V ZB 66/23
BUNDESGERICHTSHOF V ZB 66/23 BESCHLUSS vom 19. September 2024 in der Grundbuchsache ECLI:DE:BGH:2024:190924BVZB66.23.0 Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 19. September 2024 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Brückner, den Richter Dr. Göbel und die Richterinnen Haberkamp, Laube und Dr. Grau beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Beteiligten gegen den Beschluss des Kammergerichts - 1. Zivilsenat - vom 17. Oktober 2023 wird zurückgewiesen. Der Gegenstandswert wird auf 5.000 € festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Beteiligte ist Eigentümerin des im Eingang dieses Beschlusses bezeichneten bebauten Grundstücks, dessen Teilung gemäß § 8 WEG sie betreibt. Das Grundstück befindet sich im Geltungsbereich der auf der Grundlage von § 250 Abs. 1 Satz 3 BauGB erlassenen Berliner Umwandlungsverordnung vom 21. September 2021 (GVBl. 2021 S. 1175), die am 7. Oktober 2021 in Kraft getreten ist.
Im November 2020 erklärte die Beteiligte die Teilung in 51 Wohnungs- und drei Teileigentumseinheiten und beantragte Vollzug der Teilung im Grundbuch. Mit Zwischenverfügung vom 11. Mai 2021 wies das Grundbuchamt unter Setzung einer Frist von einem Monat auf das Fehlen der Abgeschlossenheitsbescheinigung hin; die Frist wurde sodann um weitere drei Monate verlängert. Eine erneute Fristverlängerung um drei Monate lehnte das Grundbuchamt ab.
Nach Fristablauf hat das Grundbuchamt den Antrag mit Beschluss vom 22. September 2021 zurückgewiesen. Der am 24. November 2022 unter Vorlage einer Abgeschlossenheitsbescheinigung vom 30. November 2021 eingelegten Beschwerde hat das Grundbuchamt mit Beschluss vom 1. Februar 2023 abgeholfen und den Zurückweisungsbeschluss aufgehoben, der Beteiligten zugleich aber unter erneuter Fristsetzung die Vorlage einer Genehmigung nach § 250 BauGB aufgegeben. Die gegen diesen Punkt des Beschlusses vom 1. Februar 2023 gerichtete Beschwerde der Beteiligten hat das Kammergericht zurückgewiesen. Dagegen wendet sich die Beteiligte mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde.
II.
Nach Ansicht des Beschwerdegerichts besteht das von dem Grundbuchamt beanstandete Eintragungshindernis. Nach dem zwischenzeitlichen Inkrafttreten der Berliner Umwandlungsverordnung bedürfe die Begründung von Wohnungseigentum einer Genehmigung nach § 250 Abs. 1 Satz 1 BauGB. Dem stehe § 878 BGB, der entsprechend auf Teilungserklärungen nach § 8 WEG anwendbar sei, nicht entgegen. Die durch § 878 BGB gewährte Rechtsposition bestehe von vorneherein nur mit der Einschränkung, dass der Antrag entweder vollzugsreif sei oder innerhalb mit Zwischenverfügung gesetzter angemessener Frist vollzugsreif werde. Mit der rechtmäßigen Zurückweisung des Eintragungsantrags ende die Schutzwirkung von § 878 BGB grundsätzlich, auch wenn die Zurückweisung aufgrund neuer Tatsachen aufgehoben werde; die Beschwerde sei insoweit wie ein neuer Antrag zu behandeln. Die von dem Grundbuchamt zu Recht geforderte Abgeschlossenheitsbescheinigung habe bei der Zurückweisung des Antrags im September 2021 nicht vorgelegen. Es habe auch kein Grund bestanden, die bereits einmal verlängerte Frist nochmals zu verlängern; das Grundbuchamt habe bereits berücksichtigt, dass die Behebung des Hindernisses nicht alleine von dem Willen der Beteiligten, sondern von behördlichen Entscheidungen abhänge. Gewöhnlich genüge eine Frist von drei Monaten für die Einholung bzw. Nachreichung einer Abgeschlossenheitsbescheinigung. Nach Ablauf der (verlängerten) Frist sei eine Behebung des Hindernisses in absehbarer Zeit nicht zu erwarten gewesen.
III.
Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.
1. Die Rechtsbeschwerde ist infolge der Zulassung nach § 78 Abs. 1 GBO statthaft und auch im Übrigen gemäß § 78 Abs. 3 GBO i.V.m. § 71 FamFG zulässig. Eine Zwischenverfügung kann mit der Beschwerde angegriffen werden. Folglich kann nach Zulassung auch Rechtsbeschwerde erhoben werden (vgl. Senat, Beschluss vom 21. März 2024 - V ZB 17/23, NJW 2024, 2042 Rn. 6 mwN).
2. Die Rechtsbeschwerde ist aber unbegründet. Die Zwischenverfügung, mit der das Grundbuchamt auf das Erfordernis einer Genehmigung nach § 250 BauGB hingewiesen hat, ist nicht zu beanstanden.
a) Gemäß § 250 Abs. 1 Satz 1 BauGB bedarf die Teilung bestehender Wohngebäude der Genehmigung, sofern die Landesregierung gemäß § 250 Abs. 1 Satz 3 BauGB durch Rechtsverordnung ein Gebiet mit angespanntem Wohnungsmarkt bestimmt hat und sich das Grundstück in dem Geltungsbereich der Verordnung befindet. Das ist hier der Fall. Das Grundbuchamt durfte die für den Vollzug der Teilung erforderliche Eintragung deshalb nur bei Nachweis der Genehmigung oder bei Vorlage eines Negativzeugnisses vornehmen (§ 250 Abs. 5 Satz 1 BauGB).
b) Die entsprechende Anwendung von § 878 BGB auf die Teilungserklärung des Grundstückseigentümers gemäß § 8 WEG führt zu keinem anderen Ergebnis (vgl. ausführlich Senat, Beschluss vom 21. März 2024 - V ZB 10/23, NJW 2024, 1875 Rn. 7 ff.). Denn die Beteiligte hat den Vollzugsantrag zwar zu einem Zeitpunkt gestellt, als der Vollzug der von ihr erklärten Teilung gemäß § 8 WEG mangels entsprechender Rechtsverordnung noch keiner Genehmigung nach § 250 Abs. 1 Satz 1 BauGB bedurfte, sie mithin insoweit in ihrer Verfügungsbefugnis noch nicht beschränkt war. Dem Antrag der Beteiligten war aber keine Abgeschlossenheitsbescheinigung beigefügt; nachgereicht hat die Beteiligte diese erst im Beschwerdeverfahren.
c) Jedenfalls Letzteres steht im Ergebnis der entsprechenden Anwendung von § 878 BGB entgegen.
aa) War die Zurückweisung des Eintragungsantrags rechtsfehlerfrei und wird der Beschluss lediglich aufgrund neuer Tatsachen aufgehoben, ist die nicht fristgebundene Grundbuchbeschwerde wie ein neuer Antrag zu behandeln und eine nach Stellung des Antrags auf Vollzug einer Teilungserklärung in Kraft getretene Umwandlungsverordnung im Sinne von § 250 Abs. 1 Satz 1, 3 BauGB zu beachten. Zur näheren Begründung wird auf den Beschluss des Senats vom 21. März 2024 (V ZB 10/23, NJW 2024, 1875 Rn. 12 ff.) verwiesen. Dies gilt unabhängig davon, ob - wie im Fall insolvenzbedingter Verfügungsbeschränkungen (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 17. Juni 1997 - XI ZR 119/96, BGHZ 136, 87) - Rechte Dritter betroffen sein können oder nicht; für solche Überlegungen ist im formalen Grundbuchverfahren kein Raum. Im Übrigen liegen Umwandlungsverordnungen nach § 250 BauGB und dem damit einhergehenden Genehmigungserfordernis entgegen der Rechtsbeschwerde durchaus Belange der Allgemeinheit, nämlich der Erhalt eines ausreichenden Angebots an bezahlbaren Mietwohnungen in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt zugrunde (vgl. BR-Drs. 19/24838 S. 32 „Baulandmobilisierungsgesetz").
bb) Hier war die Zurückweisung des Vollzugsantrags rechtsfehlerfrei und die Abhilfe ist nur erfolgt, weil die zunächst fehlende Abgeschlossenheitsbescheinigung im Beschwerdeverfahren nachgereicht worden ist. Die Beschwerde ist deshalb wie ein neuer Antrag zu behandeln, für den aufgrund des zwischenzeitlichen Inkrafttretens der Berliner Umwandlungsverordnung der Genehmigungsvorbehalt nach § 250 Abs. 5 Satz 1 BauGB gilt.
(1) Das Vorliegen der Abgeschlossenheitsbescheinigung ist Voraussetzung dafür, dass das Grundbuchamt die Begründung von Wohnungseigentum bzw. die Teilung durch den Eigentümer vollziehen darf (vgl. Senat, Beschluss vom 21. März 2024 - V ZB 10/23, NJW 2024, 1875 Rn. 20 mwN). Folglich steht eine - wie hier - fehlende Abgeschlossenheitsbescheinigung der Eintragung (zunächst) entgegen.
(2) Das Grundbuchamt durfte den Antrag jedenfalls nach Ablauf der mit der Zwischenverfügung gesetzten Frist zurückweisen.
(a) Gemäß § 18 Abs. 1 Satz 1 GBO hat das Grundbuchamt, wenn der beantragten Eintragung ein Hindernis entgegensteht, entweder den Antrag unter Angabe von Gründen zurückzuweisen oder dem Antragsteller eine angemessene Frist zur Hebung des Hindernisses zu bestimmen. Ist nach Ablauf der Frist die Hebung des Hindernisses nicht nachgewiesen, ist der Antrag zurückzuweisen
(§ 18 Abs. 1 Satz 2 GBO). Umgekehrt gilt, dass die Hebung eines Hindernisses nach Fristablauf, aber vor Bekanntmachung des zurückweisenden Beschlusses beachtlich ist. Erweist sich die gesetzte Frist als zu kurz und besteht Aussicht auf Hebung des Hindernisses, kann die Frist auf Antrag verlängert werden. Dabei kann hier dahinstehen, ob dem Grundbuchamt ein echtes, nach pflichtgemäßem Ermessen auszuübendes Wahlrecht zwischen Antragszurückweisung und Zwischenverfügung zusteht, wenn - behebbare - Eintragungsvoraussetzungen fehlen. Einigkeit besteht nämlich darüber, dass eine Zwischenverfügung zur Beibringung von fehlenden Unterlagen, insbesondere solchen, die erst in einem anderen Verwaltungsverfahren eingeholt werden müssen (hier: Abgeschlossenheitsbescheinigung), jedenfalls ermessensgerecht ist und dass der Antrag jedenfalls nach Ablauf einer mit der Zwischenverfügung gesetzten angemessenen Frist zurückgewiesen werden darf (vgl. zum Ganzen Senat, Beschluss vom 21. März 2024 - V ZB 10/23, NJW 2024, 1875 Rn. 22 f.).
(b) Ob die Frist angemessen war, beurteilt sich nach Sinn und Zweck von § 18 GBO. Die entsprechende Würdigung des Beschwerdegerichts ist im Rechtsbeschwerdeverfahren nur eingeschränkt überprüfbar (vgl. nur Senat, Beschluss vom 27. April 2023 - V ZB 58/22, NJW-RR 2023, 863 Rn. 23) und in diesem Rahmen nicht zu beanstanden.
(aa) Das Grundbuchamt hat Anträge mit der gebotenen Beschleunigung zu behandeln und in angemessener Zeit zu erledigen, nicht aber noch nicht vollziehbare Anträge und Unterlagen zwischenzulagern. Die Frist gemäß § 18 Abs. 1 Satz 1 GBO ist deshalb grundsätzlich danach zu bemessen, wie lange die Hebung des Hindernisses nach Grundbuchaktenlage in Anspruch nehmen wird. Die Zwischenverfügung soll ein einmal anhängig gewordenes Antragsverfahren geordnet voran und zu einem erfolgreichen gesetzeskonformen Abschluss führen.
Ist dagegen ersichtlich, dass eine Hebung des Hindernisses binnen angemessener Frist nicht möglich sein wird, steht das Hindernis einem unbehebbaren gleich und der Antrag ist zurückzuweisen (vgl. erneut Senat, Beschluss vom 21. März 2024 - V ZB 10/23, NJW 2024, 1875 Rn. 25 mwN).
(bb) Gemessen daran hält die Zurückweisung des Antrags zehn Monate nach Antragseingang und mehr als vier Monate nach dem Hinweis auf das Fehlen der Abgeschlossenheitsbescheinigung der eingeschränkten Prüfung im Rechtsbeschwerdeverfahren stand. Gegen die Annahme des Beschwerdegerichts, dass gewöhnlich eine Frist von mehr als vier Monaten für die Einholung bzw. Nachreichung einer Abgeschlossenheitsbescheinigung ausreicht, ist nichts zu erinnern. Bei dieser Sachlage stand der Eintragung zum Zeitpunkt der Zurückweisung des Antrags ein nicht binnen angemessener Frist behebbares Hindernis entgegen.
(cc) Soweit die Rechtsbeschwerde geltend macht, dass die Bescheinigung der Abgeschlossenheit wegen des Teilungsvolumens und des „allgemein bekannten Berliner Behördenchaos“ nach der Lebenserfahrung weit mehr als sechs Monate erfordere, blendet sie aus, dass die bekanntermaßen erforderliche Abgeschlossenheitsbescheinigung der notariell beurkundeten Teilungserklärung von November 2020 zufolge bei Stellung des Eintragungsantrags bereits beantragt worden war. Nach Grundbuchaktenlage war also schon bei Setzung der (ersten) Frist im Mai 2021 bereits ein halbes Jahr und bei Zurückweisung des Antrags fast ein ganzes Jahr vergangen.
(c) Eine grundsätzlich im Sinne von § 18 Abs. 1 Satz 1 GBO angemessene Frist ist auch nicht (weiter) zu verlängern, um den durch die Zurückweisung des Antrags bedingten Verlust einer grundsätzlich aus § 878 BGB folgenden Rechtsposition zu verhindern (vgl. Senat, Beschluss vom 21. März 2024 - V ZB 17/23,
NJW 2024, 2042 Rn. 16 mwN). Dies gilt auch dann, wenn dies, wie die Rechtsbeschwerde ausführt und was die Regel sein dürfte, nachteilige wirtschaftliche Auswirkungen haben mag. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde träfe das Grundbuchamt selbst dann keine besondere Schutzpflicht, wenn der Antragsteller sich der Gefahr wirtschaftlich nachteiliger Folgen seines Verhaltens bei Erledigung einer Zwischenverfügung mangels Kenntnis der Rechtslage nicht bewusst gewesen wäre. Abgesehen davon, dass hier nichts für eine entsprechende Unkenntnis beziehungsweise ein mangelndes Bewusstsein für nachteilige wirtschaftliche Folgen seitens der durch ihren Notar als Verfahrensbevollmächtigten vertretenen Beteiligten spricht, kommt es auf subjektive Umstände im formalen Grundbuchverfahren nicht an (vgl. Senat, Beschluss vom 21. März 2024 - V ZB 10/23, NJW 2024, 1875 Rn. 18).
IV.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (§ 22 Abs. 1 GNotKG). Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 36 Abs. 3 GNotKG.
Brückner Laube Göbel Grau Haberkamp Vorinstanzen: AG Kreuzberg, Entscheidung vom 01.02.2023 - 43 TV-6646-80 KG Berlin, Entscheidung vom 17.10.2023 - 1 W 283/23 -