• Suche
  • Impressum

caselaw.de²

  • caselaw.de²

  • Suche
  • Impressum

  • Suche
  • Filter
  • Ergebnis
  • Entscheidung
Entscheidung
Paragraphen
Original
Teilen

2 Ni 4/14 (EP)

BUNDESPATENTGERICHT Ni 4/14 (EP) verb. m.

Ni 6/14 (EP) (Aktenzeichen)

…

IM NAMEN DES VOLKES URTEIL Verkündet am

3. Dezember 2015 …

In der Patentnichtigkeitssache BPatG 253 08.05

…

betreffend das europäische Patent 0 844 678 (DE 597 07 960)

hat der 2. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts durch den Vorsitzenden Richter Guth, die Richter Dipl.-Phys. Brandt, Dipl.-Phys. Dr. rer. nat. Friedrich sowie die Richterin Dr. Hoppe und den Richter Dipl.-Phys. Dr. rer. nat. Zebisch auf die mündliche Verhandlung vom 3. Dezember 2015 für Recht erkannt:

I. Das europäische Patent 0 844 678 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt.

II. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits. III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 %

des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand Die Klägerinnen begehren die Nichtigerklärung des europäischen Patents 0 844 678. Die Klage der Klägerin zu 1. und die Klage der Klägerin zu 2., deren Aktenzeichen zunächst 2 Ni 6/14 lautete, sind mit Beschluss vom 13. April 2015 verbunden worden und werden unter dem Aktenzeichen 2 Ni 4/14 geführt.

Die Beklagte ist Inhaberin des auch mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents EP 0 844678 (im Folgenden: Streitpatent), das unter Inanspruchnahme der deutschen Priorität DE 196 48 545 vom 25. November 1996 am 13. November 1997 unter der Nummer 97119858.5 angemeldet und mit der EP 0 844 678 A1 am 27. Mai 1998 offengelegt wurde. Das am 14. August 2002 mit der Bezeichnung „Außenelektrode für einen monolithischen Vielschichtaktor“ in der Verfahrenssprache Deutsch mit der EP 0 844 678 B1 veröffentlichte Patent wurde vom Europäischen Patentamt nach einem Einspruch beschränkt aufrechterhalten. Diese Entscheidung wurde von der Beschwerdekammer 3.4.03 des Europäischen Patentamtes am 23. November 2010 (Az.: T 1371/07 – 3.4.03) bestätigt. Die beschränkte Fassung des Streitpatents wurde am 31. August 2011 zunächst mit der EP 0 844 678 B2 und dann korrigiert am 7. März 2012 mit der EP 0 844 678 B9 veröffentlicht. Das Streitpatent wird vom Deutschen Patent- und Markenamt unter der Nummer DE 597 07 960.9 geführt und umfasst einen selbständigen und sieben auf diesen selbständigen Anspruch direkt oder indirekt rückbezogene Patentansprüche.

Anspruch 1 des Streitpatents lautet in der Verfahrenssprache Deutsch:

Diesem Anspruch schließen sich die rückbezogenen Ansprüche 2 bis 8 an. Hinsichtlich des Wortlauts dieser weiteren Patentansprüche wird auf die Patentschrift EP 0 844 678B9 verwiesen. Die Beklagte verteidigt das Streitpatent in vollem Umfang, hilfsweise mit vier Hilfsanträgen. Bei diesen Hilfsanträgen ist im Anspruch 1 jeweils ein weiterer Nebensatz an das Ende des Anspruchs 1 des Streitpatents angehängt. Im Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 lautet dieser Nebensatz:

„wobei durch diese Anordnung der Betriebsstrom des Aktors in Nebenströme aufgeteilt wird.“ Bei Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 lautet er: „wodurch Risse in der Grundmetallisierung sich nicht in die dreidimensional strukturierte Elektrode fortpflanzen können.“

Bei Anspruch 1 des Hilfsantrags 3 lautet er: „so dass auch dann, wenn während des dynamischen Betriebs des Aktors die Grundmetallisierung Risse bekommt, der in der dreidimensional strukturierten Elektrode fließende Betriebsstrom keinesfalls unterbrochen wird.“

Bei Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 4 lautet der angefügte Nebensatz: „wobei die Elektrode (6) ein Drahtgewirk/Drahtgeflecht (10) oder ein offenporiger Metallschaum (11) ist.“

Wegen des Wortlauts der weiteren Ansprüche der von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung gestellten Hilfsanträge 1 bis 4 wird auf die mit Schriftsatz vom 30. Oktober 2015 eingereichten Hilfsanträge verwiesen.

Die Klägerinnen greifen das Streitpatent in vollem Umfang an und machen den Nichtigkeitsgrund der fehlenden Patentfähigkeit geltend. Zur Stützung ihres Vorbringens nennen sie u. a. folgende Dokumente:

D1 JP 8-236 828 A mit englischsprachiger Übersetzung; D2 WO 98/20 721 A1; D3 Harald Kastl, Praktikumsbericht: „Herstellung von piezoelektrischen Vielschichtaktoren“, Fachhochschule München, ohne Datumsangabe; D4 DE 33 30 538 A1; D5 DE 34 22 935 C2; D6 US 4 845 399; D7 EP 0 479 328 A2; D8 JP 8-242 025 A mit englischsprachiger Übersetzung; D9 M. Bexell, B. Anderson and S. Johansson: „A digitally driven actuator.“ In: ACTUATOR 96, 5th International Conference on New Actuators, 26.-28. Juni 1996, Bremen, S. 225 bis 228; D10 JP 8-250 777 A mit englischsprachiger Übersetzung; D11 EP 0 485 995 B1; D12 US 5 406 162 A; D13 JP 7-226 541 A mit englischsprachiger Übersetzung; D14 JP 7-283 453 A mit englischsprachiger Übersetzung; D15 K. Lubitz et al.: „Piezokeramische Vielschicht-Aktoren“. In: Proceedings der Werkstoffwoche 96, Stuttgart 28.-31.5.1996, Symposium 6 „Werkstoff- und Verfahrenstechnik“, DGM Informationsgesellschaft, Frankfurt 1997, S. 431 bis 438; D16 DE 38 32 658 A1; D17 JP 59-135 784 A mit englischsprachiger Übersetzung; D18 JP 62-40 818 U mit englischsprachiger Übersetzung; D19 EP 0 655 790 A1; Die Klägerin zu 1. hat zudem folgende Dokumente eingereicht:

BSS 1 BSS 2 BSS 3 BSS 4 BSS 7 EP 0 844 678 B9 (Streitpatentschrift); EP 0 844 678 A1 (Offenlegungsschrift zum Streitpatent); DE 196 48 545 A1 (Prioritätsschrift des Streitpatents); Merkmalsanalyse des Anspruchs 1; Entscheidung der technischen Beschwerdekammer 3.4.03 des Europäischen Patentamts vom 23. November 2010 (Az. T 1371/07 - 3.4.03); Die Klägerin zu 2. hat zudem folgende Dokumente eingereicht:

EHF 20 EHF 21 EHF 22 EP 0 844 678 B9 (Streitpatentschrift); Anmeldeunterlagen des Streitpatents mit Eingangsdatum vom 13. November 1997; Prioritätsunterlagen des Streitpatents; EHF 23 EHF 24 Entscheidung der technischen Beschwerdekammer 3.4.03 des Europäischen Patentamts vom 23. November 2010 (Az. T 1371/07 - 3.4.03); Merkmalsanalyse des Anspruchs 1 Die Klägerin zu 1. macht geltend, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents gegenüber den Druckschriften D1, D2 und D3 nicht neu sei.

Im Übrigen beruhe der Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents gegenüber der Zusammenschau der Lehren der Druckschriften D3 mit D1, D4, D5 oder D6 auch nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit des Fachmanns. Die abhängigen Ansprüche 2 bis 8 beschrieben lediglich übliche Abwandlungen der Lehre des Anspruchs 1, die dem Fachmann ohne weiteres geläufig seien und eine erfinderische Tätigkeit nicht begründen könnten.

Die Klägerin zu 2. macht geltend, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents gegenüber den Druckschriften D1, D2, D3, D7, D8, D9, D10, D11, D12, D13 und D14 nicht neu sei. Im Übrigen beruhe der Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents gegenüber der Zusammenschau der Lehren der Druckschriften D7, D15 und D16 mit einer der Druckschriften D4, D5, D6, D8, D13, D17, D18 oder D19 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit des Fachmanns. Auch die abhängigen Ansprüche 2 bis 8 seien entweder nicht neu oder beruhten auf keiner erfinderischen Tätigkeit des Fachmanns.

Die Klägerinnen beantragen,

das europäische Patent 0 844 678 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig zu erklären.

Die Beklagte erklärt, dass sie die Ansprüche gemäß Hauptantrag und Hilfsanträgen jeweils als geschlossene Anspruchssätze betrachtet und beantragt,

die Klage abzuweisen, hilfsweise das Streitpatent dadurch teilweise für nichtig zu erklären, dass seine Ansprüche die Fassung gemäß einem der Hilfsanträge 1 bis 4, jeweils vom 30. Oktober 2015, in dieser Reihenfolge, erhalten, mit der Maßgabe, dass in Hilfsantrag 3 in der vorletzten Zeile von Anspruch 1 zwischen die Worte „dreidimensional“ und „Elektrode“ das Wort „strukturierten“ ergänzt wird.

Die Beklagte ist der Ansicht, dass die Lehren der Ansprüche 1 der gestellten Anträge sowohl neu als auch erfinderisch seien. Die von den Klägerinnen genannten Entgegenhaltungen beträfen entweder keine monolithischen Vielschichtaktoren, wiesen einen Aufbau und Strukturen auf, die von der Lehre des Streitpatents völlig abwichen, oder beschäftigten sich mit völlig anderen Problemstellungen und Lösungswegen. Wesentlich bei der vorliegenden Erfindung sei, dass die Bildung von Rissen in der Metallisierung anders als beim Stand der Technik, der die Bildung von Rissen zu vermeiden versucht habe, in Kauf genommen werde, und lediglich die Fortpflanzung dieser Risse in die dreidimensional strukturierte Elektrode vermieden werde. Dadurch werde erreicht, dass trotz der Risse in der Metallisierung die einzelnen durch Risse voneinander getrennten Teile der Metallisierung elektrisch miteinander in Verbindung blieben, so dass alle Innenelektroden trotz der Risse mit den Außenelektroden verbunden seien, und beim Betrieb des Vielschichtaktors weiter wirksam blieben.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

Entscheidungsgründe I.

Die Klage ist zulässig und in der Sache erfolgreich.

Die Klage, mit der der Nichtigkeitsgrund der fehlenden Patentfähigkeit (Artikel II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG, Artikel 138 Abs. 1 Buchst. a) EPÜ, beide i. V. m. Artikel 54 und Artikel 56 EPÜ) geltend gemacht wird, ist zulässig.

Die Klage ist auch begründet. Das Streitpatent ist für nichtig zu erklären, weil der Gegenstand des Streitpatents weder in der erteilten Fassung, die mit dem Hauptantrag verteidigt wird, noch in der mit den Hilfsanträgen 1 bis 4 verteidigten Fassung patentfähig ist.

1. Das Streitpatent betrifft einen monolithischen Vielschichtaktor (vgl. Abs. [0001] der Streitpatentschrift).

Bei Piezokeramiken wird der Effekt ausgenutzt, dass diese sich unter einem mechanischen Druck bzw. Zug elektrisch aufladen und andererseits beim Anlegen einer elektrischen Spannung ausdehnen bzw. zusammenziehen. Zur Verstärkung des letzteren Effekts werden monolithische Vielschichtaktoren verwendet, die aus einem gesinterten Stapel dünner Folien aus Piezokeramik (z. B. Bleizirkonattitanat) mit eingelagerten metallischen Innenelektroden bestehen. Die Innenelektroden sind wechselseitig aus dem Stapel herausgeführt und über Außenelektroden elektrisch parallel geschaltet. Auf den Kontaktseiten des Stapels ist hierzu eine Grundmetallisierung aufgebracht, die mit den einzelnen Innenelektroden verbunden ist. Durch flächiges bzw. partielles Überdecken der Grundmetallisierung mit Lot wird diese verstärkt. Zum einen wird durch diese Verstärkung der notwendige Materialquerschnitt hergestellt, um die beim Betrieb des Aktors auftretenden hohen Ströme zu tragen (ca. 20 – 80 Ampere). Zum anderen wird das Anlöten von elektrischen Zuleitungen ermöglicht (vgl. Abs. [0002] der Streitpatentschrift).

Legt man eine elektrische Spannung an die Außenelektroden, so dehnen sich die Piezofolien in Feldrichtung aus. Durch die mechanische Serienschaltung der einzelnen Piezofolien wird die Nenndehnung der gesamten Piezokeramik schon bei niedrigen elektrischen Spannungen erreicht. Verwendet werden die genannten monolithischen Vielschichtaktoren beispielsweise in einem StrömungsdurchsatzRegulierventil (vgl. Abs. [0003] und [0004] der Streitpatentschrift).

Piezokeramik ist von Natur aus spröde und hat nur eine geringe Zugfestigkeit (ca. 80×106 Pa). Diese wird bei Vielschichtaktoren durch die laminare Anordnung der Innenelektroden und die beim Polarisieren auftretende Anisotropie der Festigkeit weiter reduziert. Die maximal zulässige Zugspannung wird oftmals bereits beim Polarisieren überschritten, so dass unweigerlich Rissbildung auftritt. Es gibt jedoch keinen Hinweis darauf, dass diese Art von Rissbildung unter normalen Betriebsbedingungen zum Ausfall der Aktoren führt. Das Risswachstum innerhalb der Keramik kann zudem durch Korngröße, Korngrenzenzusammensetzung und Porosität gut beeinflusst werden. Unter günstig eingestellten Bedingungen verlaufen Risse nicht transkristallin und werden schnell von Energiesenken an Korngrenzen und Poren gestoppt. Bereits nach ca. 1.000 Belastungszyklen ist das Risswachstum weitgehend abgeschlossen und nimmt auch nach langen Betriebszeiten (109 Zyklen) nur noch geringfügig zu (vgl. Abs. [0005] bis [0007] der Streitpatentschrift).

Kritisch können diese Risse jedoch bei hohen dynamischen Belastungen der Vielschichtaktoren werden, wenn nämlich die Risse in der Keramik die Grundmetallisierung und die aufgebrachte Lotschicht durchtrennen. Im günstigsten Falle sind dann nur einzelne Piezofolien abgetrennt. Wesentlich häufiger kommt es jedoch an der Risskante zu Spannungsüberschlägen, die zu einer Zerstörung des Vielschichtaktors führen, da der gesamte an dieser Stelle fließende Betriebsstrom abgetrennt wird (vgl. Abs. [0008] der Streitpatentschrift).

Aus dem Stand der Technik ist beispielsweise ein piezoelektrisches Element in Form eines Vibrators bekannt, bei dem die elektrischen Anschlüsse nicht über eine Lötung mit einer leitfähigen Oberfläche des Elements verbunden sind. Da eine Lötung zu mechanischen Problemen führen soll, erfolgt die Verbindung über eine Art Reibkupplung. Außerdem ist ein spezieller Wandler für ein System zum Übertragen der Stellung eines Gegenstands in Bezug auf ein vorbestimmtes Be- zugssystem bekannt. Dieser besteht aus einem hohlen Zylinder aus piezoelektrischem Material, der jeweils auf seiner Innen- und Außenseite eine dünne leitende Schicht aufweist. Die elektrische Verbindung von Anschlussdrähten zu der dünnen leitenden Schicht auf der Außenseite erfolgt über ein wellenförmiges Federelement. Dieses Federelement liegt locker auf der dünnen leitenden Schicht auf und ist an den Kontaktstellen mit dieser nicht durch Löten, Kleben mit Leitkleber oder Schweißen verbunden. Das Federelement in dieser Ausführungsform dient lediglich zur Vibrationsentkoppelung. Es kann aufgrund der fehlenden „fixierten“ Verbindung keine hohen Ströme übertragen und ist deshalb nicht für einen Vielschichtaktor geeignet (vgl. Abs. [0009] und [0010] der Streitpatentschrift).

2. Vor diesem Hintergrund liegt dem Streitpatent als technisches Problem die Aufgabe zugrunde, einen monolithischen Vielschichtaktor derart zu verbessern, dass auch bei hohen dynamischen Belastungen keine Zerstörung des Vielschichtaktors eintritt (vgl. Abs. [0011] des Streitpatents). Dabei soll nach Angabe der Beklagten die bei monolithischen Vielschichtaktoren mit einer hohen Schichtenanzahl praktisch unvermeidliche Rissbildung in Kauf genommen werden, so dass die Schichtenanzahl im Vielschichtaktor nicht auf eine Anzahl begrenzt ist, die so gering ist, dass durch herkömmliche Maßnahmen die Rissbildung noch vermieden werden kann.

3. Diese Aufgabe wird durch einen monolithischen Vielschichtaktor mit den Merkmalen der Ansprüche 1 des Streitpatents in der geltenden Fassung und der Hilfsanträge gelöst. Unter Anlehnung an die Anlage BSS4 der Klägerin zu 1. mit Gliederungspunkten versehen, ansonsten aber wörtlich wiedergegeben, lautet der geltende Anspruch 1 folgendermaßen:

a) Monolithischer Vielschichtaktor (1) aus einem gesinterten Stapel (2) dünner Folien aus Piezokeramik mit eingelagerten metallischen Innenelektroden (3),

b) die wechselseitig aus dem Stapel (2) herausführen und c) über Außenelektroden elektrisch parallel geschaltet sind, wobei d) die Außenelektroden auf den Kontaktseiten des Stapels (2) aus einer aufgebrachten Grundmetallisierung (4) bestehen,

e) die mit elektrischen Anschlusselementen (5) bevorzugt über eine Lötung verbunden sind,

f) zwischen der Grundmetallisierung (4) und den Anschlusselementen (5) eine dreidimensional strukturierte, elektrisch leitende Elektrode (6) angeordnet ist,

g) die über partielle Kontaktstellen (7) mit der Grundmetallisierung verbunden ist und h) zwischen den Kontaktstellen (7) dehnbar ausgebildet ist und i) die Elektrode (6) zwischen den Kontaktstellen (7) von der Grundmetallisierung (4) abhebt, und j) die Elektrode (6) an den Kontaktstellen (7) durch Löten, Kleben mit Leitkleber oder Schweißen, z. B. Laserschweißen mit der Grundmetallisierung (4) verbunden ist.

In Hilfsantrag 1 ist der Gegenstand des Anspruchs 1 gegenüber dem des erteilten Anspruchs 1 durch das folgende weitere Merkmal eingeschränkt:

k1) wobei durch diese Anordnung der Betriebsstrom des Aktors in Nebenströme aufgeteilt wird.“

Bei Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 erfolgt die zusätzliche Einschränkung durch das Merkmal:

k2) wodurch Risse in der Grundmetallisierung sich nicht in die dreidimensional strukturierte Elektrode fortpflanzen können.

Bei Anspruch 1 des Hilfsantrags 3 erfolgt sie durch das Merkmal: k3) so dass auch dann, wenn während des dynamischen Betriebs des Aktors die Grundmetallisierung Risse bekommt, der in der dreidimensional strukturierten Elektrode fließende Betriebsstrom keinesfalls unterbrochen wird.

Bei Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 4 erfolgt sie durch das Merkmal: k4) wobei die Elektrode (6) ein Drahtgewirk/Drahtgeflecht (10) oder ein offenporiger Metallschaum (11) ist.

Bei dem beanspruchten Gegenstand handelt es sich um einen monolithischen Vielschichtaktor aus einem gesinterten Stapel dünner Folien aus Piezokeramik. Dies bedeutet, dass dünne Folien einer Piezokeramikgrünschicht übereinandergestapelt und dann gemeinsam gesintert wurden, so dass beim Sintern ein keramischer Körper über die einzelnen Schichten hinweg entstanden ist. In diesen Stapel sind Innenelektroden eingelagert. Diese dürfen dabei nicht so gestaltet sein, dass sie eine Lage vollständig bedecken, denn in diesem Fall käme es zu keinem Kontakt der keramischen Folien untereinander und damit zu keinem monolithischen Vielschichtaktor beim Sintern.

Die Innenelektroden führen wechselseitig aus dem Stapel heraus und sind über Außenelektroden parallel geschaltet. Die Anzahl der Außenelektroden wird dabei nicht festgelegt. Es müssen mindestens zwei sein, da sonst die inneren Elektroden beider Seiten einer piezoelektrischen Schicht kurzgeschlossen würden, was zu einem Verlust der Funktionsfähigkeit führen würde. Es können aber auch mehr als zwei sein, denn Anspruch 1 beansprucht nicht, dass die Innenelektroden ausschließlich durch die Außenelektroden elektrisch parallelgeschaltet werden. Die Außenelektroden bestehen aus einer auf den Kontaktseiten des Stapels aufgebrachten Grundmetallisierung. Sie sind mit elektrischen Anschlusselementen, also Elementen, die der Kontaktierung des Bauelements von außen dienen, verbunden.

Diese Verbindung erfolgt aber nicht direkt, denn zwischen der Grundmetallisierung und den Anschlusselementen ist eine dreidimensional strukturierte, elektrisch leitende Elektrode angeordnet. Die beiden genannten Eigenschaften der Elektrode schränken diese nicht weiter ein, denn eine Elektrode ist immer elektrisch leitend, da diese Eigenschaft eine der Grundvoraussetzungen für eine Elektrode ist. Außerdem stellt eine Elektrode einen dreidimensionalen Körper dar, der deshalb auch eine dreidimensionale Struktur besitzt und in der Folge auch dreidimensional strukturiert ist.

Diese Elektrode besitzt einige bestimmte Eigenschaften. So ist sie über partielle Kontaktstellen mit der Grundmetallisierung verbunden. Dies bedeutet, dass sie nicht mit ihrer gesamten der Grundmetallisierung zugewandten Oberfläche mit dieser verbunden ist und dass umgekehrt auch nicht die gesamte Kontaktmetallisierung mit der Elektrode in Kontakt steht. Außerdem lässt der Plural darauf schließen, dass es mindestens zwei räumlich voneinander getrennte Kontaktstellen gibt.

Die Elektrode ist zwischen den Kontaktstellen dehnbar ausgebildet. Dabei bleibt zunächst offen, was dies genau bedeutet, denn jedes Material ist in gewissem Maße dehnbar. Aus dem Streitpatent ist jedoch ersichtlich, dass die dreidimensionale Struktur der Elektrode dafür verantwortlich sein soll, dass die Elektrode in einem Maß dehnbar ist, dass sie die Bewegung des Aktors nur unwesentlich behindert. Die Dehnbarkeit der Elektrode ergibt sich somit nicht allein auf Grund des verwendeten Materials, wie dies beispielsweise bei einer ebenen Platte der Fall wäre, sondern geht auf Grund ihrer dreidimensionalen Struktur über diese materialbedingte Dehnbarkeit hinaus.

Zudem hebt die Elektrode zwischen den Kontaktstellen von der Grundmetallisierung ab. Dies bedeutet, dass es zwischen den Kontaktstellen einen Bereich gibt, bei dem sich zwischen der Elektrode und der Piezokeramik ein Teil der Grundmetallisierung befindet, der von der Elektrode nicht berührt wird, und zu dem folglich auch keine direkte elektrische Verbindung besteht.

An den Kontaktstellen ist die Elektrode mit der Grundmetallisierung durch Löten, Kleben mit Leitkleber oder Schweißen verbunden. Es besteht demnach eine feste Verbindung, die sich nicht über die Grundmetallisierung verschieben kann.

Die weiteren Merkmale der Ansprüche 1 der Hilfsanträge 1 bis 3 geben mehrere Wirkungen an, die durch diese Ausbildung des Vielschichtaktors erreicht werden. Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 gibt an, dass durch diese Anordnung der Betriebsstrom des Aktors in Nebenströme aufgeteilt wird. Durch die Mehrzahl der partiellen Kontaktstellen fließen somit Teilströme über diese Kontaktstellen zur Grundmetallisierung und zu den Innenelektroden, so dass über keine der Kontaktstellen der gesamte Betriebsstrom auf die Grundmetallisierung übergeht.

Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 gibt an, dass sich Risse in der Grundmetallisierung nicht in die dreidimensional strukturierte Elektrode fortpflanzen können, so dass sich anders als bei der als Stand der Technik geschilderten Verstärkung der Grundmetallisierung durch eine Lotschicht keine Beeinträchtigung der Leitfähigkeit der Elektrode durch die Risse ergibt.

Die Vermeidung dieser Beeinträchtigung der Funktion der Elektrode wird im Anspruch 1 des Hilfsantrags 3 nochmals deutlicher ausgedrückt, indem beansprucht wird, dass auch dann, wenn während des dynamischen Betriebs des Aktors die Grundmetallisierung Risse bekommt, der in der dreidimensional strukturierten Elektrode fließende Betriebsstrom keinesfalls unterbrochen wird.

Anspruch 1 des Hilfsantrags 4 präzisiert die dreidimensional strukturierte Elektrode, indem er drei mögliche Ausgestaltungen der Elektrode beansprucht. Sie ist ein Drahtgewirk, ein Drahtgeflecht oder ein offenporiger Metallschaum. Dabei sind diese Begriffe nicht eng auszulegen, denn Fig. 4 der Patentschrift, die nach deren eigenen Worten ein Drahtgewirk zeigt (vgl. Abs. [0022] der Streitpatentschrift), offenbart eine unregelmäßige Anordnung von Drähten, die miteinander in Kontakt sind. Bei einer solchen unregelmäßigen Anordnung handelt es sich aber weder um ein Gewirk, noch um ein Geflecht im technischen Sinn, da beide eine regelmäßige Anordnung der Drähte aufweisen. Demgegenüber ist unter dem Ausdruck „Drahtgewirk/Drahtgeflecht“ nach dem Streitpatent eine regelmäßige oder unregelmäßige Anordnung einer Vielzahl von Drähten zu verstehen, die miteinander in Verbindung stehen.

4. Der hier zuständige Fachmann ist als berufserfahrener Diplom-Ingenieur der Fachrichtung Elektrotechnik mit guten Kenntnissen im Bereich der Werkstoffkunde oder als Diplom-Physiker im Bereich der Festkörperphysik zu definieren. Beide verfügen über einen Fachhochschul- oder Hochschulabschluss und Erfahrung auf dem Gebiet der piezoelektrischen Bauelemente. Da vorliegend die Kontaktierung des Vielschichtaktors im Vordergrund steht und nicht dessen Materialien, konnte sich der Senat auch nicht der Auffassung der Beklagten anschließen, dass ein reiner Werkstoffspezialist, d. h. beispielsweise ein Chemiker, als Fachmann zu definieren sei.

5. Der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 ist nicht patentfähig, da er ausgehend von der Druckschrift D7 unter Hinzuziehen des Fachwissens auf keiner erfinderischen Tätigkeit des Fachmanns beruht (Artikel II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG, Artikel 138 Abs. 1 Buchst. a) EPÜ beide i. V. m. Artikel 56 EPÜ).

So offenbart die Druckschrift D7 in Übereinstimmung mit dem Wortlaut des Anspruchs 1 einen a) monolithischen Vielschichtaktor aus einem gesinterten Stapel dünner Folien aus Piezokeramik mit eingelagerten metallischen Innenelektroden (internal electrodes 3a, 3b; siehe Fig. 2 i. V. m. Sp. 3, Z. 39 bis 57: „Next, a ceramic green sheet is prepared from the slurry by doctor blade method or the like. After drying the green sheet, a paste for internal electrodes having the powder of a silver-palladium alloy as the principal ingredient and a paste for slit forming material having carbon as the principal ingredient are printed over the green sheet by screen printing or the like. Next, a ceramic laminated body is obtained by integration through stacking and thermocompression bonding. By treating the ceramic laminated body at 600°C in the air, the binder and the slit forming material are thermally decomposed and dispersed, and there are formed vacancies for the slits. Subsequently, a ceramic sintered body having in its interior the vacancies for the slits is obtained by calcining the ceramic laminated body at a high temperature of about 1100°C.”),

b) die wechselseitig aus dem Stapel herausführen (siehe Fig. 2A) und c) über Außenelektroden (external electrodes 4a, 4b) elektrisch parallel geschaltet sind, wobei d) die Außenelektroden auf den Kontaktseiten des Stapels aus einer aufgebrachten Grundmetallisierung bestehen (vgl. Sp. 3, Z. 57 bis Sp. 4, Z. 2: „Then, the sintered body is cut, and after firing a silver paste for external electrodes on the two side faces where the internal electrodes are exposed,…”),

e) die mit elektrischen Anschlusselementen verbunden sind (siehe Fig. 2B, insbesondere den unteren Teil der Anschlussdrähte 8, die die Anschlusselemente darstellen),

f) zwischen der Grundmetallisierung (4a, 4b) und den Anschlusselementen eine dreidimensional strukturierte, elektrisch leitende Elektrode (lead wire 8) angeordnet ist (vgl. Sp. 4, Z. 2 bis 4: „…lead wires 8 for applying external voltage are connected, completing the slit type actuator.“),

g) die über partielle Kontaktstellen mit der Grundmetallisierung (4a, 4b) verbunden ist (siehe Fig. 2B, wo ersichtlich ist, dass die Leitungsdrähte 8 mit jedem Teil der Kontaktmetallisierung jeweils eine partielle Kontaktstelle aufweisen) und h) zwischen den Kontaktstellen dehnbar ausgebildet ist (dies ergibt sich aus der Form der Leitungsdrähte 8 mit ihren Bögen) und i) die Elektrode (8) zwischen den Kontaktstellen von der Grundmetallisierung (4a, 4b) abhebt (siehe Fig. 2B, wo ersichtlich ist, dass die Leitungsdrähte 8 zwischen den Kontaktstellen die externen Elektroden 4a, 4b nicht berühren).

Es verbleibt demnach das Merkmal j), dass die Elektrode an den Kontaktstellen durch Löten, Kleben mit Leitkleber oder Schweißen, z. B. Laserschweißen mit der Grundmetallisierung verbunden ist, das in Druckschrift D7 nicht explizit offenbart ist. Dieser Unterschied beruht aber auf keiner erfinderischen Tätigkeit des Fachmanns, denn die übliche Methode, einen Draht in der in Fig. 2B der Druckschrift D7 gezeigten Form elektrisch leitend zu fixieren, besteht darin, ihn an den Kontaktpunkten anzulöten, anzuschweißen oder mit Leitkleber festzukleben. Dies entspricht dem allgemeinen Fachwissen, das beispielhaft durch Druckschrift D4 belegt wird (vgl. Patentansprüche 4 und 5). Der Fachmann gelangt somit mit Hilfe seines Fachwissens ausgehend von der Lehre der Druckschrift D7 zum Gegenstand des Anspruchs 1, der deshalb nicht patentfähig ist.

Ausgehend vom Stand der Technik, der verbessert werden soll, hat der Fachmann hier auch Veranlassung, die Druckschrift D7 heranzuziehen.

Entgegen der Ansicht der Beklagten wird der Fachmann auch solche Druckschriften heranziehen, die eine zuverlässigere Kontaktierung erreichen, indem sie zunächst versuchen, Risse in der Grundmetallisierung zu vermeiden. Der Wunsch des Fachmanns ist es schließlich, eine zuverlässige Kontaktierung zu erreichen, die im Laufe des Betriebs nicht unterbrochen wird. Diese objektive Aufgabe und nicht eine bereits durch die vorgeschlagene Lösung verengte Sichtweise ist Ausgangspunkt für die Frage, welchen Stand der Technik der Fachmann zur Rate zieht. Insoweit ist für die Prüfung auf erfinderische Tätigkeit nicht zwingend auf die der Beschreibung des Streitpatents zu entnehmende „Aufgabe“ abzustellen (vgl. BGH, Urteil vom 13. Januar 2015 X ZR 41/13 (Seite 5) - Quetiapin; BGH, Urteil vom 1. März 2011 – X ZR 72/08, GRUR 2011, 607 Rn. 19 - Kosmetisches Sonnenschutzmittel III). Maßgeblich ist vielmehr, was die Erfindung gegenüber dem Stand der Technik im Ergebnis tatsächlich leistet (BGH Urteil vom 13. Januar 2015 X ZR 41/13 (Seite 5) - Quetiapin). Bei der Definition des technischen Problems, das einer Erfindung zugrunde liegt, darf nämlich nicht ohne weiteres unterstellt werden, dass für den Fachmann die Befassung mit einer bestimmten speziellen Aufgabenstellung angezeigt war. Vielmehr ist das technische Problem so allgemein und neutral zu formulieren, dass sich die Frage, welche Anregungen der Fachmann durch den Stand der Technik insoweit erhielt, aus- schließlich bei der Prüfung der erfinderischen Tätigkeit stellt (BGH X ZR 41/13 Urteil vom 13. Januar 2015 (Leitsatz) - Quetiapin). Damit ist die Druckschrift D7, die sich u. a. auch mit der Verbesserung der Kontaktierung beim Vorhandensein von Rissen beschäftigt (vgl. Sp. 3, Z. 16 bis 26), als Ausgangspunkt für die Prüfung auf erfinderische Tätigkeit heranzuziehen.

Auch ist die Ansicht der Beklagten, dass die Grundmetallisierung im Sinne des Streitpatents einstückig sei, was aus den Merkmalen c) und d) des Anspruchs 1, dass die Innenelektroden über Außenelektroden elektrisch parallel geschaltet sind, wobei die Außenelektroden auf den Kontaktseiten des Stapels aus einer aufgebrachten Grundmetallisierung bestehen, folgen solle, nicht richtig. Zum einen ist im Merkmal c) nicht beansprucht, dass die Parallelschaltung der Innenelektroden ausschließlich über die Grundmetallisierung erfolgt, was im Übrigen bei einigen Paaren von Innelektroden auch beim monolithischen Vielschichtaktor aus Druckschrift D7 der Fall ist (siehe Fig. 2), sondern es wird nicht ausgeschlossen, dass die Verbindung über die Grundmetallisierung und weitere Bestandteile erfolgt. Zum anderen wird im Merkmal d) beansprucht, dass eine Mehrzahl von Außenelektroden aus einer Grundmetallisierung besteht, was nur der Fall sein kann, wenn diese Grundmetallisierung nicht einstückig ist, da anderenfalls nur eine Elektrode existieren kann.

Zudem unterscheidet sich die in Fig. 2 der Druckschrift D7 dargestellte Situation in Bezug auf die Grundmetallisierung nicht wesentlich von der im Streitpatent beschriebenen. Druckschrift D7 offenbart eine mehrteilige Grundmetallisierung (4b), die durch absichtlich angebrachte Schlitze (7) im Keramikkörper unterbrochen ist. Diese Schlitze stellen absichtlich angebrachte Risse dar, welche die weitere Rissbildung verhindern sollen und durch den Draht (8), der die dreidimensional strukturierte Elektrode darstellt, überbrückt werden (siehe Fig. 2). Gemäß der Lehre des Streitpatents treten bereits bei der Polarisierung, also noch vor dem bestimmungsgemäßen Betrieb des monolithischen Vielschichtaktors, Risse auf, welche in der Folge die Grundmetallisierung und bei nicht erfindungsgemäßer Ausführung der Elektroden auch die gesamte Elektrode unterbrechen (vgl. Abs. [0005] bis

[0008] und [0013] der Streitpatentschrift). Im der Polarisierung folgenden normalen Betrieb, sowohl des im Streitpatent offenbarten Vielschichtaktors als auch desjenigen nach dem dort offenbarten Stand der Technik ist die Grundmetallisierung somit bereits durch Risse unterbrochen und besteht demnach aus mehreren Teilen. Damit ist davon auszugehen, dass eine Grundmetallisierung im Sinne des Streitpatents, anders als von der Beklagten und auch der Technischen Beschwerdekammer 4.4.03 des Europäischen Patentamts (vgl. Anlage BSS7, Punkt 4.2.4) dargestellt, nicht einteilig sein muss, sondern im Regelfall nach der Polarisierung aus mehreren Teilen besteht.

6. Die Gegenstände der Ansprüche 1 der Hilfsanträge 1 bis 3 sind ebenfalls nicht patentfähig, da die in ihnen zusätzlich beanspruchten Wirkungen sich auch beim in Druckschrift D7 offenbarten Gegenstand bereits ergeben. Somit beruhen auch ihre Gegenstände ausgehend von der Druckschrift D7 unter Berücksichtigung des allgemeinen Fachwissens auf keiner erfinderischen Tätigkeit des Fachmanns (Artikel II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG, Artikel 138 Abs. 1 Buchst. a) EPÜ beide i. V. m. Artikel 56 EPÜ).

Das zusätzliche Merkmal k1) im Hilfsantrag 1, dass durch diese Anordnung der Betriebsstrom des Aktors in Nebenströme aufgeteilt wird, ist aus Fig. 2 der Druckschrift D7 ohne weiteres ersichtlich, denn zu jeder der Innenelektroden (3a, 3b) muss ein Teilstrom des Betriebsstromes fließen. Da ein Teil der Grundmetallisierung (4a, 4b) meist nur jeweils zwei Innenelektroden kontaktiert, geht auch bei jedem Kontaktpunkt des Drahtes (8) zur Grundmetallisierung nur ein Teil des Gesamtbetriebsstroms vom Draht auf die Grundmetallisierung über. Damit wird der Betriebsstrom in Nebenströme aufgeteilt. Das Merkmal k1) des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 ist somit beim Vielschichtaktor aus Fig. 2 der Druckschrift D7 bereits gegeben.

Auch ist es ausgeschlossen, dass sich - wie im zusätzlichen Merkmal des Hilfsantrags 2 gefordert - Risse aus der Grundmetallisierung, sofern diese dennoch auftreten, in den Draht (8) fortsetzen, denn der Draht hat, abgesehen von den Kon- taktpunkten, wo er die Grundmetallisierung verstärkt und somit einen Riss an genau diesem Punkt verhindert, keinen Kontakt zur Grundmetallisierung. Damit ist gemäß Merkmal k2) des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 gewährleistet, dass sich Risse in der Grundmetallisierung nicht in die dreidimensional strukturierte Elektrode fortpflanzen können.

Daraus folgt wiederum das in Anspruch 1 des Hilfsantrags 3 beanspruchte zusätzliche Merkmal k3), dass auch dann, wenn während des dynamischen Betriebs des Aktors die Grundmetallisierung Risse bekommt, der in der dreidimensional strukturierten Elektrode fließende Betriebsstrom keinesfalls unterbrochen wird. Denn eine Unterbrechung des Betriebsstroms könnte nur dann erfolgen, wenn auch der Draht (8) Risse bekäme und unterbrochen würde. Dies ist aber, wie bereits ausgeführt, durch Risse in der Grundmetallisierung unmöglich.

Somit ist keines der in den Anspruch 1 der Hilfsanträge 1 bis 3 eingefügten Merkmale geeignet, eine erfinderische Tätigkeit zu begründen, weshalb auch ihre Gegenstände nicht patentfähig sind.

7. Auch der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 4 ist nicht patentfähig, da er sich aus der Zusammenschau der Druckschrift D7 mit der Druckschrift D1 für den Fachmann in naheliegender Weise ergibt (Artikel II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG, Artikel 138 Abs. 1 Buchst. a) EPÜ beide i. V. m. Artikel 56 EPÜ).

Wie bereits zum erteilten Anspruch 1 des Streitpatents dargelegt, unterscheidet sich der Vielschichtaktor des Anspruchs 1 des Streitpatents von dem in Druckschrift D7 offenbarten lediglich dadurch, dass, wie Merkmal j) angibt, die Elektrode an den Kontaktstellen durch Löten, Kleben mit Leitkleber oder Schweißen mit der Grundmetallisierung verbunden ist. Der Gegenstand nach Anspruch 1 des Hilfsantrags 4 unterscheidet sich zudem von dem aus Druckschrift D7 bekannten durch das Merkmal k4), wonach die Elektrode ein Drahtgewirk/Drahtgeflecht oder ein offenporiger Metallschaum ist, denn beim Vielschichtaktor aus Druckschrift D7 ist die Elektrode, wie bereits dargestellt, ein Metalldraht (8). Beide Unterschiede können eine erfinderische Tätigkeit jedoch nicht begründen. Zum Merkmal j) wurde dabei unter Punkt 5. zum erteilten Anspruch 1 bereits ausgeführt, dass die Art der Kontaktierung zum allgemeinen Fachwissen gehört.

Aber auch Elektroden für Vielschichtaktoren aus Drahtgewirk/Drahtgeflecht sind aus dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik bereits bekannt. So zeigt Druckschrift D1 eine aus einer Mehrzahl von monolithischen Vielschichtaktoren bestehende Aktorsäule (vgl. Fig. 9 und Fig. 2 i. V. m. der englischsprachigen Übersetzung der Zusammenfassung: „The multilayer piezoelectric element includes: a laminated body 2 including two or more piezoelectric plates laminated in a thickness direction, and internal electrodes alternately arranged between the piezoelectric plates, and having, on side surfaces, exterior electrodes 21, 22 that are electrically conductive with the internal electrodes; two abutment electrodes (corrugated panels) 3 that abut against the exterior electrodes 21, 22 over the entire length in a laminating direction; and insulating biasing means (heat shrinkable tube) 41 that holds the abutment electrodes 3 with the exterior electrodes 21, 22.”), bei der die dreidimensional strukturierten Elektroden auch aus einem Drahtgeflecht bestehen können (vgl. die englischsprachige Übersetzung des Abs. [0057]: “… The multilayer piezoelectric element of this example has a feature that an electrically conductive mesh member 34 as shown in Figure 9 is used in place of the plate 33 in the working example 6, as an abutment electrode.”). Diese Elektroden sind ebenfalls sehr gut dehnbar, so dass sie die Bewegung der Aktorsäule und der einzelnen Vielschichtaktoren (2) kaum behindern (vgl. Abs. [0058]: „Since the mesh of the mesh member 34 is tilted with regard to the direction of elongation of the laminated body 2, the mesh member 34 can follow the laminated body 2, without limiting the elongation or the contraction of the laminated body 2,…”).

Im Beispiel der Druckschrift D7 erkennt der Fachmann, dass ein einzelner Draht, dessen Dicke beschränkt ist, da er die Bewegung des Vielschichtaktors nicht behindern darf, zum einen in der Größe des Betriebsstroms deutlich begrenzt ist und zum anderen auch empfindlich gegenüber Einflüssen von außen ist, denn ein ein- zelner Draht, der sich zudem ständig bewegt, ist gefährdet, abgerissen zu werden oder zu brechen, was zu einem funktionsuntüchtigen Vielschichtaktor führt. Druckschrift D1 bietet dem Fachmann für dieses Problem eine Lösung an, nämlich ein Drahtgeflecht, das ebenfalls hochbeweglich ist, eine insgesamt größere Querschnittsfläche aufweist als ein einzelner Draht, so dass es einen höheren Betriebsstrom tragen kann, und zudem gegenüber dem Bruch eines einzelnen Drahtes nach dem bekannten Prinzip eines Netzes unempfindlich ist, da parallele Drähte den Strom über die Bruchstelle hinweg transportieren können.

Der Fachmann wird deshalb dieses für ihn erkennbar günstigere Konzept eines Drahtgeflechts aus Druckschrift D1 auf den Vielschichtaktor aus Druckschrift D7 übertragen und dort die beiden Drähte (8) durch jeweils ein Drahtgeflecht ersetzen, so dass er zum Merkmal k4) des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 4 kommt. Dabei wird er auf eine Befestigung der Elektrode nicht verzichten, da er anderenfalls gemäß der Lehre der Druckschrift D1 einen Schrumpfschlauch vorsehen müsste, der das Drahtgeflecht gegen die Grundmetallisierung drückt. Er wird die sich daraus eröffnende Möglichkeit, die Kontaktpunkte des Drahtgeflechts auf der Oberfläche der Grundmetallisierung verschieben zu können nicht für notwendig erachten, denn zum einen lassen sich die Kontaktpunkte des Drahtes in Druckschrift D7 ebenfalls nicht verschieben, zum anderen ist diese Möglichkeit in Druckschrift D1 auch nur für seltene Fälle vorgesehen, denn üblicherweise soll auch im Falle der Aktorsäule aus Druckschrift D1 keine Verschiebung der Kontaktpunkte erfolgen (vgl. die bereits zitierte Stelle in Abs. [0058] und deren Fortsetzung: „… Since there is no friction between the mesh material 34 and the exterior electrodes 21 and 22 for the same reason, the exterior electrodes 21 and 22 are not worn out. Since there are many contact points between mesh member 34 and the exterior electrodes 21 and 22, and since the fiber material which constitutes the mesh member 34 is microscopically abutted to the exterior electrodes 21 and 22 with elasticity, a very reliable conductivity can be obtained between mesh member 34 and the exterior electrodes 21 and 22.”).

Der Fachmann wird deshalb von einer Befestigung durch Löten, Schweißen oder Kleben mittels Leitkleber keinen Abstand nehmen.

Damit kommt er auf naheliegende Weise zum Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 4, der deshalb ebenfalls nicht patentfähig ist.

8. Bei dieser Sachlage kann dahingestellt bleiben, ob die Ansprüche 1 der Hilfsanträge 1 bis 4 gegenüber der ursprünglichen Offenbarung unzulässig erweitert sind und ihre Lehren ausführbar sind (vgl. BGH Urteil vom 18. September 1990 - X ZR 29/89 (BPatG), GRUR 1991, S. 120, 121, II.1 - „Elastische Bandage“).

9. Da es sich bei den Anträgen um geschlossene Anspruchssätze handelt, fallen die übrigen Ansprüche, für die auch keine eigenständige patentbegründende Wirkung geltend gemacht wurde, mit dem jeweiligen Hauptanspruch (vgl. BGH Beschl. vom 27. Juni 2007 - X ZB 6/05 (BPatG), GRUR 2007, S. 862 - Informationsübermittlungsverfahren II). Damit war das Patent in vollem Umfang für nichtig zu erklären.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 709 Satz 1 und 2 ZPO.

III.

Rechtsmittelbelehrung Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung gemäß § 110 PatG statthaft.

Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils - spätestens nach Ablauf von fünf Monaten nach Verkündung durch einen in der Bundesrepublik Deutschland zugelassenen Rechtsanwalt oder Patentanwalt schriftlich beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe, einzulegen.

Die Berufungsschrift muss

- die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet ist, sowie - die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde,

enthalten. Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

Auf die Möglichkeit, die Berufung nach § 125a PatG in Verbindung mit § 2 der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesgerichtshof und Bundespatentgericht (BGH/BPatGERVV) auf elektronischem Weg beim Bundesgerichtshof einzulegen, wird hingewiesen (www. bundesgerichtshof.de/erv.html).

Guth Brandt Dr. Friedrich Dr. Hoppe Dr. Zebisch Pr

Wir stellen das Dokument etwas schmaler dar, um die Lesbarkeit zu erhöhen.

Bitte nutzen Sie nur das Original für den Druck des Dokuments.

Werbung

Urheber dieses Dokuments ist das Bundespatentgericht. Nach § 5 UrhG geniessen Entscheidungen und Gesetze keinen urheberrechtlichen Schutz. Auflagen des Gerichts können aber die kommerzielle Verwertung einschränken. In Anlehnung an Creative Commons Lizenzen ist die Nutzung mit einer CC BY-NC-SA 3.0 DE Lizenz vergleichbar. Bitte beachten Sie, dass diese Entscheidung urheberrechtlich geschützte Abbildungen enthalten kann. Vor einer Nutzung - über die reine Wiedergabe der Entscheidung hinaus - sind in solchen Fällen entsprechende Nutzungsrechte bei den jeweiligen Rechteinhabern einzuholen.

▲ Anfang

Paragraphen in 2 Ni 4/14 (EP)

Sortiert nach der Häufigkeit
Häufigkeit Paragraph
4 56 EPÜ
1 54 EPÜ
1 84 PatG
1 99 PatG
1 110 PatG
1 125 PatG
1 91 ZPO
1 709 ZPO

Die aufgeführten Paragraphen wurden durch eine ausgeklügelte Software ermittelt.

Bitte haben Sie dafür Verständnis, dass dabei auch falsche Kombinationen aus Paragraph und Gesetz ermittelt werden können.

Sollte ein Gesetz in Gänze übersehen worden sein, dann teilen Sie uns diesen Umstand bitte mit.

Sortiert nach dem Alphabet
Häufigkeit Paragraph
1 54 EPÜ
4 56 EPÜ
1 84 PatG
1 99 PatG
1 110 PatG
1 125 PatG
1 91 ZPO
1 709 ZPO

Original von 2 Ni 4/14 (EP)

Der nachfolgende Link führt Sie zum originalen Dokument. Aufgrund der technischen Natur des Internets ist es möglich, dass der Link zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr gültig ist. Bitte haben Sie dafür Verständnis, dass wir nicht alle Links einer ständigen Prüfung unterziehen können.

Öffnen

Bitte nutzen Sie möglichst das Original für den Druck des Dokuments.

Teilen von 2 Ni 4/14 (EP)

Wenn Sie in einer E-Mail auf diese Entscheidung hinweisen möchten, dann können Sie diese komfortabel erstellen lassen, wenn Ihr Mail-Programm diese Option unterstützt. Alternativ können Sie den nachfolgenden Link in Ihre E-Mails und Webseiten einbauen:

Bitte nutzen Sie den Link in sozialen Netzwerken wie Facebook oder Google+.

Das ist ein wirksames Mittel um mehr Menschen auf unsere Dienste aufmerksam zu machen.

Eine Dienstleistung von caselaw.de | Diese Datensammlung unterliegt der Creative Commons Lizenz CC BY-NC-SA 3.0 DE | Impressum