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20 W (pat) 16/10

BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 16/10 Verkündet am 4. November 2013

…

BESCHLUSS In der Beschwerdesache …

betreffend das Patent 10 2007 014 810 …

BPatG 154 05.11 hat der 20. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 4. November 2013 durch den Vorsitzenden Richter Dipl.-Phys. Dr. Mayer, die Richterin Kopacek sowie die Richter Dipl.-Ing. Gottstein und Dipl.-Ing. Kleinschmidt beschlossen:

Der Beschluss der Patentabteilung 52 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 15. Oktober 2009 wird aufgehoben und das Patent 10 2007 014 810 widerrufen.

Gründe I.

Gegen das Patent 10 2007 014 810 (Streitpatent) mit der Bezeichnung „Energiezähler und Verfahren zur Erfassung einer Wärme- oder Kältemenge“, dessen Erteilung am 3. April 2008 im Patentblatt veröffentlicht wurde und das in der erteilten Fassung insgesamt 12 Patentansprüche umfasst, hat die Einsprechende am 2. Juli 2008 Einspruch eingelegt.

Die Patentabteilung 52 des Deutschen Patent- und Markenamts hat nach Prüfung des Einspruchs das Patent in der Fassung des von der Patentinhaberin in der mündlichen Anhörung überreichten Hilfsantrags beschränkt aufrechterhalten.

Gegen den in der mündlicher Anhörung am 15. Oktober 2009 verkündeten und am 19. November 2009 zugestellten Beschluss der Patentabteilung 52 hat die Einsprechende mit Schriftsatz vom 10. Dezember 2009, eingegangen im Deutschen Patent- und Markenamt per Fax am 11. Dezember 2009, Beschwerde eingelegt.

Die Einsprechende und Beschwerdeführerin stützt ihren Einspruch und ihre Beschwerde auf die Druckschriften:

E1 Produktkatalog „Hydrometer-Wärmemesstechnik“ der Einsprechenden, Stand 09/06; E2 Rechnung Nr. 258776 vom 27. Januar 2007, ausgestellt auf die Elin Wasserwerktechnik, Hainburgerstraße 33, A-1030 Wien; E3 Rechnung Nr. 236035 vom 27. April 2006, ausgestellt auf die TECHEM S.R.L, Via Amendola, 2, I-26010 Pianengo; E4 Rechnung Nr. 254476 vom 30. November 2006, ausgestellt auf die Techem Messtechnik GmbH, St. Bartelmä 2a, A-6021 Innsbruck; E5 DE 25 04 797 A1; E6 EP 0 063 095 A1; E7 DE 33 22 452 A1; E8 Auszug aus DIN EN 14154-1; E9 DE 199 08 612 A1; E10 Auszug aus Produktkatalog „Hydrometer Wärmemesstechnik“ der Einsprechenden, Stand 09/06, betreffend „SCYLAR“Baureihe 762; E11 Bestellauftrag der Fa. Techem vom 24. November 2005; E12 Rechnung Nr. 223567 vom 1. Dezember 2005 betreffend Bestellauftrag nach E11; E13 Beschreibung zur „SCYLAR ll“-Software.

Im Zusammenhang mit den Druckschriften E1 bis E4 sowie E10 bis E13 macht die Einsprechende und Beschwerdeführerin offenkundige Benutzungshandlungen durch von ihr hergestellte und vertriebene Energiezähler der Baureihe 773, der Baureihen 447 bis 452 sowie magnetisch-induktive Wärmezähler des Typs „SCYLAR“ (MID-ZÄHLER SCYLAR-HEAT (Wärmezähler), Baureihe 762) samt zugehöriger Software „SCYLAR II“ geltend.

Sie vertritt die Auffassung, dass der Gegenstand des Streitpatents dem Fachmann durch den vorgenannten Stand der Technik in Verbindung mit seinem Fachwissen nahegelegt sei.

Die Einsprechende und Beschwerdeführerin beantragt,

den Beschluss der Patentabteilung 52 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 15. Oktober 2009 aufzuheben und das Patent 10 2007 014 810 in vollem Umfang zu widerrufen.

Die Patentinhaberin und Beschwerdegegnerin beantragt,

den Beschluss der Patentabteilung 52 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 15. Oktober 2009 aufzuheben und das Patent auf der Grundlage folgender Unterlagen aufrecht zu erhalten:

Hauptantrag: Patentansprüche: Patentansprüche 1 bis 8 vom

11. Oktober 2013, per Telefax eingegangen bei Gericht am selben Tag; geänderte Beschreibung Seite 2 und 3 vom 6. Mai 2009, im Übrigen gemäß Patentschrift; Zeichnungen gemäß Patentschrift.

Hilfsantrag: Patentansprüche: Patentansprüche 1 bis 6 vom

11. Oktober 2013, per Telefax bei Gericht eingegangen am selben Tag; geänderte Seite 2 und 3 der Beschreibung vom 6. Mai 2009, im Übrigen gemäß Patentschrift; Zeichnungen gemäß Patentschrift.

Die danach verteidigten, unabhängigen Patentansprüche 1 und 5 gemäß Hauptantrag haben folgenden Wortlaut:

„1. Energiezähler zur Erfassung einer mittels eines Transportmediums an einen Verbraucher gelieferten Wärme- oder Kältemenge (W) umfassend a) eine Durchflussmesseinheit (16) mit einer Betriebsdurchflussrichtung (19), einen ersten Temperatursensor (17) für einen Vorlauf (13) des Transportmediums, einen zweiten Temperatursensor (18) für einen Rücklauf (14) des Transportmediums und eine Steuer- und Auswerteeinheit (1), an die die Durchflussmesseinheit (16) sowie der erste und der zweite Temperatursensor (17, 18) anschließbar sind, wobei b) die Steuer- und Auswerteeinheit (1) einen Datenhauptspeicher (8) zur Hinterlegung ordnungsgemäß erfasster Wärme- oder Kältemengen (W1) sowie mindestens einen Datennebenspeicher (9, 10, 11) zur Hinterlegung nicht ordnungsgemäß erfasster Wärme- oder Kältemengen (W2, W3, W4) umfasst und c) die Steuer- und Auswerteeinheit (1) zur Erkennung einer Durchflussrichtung (15) des Transportmediums durch die Durchflussmesseinheit (16) und zur Hinterlegung der bei einer Durchflussrichtung (15) entgegen der Betriebsdurchflussrichtung (19) erfassten Wärmeoder Kältemengen (W3) in einem ersten der Datennebenspeicher (10) ausgelegt ist.“

„5. Verfahren zur Erfassung einer mittels eines Transportmediums an einen Verbraucher gelieferten Wärme- oder Kältemenge (W), bei dem a) ein Volumenfluss (V) des strömenden Transportmediums mittels einer eine Betriebsdurchflussrichtung (19) aufweisenden Durchflussmesseinheit (16) gemessen wird, b) eine Vorlauftemperatur (θV) und eine Rücklauftemperatur (θR) des Transportmediums gemessen werden, c) die Wärme- oder Kältemenge (W) mittels einer Steuerund Auswerteeinheit (1) anhand des gemessenen Volumenflusses (V) und der gemessenen Vor- und Rücklauftemperatur (θV, θR) ermittelt wird, d) mittels der Steuer- und Auswerteeinheit (1) überprüft wird, ob die Messwerterfassung ordnungsgemäß erfolgt ist, e) die ermittelte Wärme- oder Kältemenge (W1) bei ordnungsgemäßer Messwerterfassung in einem Datenhauptspeicher (8) gespeichert wird, und f) die ermittelte Wärme- oder Kältemenge (W2, W3, W4) bei nicht ordnungsgemäßer Messwerterfassung in einem Datennebenspeicher (9, 10, 11) gespeichert wird und g) eine Durchflussrichtung (15) des Transportmediums durch die Durchflussmesseinheit (16) ermittelt wird und die ermittelte Wärme- oder Kältemenge (W3) in einem ersten der Datennebenspeicher (10) gespeichert wird, falls die ermittelte Durchflussrichtung (15) nicht gleich der Betriebsdurchflussrichtung (19) ist.“

Die verteidigten, unabhängigen Patentansprüche 1 und 4 gemäß Hilfsantrag haben folgenden Wortlaut:

„1. Energiezähler zur Erfassung einer mittels eines Transportmediums an einen Verbraucher gelieferten Wärme- oder Kältemenge (W) umfassend a) eine Durchflussmesseinheit (16) mit einer Betriebsdurchflussrichtung (19), einen ersten Temperatursensor (17) für einen Vorlauf (13) des Transportmediums, einen zweiten Temperatursensor (18) für einen Rücklauf (14) des Transportmediums und eine Steuer- und Auswerteeinheit (1), an die die Durchflussmesseinheit (16) sowie der erste und der zweite Temperatursensor (17, 18) anschließbar sind, wobei b) die Steuer- und Auswerteeinheit (1) einen Datenhauptspeicher (8) zur Hinterlegung ordnungsgemäß erfasster Wärme- oder Kältemengen (W1) sowie mindestens einen Datennebenspeicher (9, 10, 11) zur Hinterlegung nicht ordnungsgemäß erfasster Wärme- oder Kältemengen (W2, W3, W4) umfasst, c) die Steuer- und Auswerteeinheit (1) zur Erkennung einer Durchflussrichtung (15) des Transportmediums durch die Durchflussmesseinheit (16) und zur Hinterlegung der bei einer Durchflussrichtung (15) entgegen der Betriebsdurchflussrichtung (19) erfassten Wärmeoder Kältemengen (W3) in einem ersten der Datennebenspeicher (10) ausgelegt ist, und d) die Steuer- und Auswerteeinheit (1) zu einem Vergleich der im Datenhauptspeicher (8) hinterlegten ersten Wärme- oder Kältemenge (W1) und der in mindestens einem der Datennebenspeicher (9, 10, 11) hinterlegten zweiten Wärme- oder Kältemenge (W2, W3, W4) ausgelegt ist und die Steuer- und Auswerteeinheit (1) Anzeigemittel (7) zur Anzeige eines Hinweises umfasst, falls die erste Wärme- oder Kältemenge (W1) kleiner ist als die zweite Wärme- oder Kältemenge (W2, W3, W4).“

„4. Verfahren zur Erfassung einer mittels eines Transportmediums an einen Verbraucher gelieferten Wärme- oder Kältemenge (W), bei dem a) ein Volumenfluss (V) des strömenden Transportmediums mittels einer eine Betriebsdurchflussrichtung (19) aufweisenden Durchflussmesseinheit (16) gemessen wird, b) eine Vorlauftemperatur (θV) und eine Rücklauftemperatur (θR) des Transportmediums gemessen werden, c) die Wärme- oder Kältemenge (W) mittels einer Steuerund Auswerteeinheit (1) anhand des gemessenen Volumenflusses (V) und der gemessenen Vor- und Rücklauftemperatur (θV, θR) ermittelt wird, d) mittels der Steuer- und Auswerteeinheit (1) überprüft wird, ob die Messwerterfassung ordnungsgemäß erfolgt ist,

e) die ermittelte Wärme- oder Kältemenge (W1) bei ordnungsgemäßer Messwerterfassung in einem Datenhauptspeicher (8) gespeichert wird, und f) die ermittelte Wärme- oder Kältemenge (W2, W3, W4) bei nicht ordnungsgemäßer Messwerterfassung in einem Datennebenspeicher (9, 10, 11) gespeichert wird,

g) eine Durchflussrichtung (15) des Transportmediums durch die Durchflussmesseinheit (16) ermittelt wird und die ermittelte Wärme- oder Kältemenge (W3) in einem ersten der Datennebenspeicher (10) gespeichert wird, falls die ermittelte Durchflussrichtung (15) nicht gleich der Betriebsdurchflussrichtung (19) ist, und h) die im Datenhauptspeicher (8) gespeicherte erste Wärme- oder Kältemenge (W1) mit der in mindestens einem der Datennebenspeicher (9, 10, 11) gespeicherten zweiten Wärme- oder Kältemenge (W2, W3, W4) verglichen wird und eine Anzeige erfolgt, falls die erste Wärme- oder Kältemenge (W1) kleiner ist als die zweite Wärme- oder Kältemenge (W2, W3, W4).“

Den selbständigen Patentansprüchen 1 und 5 gemäß Hauptantrag sowie 1 und 4 gemäß Hilfsantrag sind jeweils Unteransprüche zugeordnet, bezüglich derer auf den Akteninhalt verwiesen wird.

Die Patentinhaberin vertritt die Auffassung, dass der Patentgegenstand in den verteidigten Fassungen gemäß Haupt- und Hilfsantrag alle Patentierungsvoraussetzungen erfülle.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig und hat Erfolg, da sich der Gegenstand des Patents weder in der Fassung des Hauptantrags noch in der Fassung des Hilfsantrags als patentfähig erweist (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG).

1. Das Patent betrifft allgemein einen Energiezähler und ein Verfahren zur Erfassung einer Wärme- oder Kältemenge.

Die patentgemäße Lehre richtet sich an einen Hochschul- oder Fachhochschulingenieur, der neben allgemeinen Kenntnissen auf dem Gebiet der Messtechnik speziell über Erfahrungen in der Entwicklung und Konstruktion von Volumen- und Energiezählern für fluide Medien verfügt. Ein solcher Fachmann besitzt insbesondere auch Kenntnisse der auf dem Fachgebiet einschlägigen Normen und Vorschriften. Er verfügt darüber hinaus über grundlegende Kenntnisse der Datenverarbeitung und -speicherung.

Bei den streitpatentgegenständlichen Energiezählern und Verfahren stellt sich das Problem, dass nicht ordnungsgemäß erfasste Messwerte, die durch Fehlmontage des Zählers oder andere Gründe bedingt sein können, normalerweise zu Abrechnungszwecken nicht verwendet werden können, sondern verworfen und durch eine Schätzung ersetzt werden müssen.

Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, einen Energiezähler anzugeben, mittels dem auch bei einer Fehlmontage eine genauere Angabe des Energieverbrauchs möglich ist (Patentschrift, Absatz 0007), und ein Verfahren anzugeben, das auch bei einer Fehlmontage eine genauere Angabe des Energieverbrauchs ermöglicht (Patentschrift, Absatz 0020).

2. Zum Hauptantrag

2.1 Zur Lösung der vorgenannten Aufgabe schlägt das Streitpatent in Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag einen Energiezähler zur Erfassung einer mittels eines Transportmediums an einen Verbraucher gelieferten Wärme- oder Kältemenge (W) vor, der umfasst:

1. eine Durchflussmesseinheit (16) mit einer Betriebsdurchflussrichtung (19),

2. einen ersten Temperatursensor (17) für einen Vorlauf (13) des Transportmediums,

3. einen zweiten Temperatursensor (18) für einen Rücklauf (14) des Transportmediums und

4. eine Steuer- und Auswerteeinheit (1), an die die Durchflussmesseinheit (16) sowie der erste und der zweite Temperatursensor (17, 18) anschließbar sind,

wobei 5. die Steuer- und Auswerteeinheit (1)

a) einen Datenhauptspeicher (8) zur Hinterlegung ordnungsgemäß erfasster Wärme- oder Kältemengen (W1) sowie b) mindestens einen Datennebenspeicher (9, 10, 11) zur Hinterlegung nicht ordnungsgemäß erfasster Wärmeoder Kältemengen (W2, W3, W4) umfasst und 6. die Steuer- und Auswerteeinheit (1)

a) zur Erkennung einer Durchflussrichtung (15) des Transportmediums durch die Durchflussmesseinheit (16) und b) zur Hinterlegung der bei einer Durchflussrichtung (15) entgegen der Betriebsdurchflussrichtung (19) erfassten Wärme- oder Kältemengen (W3) in einem ersten der Datennebenspeicher (10) ausgelegt ist.

Der gemäß Hauptantrag verteidigte Patentanspruch 1 stellt eine Zusammenfassung der Merkmale der erteilten Patentansprüche 1 und 3 dar, die ihre Stütze in den ursprünglichen Unterlagen finden.

Die Zulässigkeit des verteidigten Patentanspruchs 1, die von der Beschwerdeführerin wegen der Änderung der Zählweise des Datennebenspeichers (10) („in einem ersten der Datennebenspeicher (10)“ im verteidigten Anspruch, statt „in einem zweiten der Datennebenspeicher (10)“ im erteilten Patentanspruch 3) bestritten wurde, kann dahinstehen, da sich der Anspruch in dieser verteidigten Fassung als nicht patentfähig erweist.

2.2 Mit den Merkmalen 1 bis 5a wird ein Energiezähler beschrieben, der die für die dem Fachmann bekannte Energiezählung notwendigen Elemente aufweist. Die Wärme- oder Kältemenge W wird auf der Basis einer Volumenstrommessung und der Messung von Vor- und Rücklauftemperatur gemäß der bekannten Formel berechnet, wobei

θV die von einem Vorlauftemperatursensor gemessene Vorlauftemperatur,

θR die von einem Rücklauftemperatursensor gemessene Rücklauftemperatur,

V der Volumenfluss (Wasservolumen),

k ein von der Vorlauftemperatur θv und von der Rücklauftemperatur θR abhängiger Wärmekoeffizient ist (vgl. Patentschrift, Absatz 0033).

Die so ermittelte Wärme- oder Kältemenge wird in dem dafür vorgesehenen Datenhauptspeicher (8) hinterlegt.

Daneben umfasst der Energiezähler mindestens einen Datennebenspeicher, in den die ermittelten Wärme- oder Kältemengen immer dann hinterlegt werden, wenn sie nicht ordnungsgemäß erfasst wurden (Merkmal 5b), insbesondere wenn die Steuer- und Auswerteeinheit (1) erkannt hat (Merkmal 6a), dass das Transportmedium die Durchflussmesseinheit (16) entgegen der Betriebsdurchflussrichtung (19) durchfließt (Merkmal 6b).

2.3 Aus dem Produktkatalog „Hydrometer-Wärmemesstechnik“ der Einsprechenden (Dokument E1) sind diverse Energiezähler bekannt, die das dem Fachmann hinlänglich bekannte Grundprinzip der Wärmemengenzählung realisieren. Die offenbarten Energiezähler weisen dazu regelmäßig einen Durchflussmesser, Temperatursensoren für Vor- und Rücklauftemperatur sowie eine Steuer- und Auswerteeinheit auf, wie das beispielhaft für die Gerätebaureihe 773 mit den Erläuterungen auf Seite 9 des Produktkatalogs unter den Überschriften „Komponenten“, „Das Rechenwerk“, „Ultraschall-Volumengeber“ und „Temperaturfühler“ angegeben ist (Merkmale 1 bis 4). Die beschriebenen Geräte der Baureihe 773 weisen darüber hinaus einen Log-Speicher auf, in dem die Verbrauchswerte abgespeichert werden und der funktionell dem erfindungsgemäß vorgesehenen Datenhauptspeicher entspricht (vgl. Seite 10 unter der Überschrift „Log-Speicher“; Merkmal 5a).

Daneben verfügen die Geräte der Baureihe 773 aber auch über einen weiteren Speicher, nämlich einen Ereignisspeicher in Form eines nichtflüchtigen Speichers, in dem Änderungen und aufgetretene Fehler, wie fehlerhafte Temperaturmessungen und/oder fehlerhafte Ultraschalllaufzeitmessungen, mithin fehlerhafte Volumenmessungen, gespeichert werden (vgl. Seite 10 unter der Überschrift „Ereignisspeicher“). Gegenständlich kann der Ereignisspeicher ohne Weiteres als Datennebenspeicher verstanden werden (Merkmal 5b - teilweise). Es bedarf für den Fachmann keiner weitergehenden Überlegungen, um einzusehen, dass die Speicherung von Fehlern, insbesondere solcher bei der Volumenmessung, die Erkennung der Fehler voraussetzt, insbesondere auch die Feststellung einer der Betriebsdurchflussrichtung entgegen gerichteten Durchflussrichtung des Transportmediums. Das sogenannte Rechenwerk muss folglich funktionell zur Erkennung der Durchflussrichtung (Merkmal 6a) und zur Hinterlegung von Informationen in dem Ereignisspeicher (Merkmal 6b - teilweise) in der Lage sein.

Von diesem bekannten Stand der Technik unterscheidet sich der Gegenstand des Patentanspruchs 1 dadurch, dass nicht allein Informationen über fehlerhafte Messungen als solche in Form von Ereignissen in dem Datennebenspeicher abgespeichert werden, sondern die nicht ordnungsgemäß erfassten Messwerte bzw. die daraus ermittelte Wärme- oder Kältemengen selbst.

Damit wird eine getrennte Speicherung von nicht ordnungsgemäß gewonnenen Messwerten, die nach den rechtlichen Vorgaben ansonsten zu verwerfen wären, erreicht.

Der Wunsch nach einer vollständigen Speicherung aller Messwerte, ergibt sich aus technischer Sicht aber für den Fachmann aus der Praxis. Es ist nämlich für den Fachmann aus technischer Sicht stets sinnvoll, alle erlangten Messwerte zu speichern, sofern sich dafür eine Notwendigkeit oder zweckmäßige Verwendung ergibt. Dies ist vorliegend der Fall. Denn zur Aufdeckung von Fehlern im System wird der Fachmann bestrebt sein, eine möglichst umfassende Datenbasis für spä- tere Auswertungen zur Verfügung zu haben, zumal die Unterscheidung zwischen ordnungsgemäß und nicht ordnungsgemäß erlangten Messwerten durch die Steuer- und Auswerteeinheit ohnehin erfolgt und auch die Messwerte als solche schon gewonnen wurden. Dann besteht aber für den Fachmann nur noch das Problem, den Speicher (hier: Datennebenspeicher) hinreichend groß zu dimensionieren, damit er nicht oder nicht nur die Fehlerereignisse, sondern die anfallenden Messwerte aufnehmen kann. Da der Anspruch zur Speichergröße keine Angaben macht, ist dieser Größenaspekt zur Überzeugung des Senats für die Beurteilung des Beruhens auf einer erfinderischen Tätigkeit unbeachtlich. Dem Fachmann wird aber auf Grund des beschriebenen Bedürfnisses nach einer vollständigen Datenspeicherung nahe gelegt, das in der Druckschrift E1 nicht unmittelbar offenbarte Merkmal der Speicherung der nicht ordnungsgemäß erlangten Messwerte vorzusehen (Rest des Merkmals 5b, Merkmal 6b).

Damit beruht der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

2.4 Die Erwägungen unter 2.3 gelten analog auch für das mit dem Nebenanspruch 5 beanspruchte Verfahren zur Erfassung einer mittels eines Transportmediums an einen Verbraucher gelieferten Wärme- oder Kältemenge.

Die verfahrenstechnischen Merkmale a bis e sind bereits bei dem UltraschallKompakt Energiezähler der Baureihe 773 gemäß der Druckschrift E1 vorbekannt, denn auch bei diesem werden Volumenfluss sowie Vor- und Rücklauftemperatur eines Transportmediums gemessen und zu einer Wärme- oder Kältemenge verrechnet (Merkmale a bis c). Zusätzlich werden Fehler detektiert, so dass auch die Unterscheidung ordnungsgemäß erlangter Messwerte von nicht ordnungsgemäß erlangten Messwerten erfolgt (Merkmal d). Die so ermittelte Wärme- oder Kältemenge (Verbrauchswert) wird in einem Log-Speicher, der einen Datenhauptspeicher darstellt, gespeichert (Merkmal e).

Die zusätzliche Speicherung der ermittelten Wärme- oder Kältemengen bei nicht ordnungsgemäßer Messwerterfassung in einem zusätzlichen Speicher (hier: Datennebenspeicher) liegt für den Fachmann auf Grund der sich aus der Praxis ergebenden Aufgabe, eine möglichst umfassende Datenbasis für spätere Auswertungen zur Verfügung zu haben, ausgehend von dem ohnehin bei Geräten der Baureihe 773 vorhandenen Ereignisspeicher in Verbindung mit dem Fachwissen nahe (Merkmal f). Die Druckschrift E1 lehrt auch schon, Fehlersituationen zu detektieren und entsprechende Fehlerereignisse abzuspeichern (Seite 10 unter der Überschrift „Ereignisspeicher“). Dass ein solches Fehlerereignis auch eine Durchflussrichtung entgegen der Betriebsdurchflussrichtung der Durchflussmesseinheit sein kann, liegt im Rahmen des Fachwissens des Fachmanns. Damit ergibt sich für den Fachmann zwanglos, dass zur Unterscheidung ordnungsgemäß erfasster Messwerte von nicht ordnungsgemäß erfassten Messwerten auch die Durchflussrichtung zu ermitteln ist und in Abhängigkeit von der ermittelten Durchflussrichtung die Entscheidung getroffen werden kann, in welchem Speicher der Messwert abzulegen ist (Merkmal g).

Insoweit beruht auch der Gegenstand des Nebenanspruchs 5 gemäß Hauptantrag nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

3. Zum Hilfsantrag

3.1 Mit dem Hilfsantrag begehrt die Patentinhaberin und Beschwerdeführerin die Aufrechterhaltung des Patents in einer gegenüber dem Hauptantrag eingeschränkten Fassung.

Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag enthält neben den Merkmalen des Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag die zusätzlichen Merkmale

7. die Steuer- und Auswerteeinheit (1) zu einem Vergleich der im Datenhauptspeicher (8) hinterlegten ersten Wärme- oder Kältemenge (W1) und der in mindestens einem der Datennebenspeicher (9, 10, 11) hinterlegten zweiten Wärme- oder Kältemenge (W2, W3, W4) ausgelegt ist und

8. die Steuer- und Auswerteeinheit (1) Anzeigemittel (7) zur Anzeige eines Hinweises umfasst, falls die erste Wärme- oder Kältemenge (W1) kleiner ist als die zweite Wärme- oder Kältemenge (W2, W3, W4).

Der gemäß Hilfsantrag verteidigte Patentanspruch 1 stellt eine Zusammenfassung der Merkmale der erteilten Patentansprüche 1, 3 und 5 dar, die ihre Stütze in den ursprünglichen Unterlagen finden.

Die Zulässigkeit des verteidigten Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag kann dahingestellt bleiben, da sich der Anspruch in der so verteidigten Fassung als nicht patentfähig erweist.

3.2 Die den Patentgegenstand weiter beschränkenden Merkmale 7 und 8 können die Patentfähigkeit nicht begründen.

Denn es geht für den Fachmann nicht über routinemäßige Maßnahmen hinaus, vorhandene Messergebnisse nach diversen Kriterien auszuwerten, hierfür die entsprechenden Auswerteeinrichtungen vorzusehen und das Ergebnis der Auswertung mit Hilfe von Anzeigemitteln anzuzeigen. Dabei ist insbesondere der GrößerKleiner-Vergleich zweier Messwerte eine gängige Auswertemethode.

Die Steuer- und Auswerteeinheit (1) derart auszubilden, dass sie einen Vergleich der im Datenhauptspeicher (8) hinterlegten ersten Wärme- oder Kältemenge (W1) und der in mindestens einem der Datennebenspeicher (9, 10, 11) hinterlegten zweiten Wärme- oder Kältemenge (W2, W3, W4) ermöglicht (Merkmal 7), erschöpft sich insoweit in einer routinemäßigen Maßnahme, ebenso wie das Vorsehen von Anzeigemitteln zur Anzeige des Auswertungsergebnisses, also insbesondere eines Hinweises falls die erste Wärme- oder Kältemenge (W1) kleiner ist als die zweite Wärme- oder Kältemenge (W2, W3, W4) (Merkmal 8). Dabei legt der Senat die Merkmale 7 und 8 dahingehend aus, dass die darin im Singular verwendeten Begriffe „der im Datenhauptspeicher (8) hinterlegten ersten Wärme- oder Kältemenge (W1)“ und „der in mindestens einem der Datennebenspeicher (9, 10, 11) hinterlegten zweiten Wärme- oder Kältemenge (W2, W3, W4)“ jeweils einzelne Wärme- oder Kältemengen aus der Vielzahl der gemäß den Merkmalen 5a, 5b und 6b in den jeweiligen Speichern hinterlegten Wärme- oder Kältemengen sind.

Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag ist dem Fachmann durch den Stand der Technik gemäß der Druckschrift E1 (Merkmale 1 bis 5a) in Verbindung mit seinem Fachwissen - wie oben unter 2.3 bezüglich der Merkmale 5b und 6b und vorstehend bezüglich der Merkmale 7 und 8 näher dargelegt – nahe gelegt.

3.3 Die Erwägungen unter 3.2 gelten analog auch für das mit dem Nebenanspruch 4 gemäß Hilfsantrag beanspruchte Verfahren zur Erfassung einer mittels eines Transportmediums an einen Verbraucher gelieferten Wärme- oder Kältemenge, das die Merkmale der erteilten Patentansprüche 7, 9 und 11 zusammenfasst.

Die Frage der Zulässigkeit der Fassung des Patentanspruchs 4 bedarf keiner näheren Erörterung, da sich der Gegenstand des Patentanspruchs 4 gemäß Hilfsantrag als nicht patentfähig erweist.

Das gegenüber dem Verfahrensanspruch aus dem Hauptantrag weiter beschränkende Merkmal, dass h) die im Datenhauptspeicher (8) gespeicherte erste Wärmeoder Kältemenge (W1) mit der in mindestens einem der Datennebenspeicher (9, 10, 11) gespeicherten zweiten Wärmeoder Kältemenge (W2, W3, W4) verglichen wird und eine Anzeige erfolgt, falls die erste Wärme- oder Kältemenge (W1) kleiner ist als die zweite Wärme- oder Kältemenge (W2, W3, W4),

stellt lediglich die verfahrensmäßige Ausprägung der gegenständlichen Merkmale 7 und 8 dar und kann die Patentfähigkeit ebenso wenig wie diese begründen.

4. Mit den nicht patentfähigen Patentansprüchen 1 und 5 gemäß Hauptantrag bzw. Patentansprüchen 1 und 4 gemäß Hilfsantrag kann das Patent als Ganzes keinen Bestand haben. Hinsichtlich der Unteransprüche, die sämtlich auf die selbständigen Ansprüche direkt oder indirekt rückbezogen sind, ist ein eigenständiger erfinderischer Gehalt von der Patentinhaberin und Beschwerdegegnerin weder geltend gemacht noch sonst für den Senat ersichtlich (BGH, Urteil vom 12. Dezember 2006 - X ZR 131/02, GRUR 2007, 309 Rdn. 42 – Schussfädentransport).

Die Beschwerdegegnerin hat auch auf Nachfrage des Senats in der mündlichen Verhandlung ihr Patent lediglich in der Fassung der Anträge verteidigt. Weitere Anträge, die Bedenken der Einsprechenden begegnen würden, waren lediglich für den Fall angekündigt, dass der Senat zu der Überzeugung gelangen würde, dass die in der mündlichen Verhandlung skizzierten Änderungen, die Patentfähigkeit herbeiführen könnten, was nicht der Fall ist. Insbesondere würde nämlich eine Rückführung der numerischen Bezeichnung des Datennebenspeichers auf die ur- sprüngliche Aufzählungsreihenfolge substantiell am Patentgegenstand nichts ändern.

Wegen der fehlenden Patentfähigkeit aller selbständigen Patentansprüche war das Patent folglich insgesamt zu widerrufen (BGH, Beschluss vom 27. Juni 2007 - X ZB 6/05, BGHZ 173, 47 - Informationsübermittlungsverfahren II, mit weiteren Nachweisen).

Auf den sonstigen von der Beschwerdeführerin und Einsprechenden in das Verfahren eingeführten Stand der Technik und seine Relevanz für den Rechtsbestand des Streitpatents kommt es unter diesen Umständen nicht an.

Dr. Mayer Kopacek Gottstein Kleinschmidt Pü

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