• Suche
  • Impressum

caselaw.de²

  • caselaw.de²

  • Suche
  • Impressum

  • Suche
  • Filter
  • Ergebnis
  • Entscheidung
Entscheidung
Paragraphen
Original
Teilen

VIa ZR 460/22

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES VIa ZR 460/22 URTEIL in dem Rechtsstreit Verkündet am: 9. Oktober 2023 Wendt Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle ECLI:DE:BGH:2023:091023UVIAZR460.22.0 Der VIa. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 9. Oktober 2023 durch die Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Menges als Vorsitzende, die Richterinnen Möhring, Dr. Krüger, Wille und den Richter Liepin für Recht erkannt:

Auf die Revision des Klägers wird unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen das Urteil des 11a. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 3. März 2022 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als das Berufungsgericht hinsichtlich des Berufungsantrags zu 1 in Höhe eines an den Kläger zu zahlenden Betrags von 36.253,94 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 38.429,20 € seit dem 30. Januar 2020 Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs sowie hinsichtlich der Berufungsanträge zu 2 und zu 3 zum Nachteil des Klägers erkannt hat.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen Tatbestand:

Der Kläger nimmt die Beklagte wegen der Verwendung unzulässiger Abschalteinrichtungen in einem Kraftfahrzeug auf Schadensersatz in Anspruch.

Der Kläger kaufte am 13. Juli 2015 von einem Händler zu einem Preis von 53.480 € einen von der Beklagten hergestellten neuen Transporter VW T5 California 2.0 TDI, der mit einem Dieselmotor der Baureihe EA 189 (Schadstoffklasse Euro 5) ausgerüstet ist. In dem Fahrzeug wird die Abgasrückführung temperaturabhängig gesteuert und unter Einsatz eines sogenannten "Thermofensters" bei geringen Außentemperaturen reduziert. Ob die sogenannte "Umschaltlogik" zum Einsatz kommt, steht zwischen den Parteien im Streit. Das Fahrzeug ist nicht von einem Rückruf des Kraftfahrt-Bundesamts (KBA) wegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung betroffen.

Der Kläger hat zuletzt die Zahlung von 38.429,20 € (Kaufpreis abzüglich einer Nutzungsentschädigung von 15.050,80 € auf der Grundlage 98.500 gefahrener Kilometer und einer Gesamtlaufleistung von 350.000 Kilometern) nebst Verzugszinsen Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs (Berufungsantrag zu 1), die Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten (Berufungsantrag zu 2) und die Erstattung von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten nebst Prozesszinsen (Berufungsantrag zu 3) begehrt.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers ist ohne Erfolg geblieben. Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Berufungsanträge weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision des Klägers hat weitgehend Erfolg.

I.

Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

Der Kläger habe gegen die Beklagte keinen Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB. Er habe keine greifbaren Anhaltspunkte dafür aufgezeigt, dass in seinem Fahrzeug eine unzulässige Abschalteinrichtung in sittenwidriger Weise zum Einsatz komme. Da für den in Rede stehenden Fahrzeugtyp ein höherer Stickoxid-Grenzwert gegolten habe, sei eine Täuschung des KBA durch den Einsatz einer "Umschaltlogik" zur Erlangung der EG-Typgenehmigung nicht erforderlich gewesen. Die Funktionsweise des Thermofensters reiche nicht aus, um dem Verhalten der für die Beklagte handelnden Personen ein sittenwidriges Gepräge zu geben. Dabei könne zugunsten des Klägers in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht unterstellt werden, dass das Thermofenster als unzulässige Abschalteinrichtung zu qualifizieren sei. Dem Kläger stehe auch kein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV zu, weil es sich bei den Bestimmungen der EG-FGV nicht um auf den Schutz der Fahrzeugkäufer ausgerichtete Vorschriften handele.

II.

Diese Erwägungen halten der Überprüfung im Revisionsverfahren nicht in allen Punkten stand.

1. Es begegnet keinen revisionsrechtlichen Bedenken, dass das Berufungsgericht eine Haftung der Beklagten aus §§ 826, 31 BGB verneint hat. Die Revision erhebt insoweit auch keine Einwände.

2. Die Revision wendet sich jedoch mit Erfolg dagegen, dass das Berufungsgericht eine Haftung der Beklagten nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV wegen der Verwendung des Thermofensters aus Rechtsgründen abgelehnt hat. Wie der Senat nach Erlass des Berufungsurteils entschieden hat, sind die Bestimmungen der § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EGFGV Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB, die das Interesse des Fahrzeugkäufers gegenüber dem Fahrzeughersteller wahren, nicht durch den Kaufvertragsabschluss eine Vermögenseinbuße im Sinne der Differenzhypothese zu erleiden, weil das Fahrzeug entgegen der Übereinstimmungsbescheinigung eine unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne des Art. 5 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 aufweist (vgl. BGH, Urteil vom 26. Juni 2023 - VIa ZR 335/21, NJW 2023, 2259 Rn. 29 bis 32, zur Veröffentlichung bestimmt in BGHZ).

Das Berufungsgericht hat daher zwar zu Recht einen Anspruch des Klägers auf die Gewährung sogenannten "großen" Schadensersatzes verneint (vgl. BGH, Urteil vom 26. Juni 2023 - VIa ZR 335/21, NJW 2023, 2259 Rn. 22 bis 27). Es hat jedoch unberücksichtigt gelassen, dass dem Kläger nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV ein Anspruch auf Ersatz eines erlittenen Differenzschadens zustehen kann (vgl. BGH, Urteil vom 26. Juni 2023, aaO, Rn. 28 bis 32; ebenso BGH, Urteile vom 20. Juli 2023 - III ZR 267/20, ZIP 2023, 1903 Rn. 21 ff.; - III ZR 303/20, juris Rn. 16 f.). Demzufolge hat das Berufungsgericht - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - weder dem Kläger Gelegenheit zur Darlegung eines solchen Schadens gegeben, noch hat es Feststellungen zu einer deliktischen Haftung der Beklagten wegen des zumindest fahrlässigen Einbaus einer unzulässigen Abschalteinrichtung in Form des von der Revision angeführten Thermofensters getroffen.

III.

Das Berufungsurteil hat gleichwohl Bestand, soweit der Kläger mit dem Berufungsantrag zu 1 die Zahlung von mehr als 36.253,94 € verlangt. In Höhe des übersteigenden Betrags stellt sich das angefochtene Urteil aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Selbst wenn aufgrund vom Berufungsgericht bislang nicht festgestellter sonstiger Tatsachen eine Haftung der Beklagten nach §§ 826, 31 BGB in Betracht käme (vgl. BGH, Urteil vom 26. Juni 2023

- VIa ZR 1031/22, NJOZ 2023, 1133 Rn. 28), könnte ein möglicher Anspruch des Klägers auf Gewährung "großen" Schadensersatzes allenfalls auf die Zahlung von 36.253,94 € gerichtet sein. Der Kläger hat in der Berufungsverhandlung die Laufleistung seines Fahrzeugs mit 112.736 Kilometern angegeben. Anhand der von ihm gewählten Berechnungsmethode beläuft sich die vom Kaufpreis abzuziehende Nutzungsentschädigung demnach nicht auf 15.050,80 €, sondern auf 17.226,06 € (53.480 € x 112.736 Kilometer: 350.000 Kilometer). In Höhe des Differenzbetrags von 2.175,26 € ist die Revision daher zurückzuweisen.

IV.

Im Übrigen ist das Berufungsurteil in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang aufzuheben, § 562 Abs. 1 ZPO, weil es sich insoweit nicht aus anderen Gründen als richtig darstellt, § 561 ZPO. Das Berufungsgericht hat keine tragfähigen Feststellungen getroffen, auf deren Grundlage eine deliktische Haftung der Beklagten wegen der jedenfalls fahrlässigen Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung verneint werden könnte. Der Senat kann im Umfang der Aufhebung des angefochtenen Urteils nicht in der Sache selbst entscheiden, weil sie nicht zur Endentscheidung reif ist, § 563 Abs. 3 ZPO. Sie ist daher insoweit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

Im wiedereröffneten Berufungsverfahren wird der Kläger Gelegenheit haben, einen Differenzschaden darzulegen. Das Berufungsgericht wird sodann nach den näheren Maßgaben des Urteils des Senats vom 26. Juni 2023 (VIa ZR 335/21, NJW 2023, 2259) die erforderlichen Feststellungen zu der - bislang lediglich unterstellten - Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung sowie gegebenenfalls zu den weiteren Voraussetzungen und zum Umfang einer Haftung der Beklagten nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV zu treffen zu haben.

Menges Möhring Krüger Wille Liepin Vorinstanzen: LG Dresden, Entscheidung vom 29.04.2021 - 7 O 780/20 OLG Dresden, Entscheidung vom 03.03.2022 - 11a U 912/21 -

Wir stellen das Dokument etwas schmaler dar, um die Lesbarkeit zu erhöhen.

Bitte nutzen Sie nur das Original für den Druck des Dokuments.

Werbung

Urheber dieses Dokuments ist der Bundesgerichtshof. Nach § 5 UrhG geniessen Entscheidungen und Gesetze keinen urheberrechtlichen Schutz. Auflagen des Gerichts können aber die kommerzielle Verwertung einschränken. In Anlehnung an Creative Commons Lizenzen ist die Nutzung mit einer CC BY-NC-SA 3.0 DE Lizenz vergleichbar. Bitte beachten Sie, dass diese Entscheidung urheberrechtlich geschützte Abbildungen enthalten kann. Vor einer Nutzung - über die reine Wiedergabe der Entscheidung hinaus - sind in solchen Fällen entsprechende Nutzungsrechte bei den jeweiligen Rechteinhabern einzuholen.

▲ Anfang

Paragraphen in VIa ZR 460/22

Sortiert nach der Häufigkeit
Häufigkeit Paragraph
5 823 BGB
3 826 BGB
2 31 BGB
2 561 ZPO
2 563 ZPO
1 6 BGB
1 27 BGB
1 562 ZPO

Die aufgeführten Paragraphen wurden durch eine ausgeklügelte Software ermittelt.

Bitte haben Sie dafür Verständnis, dass dabei auch falsche Kombinationen aus Paragraph und Gesetz ermittelt werden können.

Sollte ein Gesetz in Gänze übersehen worden sein, dann teilen Sie uns diesen Umstand bitte mit.

Sortiert nach dem Alphabet
Häufigkeit Paragraph
1 6 BGB
1 27 BGB
2 31 BGB
5 823 BGB
3 826 BGB
2 561 ZPO
1 562 ZPO
2 563 ZPO

Original von VIa ZR 460/22

Der nachfolgende Link führt Sie zum originalen Dokument. Aufgrund der technischen Natur des Internets ist es möglich, dass der Link zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr gültig ist. Bitte haben Sie dafür Verständnis, dass wir nicht alle Links einer ständigen Prüfung unterziehen können.

Öffnen

Bitte nutzen Sie möglichst das Original für den Druck des Dokuments.

Teilen von VIa ZR 460/22

Wenn Sie in einer E-Mail auf diese Entscheidung hinweisen möchten, dann können Sie diese komfortabel erstellen lassen, wenn Ihr Mail-Programm diese Option unterstützt. Alternativ können Sie den nachfolgenden Link in Ihre E-Mails und Webseiten einbauen:

Bitte nutzen Sie den Link in sozialen Netzwerken wie Facebook oder Google+.

Das ist ein wirksames Mittel um mehr Menschen auf unsere Dienste aufmerksam zu machen.

Eine Dienstleistung von caselaw.de | Diese Datensammlung unterliegt der Creative Commons Lizenz CC BY-NC-SA 3.0 DE | Impressum