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8 W (pat) 48/12

BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 48/12 Verkündet am 29. September 2016

…

BESCHLUSS In der Beschwerdesache betreffend das Patent 10 2005 018 906 …

BPatG 154 05.11

…

hat der 8. Senat (Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 29. September 2016 durch den Vorsitzenden Richter Dipl.-Phys. Dr. phil. nat. Zehendner sowie die Richter Dr. agr. Huber, Dr.-Ing. Dorfschmidt und Heimen beschlossen:

Die Beschwerde der Einsprechenden wird zurückgewiesen.

Gründe I.

Das Patent 10 2005 018 906 (Streitpatent) mit der Bezeichnung „Verfahren zur Herstellung eines extrudierten Dichtungsstrangs“ ist am 25. April 2005 angemeldet worden. Mit Beschluss vom 16. August 2010 ist das Patent erteilt und am 5. Januar 2011 ist die Erteilung veröffentlicht worden.

Gegen das Patent hat die Einsprechende mit Wirkung vom 5. April 2011 Einspruch erhoben, mit dem der vollständige Widerruf beantragt wurde. Sie macht einerseits die fehlende Ausführbarkeit der Erfindung geltend (§ 21 Abs. 1 Nr. 2) und stellt zudem die Patentfähigkeit des Gegenstands nach Anspruch 1 infrage (§ 21 Abs. 1 Nr. 1). Mit Beschluss vom 3. Juli 2012 hat die Patentabteilung 16 des Deutschen Patent- und Markenamts das Streitpatent in vollem Umfang aufrechterhalten. Ihrer Auffassung nach ist die Erfindung so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen könne, zudem sei der Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung gegenüber dem Stand der Technik auch patentfähig.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Einsprechenden vom 25. Mai 2012. Sie führt in ihrer Beschwerdebegründung in Bezug auf die fehlende Ausführbarkeit an, dass einige Begriffe in Zusammenhang mit der streitpatentgemäßen Lehre unverständlich seien und sich daraus ergebende Fragen gegebenenfalls erst mit einem nicht zumutbaren Aufwand beantwortet werden könnten. Darüber hinaus sei der Gegenstand des Anspruchs 1 gegenüber einer Reihe von Druckschriften weder neu noch beruhe er auf einer erfinderischen Tätigkeit, so dass die Patentfähigkeit nicht gegeben sei. Insgesamt hat sie folgende Dokumente zum druckschriftlichen Stand der Technik eingereicht:

D1 DE 198 56 733 A1 D2 DE 38 22 888 A1 D3 DE 1 238 194 A D4 GB 1 235 322 A D5 US 4 189 292 A D6 US 3 389 431 A D7 US 2 834 983 A D8 EP 0 158 814 A2 D9 EP 0 407 364 B1 D10 EP 0 347 735 B1 Die Einsprechende beantragt,

den angefochtenen Beschluss der Patentabteilung 16 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 24. Mai 2012 aufzuheben und das Patent zu widerrufen.

Die Patentinhaberin stellt den Antrag,

die Beschwerde zurückzuweisen,

hilfsweise das Patent mit den folgenden Unterlagen beschränkt aufrechtzuerhalten:

1. Patentansprüche 1 bis 6 gemäß 1. Hilfsantrag, eingereicht in der mündlichen Verhandlung,

2. Patentansprüche 1 bis 5 gemäß 2. Hilfsantrag, eingereicht in der mündlichen Verhandlung,

3. Patentansprüche 1 bis 3 gemäß 3. Hilfsantrag, eingereicht in der mündlichen Verhandlung,

im Übrigen wie erteilt.

Der Patentanspruch 1 hat in der erteilten Fassung (Hauptantrag) folgenden Wortlaut:

„Verfahren zum Herstellen eines extrudierten Dichtungsstrangs (1) mit einem schlauchförmigen Abschnitt (5),

in dessen Wand (8) Öffnungen (9), insbesondere zur Entwässerung, Entlüftung oder/und zum Druckausgleich beim Zusammendrücken des Abschnitts, erzeugt werden,

dadurch gekennzeichnet, dass die Erzeugung der Öffnungen (9) beim Extrudieren durch seitliches Abdrängen oder Abführen des die Wand (8) des schlauchförmigen Abschnitts (5) bildenden Materials erfolgt,

wobei der Wand (8) zeitweise von außen in Extrusionsrichtung unmittelbar hinter einem die Wand (8) bildenden Extrusionsspalt (13) des Extrusionswerkzeugs quer zum Extrusionsspalt (13) ein den Extrusionsspalt (13) partiell verschließendes oder Material ableitendes Element (16) zugeführt wird.“

Die Patentinhaberin ist der Auffassung, dass die Erfindung von einem Fachmann, einem akademisch ausgebildeten Ingenieur, ohne weiteres zu verstehen und alle aufgeworfenen Fragen mit zumutbarem Aufwand zu beantworten seien. Von Klarheitsmängeln könne beim Streitpatent keine Rede sein. Im Hinblick auf die Patentfähigkeit führt sie aus, dass keine der im Stand der Technik aufgeführten Druckschriften ein Verfahren beträfe, bei dem in einen schlauchförmigen Abschnitt eines extrudierten Dichtungsstranges Öffnungen eingebracht würden. Ein solches Verfahren sei auch aus der Zusammenschau der Dokumente nicht zu entnehmen.

Wegen der erteilten bzw. weiteren Patentansprüche des Hauptantrags und der Hilfsanträge sowie wegen weiterer Einzelheiten im Übrigen wird auf den Akteninhalt und die Patentschrift verwiesen.

II.

Die Beschwerde der Einsprechenden ist frist- und formgerecht eingelegt und auch im Übrigen zulässig (§ 73 Abs. 2 PatG). In der Sache ist sie allerdings nicht begründet, denn der Gegenstand des Patentanspruchs 1 ist so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann ihn ausführen kann (§ 21 Abs. 1 Nr. 2 PatG) und zudem auch patentfähig (§§ 1 bis 5 PatG).

1. Als Fachmann ist vorliegend ein Fachhochschul-Ingenieur der Fachrichtung Maschinenbau anzusehen, der bereits mehrere Jahre Berufserfahrung in der Werkzeugkonstruktion aufweist und im Bereich der Entwicklung bzw. Konstruktion von Extrusionswerkzeugen tätig ist.

2. Das Streitpatent betrifft ein Verfahren zur Herstellung eines extrudierten Dichtungsstrangs mit einem schlauchförmigen Abschnitt, in dessen Wand Öffnungen erzeugt werden, um insbesondere für eine Entwässerung, eine Entlüftung oder/und einen Druckausgleich beim Zusammendrücken des Abschnitts zu sorgen (Absatz [0001] der DE 10 2005 018 906 B4). Gemäß der Streitpatentschrift seien diese Öffnungen vor dem Anmeldetag insbesondere bei Anwendungen von Abdichtungen im Fahrzeugbau durch mechanische Bearbeitung wie Bohren sowie durch Wasserstrahl- und Laserstrahlschneiden hergestellt worden [0002].

Die Streitpatentschrift bezeichnet es vor diesem Hintergrund als Aufgabe, den mit der Erzeugung von Öffnungen in extrudierten Dichtungssträngen verbundenen Aufwand bei erhöhter Funktions- und Montagesicherheit der Dichtungsstränge zu verringern [0005].

Der Patentanspruch 1 lautet in einer gegliederten Fassung:

1. Verfahren zum Herstellen eines extrudierten Dichtungsstrangs mit einem schlauchförmigen Abschnitt (5),

1.1 in dessen Wand (8) Öffnungen (9), insbesondere zur Entwässerung, Entlüftung oder/und zum Druckausgleich beim Zusammendrücken des Abschnitts, erzeugt werden,

1.2 wobei die Erzeugung der Öffnungen (9) beim Extrudieren durch seitliches Abdrängen oder Abführen des die Wand (8) des schlauchförmigen Abschnitts (5) bildenden Materials erfolgt,

1.3 der Wand (8) des entstehenden schlauchförmigen Abschnitts wird ein Element (13) zugeführt, und zwar

1.3.1 zeitweise,

1.3.2 1.3.2

1.3.4 1.3.5 von außen, in Extrusionsrichtung unmittelbar hinter einem die Wand (8) bildenden Extrusionsspalt (13) des Extrusionswerkzeugs, quer zum Extrusionsspalt, wobei das Element den Extrusionsspalt partiell verschließt oder Material ableitet.

3. Das unbestritten aus den ursprünglichen Unterlagen entnehmbare Verfahren des Patentanspruchs 1 ist für den Fachmann ausführbar offenbart (§ 21 Abs. 1 Nr. 2 PatG).

Die Einsprechende macht geltend, dass das Verfahren nach Anspruch 1 für den Fachmann nicht ausführbar sei, da dieser einige Begriffe „nicht mit zumutbarem Aufwand beantworten“ könne. Einige der verwendeten Termini seien schwammig und vage. Die seitens der Einsprechenden aufgeführten Begriffe betreffen dabei allesamt die Merkmalsgruppe 1.3.

Dieser Auffassung kann sich der Senat nicht anschließen. Die Begriffe und auch die Formulierungen der Merkmalsgruppe 1.3 sind in fachlicher Hinsicht verständlich und offenbaren auch im Gesamtzusammenhang eine eindeutige technische Lehre. Die lokalen Öffnungen in der Wandung des schlauchförmigen Abschnitts eines kontinuierlichen Extrusionsverfahrens werden selbstverständlich durch ein intermittierendes („zeitweise“) Einführen eines Werkzeug-Elementes erzeugt, das entweder den Extrusionsspalt an der entsprechenden Stelle „partiell verschließt“ und damit die Extrusionsmasse (spanlos) verdrängt, oder alternativ, das Material von dieser Stelle „ableitet“ und somit spangebend arbeitet. Ferner wird dieses Element in Extrusionsrichtung „unmittelbar“ hinter dem „Austritt des Extrusionsspaltes ins Freie“ quer zu diesem und von „außen“ (außerhalb des eigentlichen Extrusionswerkzeugs) zugeführt. Eine „unmittelbare“ Positionierung des Werkzeug-Elements (in Strömungsrichtung) „hinter“ einer die Wandung des Extrusionsspaltes bildenden Extrusionswerkzeuges ist dabei unmissverständlich und eindeutig formuliert; das entsprechende Element greift somit direkt hinter der Extrusionsdüse an. Damit ist dem Fachmann klar, wie ein derartiges Verfahren arbeitet und wie ein entsprechendes Werkzeug aufgebaut sein muss.

4. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag ist gegenüber dem Stand der Technik neu (§ 3 PatG), keines der vorliegenden Dokumente weist alle Merkmale des Verfahrens nach Anspruch 1 auf.

Die Druckschrift D8 (EP 0 158 814 A2) offenbart eine Strangpresse zum Herstellen von Profilsträngen aus elastomeren oder thermoplastischen Stoffen mit veränderbarem Durchgangsquerschnitt, wobei hierbei ausdrücklich auch Profilstränge aus Gummi zum dichtenden Einfassen an Kraftfahrzeugen umfasst sind (Patentanspruch 1, Beschreibungseinleitung). Die Querschnittsveränderung des Extrusionskörpers wird durch kolbenartig hin und her bewegte Verdrängungskörper erzeugt (Patentanspruch 3), die je nach Bedarf (zeitabhängig) beispielsweise von außen in Extrusionsrichtung unmittelbar hinter dem Extrusionswerkzeug sowie quer dazu in den extrudierten Körper eingeführt werden (Ausführungsbeispiele zu Figuren 3 und 4). Zielsetzung der D8 ist es dabei, die durch die Querschnittsveränderung erzeugten Druckunterschiede im Extrusionsquerschnitt zu vermeiden, indem das Aufnahmevolumen des Presskopfes veränderbar ausgestaltet ist. Hierbei sollen maßgenaue Profilstränge erreicht werden.

Aus der D8 ist jedoch nicht bekannt, Dichtungsstränge mit einem schlauchförmigen Querschnitt herzustellen, in dessen Wand Öffnungen erzeugt werden, die bereits beim Extrudieren durch seitliches Abdrängen oder Abführen des die Wand des schlauchförmigen Abschnitts bildenden Materials gebildet werden. Entgegen der Auffassung der Einsprechenden „liest“ der Fachmann bei der D8 nicht „mit“, entsprechende Dichtungen mit einem schlauchförmigen Abschnitt einzusetzen, und diese dann so zu bearbeiten, dass in dessen Wand Öffnungen erzeugt werden. Die D8 offenbart bereits keine Hohlkammerprofile und kann somit eine Lö- sung zur Erzeugung von Öffnungen in den schlauchförmigen Abschnitten nicht behandeln. Damit sind die Merkmale 1. bis 1.3 sowie 1.3.5 aus der D8 nicht bekannt.

In der Druckschrift D9 (EP 0 407 364 B1) ist ein Verfahren zum Extrudieren eines Dichtungsstreifens (1) mit einem schlauchförmigen Abschnitt (4) offenbart (Patentanspruch 1 und 2 i. V. m. Figuren 1 bis 3; Merkmal 1.). Bei der Herstellung des Dichtungsstreifens wird – zur variablen Gestaltung des Wandquerschnitts des entstehenden schlauchförmigen Abschnitts in Anwendungsbereichen mit kritischer Zone („increased or reduced transverse dimensions in portions…applied to critical zones…“, Patentanspruch 1) – dem Extrusions-Austrittsquerschnitt ein bewegliches Element des Stempels (movable body 2 of the die 10) zu- bzw. abgeführt (Merkmal 1.3). Die Änderung der Querschnittsform mit der Zuführung des Werkzeugelements findet dabei auch zeitweise statt (Figur 5 mit dazugehöriger Beschreibung) und erfolgt von außen („…the movable member 12 is mounted on the outer front face oft the die 10…“, Sp. 4, Z. 31 ff.). Ferner liegt die Zuführung des Werkzeugelements in Extrusionsrichtung unmittelbar hinter einem die Wand bildenden Extrusionsspalt und erfolgt quer zum Extrusionsspalt. Das bewegbare Element (12) verschließt auch Bereiche des Extrusionsspaltes („two arms“ 17), alternativ kann ein potentiell angebrachter zusätzlicher Extrusionsspalt eine Rippe („branche“ 32a, Figur 11 mit dazugehöriger Beschreibung) erzeugen oder mittels eines Versperrelements („obturator 50“) verschlossen werden. Damit sind auch die Merkmale 1.3.1 bis 1.3.5 aus der D9 bekannt.

Im Unterschied zum Gegenstand des Patentanspruchs 1 werden in der Wand des schlauchförmigen Abschnitts keine Öffnungen erzeugt. Aus der D9 nicht bekannt sind somit die Merkmale 1.1 und 1.2 des Anspruchs 1.

Die Druckschrift D2 (DE 38 22 888 A1) beschreibt ein Verfahren für die kontinuierliche Herstellung eines extrudierten Profils mit über die Länge des Profils veränderlichen Querschnittsabmessungen (Bezeichnung der D2). Die D2 bezieht sich dabei insbesondere auf die Herstellung eines Dichtungsprofils für die Karosserie eines Kraftfahrzeugs (Beschreibungseinleitung) und offenbart gemäß dem beschriebenen Ausführungsbeispiel einen Dichtungsstrang mit einem schlauchartigen Abschnitt (Wulst 42; Merkmal 1.). Das in Figur 7 gezeigte Mundstück einer Strangpresseinrichtung weist einen Sperrschieber (14) auf, der bei Bedarf den Wandungsquerschnitt des schlauchförmigen Abschnitts des Dichtungsprofils in zwei unterschiedlichen Dicken einstellen kann (Merkmal 1.3). Mittels des in dem Strangpress-Mundstück quer in den Extrusionsspalt zeitweise einbringbaren Sperrschiebers kann der Extrusionsspalt und somit der lokale Querschnitt des schlauchförmigen Abschnitts entsprechend reduziert werden (Merkmale 1.3.1 und 1.3.4).

Aus D2 ist nicht bekannt, eine oder mehrere Öffnungen an dem schlauchförmigen Abschnitt zu erzeugen, im Übrigen erfolgt die Querschnittsveränderung auch nicht außerhalb der Extrusionsdüse (Mundstück) unmittelbar hinter dem Extrusionsspalt. Somit sind die Merkmale 1.1, 1.2, 1.3.2, 1.3.3 und 1.3.5 nicht aus D2 bekannt.

Die seitens der Einsprechenden ebenfalls gegebenenfalls als neuheitsschädliche Druckschrift angesehene D6 (US 3 389 431 A) offenbart eine Extrusionsvorrichtung für thermoplastische Teile, wie beispielsweise Rohre, bei denen noch im plastischen Zustand direkt nach Verlassen der Extrusionsdüse Vertiefungen in die Oberfläche des entstehenden Teils eingebracht werden ("…making indentations on the surface…", Beschreibungseinleitung). Diese beispielsweise in ein Rohr eingebrachten Vertiefungen – die über Stempel mechanisch oder durch Druck bzw. Unterdruck erzeugt werden – können sowohl an der äußeren wie auch inneren Oberfläche realisiert werden (dto., Figuren und Sp. 5, Z. 36 ff.), wobei als Zielsetzung in D6 genannt ist, dass somit einerseits entsprechende Festigkeitswerte erhöht und andererseits die Herstellkosten aufgrund des geringeren Materialverbrauchs reduziert werden können (Sp. 2, Z. 3 ff.). Die Erzeugung von Öffnungen ist dagegen nicht vorgesehen. Somit sind aus D6 lediglich die die Zuführung der Stempel betreffenden Merkmale 1.3.1 bis 1.3.4 bekannt.

Alle weiteren Druckschriften im Stand der Technik liegen weiter ab und können somit die Neuheit des Verfahrens nach Anspruch 1 nicht infrage stellen.

5. Das Verfahren nach Patentanspruch 1 beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit (§ 4 PatG), es ist durch den Stand der Technik nicht nahegelegt.

Ein geeigneter Ausgangspunkt des Standes der Technik ist die Druckschrift D9, weil das dort offenbarte Verfahren einen extrudierten Dichtungsstrang mit einem schlauchförmigen Abschnitt betrifft, dem zumindest ein Werkzeug-Element entsprechend den Merkmalen der Merkmalsgruppe 1.3 zugeführt wird, um die Querschnittsform des Strangprofils zu verändern. Bei mit diesem bekannten Verfahren hergestellten Dichtungssträngen kann in der Praxis ersichtlich das Problem auftreten, dass sich einerseits im schlauchförmigen Abschnitt Flüssigkeit sammeln kann und andererseits Luft nicht entweichen kann, wenn auf die Dichtung Druck ausgeübt wird. Der Fachmann hat daher Veranlassung, Öffnungen in die Wand des schlauchförmigen Abschnitts einzubringen, um Entwässerung, Entlüftung oder Druckausgleich aus diesem Hohlprofil zu gewährleisten. Hierzu bietet es sich ihm an, dies in einem Verfahrensschritt im Nachgang an die Extrusion durch Schneiden oder Bohren zu verwirklichen. Denn diese Vorgehensweise ist ihm bereits seit langem aus dem Stand der Technik bekannt. Damit gelangt er jedoch nicht zum Gegenstand des Patentanspruchs 1, bei dem Öffnungen in der Wand des schlauchförmigen Abschnitts unmittelbar hinter dem Extrusionsspalt erzeugt werden.

Das Verfahren nach D9 gibt keinen Hinweis in dieser Richtung, denn dort ist nicht beschrieben, eine Öffnung in dem schlauchförmigen Abschnitt des extrudierten Dichtungsstrangs einzubringen. Dem Fachmann wird aus der D9 heraus auch nicht nahegelegt, an der Wandstärke des schlauchförmigen Abschnitts etwas zu ändern. Bei der variablen Gestaltung des schlauchförmigen Bereichs der Dichtung soll bei der D9 zwar die Form des Querschnitts an kritischen Zonen ("critical zones") verändert werden – beispielsweise bei engen Krümmungsradien des Türrahmens („…a corner portion with a small radius of curvature…“, Sp. 1, Z. 11 ff.; Fig. 3 und 4 sowie dazugehörige Beschreibung) – nach Anspruch 1 soll jedoch gemäß dem kennzeichnenden Teil die Wandungsdicke entlang der Länge des Dichtungsstrangs im Wesentlichen konstant bleiben („…the wall thickness of the tubular sealing profile 4 is subtantially constant throughout the length thereof“). Damit regt die D9 weder eine Veränderung der Wandstärke noch die Erzeugung einer Öffnung in dem schlauchförmigen Bereich des Dichtungsprofils an, vielmehr legt sie ausdrücklich Wert auf eine konstante Wandungsdicke für den Dichtungsstrang.

Der Fachmann hat darüber hinaus auch bereits von sich aus keine Veranlassung, den noch im (teil-)plastischen Zustand befindlichen und gerade aus dem Extrusionsspalt austretenden elastomeren, schlauchförmigen Abschnitt „anzustechen“, da er dabei ungewollte Verformungen sowie Instabilitäten des noch weichen Hohlkörpers befürchten muss. Durch das schnelle, intermittierende Einführen eines Werkzeugelements in den schlauchförmigen Abschnitt könnte es zu Einfallstellen oder Einbuchtungen des Hohlkörpers kommen, andererseits besteht die Gefahr von „Ausfransungen“ beim Eintauchen oder Herausziehen des Werkzeug-Elements, so dass der Fachmann von einer solchen Lösung Abstand nehmen wird.

Dass die Stabilität der Querschnittsform eines derartigen schlauchförmigen Abschnitts eines Dichtungsstrangs durchaus eine große Rolle spielt, ist in der D9 ebenfalls offenbart, da zur Stützung des schlauchförmigen, kreisförmigen Querschnitts des beschriebenen Dichtungsstrangs dieser durch die Zuführung von Stützluft stabilisiert wird (Sp. 6, Z. 30 bis 39, „gas is blown under pressure…“, „…approximately circular shape…“). Gerade diese technische Maßnahme hält den Fachmann davon ab – entgegen der Auffassung der Einsprechenden – den schlauchförmigen Abschnitt mit Öffnungen zu versehen, da einerseits durch die dann erzeugten Öffnungen die unter Druck stehende Stützluft entweichen würde und – neben der fehlenden Stützung des Hohlkörpers – andererseits auch noch mit einer Beeinträchtigung der noch weichen Ränder der Öffnungen („Aufklappen“, „Aufkanten“) durch den dortigen Austritt der Stützluft zu rechnen ist.

Auch der weitere Stand der Technik gibt hierzu keinerlei Anregungen. Die ebenfalls einen Dichtungsstrang mit schlauchförmigem Abschnitt betreffenden Dokumente D2 und D10 offenbaren die Merkmale 1.1 und 1.2 ebenfalls nicht, sie legen auch nicht nahe, Öffnungen in einen Hohlkörperabschnitt beim Extrudieren einzubringen. Das aus der D1 bekannte nachträgliche Bohren von Öffnungen in einen schlauchförmigen Abschnitt eines Dichtungsstrangs sowie die dem Fachmann geläufigen Verfahren zum Schneiden von Öffnungen in einen bereits ausgehärteten Dichtungsstrang lassen den Fachmann bei Bedarf zu einem solch bekannten Verfahren zurückgreifen.

Die Druckschrift D3 betrifft thermoplastische Rohre und keine elastomeren Dichtungen, sie bezieht der Fachmann bereits aus diesem Grund nicht in seine Überlegungen mit ein; im Übrigen offenbart auch sie nicht das Verfahren nach Anspruch 1. Das Einbringen von Öffnungen in das Rohr der D3 erfolgt von innen nach außen und geschieht innerhalb des Extrusionswerkzeugs, so dass anschließend die Einstichstellen noch geglättet werden. Die im Prüfungsverfahren herangezogenen Dokumente D4, D5 und D7 liegen noch weiter ab und sind bereits durch die Einsprechende weder im schriftlichen Verfahren noch in der mündlichen Verhandlung herangezogen worden. Sie können ebenfalls keine Anregungen zum Verfahren nach Anspruch 1 geben.

Somit erhielt der Fachmann weder aus dem Stand der Technik noch durch sein Fachwissen Hinweise und Anregungen, um zum Gegenstand des Streitpatents nach Anspruch 1 zu gelangen. Das diesbezügliche Verfahren ist somit nicht durch den Stand der Technik nahegelegt.

6. Mit dem bestandsfähigen unabhängigen Patentanspruch 1 haben auch die auf diesen rückbezogenen Unteransprüche 2 bis 6 Bestand, da ihre Gegenstände über selbstverständliche Maßnahmen hinausgehen.

III.

Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass

1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, 2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, 3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, 4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat, 5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder 6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.

Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich einzulegen.

Dr. Zehendner Dr. Huber Dr. Dorfschmidt Heimen Pr

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