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17 W (pat) 77/10

BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 77/10

_______________________

(Aktenzeichen)

BESCHLUSS In der Beschwerdesache betreffend die Patentanmeldung 101 95 930.3-53 …

hat der 17. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 18. Juni 2014 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Phys. Dr. Morawek, der Richterin Eder, der Richterin Dipl.-Phys. Dr. Thum-Rung und des Richters Dipl.-Ing. Hoffmann BPatG 152 08.05 beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen. Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird angeordnet.

Gründe I.

Die vorliegende Patentanmeldung geht hervor aus der internationalen Anmeldung PCT/US01/07847, die am 12. März 2001 eingereicht wurde und zwei US-amerikanische Prioritäten, die ältere vom 13. März 2000, beansprucht. Sie trägt die Bezeichnung

„System und Verfahren zum Zuordnen von Verkäufern und Käufern in einem Marktplatz“.

Die Anmeldung wurde von der Prüfungsstelle für Klasse G06Q des Deutschen Patent- und Markenamtes mit Beschluss vom 7. Mai 2010 zurückgewiesen. Zur Begründung führt die Prüfungsstelle aus, dass die mit dem geltenden Hauptanspruch beanspruchte Lehre dem Patentschutz gemäß § 1 PatG nicht zugänglich sei.

Gegen diesen Beschluss ist die Beschwerde der Anmelderin gerichtet.

Sie beantragt in Ihrem Schreiben vom 6. Dezember 2013, die Beschwerde im schriftlichen Verfahren weiterzuführen, und nimmt gleichzeitig den hilfsweise gestellten Antrag auf mündliche Verhandlung zurück. Auf den Bescheid des Senats vom 19. Dezember 2013, in welchem die vorläufige Auffassung dargelegt wurde, hat sie sich nicht mehr geäußert.

Weiterhin beantragt die Anmelderin in dem Beschwerdeschriftsatz vom 21. Juni 2010

- den Beschluss aufzuheben und ein Patent auf die zurückgewiesene Anmeldung zu erteilen.

Diesem Antrag liegen folgende (geltenden) Unterlagen zugrunde:

Patentansprüche 1 bis 16, vom 30. April 2010, Beschreibung Seiten 1 bis 21 vom 13. September 2002, 7 Blatt Zeichnungen mit Figuren 1 - 16 vom 13. September 2002.

Zu den Einzelheiten wird auf die Akte verwiesen.

II.

Die Beschwerde wurde frist- und formgerecht eingelegt und ist auch sonst zulässig. Sie hat jedoch keinen Erfolg, da das Verfahren des Patentanspruchs 1 gemäß § 1 Abs. 1 i. V. m. Abs. 3 Nr. 3 und Abs. 4 PatG vom Patentschutz ausgeschlossen ist.

1. Die Patentanmeldung betrifft ein Verfahren zum Optimieren von Preisen in einem Marktplatz, der eine Beziehung zwischen Verkäufern und Käufern herstellt.

Durch die Lehre der Anmeldung soll die Aufgabe gelöst werden, ein System und ein Verfahren vorzusehen, bei denen Käufer und Verkäufer in einem Marktplatz automatisch zugeordnet werden können, und welches optimale Ergebnisse liefern und ein stabiles Ergebnis garantieren würden (vgl. Offenlegungsschrift DE 101 95 930 T1 S. 3, erster Absatz).

Diese Aufgabe soll durch das in Patentanspruch 1 angegebene Verfahren gelöst werden. Der geltende Patentanspruch 1 (mit einer möglichen Gliederung versehen) lautet:

1. Verfahren zum Optimieren von Preisen, zu denen Produkte in einem automatisierten Marktplatz verkauft werden, mit den folgenden Schritten, wobei die Schritte mittels eines Systems zum Zuordnen von Käufern und Verkäufern in dem automatischen Marktplatz ausgeführt werden: a. Erzeugen einer Matrix aller möglichen Käufer und Verkäufer; b. Vorsehen für jeden Käufer eines einem maximalen Kaufpreis entsprechenden Reservepreises; c. Vorsehen für jeden Verkäufer eines einem Mindestverkaufspreis entsprechenden Reservepreises; d. Berechnen eines Utilitywerts für jede Paarung von Käufern und Verkäufern; e. Auswählen einer eindeutigen Paarung von Käufern und Verkäufern, welche die Gesamt-Utility maximiert; f. Berechnen einer für den Käufer optimalen Zuweisung der Gesamt-Utility für alle Käufer und Verkäufer in einer stabilen Art und Weise; g. Berechnen einer für den Verkäufer optimalen Zuweisung der Gesamt-Utility für alle Käufer und Verkäufer in einer stabilen Art und Weise; und h. Auswählen eines Transaktionspreises, der für jedes Paar der eindeutigen Paarung die Utility zwischen diesem Verkäufer und diesem Käufer aufteilt.

Der geltende nebengeordnete Anspruch 13 ist gerichtet auf ein System zum Zuordnen von Käufern und Verkäufern in einem automatischen Marktplatz, mit den folgenden Elementen:

- mehreren Käufern für ein Produkt; - mehreren Verkäufern für das Produkt; - einem zentralen System, das eine Matrix aller möglichen Käufer und Verkäufer für das Produkt enthält; - einer Einrichtung, durch die jeder Käufer einen Reservepreis auswählen kann, der einen maximalen Kaufpreis für das Produkt repräsentiert; - einer Einrichtung, durch die jeder Verkäufer einen Reservepreis auswählen kann, der einen Mindestverkaufspreis für das Produkt repräsentiert; - einer Optimiereinrichtung innerhalb des zentralen Systems zum Zuweisen eines Utility-Werts zu Paarungen zwischen Käufern und Verkäufern und zum Berechnen einer Menge solcher Paarungen zum Optimieren eines globalen Utility-Werts; und - einer Einrichtung innerhalb des zentralen Systems zum Zuweisen von Käufern und Verkäufern entsprechend der berechneten optimierten Menge von Paarungen und Zuweisen eines stabilen Transaktionspreises für jede Paarung zwischen den Reserven des Käufers und des Verkäufers für diese Paarung.

Zu den Unteransprüchen 2 bis 12 und 14 bis 16 wird auf die Akte verwiesen.

Die Lehre, die der Anmeldung zugrunde liegt, basiert auf einem elektronischen Marktplatz, welcher auf einem Server abgebildet ist, und der die bestmögliche Zuordnung eines Verkäufers zu einem Käufer hinsichtlich des Produktpreises ermittelt.

Hierzu sind in dem Server private und öffentliche Informationen hinterlegt, aufgrund derer eine Zuordnung zwischen einem Verkäufer und einem Käufer mit Hilfe eines sogenannten Matchers hergestellt werden. Zusätzlich werden die Daten des Servers in vorgegebenen Zeitabständen überprüft und aktualisiert, um zeitnahe Zuordnungen zu ermitteln. Von den Verkäufern werden Produkte (öffentliche Information) auf den Marktplatz gestellt und zu jedem Produkt wird ein (Verkaufs-) Limitpreis (Mindestpreis) angegeben (private Information). Interessiert sich ein Käufer für ein Produkt kann er seinerseits auf dem Server einen (Kauf-) Limitpreis (Maximalpreis) eingeben (private Information) (Offenlegungsschrift S. 6 Abs. 3). Die Eingaben der Käufer und Verkäufer können noch weitere Einschränkungen bzw. Vorgaben enthalten. So können bspw. bevorzugte Käufer oder Verkäufer ausgewählt werden, oder es können für ein Produkt von einem Käufer unterschiedliche (Kauf-) Limitpreise für verschiedene Hersteller (Verkäufer) angegeben werden (Offenlegungsschrift S. 6 Abs. 4 ff.). Aus dieser Vielzahl von vorhandenen Werten (Produkte, Gebote, Limitpreise, Einschränkungen) soll eine stabile Zuordnung ermittelt werden.

Als Fachmann für die Implementierung einer Online-Handelsplattform sieht der Senat einen Programmierer oder Informatiker mit Erfahrung in der Entwicklung von Online-Handelsplattformen an.

2. Das Verfahren des Hauptanspruchs ist vom Patentschutz ausgeschlossen. Es betrifft Pläne bzw. Regeln für geschäftliche Tätigkeiten als solche (§ 1 Abs. 1 i. V. m. Abs. 3 Nr. 3 und Abs. 4 PatG).

Gemäß der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist bei Erfindungen mit Bezug zu Geräten und Verfahren zunächst zu klären, ob der Gegenstand der Erfindung zumindest mit einem Teilaspekt auf technischem Gebiet liegt. Danach ist zu prüfen, ob dieser Gegenstand lediglich ein Programm für Datenverarbeitungsanlagen als solches darstellt und deshalb aufgrund des Ausschlusstatbestandes vom Patentschutz ausgeschlossen ist. Der Ausschlusstatbestand greift nicht ein, wenn die Lehre Anweisungen enthält, die der Lösung eines technischen Problems mit technischen Mitteln dienen (BGH GRUR 2011, 610 - „Webseitenanzeige“). Nichts anderes gilt, wenn in Rede steht, ob eine beanspruchte Lehre als mathematische Methode, als Regel oder Verfahren für geschäftliche Tätigkeiten oder als Wiedergabe von Informationen nicht als Erfindung anzusehen ist (BGH GRUR 2005, 143, III.4.a. - „Rentabilitätsermittlung“).

Die vorliegende Anmeldung liegt zweifelsohne mit einem Teilaspekt (z. B. Übermittlung von Daten) auf technischem Gebiet, jedoch löst sie kein technisches Problem mit technischen Mitteln.

Welches Problem durch eine Erfindung gelöst wird, ist objektiv danach zu bestimmen, was die Erfindung tatsächlich leistet (BGH GRUR 2005, 141, II.4.b. - „Anbieten interaktiver Hilfe“).

Das beanspruchte Verfahren stellt eine Zuordnung zwischen einem Verkäufer und einem Käufer her, wobei für beide Seiten der effektiv beste Preis ermittelt wird.

Das Ziel liegt somit darin, anhand der vorliegenden Daten eine bestmögliche Näherung der Limitpreise zu ermitteln und somit, sowohl für den Verkäufer als auch für den Käufer, den besten Endpreis für die Verkaufsaktion zu erzielen. Dies stellt aber kein technisches Problem, sondern einen Plan für eine geschäftliche Tätigkeit dar, der für den Verkäufer einen hohen Erlös und für den Käufer einen günstigen Preis garantiert.

Die zur Problemlösung eingesetzten Mittel erschöpfen sich in bekannten Datenverarbeitungsanlagen (Server und Rechner), die untereinander verbunden sind, wobei weder die Rechner noch das Netzwerk über den bestimmungsgemäßen Gebrauch hinaus weitere Merkmale aufweisen, die ein technisches Problem mit technischen Mitteln lösen. Es wird auch in keiner Weise auf technische Gegebenheiten außerhalb des beanspruchten Verfahrens Rücksicht genommen. Denn es findet keine Außenwirkung im Sinne einer technischen Anpassung oder Veränderung der Datenverarbeitungsanlagen statt, sondern es werden lediglich geschäftliche Parameter wie Limitpreise oder weitere Vorgaben verarbeitet, die zu einer Zuordnung zwischen Verkäufer und Käufer führen. Die beanspruchte Lehre führt zwar zu Verbesserungen bei der Ermittlung eines besten Preises, leistet jedoch keinen Beitrag zur Lösung eines technischen Problems.

3. Auch der nebengeordnete Anspruch 13, sowie die Unteransprüche sind nicht gewährbar, da über einen Antrag nur einheitlich entschieden werden kann (BGH GRUR 1997, 120 - „Elektrisches Speicherheizgerät“).

4. Die Beschwerdegebühr ist zurückzuzahlen.

Die Anmelderin hat in ihrer Eingabe vom 21. August 2009 eine Anhörung beantragt und in der Eingabe vom 30. April 2010 neue Ansprüche eingereicht und nochmals eine Anhörung beantragt. Sie ist zudem auf die Argumentation der Prüfungsstelle in beiden Bescheiden ausführlich eingegangen und hat ihre von der Beurteilung der Prüfungsstelle abweichende Sicht der Dinge erläutert. Daraufhin folgte der Zurückweisungsbeschluss, in welchem die Durchführung einer Anhörung mit einer standardisierten, nicht stichhaltigen Begründung (die Argumente seien bekannt, es bestehe kein weiterer Klärungsbedarf, eine Anhörung wäre nicht sachdienlich) abgelehnt wurde.

Wie der Senat in früheren Entscheidungen (vgl. etwa 17 W (pat) 44/06, 17 W (pat) 59/07, 17 W (pat) 3/09) bereits mehrfach dargelegt hat, war das Prüfungsverfahren in solchen Fällen regelmäßig mängelbehaftet; es kann nicht ausgeschlossen werden, dass dieser Mangel ursächlich für die Beschwerdeerhebung war.

Es entspricht daher der Billigkeit, die Beschwerdegebühr zurückzuzahlen.

Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass

1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, 2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, 3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, 4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat, 5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder 6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.

Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich einzulegen.

Dr. Morawek Eder Dr. Thum-Rung Hoffmann Fa

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