5 Ni 18/11 (EP)
BUNDESPATENTGERICHT Ni 18/11 (EP) (Aktenzeichen)
…
IM NAMEN DES VOLKES URTEIL Verkündet am
6. Februar 2013 …
In der Patentnichtigkeitssache BPatG 253 08.05 betreffend das europäische Patent 1 067 442 (DE 500 11 054)
hat der 5. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 6. Februar 2013 durch den Vorsitzenden Richter Gutermuth, die Richterin Martens sowie die Richter Dipl.-Ing. Gottstein, Dipl.-Ing. Musiol und Dipl.-Geophys. Dr. Wollny für Recht erkannt:
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand Der Beklagte ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der eingetragenen Inhaberin des am 3. Juni 2000 angemeldeten und mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 1 067 442 (Streitpatent), das beim Deutschen Patent- und Markenamt unter der Nummer DE 500 11 054 geführt wird. Das Streitpatent, das die Priorität der deutschen Anmeldung 199 26 271 vom 9. Juni 1999 in Anspruch nimmt, betrifft eine Funkarmbanduhr und umfasst 9 Patentansprüche, von denen lediglich Patentanspruch 1 mit der Nichtigkeitsklage angegriffen ist.
Dieser hat nach Abschluss des Einspruchsverfahrens vor dem Europäischen Patentamt folgende Fassung gemäß der Patentschrift EP 1 067 442 B2 erhalten:
„1. Funkarmbanduhr (11) mit in ihr Gehäuse (12) aufgenommener magnetischer Langwellen-Antenne (28) mit AntennenKern (29) und Uhrwerk (22), wobei das Gehäuse (12) zwischen seinem Uhrglas (18) und einem Boden (16) aus elektrisch nicht leitendem Material ein metallenes Gehäuse-Mittelteil (13) aufweist, demgegenüber der Antennen-Kern (29) radial in Bezug auf das Gehäuse (12) zu dessen Zentrum hin versetzt ist, wobei ein Distanzring (20) aus elektrisch nicht leitendem Material zwischen dem Gehäuse-Mittelteil (13) und dem mit dem Antennen-Kern (29) ausgestatteten Uhrwerk (22) zur Gewährleistung eines allseitigen radialen Abstandes vom Antennen-Kern (29) zur Innenwandung des Gehäuse-Mittelteils (13) vorgesehen ist, wobei sich der Distanzring (20) in der Montageebene des Antennen-Kerns (29) befindet.“
Mit der Nichtigkeitsklage macht die Klägerin geltend, der Gegenstand des Patentanspruchs 1 offenbare zum Einen die Erfindung nicht so deutlich, dass ein Fachmann sie ausführen könne. Außerdem gehe die Lehre des Patentanspruchs 1 über den Inhalt der am Anmeldetag eingereichten Unterlagen hinaus und sei auch nicht patentfähig, weil sie durch die bereits im Prüfungsverfahren und im Streitpatent genannten Entgegenhaltungen E1 EP 0 896 262 A1 (Anlage K11), E2 DE 296 07 866 U1 (Anlage K12), E3 DE 93 15 670 U1 (Anlage K13) und E4 EP 0 439 724 B2 (Anlage K14)
sowie durch die mit Schriftsatz vom 10. Dezember 2012 vorgelegte E6 EP 0 564 236 A2 (Anlage K17)
vorweggenommen bzw. nahe gelegt sei.
Die Klägerin macht weiter eine offenkundige Vorbenutzung des Gegenstands des Streitpatents geltend durch die E5 Funkarmbanduhr Modell FU date 97-97 der Firma G… Uh ren und Feinmechanik R… GmbH (Anlage K15, Anlagenkonvolut K16-K16e).
Zur Stützung ihres Vorbringens im Übrigen legt die Klägerin folgende Unterlagen vor:
K1 EP 1 067 442 B2 (Streitpatentschrift), K2 Auszug aus dem europäischen Patentregister, K3 Bekanntmachung des AG Offenbach am Main zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens betr. die Patentinhaberin, K4 DE 199 26 271 C2, K5 BPatG, Beschluss des 20. Senats vom 15. Oktober 2003
(Aktenzeichen 20 W (pat) 308/03) vorgelegt auch als K18, K6 EP 1 067 442 A2 (ursprüngliche Unterlagen zum Streitpatent), K7 EP 1 067 442 B1 (frühere Fassung des Streitpatents), K8 Merkmalsanalyse zu Patentanspruch 1, K9 Auszug aus „DER GROSSE BROCKHAUS“, Band 5,
S. 338/339, K10 Zeichnung des Streitpatents mit farblichen Hervorhebungen.
Die Klägerin beantragt,
das europäische Patent 1 067 442 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland im Umfang des Patentanspruchs 1 für nichtig zu erklären.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er tritt dem Vorbringen der Klägerin in allen Punkten entgegen. Insbesondere bestreitet er die Offenkundigkeit der geltend gemachten Vorbenutzung (G… –Uhr) und hält das Streitpatent im angegriffenen Umfang für patentfähig und auch gegenüber den übrigen Angriffen der Klägerin für rechtsbeständig.
Zur Stützung seines Vorbringens verweist er auf folgende Unterlagen:
B1 Entscheidung der Einspruchsabteilung des EPA vom 8. Februar 2008,
B2 Entscheidung der Beschwerdekammer des EPA vom 9. Februar 2010,
B3 Gebrauchsmusterschrift DE 299 23 446 U1, B4 Beschluss der Gebrauchsmusterabteilung vom
19. November 2007, B5 Urteil des LG Düsseldorf (Az: 4a O 281/07), B6 Merkmalsgliederung des Anspruchs 1 des Streitpatents, B7 Urteil des OLG Düsseldorf (Az: I-2 U 147/08), B8 Deckblatt EP 1 544 400 A2 und B9 Montageanweisung für Arbeits- und Schutzgerüste.
Wegen des Vorbringens der Parteien im Einzelnen wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie auf den Hinweis des Senats vom 30. Oktober 2012 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe Die zulässige Klage, mit der – beschränkt auf Patentanspruch 1 - die in Artikel II § 6 Absatz 1 Nr. 1-3 IntPatÜG vorgesehenen Nichtigkeitsgründe der fehlenden Patentfähigkeit (Art. 138 Abs. 1a i. V. m. Art. 54 und Art. 56 EPÜ), der mangelnden Ausführbarkeit (Art. 138 Abs. 1b EPÜ) sowie der unzulässigen Erweiterung des Gegenstands des Streitpatents gegenüber dem Inhalt der ursprünglich eingereichten Fassung (Art. 138 Abs. 1c EPÜ) geltend gemacht werden, ist nicht begründet. Der Gegenstand des angegriffenen Patentanspruchs 1 erweist sich in jeder Hinsicht als rechtsbeständig.
I.
1. Das in der Verfahrenssprache Deutsch abgefasste Streitpatent betrifft eine Funkarmbanduhr (vgl. Streitpatent, Absatz [0001]).
Das Streitpatent geht aus von bekannten Funkarmbanduhren, bei denen die Empfangsantenne der Gehäuse-Innenkontur folgend in die Leiterplatte integriert ist. Ein derartiger Aufbau bedinge jedoch in nachteilhafter Weise ein nicht-metallisches Uhrengehäuse, da sonst Güteverluste bis zur Funktionsunfähigkeit der Uhr zu gewärtigen wären (vgl. Streitpatent, Absatz [0002]). Bekannt sei auch, bei Funkarmbanduhren ein metallisches Uhrengehäuse zu verwenden, dann jedoch die Antenne, außerhalb des Gehäuses, in das Armband zu integrieren. Auch diese Lösung sei nachteilbehaftet, da der Armbandanschlag an das Uhrgehäuse wie das Armband selbst in dieser Ausführungsform verschleißgefährdet und störanfällig seien (vgl. Streitpatent, Absatz [0003]). Schließlich sei bekannt - und von dieser Lösung würde das Streitpatent ausgehen -, dass bei Funkarmbanduhren mit metallischem Gehäuse die Antenne fest an dem Bodendeckel angebracht sei (vgl. Streitpatent, Absatz [0004]).
Ausgehend von dem vorbeschriebenen Stand der Technik stellt sich das Streitpatent die Aufgabe, eine Funkarmbanduhr anzugeben, welche weniger störanfällig ist (vgl. Streitpatent, Absatz [0005]).
Gelöst sieht das Streitpatent diese Aufgabe durch einen Gegenstand mit den Merkmalen des Patentanspruches 1, der sich wie folgt gliedern lässt:
M1 Funkarmbanduhr (11) M2 mit in ihr Gehäuse (12) aufgenommener M2a magnetischer Langwellen-Antenne (28) mit Antennen- Kern (29) und M2b Uhrwerk (22), M3 wobei das Gehäuse (12) zwischen seinem Uhrglas (18) und einem Boden (16) aus elektrisch nicht leitendem Material ein metallisches Gehäuse-Mittelteil (13) aufweist, M4 dem gegenüber der Antennen-Kern (29) radial in Bezug auf das Gehäuse (12) zu dessen Zentrum hin versetzt ist, wobei M5 ein Distanzring (20) aus elektrisch nicht leitendem Material zwischen dem Gehäuse-Mittelteil (13) und dem mit dem Antennen-Kern (29) ausgestatteten Uhrwerk (22) vorgesehen ist M5a zur Gewährleistung eines allseitigen radialen Abstandes vom Antennen-Kern (29) zur Innenwandung des GehäuseMittelteils (13), M5b wobei sich der Distanzring (20) in der Montageebene des Antennen-Kerns (29) befindet.
In Absatz [0016] fasst das Streitpatent anhand des Ausführungsbeispiels die Vorteile seiner Lehre zusammen:
„Um bei einer Funkarmbanduhr 11 einerseits nicht auf ein metallisches Gehäuse 12 verzichten zu müssen und andererseits die magnetische Langwellen-Antenne 28 für den Empfang der zu dekodierenden Zeitinformation nicht nach außerhalb des Gehäuses 12 wie insbesondere in ein Armband verlegen zu müssen, ist also erfindungsgemäß wenigstens das Gehäuse-Mittelteil 13 als dünner massiver oder beschichteter elektrisch leitender Ring ausgebildet, innerhalb dessen ein Distanzring 20 aus elektrisch nicht-leitendem Material das Uhrwerk 22 mit an dessen Rand sekantial angeordnetem gestreckt-prismatischem Antennen-Kern 29 zwischen zwei Scheiben aus elektrisch nicht-leitendem Material, nämlich dem Uhrglas 18 und dem Gehäuseboden 16, auf radialen Abstand zum metallenen Mittelteil 13 haltert, …“
2. Der Senat erachtet als maßgeblichen Fachmann einen Diplomingenieur (FH) der Elektrotechnik, der schwerpunktmäßig mit der Entwicklung von elektrischen Komponenten für Funkarmbanduhren beschäftigt ist.
Dieser Fachmann weiß, dass unter dem Begriff „Montageebene“ eines Gegenstandes die (ggfls. nur gedachte) Fläche zu verstehen ist, auf, in oder an der der betreffende Gegenstand unmittelbar montiert ist.
Unter einem „Uhrwerk“ einer Funkuhr versteht der Fachmann in Übereinstimmung mit dem Streitpatent (vgl. dort Absatz [0013]) den funktionalen Verbund aus einem Räderwerk für die Bewegung von Zeigern, einem elektrischen Antrieb und einem Elektronikblock für einerseits die Antriebssteuerung des elektrischen Antriebs und anderseits den Empfang und die Dekodierung der kodierten Zeitinformation zur periodischen Kontrolle und erforderlichenfalls Korrektur der Zeigerstellung. Der Elektronikblock ist zur Erfüllung seiner Aufgaben zwingend an eine Antenne angeschlossen (vgl. ebenda). Insoweit ist auch der Auslegung durch das OLG Düsseldorf im parallelen Verletzungsverfahren zuzustimmen (vgl. Anlage B7,
Seite 18). Auch teilt der Senat die Auffassung, dass das Streitpatent mit der Anspruchsformulierung „mit dem Antennen-Kern (29) ausgestatteten Uhrwerk“, von einer Antenne ausgeht, welcher Teil des Uhrwerks ist (vgl. Anlage B7, Seite 18). Soweit sich die Klägerin in der mündlichen Verhandlung die Beurteilung des OLG Düsseldorf dezidiert zu eigen gemacht hat, „der Fachmann wird vor diesem Hintergrund zum „Uhrwerk“ alle im Uhrengehäuse vorgesehenen Teile rechnen, die zum Betrieb einer Funkuhr notwendig sind.“ (vgl. ebenda), so ist diese Auslegung vom Streitpatent nicht mehr gedeckt. Das Streitpatent führt in Absatz [0013] aus: „Der Rand des sichtseitig auf dem Uhrwerk 22 aufliegenden, aus elektrisch nicht leitendem Material bestehenden Zifferblattes 23 wird vom Zifferblattring 21 radial übergriffen und somit sichtseitig kaschiert.“. Das Streitpatent sieht also das Uhrwerk als durch das Zifferblatt „nach oben“ begrenzt an, sonst könnte das Zifferblatt nicht auf dem Uhrwerk aufliegen. Dies bedeutet jedoch, dass die Zeiger (vgl. Figur des Streitpatents, dort die Bezugszeichen 25), also zweifellos zum Betrieb einer Funkuhr notwendige Teile, vom Streitpatent selbst nicht dem Uhrwerk zugerechnet werden. Der Senat legt den Begriff des patentgemäßen Uhrwerks in Ansehung der Lehre des Streitpatents dahingehend aus, dass das Uhrwerk aus fachmännischer Sicht eine im Wesentlichen in sich geschlossene Baueinheit darstellt (vgl. hierzu auch Anlage B7, Seite 27, vorletzter Absatz). Dies führt im Ergebnis dazu, dass der Fachmann auch unter einem „mit dem Antennen-Kern (29) ausgestatteten Uhrwerk“ eine im Wesentlichen in sich geschlossene Baueinheit versteht, welche jedenfalls mit dem Zifferblatt „nach oben“ begrenzt ist.
Soweit das Merkmal M4 fordert, dass der Antennen-Kern gegenüber dem Gehäuse-Mittelteil radial in Bezug auf das Gehäuse zu dessen Zentrum hin versetzt ist, versteht der Fachmann unter dem Bezug „gegenüber“ im vorliegenden Zusammenhang nicht die (engere) Bedeutung von „vis a vis“ sondern die weitere Bedeutung „in Bezug auf“. Das Merkmal M4 fordert somit lediglich, dass der AntennenKern in radialer Richtung, wobei diese Richtung in Bezug auf das Gehäuse zu sehen ist, also – in beliebiger Höhe - senkrecht zu einer gedachten Zentralachse des Gehäuses, gegenüber dem Gehäuse-Mittelteil zu der Zentralachse (dem radialen Zentrum) hin versetzt ist, also der Zentralachse näher liegt als das Gehäuse-Mittelteil.
II. Zum Nichtigkeitsgrund nach Artikel II § 6 Absatz 1 Nr. 2 IntPatÜG Der Fachmann konnte zum Prioritätszeitpunkt die Lehre des Streitpatents auf Basis der Streitpatentschrift und seines Fachwissens ausführen.
Die Klägerin trägt vor, dass das Streitpatent die Erfindung nicht so deutlich offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen könne (vgl. auch Klageschriftsatz, Seite 2, zweiter Absatz). Sie stützt ihren diesbezüglichen Vortrag auf drei Argumentationslinien (vgl. auch Klageschriftsatz, Seiten 4 bis 6, Abschnitt III):
a) der Distanzring (20) könne sich nicht in der Montageebene des Antennenkerns (29) befinden (vgl. Klageschriftsatz, Seiten 4 bis 5, Abschnitt III.1),
b) dem Fachmann erschließe sich nicht, wo die Montageebene des Antennenkerns (29) liege (vgl. Klageschriftsatz, Seite 5, Abschnitt III.2), wobei die Klägerin in der mündlichen Verhandlung ihren Vortrag dahingehend präzisiert hat, es sei für den Fachmann nicht ersichtlich, auf welcher Höhe (in werksachsialer Richtung) der Antennenkern montiert werden solle und c) die Merkmale M5 und M5a würden dem Merkmal M5b widersprechen (vgl. Klageschriftsatz, Seiten 5 und 6, Abschnitt III.3).
Der Senat kann sich der Auffassung der Klägerin bezüglich einer nicht gegebenen Ausführbarkeit nicht anschließen.
Im Einzelnen:
zu a) und b): Das Streitpatent lehrt den Fachmann, dass der Antennenkern in einer Ebene quer zu einer Zentralachse des Uhrengehäuses angeordnet sein kann (vgl. Streitpatent, Patentanspruch 4). Diese Ebene erkennt der Fachmann somit als die Montageebene des Antennen-Kerns. Seine vorgenannte Erkenntnis findet der Fachmann in der Beschreibung des Ausführungsbeispiels des Streitpatentes bestätigt, indem dort ausgeführt wird: „Der (zu ergänzen: Antennenkern) kann, wie symbolisch skizziert, radial in Bezug auf das Zentrum des Uhrgehäuses 12 auf der Leiterplatte des Elektronikblockes 26 montiert sein; oder aber er ist, je nach den Platzerfordernissen für die übrigen elektrischen Bauelemente, gegenüber der skizzierten Darstellung um 90° aus der Zeichenebene heraus verschwenkt als Sekante in der Nähe des Außenumfangs des Uhrwerks 22 angeordnet.“ (vgl. Streitpatent, Sp. 4, Z. 1 bis 8). Eine konkrete Angabe zur Lage der Montageebene findet der Fachmann in der (einzigen) Zeichnung des Streitpatents.
Soweit die Klägerin vorträgt, dass eine Ebene (im mathematischen Sinn) keine Höhe habe, ist dem ebenso beizutreten, wie ihren Ausführungen, dass der Distanzring eine Höhe aufweise und somit aus der Montageebene „nach oben und unten hinaus“ ragen könne (vgl. Klageschrift, Seite 5, erster Absatz). Soweit sie jedoch hieraus folgert, dass der Distanzring sich nicht - in Übereinstimmung mit dem Merkmal M5b - in der Montageebene befinden könne, so kann dies nicht durchgreifen. Der Fachmann liest aus der Formulierung des Merkmals M5b im Zusammenhang des Patentgegenstandes zwanglos, dass sich der Distanzring auch (und eben nicht ausschließlich) in der Montagebene des Antennen-Kerns befindet. Dies gilt jedenfalls dann, wenn seine Haupterstreckungsrichtung parallel zu (oder in) dieser Ebene liegt und er diese Ebene (komplett) schneidet, denn dann verhindert der Distanzring eine Anordnung des Antennenkerns in unmittelbarer Nachbarschaft zum metallischen Zwischengehäuse, die es in dem Fachmann unmittelbar einsichtiger Weise zu vermeiden gilt (vgl. Streitpatent, Absätze [0002], [0007] und [0014]). Diese Annahme findet der Fachmann durch die Figur des Streitpatents bestätigt, die ihm eine konkrete anspruchsgemäße Ausführung vor Augen stellt. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass sich Patentschriften an Fachleute richten und daher nicht die Sicht des Semantikers, sondern die des Durchschnittsfachmanns entscheidend ist (vgl. BGH, Urteil vom 24. März 1998 - X ZR 39/95 - Leuchtstoff). Insoweit ist also nicht die sprachliche oder logisch-wissenschaftliche Bestimmung der in der Patentschrift verwendeten Begriffe entscheidend, sondern das Verständnis des unbefangenen Fachmanns (vgl. BGH, Urteil vom 2. März 1999 – X ZR 85/96 - Spannschraube).
zu c): Der hierzu gegebene Vortrag der Klägerin (vgl. Klageschriftsatz, Absatz III.3, insb. Seite 6 oben) kann nicht durchgreifen, denn die Zeichnung des Streitpatents zeigt eine Ausführungsform, welche die Merkmale M5, M5a und M5b gemeinsam erfüllt. Der Patentanspruch 1 verlangt nämlich in keiner Weise, dass der Distanzring überhaupt nur am Gehäuse-Mittelteil anliegt, er muss insoweit nur zwischen dem Gehäuse-Mittelteil und dem mit dem AntennenKern ausgestatteten Uhrwerk angeordnet sein, einen allseitigen Abstand vom Antennenkern zur Innenwandung des Gehäuse-Mittelteils gewährleisten und sich (auch) in der Montageebene des Antennen-Kerns befinden.
Alle drei Bedingungen erfüllt der Distanzring gemäß der Figur des Streitpatents sichtlich auch dort, wo er sich (über den Bodenring 15), nur indirekt am GehäuseMittelteil abstützt (d. h. in dem in der Anlage K10 rot gekennzeichneten Bereich).
Die Ausführbarkeit des mit dem Patentanspruch 1 beanspruchten Gegenstandes sieht der Senat daher als gegeben an.
III. Zum Nichtigkeitsgrund nach Artikel II § 6 Absatz 1 Nr. 3 IntPatÜG Die Klägerin trägt vor, der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gehe über den Inhalt der Anmeldung in der eingereichten Fassung hinaus (vgl. Klageschriftsatz, Abschnitt IV).
Die Begründung hierfür basiert auf der Annahme der Klägerin, der Offenlegungsschrift (vgl. Anlage K6) entnehme der Fachmann, dass der Abstand des Antennenkerns vom metallischen Gehäuse-Mittelteil mindestens 20 % des Innendurchmessers des Gehäuses betragen müsse, um eine funktionsfähige Funkarmbanduhr zu verwirklichen (vgl. Klageschriftsatz, Abschnitt IV, Seiten 6 bis 8). Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 sei infolgedessen unzulässig erweitert, da a) der Patentanspruch 1 keine Angabe über den radialen Abstand bzw. die Breite des Distanzrings enthalte, und somit auch - ursprünglich nicht offenbarte - Ausführungsformen mit nur minimalem Abstand des Antennenkerns vom metallischen Gehäuse-Mittelteil beansprucht seien (vgl. Klageschriftsatz, Abschnitt IV.1, Seite 8),
b) das Merkmal M5a nur von der Gewährleistung „eines allseitigen radialen Abstandes“ spreche, ursprünglich jedoch nur ein „nicht unerheblicher Abstand“ offenbart sei (vgl. Klageschriftsatz, Abschnitt IV.2, Seiten 8 und 9) und c) eine Anordnung des Distanzrings in der Montageebene nicht offenbart sei (vgl. Klageschriftsatz, Abschnitt IV.3, Seiten 9 und 10).
Alle drei Argumentationslinien überzeugen nicht.
Im Einzelnen:
zu a) und b) Mit dem ursprünglich angemeldeten Patentanspruch 4 (im Rückbezug auf den Patentanspruch 1) war ein Distanzring beliebiger Breite beansprucht und offenbart. Dieser Distanzring dient gemäß Absatz [0005] der Offenlegungsschrift „zur Gewährleistung des allseitigen radialen Abstandes vom Antennen-Kern zur Innenwandung des elektrisch leitenden Gehäuse-Mittelteils“. Damit ist ursprünglich jedenfalls auch ein insoweit nicht beschränkter Gegenstand offenbart und sogar beansprucht worden. Hieran ändert auch nichts, dass in Absatz [0004] von einem „nicht unerheblichen radialen Abstand“ die Rede ist und im Rahmen des Ausführungsbeispiels „typische“ Ausführungen beschrieben werden (vgl. Absatz [0012]), denn das Ausführungsbeispiel beschränkt nicht die allgemeine Lehre des o. g. ursprünglichen Patentanspruchs 4.
zu c) Hier kann auf die Begründung unter Abschnitt II dieses Urteils verwiesen werden.
Der Gegenstand des geltenden Patentanspruches 1 ist ursprünglich offenbart, da der Offenlegungsschrift (EP 1 067 442 A2) an den folgend in Klammern angegebenen Stellen alle seine Merkmale entnehmbar sind:
M1 Funkarmbanduhr (PA 1) M2 mit in ihr Gehäuse aufgenommener (PA 1) M2a magnetischer Langwellen-Antenne (PA 1) mit Antennen-Kern
(Absatz [0004]: Ferritstabantenne) und M2b Uhrwerk (Absatz [0005]), M3 wobei das Gehäuse zwischen seinem Uhrglas und einem Boden aus elektrisch nicht leitendem Material ein metallenes Gehäuse-Mittelteil aufweist (PA 1 i. V. m. Absatz [0005]), M4 dem gegenüber der Antennen-Kern radial in Bezug auf das Gehäuse zu dessen Zentrum hin versetzt ist (PA 1),
M5 ein Distanzring aus elektrisch nicht leitendem Material zwischen dem Gehäuse-Mittelteil und dem mit dem AntennenKern ausgestatteten Uhrwerk vorgesehen ist (PA 4 in Rückbezug auf PA 1 i. V. m. Absatz [0005])
M5a zur Gewährleistung eines allseitigen radialen Abstandes vom Antennen-Kern zur Innenwandung des Gehäuse-Mittelteils (Absatz [0005] i. V. m. PA 4 und Absatz [0010]: Distanzring aus elektrisch nicht leitendem Material),
M5b wobei sich der Distanzring in der Montageebene des Antennen-Kerns befindet (Figur).
Damit sind die Merkmale des einzig angegriffenen erteilten Patentanspruchs 1 in den ursprünglichen Unterlagen hinreichend offenbart.
IV. Zum Nichtigkeitsgrund nach Artikel II § 6 Absatz 1 Nr. 1 IntPatÜG
1. Der Gegenstand des erteilten Patents gilt als neu (Art. 54 EPÜ), denn keine der entgegengehaltenen Druckschriften offenbart eine Funkarmbanduhr mit allen Merkmalen des einzig angegriffenen erteilten Patentanspruchs 1. Auch steht die behauptet offenkundig vorbenutzte G…-Uhr der Neuheit nicht entgegen.
1.1 Ihren Neuheitsangriff stützt die Klägerin auf die Druckschrift E6.
Die Druckschrift E6 betrifft eine Funk-Armbanduhr (vgl. Sp. 1, Z. 1 - 5) mit in das Gehäuse aufgenommener Antenne (vgl. Fig. 3, BZ 19) mit Antennen-Kern (vgl. Fig. 3, BZ 19a) sowie einem Uhrwerk (die Druckschrift E6 bezeichnet das Uhrwerk als „timepiece module“, wie sich eindeutig aus Sp. 5, Z. 34 – 35, Sp. 9, Z. 23 - 29 und Fig. 7 ergibt).
Zwischen Uhrglas (Fig. 3, BZ 3) und einem Boden, dessen Material nicht spezifiziert wird, weist die Uhr nach der Druckschrift E6 ein metallisches Gehäuse-Mittelteil auf (vgl. Fig. 3, BZ 1 und Sp. 6, Z. 14 – 15; Merkmal M3tlw.). In radialer Sicht in Bezug auf das Gehäuse ist der Antennenkern (Fig. 3, BZ 19a) gegenüber dem Gehäuse-Mittelteil zum Zentrum des Gehäuses hin versetzt ist (vgl. Fig. 3; Merkmal M4).
Die Druckschrift E6 zeigt jedoch kein „mit dem Antennenkern ausgestattetes Uhrwerk“ (Merkmal M5). Denn gemäß der Lehre der Druckschrift E6 liegt die Antenne über dem Zifferblatt („dial 10“) und damit gerade nicht im Bereich des Uhrwerks (vgl. nur Sp. 9, Z. 37 – 42; Sp. 10, Z. 16 – 17, 27 – 34 und 48 – 53 sowie Sp. 11, Z. 17 – 28). An dieser Beurteilung ändert – entgegen dem Vortrag der Klägerin auch nichts, dass gemäß der Lehre der Druckschrift E6 das Uhrwerk letztlich als „Montageplattform“ der Antenne genutzt wird (vgl. Sp. 10, Z. 15 – 26), also eine mechanische Verbindung zwischen Uhrwerk und Antenne bzw. Antennenkern besteht. Denn ganz explizit lehrt die Druckschrift E6 dem Fachmann, dass es vorteilhaft ist, Antenne und Uhrwerk räumlich voneinander zu trennen und gegeneinander zu isolieren: „Further, positioning the antenna on the upper section of the dial, i. e., over the display section, ensures excellent radio signal characteristics. In addition, the installation of the antenna isolated from the timepiece module effectively reduces the influence of the various types of timepiece parts on the reception characteristics.“ (Sp. 11, Z. 22 – 28). Hiermit ist dem Fachmann unmittelbar und eindeutig mitgeteilt, dass das Uhrwerk (in der Sprache der Druckschrift E6 das „timepiece module“) gerade nicht mit einer Antenne ausgestattet wird, sondern dass die Antenne beabstandet und isoliert vom Uhrwerk über dem Zifferblatt angebracht wird und damit in einem Bereich, der nach dem Verständnis des Streitpatents nicht dem Uhrwerk zuzurechnen ist, denn nach der Lehre des Streitpatents begrenzt – in Übereinstimmung mit dem allgemeinen fachmännischen Verständnis – jedenfalls das Zifferblatt das Uhrwerk nach oben (vgl. oben unter II.2 und Streitpatent, Sp. 3, Z. 20 – 23).
Zudem kann die mit der Druckschrift E6 gelehrte Lünette (vgl. Fig. 3, Bezugszeichen 2 und Fig. 4 bzw. den Schriftsatz der Klägerin vom 21. Januar 2013, dort die Figur auf Seite 9, die Lünette ist dort rot eingefärbt), selbst wenn man in ihr, wie dies die Klägerin vorgetragen hat, neben ihrer Eigenschaft als Gehäuseteil, einen Distanzring erblicken will, keinen Beitrag zur Gewährleistung eines allseitigen radialen Abstands vom Antennen-Kern zur Innenwandung eines metallischen Gehäuse-Mittelteils (vgl. Fig. 3, Bezugszeichen 1 und Fig. 4 bzw. den Schriftsatz der Klägerin vom 21. Januar 2013, dort die Figur auf Seite 9, der metallische Gehäuse-Mittelteil ist dort grün eingefärbt) leisten. Denn die Antenne ist, wie oben ausgeführt, beabstandet auf dem Uhrwerk, welches als Montageplattform dient, verankert. Im Bereich des Uhrwerks jedoch, welches die Lage der – in axialer Sicht über dem Uhrwerk liegenden - Antenne in radialer Richtung bestimmt, liegen die Innenwandung der Lünette und des metallischen Gehäuse-Mittelteils in radialer Richtung auf gleichem Radius (wenigstens an einer Stelle, vgl. Fig. 3, Fig. 4 und Schriftsatz der Klägerin vom 21. Januar 2013, dort die Figur auf Seite 9, jeweils am rechten Rand). Die Lünette kann also in diesem Bereich nicht radial abstandswahrend dienen. Soweit die Lünette „darüber“ gegenüber dem metallischen Gehäuse-Mittelteil zur Zentralachse der Uhr hin vorspringt (vgl. ebenda), wird sie von keinem anderen Bauteil berührt, kann also auch hier keine distanzhaltende Funktion in radialer Richtung wahrnehmen. Das Merkmal M5a ist somit nicht realisiert.
1.2 Bezüglich der Druckschriften E1 bis E4 hat die Klägerin eine Neuheitsschädlichkeit nicht behauptet, sie ist für den Senat auch nicht ersichtlich.
Die Druckschriften E1 und E3 offenbaren lediglich nicht-metallische Gehäuse und verschweigen sich zu jeder Art von Distanzring. Gemäß der Lehre der Druckschrift E1 liegt zudem der Antennenkern unmittelbar am Gehäuseinneren an (vgl. dort Absätze [0008], [0013] und Patentanspruch 6). Die Druckschrift E2 verhält sich in keiner Weise zu einem Distanzring aus elektrisch nicht leitendem Material. Die Druckschrift E4 liegt weiter ab, sie beschreibt eine Antenne im Uhren-Armband, also gänzlich außerhalb des Gehäuses (vgl. dort Sp. 3, Z. 31 - 38 und Patentanspruch 1).
1.3 Die behauptet offenkundig vorbenutzte G…-Uhr weist – von der Klägerin un bestritten – kein metallenes Gehäuse-Mittelteil auf (Merkmal M3 nicht zur Gänze erfüllt).
2. Der Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit. Er ergab sich für den Fachmann zum Prioritätszeitpunkt nicht in nahe liegender Weise aus dem Stand der Technik.
Ihren Angriff bezüglich der erfinderischen Tätigkeit stützt die Klägerin wesentlich auf die Druckschriften E2 und E6 sowie die behauptet offenkundig vorbenutzte G…-Uhr.
2.1 Die Druckschrift E2 betrifft eine magnetische Antenne, insbesondere eine Langwellenantenne, für eine Armbanduhr, insbesondere für eine Funkarmbanduhr (vgl. Seite 1, erster Absatz und Patentanspruch 1). Die Druckschrift geht hierbei davon aus, dass derartige Antennen, auch in der Ausführung als kernbehaftete Antennen, bekannt seien, jedoch keine ausreichenden Empfangseigenschaften aufweisen würden, wenn sie in ein metallenes Umgehäuse eingesetzt werden würden, weshalb man auf Umgehäuse aus nichtleitendem Material angewiesen sei. Nachteilhaft sei bei den bekannten Ausführungsformen zudem der hohe Integrationsgrad der Uhren und ihrer Antenne, so dass ein Austausch nur der Antenne bzw. ein externen Abgleich einer Austauschantenne nicht möglich sei (vgl. Seite 1, zweiter Absatz).
Hiervon ausgehend, stellt sich die Druckschrift E2 die Aufgabe, eine Antenne anzugeben, welche auch zum Empfang von Langwellen-Zeitsendern geeignet sei und einfach an eine im Übrigen funktionsfertige Uhr appliziert und so wirtschaftlicher als separat funktionsgeprüftes Austauschteil zur Verfügung gestellt werden kann (vgl. Seite 1, letzter Absatz).
Gelöst sieht die Druckschrift E2 diese Aufgabe durch die kennzeichnenden Merkmale des Patentanspruchs 1, denen gemäß die Antennen-Spule an einem großflächigen und im Wesentlichen ebenen, am Gehäuse der Armbanduhr austauschbar befestigten Gehäuseteil ausgebildet ist (vgl. Seite 2, erster Absatz und Patentanspruch 1). Bei dem großflächigen und im Wesentlichen ebenen Gehäuseteil, das als Antennenträger dient, handelt es sich vorzugsweise (nicht zwingend) um den rückwärtigen, alternativ aber auch den sichtseitigen Abschluss eines Armbanduhrengehäuses, also entweder um seinen Boden oder um sein Uhrglas (vgl. Seite 2, zweiter Absatz).
Explizit verweist die Druckschrift E2 darauf, dass durch Verlagerung der Antenne in werksachsialer Richtung möglichst weit vom Mittelpunkt des Uhrgehäuses entfernt, nämlich in den Boden oder unter das Uhrglas, ein funktional ausreichender Abstand von den metallischen Teilen des Werkes und der Batterie gegeben ist (vgl. Seite 2, dritter Absatz). Auch das Umgehäuse selbst kann aus Metall bestehen, wenn nur ein radialer Mindestabstand zu einer koaxial dazu angeordneten kernlosen Spule gewahrt bleibt (vgl. ebenda). Im vorgenannten Fall einer Luftspule kann die Spule auf einem Spulenträger, selbsttragend oder als Dünnschicht-Leiterbahn realisiert sein. Im Falle einer mit einem Kern zur Verstärkung und Orientierung des magnetischen Hochfrequenzfeldes ausgestatteten Antennenspule liegt deren Spulenachse gemäß der Druckschrift E2 nicht konzentrisch zum Werk (also nicht achsparallel zur Zeigerwellenachse einer klassisch analog anzeigenden Uhr), sondern quer zur Werkachse, also parallel zur Hauptebene des Bodens bzw. des Uhrglases (vgl. Seite 2, vierter Absatz).
Die Figuren 1 bis 5 zeigen Ausführungsbeispiele einer magnetischen Langwellen-Antenne 10, bestehend aus einer Spule 15 auf einem Kern 14. In Fig. 1 ist gemäß der Druckschrift E2 der aus Kunststoff gespritzte, flach-topfförmige runde Gehäuse- oder Bodendeckel als Einheitsboden für ein beliebig berandetes Armbanduhrgehäuse skizziert (vgl. Seite 3, letzter Absatz i. V. m. den Figuren 1 bis 5). Die Antennenanordnung (Spule und Kern) ist hierbei jeweils am Gehäuseboden festgelegt (vgl. nur Seite 3, Z. 26 - 30; S. 4, Z. 5 - 9, 15 - 16 und 30 - 31), der Gehäuseboden wird auf das Uhrengehäuse aufgerastet (vgl. Seite 3, Z. 33 bis Seite 4, Z. 2).
Die Figuren 6 und 7 der Druckschrift E2 zeigen Ausführungsbeispiele für den Fall, dass die Empfangsbedingungen sehr günstig sind bzw. die Empfängerschaltung der Funkuhr sehr empfindlich ist (vgl. Seite 5, erster Absatz i. V. m. Figuren 6 und 7). Für diesen Fall muss die Antenne gemäß der Lehre der Druckschrift E2 nicht mit einem Kern ausgestattet sein, es reicht vielmehr eine einfache Luft-Spule möglichst großen Durchmessers aus, die im Bodendeckel oder unter dem Uhrglas, jeweils im Randbereich umlaufend, angeordnet sein kann. Dabei ist jedoch, wenn der Einsatz auch in einer Armbanduhr mit Metallgehäuse vorgesehen sein soll, zur Vermeidung zu starker dämpfender Einflüsse des Metalls, z. B. vom Innenrand der metallischen Einfassung des Uhrglases, ein gewisser Abstand einzuhalten, der in der Größenordnung der Ringbreite der Spule liegt (vgl. Seite 5, Z. 5 - 12). Die Luftspule ist am Uhrglas oder am Boden festgelegt (S. 5, Z. 14 - 20).
Zusammenfassend lehrt die Druckschrift E2, dass bei Verwendung eines „beliebig berandeten“ Gehäuses durchaus eine magnetische Langwellenantenne verwendbar ist. Konkret nennt die Druckschrift E2 für diesen Fall jedoch nur zwei Ausprägungen:
die Verwendung einer koaxial angeordneten kernlosen (Luft-)Spule (Seite 2, dritter Absatz und Fig. 6 und 7 samt zugehöriger Beschreibung)
die Verwendung einer parallel zu Boden bzw. Uhrglas angeordneten kernbehafteten Spule, festgelegt im Boden der Uhr (Seite 2, vierter Absatz und Fig. 1 bis 5 samt zugehöriger Beschreibung).
In beiden Fällen sind in den konkreten Beispielen die Antennenspulen - der Aufgabe der Druckschrift E2 folgend, eine Antenne anzugeben, welche als Austauschteil zur Verfügung gestellt werden kann -, welche jeweils leicht ausgetauscht werden können, am Uhrglas oder dem Boden festgelegt. Auch funktional sieht die Druckschrift E2 eine Lage der Antenne an Glas oder Boden als vorteilhaft an (vgl. S. 2, Z. 13 - 16).
Der Fachmann dürfte der E2 somit entnehmen:
M1 Eine Funkarmbanduhr M2 mit in ihr Gehäuse aufgenommener M2a magnetischer Langwellen-Antenne mit Antennen-Kern und M2b Uhrwerk, M3tlw wobei das Gehäuse zwischen seinem Uhrglas und einem Boden aus elektrisch nicht leitendem Material (hier: Kunststoff-Boden) ein „beliebig berandetes Armbanduhrgehäuse“ (S. 3, Z. 26) aufweist, M4 dem gegenüber der Antennen-Kern radial in Bezug auf das Gehäuse zu dessen Zentrum hin versetzt ist (vgl. Fig. 1, 3 und 4).
Ausgehend von der Lehre der Druckschrift E2 hatte der Fachmann keinen Grund für das Vorsehen eines Distanzrings, da der radiale Abstand zwischen Antenne und Gehäuse-Mittelteil bereits durch die Festlegung der Antenne am Boden bzw. am Uhrglas gewährleistet ist. Zudem bestand für den Fachmann keine Veranlassung, die Antenne in das Uhrwerk aufzunehmen, da dies der Intention der E2 widerspricht, ein Austauschteil bereitzustellen und eine Verlagerung in werksachsia- ler Richtung möglichst weit vom Mittelpunkt des Uhrgehäuses entfernt und in funktional ausreichendem Abstand zu metallischen Teilen des Werkes und der Batterie vorzusehen (vgl. dort S. 2, Z. 13 - 16). Der Fachmann hatte somit keinen Anlass, die Merkmale M5, M5a und M5b zu realisieren. Insoweit kann dahingestellt bleiben, ob der Fachmann unter einem beliebig berandeten Armbanduhrgehäuse auch ein solches mit einem metallischen Gehäuse-Mittelteil verstanden hätte.
2.2 Die behauptet offenkundig vorbenutzte G…-Uhr ist von der Klägerin unter Rückgriff auf die Fotoserie K16 bis K16e beschrieben worden. Die Bilder der Fotoserie K16 bis K16e widersprechen dem ersten Anschein nach nicht dem Vortrag der Klägerin.
Insoweit dürfte die abgebildete Uhr eine M1 Funkarmbanduhr sein M2 mit in ihr Gehäuse aufgenommener M2a magnetischer Langwellen-Antenne mit Antennen-Kern und M2b Uhrwerk, M4 deren Antennen-Kern radial in Bezug auf das Gehäuse zu dessen Zentrum hin versetzt ist.
Weiter ist erkennbar M5 ein Distanzring, wohl aus Kunststoff und somit aus elektrisch nicht leitendem Material, welcher zwischen dem Gehäuse-Mittelteil und dem mit dem Antennen-Kern ausgestatteten Uhrwerk vorgesehen ist.
M5a Dieser Distanzring gewährleistet wohl auch aufgrund seiner Anordnung einen allseitigen radialen Abstand vom Antennen-Kern zur Innenwandung des Gehäuse-Mittelteils.
M5b Auch dürfte sich der Distanzring in der Montageebene des Antennen-Kerns befinden.
Wie ausgeführt, ist auch nach dem Vortrag der Klägerin das Merkmal M3, demgemäß das Gehäuse zwischen seinem Uhrglas und einem Boden ein metallenes Gehäuse-Mittelteil aufweist, bei der abgebildeten Uhr nicht erfüllt.
Ausgehend von der behauptet offenkundig vorbenutzten G…-Uhr hatte der Fachmann zwar möglicherweise den Anlass, zur Weiterung der Modellvarianten über die Einsatzmöglichkeiten eines metallischen Gehäuse-Mittelteils nachzudenken. Er hätte zur Lösung dieser Aufgabe jedoch die Druckschrift E2 nicht herangezogen, da diese ja, anders als die G…-Uhr, von der Bereitstellung einer leicht austauschbaren Antenne ausgeht. Hätte er dennoch zur E2 gegriffen, so lehrte ihn diese, die Antenne in einer Verlagerung in werksachsialer Richtung, möglichst weit vom Mittelpunkt des Uhrgehäuses entfernt, an Boden oder Uhrglas anzubringen (vgl. dort nur S. 2, Z. 13 bis 16), führte also auch nicht zu dem angegriffenen Gegenstand.
2.3 Da die Lehre der Druckschrift E6 (wie oben ausführlich erläutert) den Fachmann explizit auf die Vorteile einer Anordnung hinweist, bei der das Uhrwerk gerade nicht mit einer Antenne ausgestattet, sondern die Antenne beabstandet und isoliert vom Uhrwerk über dem Zifferblatt angebracht wird, bietet sie dem Fachmann keinerlei Anlass, eine Ausstattung des Uhrwerks mit einer Antenne zu erwägen.
2.4 Die weiteren Druckschriften E1, E3 und E4 tragen in Bezug auf das Zugrundeliegen einer erfinderischen Tätigkeit nichts Zusätzliches bei und haben insoweit in der mündlichen Verhandlung auch keine Rolle gespielt. Zur Überzeugung des Senats kann auch jede beliebige weitere Zusammenschau des Standes der Technik den Fachmann nicht veranlassen, aus den dort aufgezeigten Möglichkeiten eine Funkarmbanduhr mit den beanspruchten Merkmalen zu entwickeln.
V.
Da, wie oben dargelegt, die behauptete offenkundige Vorbenutzung des Gegenstands des Streitpatents durch die Funkarmbanduhr Modell FU date 97-97 der Fir ma G… Uhren und Feinmechanik R… GmbH, auch in Zusammenschau mit anderem Stand der Technik, die Patentfähigkeit des Gegenstandes des Streitpatents in der angegriffenen Fassung des Patentanspruches 1 nicht gefährden könnte, war eine Beweiserhebung diesbezüglich nicht notwendig.
VI.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO, der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 709 ZPO.
Gutermuth Martens Gottstein Musiol Dr. Wollny Pü