmeldung bereits behandelt wurden, insbesondere wenn seitens der Anmelderin ausführlich auf die aus ihrer Sicht bestehenden Unterschiede zum Stand der Technik hingewiesen wurde. Der von der Prüfungsstelle vertretenen Auffassung, dass es sich beim Gegenstand des Hauptanspruchs um einen einfachen und überschaubaren Sachverhalt handelt, kann dabei nicht gefolgt werden, zumal sich der hierzu zitierte Kommentar (Schulte, a.a.O., § 46 Rdn. 15) darauf bezieht, dass seitens der Antragstellerin keine konkreten Punkte genannt werden, die in der Anhörung erörtert werden sollen. Solche Punkte sind dem Schriftsatz der Anmelderin durchaus entnehmbar, wie deren Auflistung durch die Prüfungsstelle im Beschluss zeigt. Dass kein einfacher und überschaubarer technischer Sachverhalt vorliegt, wird bereits daraus deutlich, dass – wie oben dargelegt – ein Naheliegen des Anspruchsgegenstands allein an Hand der von der Prüfungsstelle durchgeführten mosaikartigen Betrachtung der Merkmale der Druckschriften D1 und D2 nicht nachvollziehbar ist.

Schließlich ist die im Beschluss getroffene Feststellung zu bemängeln, die Anhörung werde aus Gründen der Verfahrensökonomie als nicht sachdienlich angesehen. Zwar verneinen die Prüfungsrichtlinien des DPMA vom

1. März 2004 (Kap. 3.6.1, 6. Abs.) die Sachdienlichkeit, wenn nach Lage der Akten die Anhörung zu einer unnötigen Verfahrensverzögerung führen würde. Ungeachtet der Frage, ob diese Einschätzung im vorliegenden Fall gerechtfertigt ist, ist bei der Entscheidung über die Sachdienlichkeit der Anhörung aber zu prüfen, ob diese aus objektiver Sicht das Verfahren fördern kann, nicht jedoch ob das Prüfungsverfahren ohne Anhörung schneller abgeschlossen werden kann.

Wegen der Ablehnung der Anhörung liegt ein Verfahrensfehler vor und in der Art und Weise der Beurteilung der vorliegenden Anmeldung durch die Prüfungsstelle ist eine unangemessene Sachbehandlung zu sehen. Daher ist die Beschwerdegebühr zurückzuerstatten (Busse, PatG, 7. Aufl., § 80 Rdn. 102, 118 und 124).

IV.

Rechtsbehelfsbelehrung Gegen diesen Beschluss steht der am Beschwerdeverfahren Beteiligten das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass

1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, 2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, 3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, 4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,

5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder

6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.

Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich einzulegen.

Wickborn Kruppa Dr. Schwengelbeck Altvater Hu

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