19 W (pat) 16/17
BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 16/17 Verkündet am 26. Februar 2020
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BESCHLUSS In der Beschwerdesache betreffend das Patent 10 2007 062 515 …
ECLI:DE:BPatG:2020:260220B19Wpat16.17.0
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hat der 19. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 26. Februar 2020 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Ing. Kleinschmidt sowie der Richter Dipl.-Ing. J. Müller, Jacobi und Dipl.-Phys. Dr. Haupt beschlossen:
I. Die Beschwerde der Einsprechenden II wird zurückgewiesen. II. Die Beteiligten tragen ihre gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten, auch des Rechtsbeschwerdeverfahrens, selbst.
Gründe I
Auf die am 20. Dezember 2007 beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) eingegangene Patentanmeldung ist die Erteilung des nachgesuchten Patents mit der Nummer 10 2007 062 515 am 26. Januar 2012 veröffentlicht worden. Es trägt die Bezeichnung „Automatische Karusselltüranlage und Verfahren zum Betrieb einer automatischen Karusselltüranlage“.
Gegen das Patent hat die Einsprechende I mit Schreiben vom 25. April 2012, beim DPMA eingegangen am selben Tag, Einspruch erhoben mit der Begründung, der Gegenstand des Patents sei nicht neu oder beruhe zumindest nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Des Weiteren hat die Einsprechende II gegen das Patent mit Schreiben vom 26. April 2012, beim DPMA eingegangen am selben Tag, Einspruch erhoben mit der Begründung, dessen Gegenstand sei nicht ausreichend offenbart und weise darüber hinaus nicht die für eine Patenterteilung notwendige Neuheit auf bzw. beruhe nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Mit am Ende der Anhörung am 29. Oktober 2015 verkündetem Beschluss hat die Patentabteilung 1.33 das Patent mit Patentansprüchen 1 bis 11 gemäß Hilfsantrag 3 – überreicht in der Anhörung – beschränkt aufrechterhalten.
Gegen diesen Beschluss hat allein die Einsprechende II mit Schriftsatz vom 12. Januar 2016 Beschwerde eingelegt mit der Begründung, dem Patent mangele es auch in der aufrechterhaltenen Fassung an erfinderischer Tätigkeit.
Die Einsprechende I hat keine Beschwerde eingelegt, jedoch geltend gemacht, dass sie gleichwohl am Beschwerdeverfahrens zu beteiligen sei. Da das Einspruchsverfahren mit Einlegung der Beschwerde nicht beendet sei, könne sie ihre Stellung im Einspruchsverfahren und ihre Verfahrensbeteiligung sowie Postulationsfähigkeit im Beschwerdeverfahren nicht verloren haben.
Auf die mündliche Verhandlung vom 27. September 2017 hat der Senat die Einsprechende I aus dem Beschwerdeverfahren verwiesen, die Beschwerde der Einsprechenden II zurückgewiesen und hinsichtlich der Frage der notwendigen Beteiligung der nicht beschwerdeführenden Einsprechenden I an dem Einspruchsbeschwerdeverfahren die Rechtsbeschwerde zugelassen.
Auf die hierauf eingelegte Rechtsbeschwerde der Einsprechenden I hat der Bundesgerichtshof den Senatsbeschluss aufgehoben und die Sache zu anderweitiger Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Patentgericht zurückverwiesen (Beschluss vom 22. Oktober 2019 – X ZB 16/17, GRUR 2020, 110 – Karusselltüranlage).
Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass mehrere Einsprechende aus prozessrechtlichen Gründen im Einspruchsbeschwerdeverfahren notwendige Streitgenossen seien. Denn die Entscheidung im Einspruchs- oder Einspruchsbeschwerdeverfahren, mit der das Patent ganz oder teilweise widerrufen werde, könne nicht anders als eine klagestattgebende Entscheidung im Nichtigkeitsverfahren nur einheitlich ergehen. Dies habe zur Folge, dass auch ein Einsprechender, der nicht selbst Beschwerde eingelegt habe, am Einspruchsbeschwerdeverfahren zu beteiligen sei. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Entscheidung des Patentgerichts anders ausgefallen wäre, wenn das Patentgericht, wie geboten, auch die Einsprechende I am Beschwerdeverfahren beteiligt hätte.
Das Einspruchsbeschwerdeverfahren wurde unter Beteiligung der Einsprechenden I als notwendige Streitgenossin der Beschwerdeführerin fortgesetzt.
Die Einsprechende II beantragt,
den Beschluss der Patentabteilung 1.33 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 29. Oktober 2015 aufzuheben und das Patent 10 2007 062 515 in vollem Umfang zu widerrufen.
Die Einsprechende I stellt keinen Antrag.
Die Patentinhaberin beantragt,
die Beschwerde der Einsprechenden II zurückzuweisen,
hilfsweise das Patent 10 2007 062 515 unter Zurückweisung der weitergehenden Beschwerde der Einsprechenden II mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrecht zu erhalten:
Patentansprüche 1 bis 11 gemäß Hilfsantrag 1 vom 13. September 2017,
weiter hilfsweise, Patentansprüche 1 bis 11 gemäß Hilfsantrag 2 vom 13. September 2017,
Beschreibung und Zeichnungen zu den Hilfsanträgen jeweils wie erteilt.
Die von der Patentabteilung für bestandsfähig erachteten, unabhängigen Patentansprüche 1 und 9 lauten:
1. Automatische Karusselltüranlage mit mehreren um eine zentrale Drehachse gemeinsam drehbar gelagerten Karusselltürflügeln, mit einer Antriebseinrichtung zum Antrieb der Karusselltürflügel, und mit einer Bremseinrichtung zur Abbremsung der Bewegung der Karusselltürflügel, und mit einer Steuerungseinrichtung zur Ansteuerung der Antriebseinrichtung und der Bremseinrichtung, und wobei die Steuerungseinrichtung so ausgebildet ist, dass eine Prüfung der Bremseinrichtung durchführbar ist, dadurch gekennzeichnet, dass die Bremseinrichtung (16) eine stufenlos verstellbare Bremskraft aufweist, wobei die Steuerungseinrichtung (15) so ausgebildet ist, dass die Prüfung der Bremseinrichtung (16) während der Drehbewegung der Karusselltürflügel (2) durchführbar ist, wobei die Prüfung der Bremseinrichtung (16) folgende Schritte umfasst: - Ansteuerung eines Antriebsmotors (9) der Antriebseinrichtung (6) auf eine bestimmte Geschwindigkeit, - Messung des Motorstroms (IM) des Antriebsmotors (6) für diesen Betriebszustand, - Ansteuerung der Bremseinrichtung (16) auf eine relativ geringe Bremskraft, z. B. 20% der Maximalbremskraft, - Messung des Motorstroms (IM) des Antriebsmotors (6) für diesen Betriebszustand.
9. Verfahren zum Betrieb einer automatischen Karusselltüranlage nach dem Oberbegriff des Anspruchs 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Bremskraft der Bremseinrichtung (16) stufenlos verstellbar ist, wobei die Prüfung der Bremseinrichtung (16) folgende Schritte umfasst: - Ansteuerung eines Antriebsmotors (9) der Antriebseinrichtung (6) auf eine bestimmte Geschwindigkeit, - Messung des Motorstroms (IM) des Antriebsmotors (6) für diesen Betriebszustand, - Ansteuerung der Bremseinrichtung (16) auf eine relativ geringe Bremskraft, z. B. 20% der Maximalbremskraft, - Messung des Motorstroms (IM) des Antriebsmotors (6) für diesen Betriebszustand.
Zum Stand der Technik haben die Einsprechenden folgende Druckschriften genannt:
E1-1 E1-2 E1-3 E1-4 E1-5 E1-6 E1-7 DE 42 07 705 C1 DE 20 20085 000 163 U1 DE 90 00 881 U1 DE 202 19 720 U1 DE 10 2004 031 532 B3 DE 198 31 965 A1 US 4,530,183 E2-1 E2-2 E2-3 E2-4 E2-5 E2-6 E2-7 E2-8.1 E2-8.2 E2-8.3 E2-8.4 E2-8.5 E2-8.6 E2-8.7 E2-9 E2-10 E2-11 DE 20 2006 000 044 U1 DE 86 32 308 U1 DE 101 00 985 A1 DE 296 23 712 U1 DE 197 46 604 A1 DE 20 2005 000 163 U1
(= E1-2)
DE 42 07 705 C1
(= E1-1)
Operating Manual BLASI Automatic Doors Hardwarebeschreibung der Türsteuerung TA-4 Schaltplan Regelteil Source Code TA4 BLASI Kopie Rechnung Ausdruck aus Google-StreetView Interactive Map Tanaka building aus Google DE 100 62 228 A1 EP 1 354 694 A2 US 4,530,183
(= E1-7)
E2-12 E2-13 E2-14 E2-15 E2-16 GB 74 – 1914 DE 90 00 881 U1
(= E1-3)
Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften HVBG: Handlungsanleitung „Sicherheit von kraftbetätigten Karusselltüren“, August 2005 EP 1 223 290 A2 DE 100 05 758 A1 Bezüglich der weiteren Einzelheiten, insbesondere zum Wortlaut der auf die Patentansprüche 1 oder 9 rückbezogenen Patentansprüche in der von der Patentabteilung für bestandsfähig erachteten Fassung sowie zum Wortlaut der Hilfsanträge 1 und 2 vom 13. September 2017, wird auf die Akte verwiesen.
II.
1. Die Beschwerde des Einsprechenden II ist statthaft und auch sonst zulässig (§ 73 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 PatG, § 6 Abs. 1 Satz 1 PatKostG).
2. Die Beschwerde hat keinen Erfolg, sie war vielmehr als unbegründet zurückzuweisen.
2.1 Hintergrund der Erfindung ist zur Überzeugung des Senats die Notwendigkeit, Karusselltüren im Notfall, dazu gehört auch ein Spannungsausfall, sicher zum Stillstand bringen zu können. Dem Fachmann ist gegenwärtig, dass die Bewegung von Karusselltüren so schnell gestoppt werden muss, dass Personenschäden ausgeschlossen sind. Deshalb sind Sicherheitsbremsen vorgesehen, die beispielsweise elektromagnetisch gegen die Kraft von mechanischen Federn offen gehalten werden. Kommt ein Bremsbefehl oder fällt die Spannung aus, wird die Bremse durch die Federn geschlossen. Eine Einstellung der Bremskraft ist dabei üblicherweise nicht vorgesehen.
Damit das geforderte Schutzziel immer erreichbar ist, sind regelmäßige Sicherheitsüberprüfungen durchzuführen. Damit verbunden ist bei den üblichen Prüfungen, dass die Türanlage vorübergehend nicht regulär benutzbar ist, sondern gesperrt werden muss.
2.2 Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, eine Karusselltüranlage derart weiterzuentwickeln, dass eine Überprüfung der Bremseinrichtung ohne Behinderung der Drehbewegung der Karusselltürflügel möglich ist (Absatz 0004 der Streitpatentschrift).
2.3 Die Lösung dieses Problems obliegt nach Erkenntnis des Senats einem Diplomingenieur (FH) oder Bachelor der Fachrichtung Elektrotechnik mit Berufserfahrung in der Entwicklung von Steuerschaltungen für elektromotorisch angetriebene Türanlagen.
2.4 Die Lösung besteht in den Maßnahmen gemäß den Patentansprüchen 1 oder 9, die sich wie folgt gliedern lassen:
Patentanspruch 1:
A Automatische Karusselltüranlage mit mehreren um eine zentrale Drehachse gemeinsam drehbar gelagerten Karusselltürflügeln,
B mit einer Antriebseinrichtung zum Antrieb der Karusselltürflügel, und C mit einer Bremseinrichtung zur Abbremsung der Bewegung der Karusselltürflügel, und D mit einer Steuerungseinrichtung zur Ansteuerung der Antriebseinrichtung und der Bremseinrichtung, und D1 wobei die Steuerungseinrichtung so ausgebildet ist, dass eine Prüfung der Bremseinrichtung durchführbar ist,
dadurch gekennzeichnet,
E dass die Bremseinrichtung (16) eine stufenlos verstellbare Bremskraft aufweist,
F wobei die Steuerungseinrichtung (15) so ausgebildet ist, dass die Prüfung der Bremseinrichtung (16) während der Drehbewegung der Karusselltürflügel (2) durchführbar ist,
FA9 wobei die Prüfung der Bremseinrichtung (16) folgende Schritte umfasst: G1 - Ansteuerung eines Antriebsmotors (9) der Antriebseinrichtung (6) auf eine bestimmte Geschwindigkeit, G2 - Messung des Motorstroms (IM) des Antriebsmotors (6) für diesen Betriebszustand, G3 - Ansteuerung der Bremseinrichtung (16) auf eine relativ geringe Bremskraft, z. B. 20% der Maximalbremskraft, G4 - Messung des Motorstroms (IM) des Antriebsmotors (6) für diesen Betriebszustand.
Patentanspruch 9:
AA9 Verfahren zum Betrieb einer automatischen Karusselltüranlage nach dem Oberbegriff des Anspruchs 1,
dadurch gekennzeichnet, dass EA9 die Bremskraft der Bremseinrichtung (16) stufenlos verstellbar ist,
FA9 wobei die Prüfung der Bremseinrichtung (16) folgende Schritte umfasst: G1 - Ansteuerung eines Antriebsmotors (9) der Antriebseinrichtung (6) auf eine bestimmte Geschwindigkeit, G2 - Messung des Motorstroms (IM) des Antriebsmotors (6) für diesen Betriebszustand, G3 - Ansteuerung der Bremseinrichtung (16) auf eine relativ geringe Bremskraft, z. B. 20% der Maximalbremskraft, G4 - Messung des Motorstroms (IM) des Antriebsmotors (6) für diesen Betriebszustand.
3. Der Gegenstand des von der Patentinhaberin vorrangig verteidigten Patentanspruchs 1 gilt als neu und auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend:
3.1 Die Druckschrift DE 42 07 705 C1 (E2-7) offenbart im Hinblick auf die Erfindung nicht mehr als eine A Automatische Karusselltüranlage mit mehreren um eine zentrale Drehachse gemeinsam drehbar gelagerten Karusselltürflügeln (Patentanspruch 1),
B mit einer Antriebseinrichtung 2 zum Antrieb der Karusselltürflügel (Spalte 5, Zeile 45: „Motor (2)“), und C mit einer Bremseinrichtung zur Abbremsung der Bewegung der Karusselltürflügel (Spalte 5, Zeilen 65 bis 68), und D mit einer Steuerungseinrichtung 5 zur Ansteuerung der Antriebseinrichtung und der Bremseinrichtung (Spalte 1, Zeilen 62 bis 67; Figur 2 i. V. m. Spalte 6, Zeile 60 bis Spalte 8, Zeile 65: „programmierbare Steuerung 5“), und D1 wobei die Steuerungseinrichtung so ausgebildet ist, dass eine Prüfung der Bremseinrichtung durchführbar ist (Spalte 8, Zeilen 6 bis 13; 21 bis 23),
In der Druckschrift E2-7 ist zwar noch erwähnt, dass überprüft wird, ob die Bremse eingelegt ist (Spalte 8, Zeilen 11 bis 13) und auch, dass dem Betreiber mitgeteilt wird, wenn ein Fehler im Bereich der Bremse eingetreten ist. Somit ist auch das Merkmal F durch die Entgegenhaltung E2-7 vorweggenommen,
F wobei die Steuerungseinrichtung so ausgebildet ist, dass die Prüfung der Bremseinrichtung während der Drehbewegung der Karusselltürflügel durchführbar ist.
Der Fachmann entnimmt der Druckschrift E2-7 jedoch nicht, dass die Bremskraft der dortigen Bremseinrichtung verstellbar sein könnte. Vielmehr wird die Drehzahl des Antriebsmotors üblicherweise über einen Frequenzumrichter geregelt (Spalte 1, Zeilen 30 bis 34). Falls die damit erreichbare Verzögerung nicht ausreicht, kommen die (zusätzlichen) Bremselemente zum Einsatz (Spalte 1, Zeilen 62 bis 67). Dabei denkt der Fachmann nach Überzeugung des Senats an eine Notbremsung („innerhalb kürzester Zeit“), so dass kein Anlass erkennbar ist, die Bremskraft stufenlos zu verstellen.
Somit unterscheidet sich der Gegenstand des Patentanspruchs 1 schon durch das Merkmal E dass die Bremseinrichtung eine stufenlos verstellbare Bremskraft aufweist.
Außerdem ist der Druckschrift E2-7 nichts darüber zu entnehmen, wie Fehlfunktionen der Bremse erkannt werden und im Übrigen auch nicht, wie überprüft wird, ob die Bremse eingelegt ist, sodass auch die Merkmale FA9 wobei die Prüfung der Bremseinrichtung (16) folgende Schritte umfasst: G1 - Ansteuerung eines Antriebsmotors (9) der Antriebseinrichtung (6) auf eine bestimmte Geschwindigkeit, G2 - Messung des Motorstroms (IM) des Antriebsmotors (6) für diesen Betriebszustand, G3 - Ansteuerung der Bremseinrichtung (16) auf eine relativ geringe Bremskraft, z. B. 20% der Maximalbremskraft, G4 - Messung des Motorstroms (IM) des Antriebsmotors (6) für diesen Betriebszustand,
dieser Druckschrift nicht zu entnehmen sind.
3.2 Den weiteren von der Einsprechenden II in Bezug genommenen Druckschriften kann der Fachmann keine Anregung entnehmen, die ihn bei einer gattungsgemäßen Karusselltüranlage zu einer Vorgehensweise entsprechend den Merkmalen G1 bis G4 führen würde.
a) Insbesondere ist aus der Druckschrift DE 100 62 228 A1 (E2-9) zwar ein Verfahren zum Überprüfen einer Bremseinrichtung während des Betriebs eines Motors bekannt, wobei ähnliche Anforderungen gestellt sind wie bei einer Karusselltür (Absätze 0001 und 0002). Hierbei wird entsprechend den Merkmalen G1, G2 sowie G4 vorgegangen (Absatz 0016, Patentansprüche 1 und 2), anders als im Merkmal G3 angegeben, wird dabei aber nicht mit einer relativ geringen Bremskraft gebremst,
sondern mit voller Bremskraft, wenn auch nur für einen kurzen, begrenzten Zeitraum (Absätze 0015 bis 0017; Patentansprüche 1 bis 3).
Daher gelangte der Fachmann für Türsteuerungen nicht zum Gegenstand des Patentanspruchs 1, selbst wenn er das Verfahren gemäß der Druckschrift E2-9 bei der aus der Druckschrift E2-7 bekannten Karusselltüranlage angewandt hätte.
aa) Die von der beschwerdeführenden Einsprechenden II vorgetragene Auslegung der Druckschrift E2-9, wonach durch die in Spalte 4, Zeilen 21 bis 24 erwähnte Reduzierung der Bremslösespannung auch der Verfahrensschritt gemäß Merkmal G3 vorweggenommen sei, beruht nach Erkenntnis des Senats auf einer rückschauenden Betrachtung in Kenntnis der Erfindung.
So ist aus der Druckschrift E2-9 kein Anlass erkennbar, aus dem der Fachmann in Betracht gezogen hätte, zusätzlich zu der in dem dortigen Patentanspruch 1 beanspruchten Vorgehensweise die Bremse dadurch zu prüfen, dass sie für kurze Zeit zum Einfallen gebracht wird, dies zusätzlich oder alternativ mit reduzierter Bremskraft zu tun.
Außerdem ist zu der in Rede stehende Aussage die Wirkung genannt, dass die Bremse einfällt. Letzteres versteht der Fachmann nicht anders, als dass die Bremse ihre ganze Wirkung entfaltet. Folglich versteht der Fachmann unter der Reduzierung der Lösespannung deren Verringerung bis zu einem Zustand, in dem das Feld eines Permanentmagneten nicht mehr kompensiert wird und die Bremse durch Federkraft geöffnet wird (siehe auch Spalte 2, Zeilen 49 bis 51). Selbst wenn die Bremslösespannung nicht vollständig auf Null reduziert würde, hätte das im Übrigen nicht zur Folge, dass gezielt mit einer relativ geringen Bremskraft gebremst würde, insbesondere würde sich mit wachsendem Abstand der Bremsscheibe vom Haltemagneten kein Gleichgewicht einstellen, das mit einer einstellbaren reduzierten Bremskraft gleichzusetzen wäre. Nach dem Wortlaut der Druckschrift E2-9 fällt die Bremse sowohl bei reduzierter als auch bei abgeschalteter Lösespannung UBr ein (Spalte 4, Zeilen21 bis 24).
bb) Auch die Bezugnahme der Einsprechenden II auf die Figur 3 der Druckschrift E2-9, wonach die Schaltstufe 29 mit dem Schaltsymbol des Verstärkers wiedergegeben ist, führt zu keiner anderen Beurteilung, da zum einen in der Druckschrift E2-9 zwischen dem Leistungsverstärker mit der Bezugsziffer 26 und der Schaltstufe 29 unterschieden wird, obwohl beide mit dem gleichen Symbol dargestellt sind; zum anderen ist dem Fachmann gegenwärtig, dass es Verstärkerschaltungen sowohl als Analog-Verstärker als auch in Form von Schaltverstärkern gibt, wobei letztere an ihrem Ausgang lediglich zwei Zustände einnehmen. Daher hat der Fachmann aufgrund der zeichnerischen Darstellung in der Figur 3 der Druckschrift E2-9 keinen Anlass, in Verbindung mit der zugehörigen Beschreibung in der Schaltstufe 29 einen Digital-/Analog-Wandler oder eine anderweitige stufenlos oder vielstufige wirkende Schaltung zu sehen.
cc) Zudem kann der Fachmann der Druckschrift E2-9 nicht entnehmen, dass die dortige Vorgehensweise, die Bremse jeweils nur kurzzeitig zum Einfallen zu bringen, die Wirkung hätte, dass sich bezogen auf die maximal mögliche Bremskraft eine relativ geringe Bremskraft einstellt. Vielmehr ist das kurzeitige (Spalte 3, Zeilen 21 und 22: „wenige Zehntel Sekunden“) Einfallen der Bremse gemäß der Druckschrift E2-9 eine vollständige alternative Lösung zur streitpatentgemäßen Bremsung mit relativ geringer Bremskraft über einen längeren Zeitraum, jeweils um eine Prüfung der Bremseinrichtung während der Drehbewegung zu ermöglichen (Merkmal F). Für den Fachmann bräuchte es somit einen eindeutigen Hinweis um ausgehend von der Druckschrift E2-9, die Bremskraft planmäßig auf einen relativ geringen (Soll-)Wert einzustellen, um bei konstanter Drehzahl des Antriebsmotors den dann sich einstellenden Motorstrom zu messen, um zur Lehre des Streitpatents zu gelangen.
b) In der von der Einsprechenden II noch besonders hervorgehobenen Druckschrift DE 100 05 758 A1 (E2-16) mögen zwar Zusammenhänge zwischen Motorströmen und Bremskräften genannt sein, die dazu genutzt werden, den Verschleißzustand von Bremsbelägen zu bestimmen, jedoch ist auch in dieser Druckschrift nicht angeregt, die dem Drehmoment eines Antriebsmotors entgegenwirkende Bremskraft dazu gezielt auf einen relativ niedrigen Wert einzustellen. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 wird dem Fachmann deshalb ausgehend von der Druckschrift E2-7 nicht durch die Druckschrift E2-16 nahegelegt.
c) Die weiteren von den Einsprechenden dem Streitgegenstand entgegengehaltenen Druckschriften liegen noch weiter von diesem ab, als die Druckschriften E2-7, E2-9 und E2-16, da sie die Überprüfung der Bremseinrichtung an einer Karusselltür überhaupt nicht thematisieren. Soweit in der Druckschrift EP 1 354 694 A2 (E2-10) die Überwachung einer Bremse an einer von einem Motor angetriebenen Spindel offenbart ist, geschieht dies jedenfalls nicht durch die Einstellung einer relativ geringen Bremskraft.
Die Einsprechenden haben diese Druckschriften in der mündlichen Verhandlung nicht mehr als die Patentfähigkeit infrage stellend geltend gemacht.
4. Für den nebengeordneten Verfahrensanspruch 9 gelten die vorstehenden Ausführungen zum Patentanspruch 1 gleichermaßen.
Somit war die Beschwerde der Einsprechenden II zurückzuweisen.
5. Die Entscheidung über die Kosten auch des Rechtsbeschwerdeverfahrens ergibt sich aus §§ 80, 109 PatG. Billigkeitsgesichtspunkte für eine andere Kostenverteilung sind nicht ersichtlich und auch nicht geltend gemacht.
Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss steht den an dem Beschwerdeverfahren Beteiligten das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu (§ 99 Abs. 2, § 100 Abs. 1, § 101 Abs. 1 PatG).
Nachdem der Beschwerdesenat in dem Beschluss die Einlegung der Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist die Rechtsbeschwerde nur statthaft, wenn einer der nachfolgenden Verfahrensmängel durch substantiierten Vortrag gerügt wird (§ 100 Abs. 3 PatG):
1. Das beschließende Gericht war nicht vorschriftsmäßig besetzt. 2. Bei dem Beschluss hat ein Richter mitgewirkt, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war. 3. Einem Beteiligten war das rechtliche Gehör versagt. 4. Ein Beteiligter war im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat. 5. Der Beschluss ist aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind. 6. Der Beschluss ist nicht mit Gründen versehen.
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe, schriftlich einzulegen (§ 102 Abs. 1 PatG).
Die Rechtsbeschwerde kann auch als elektronisches Dokument, das mit einer qualifizierten oder fortgeschrittenen elektronischen Signatur zu versehen ist, durch Übertragung in die elektronische Poststelle des Bundesgerichtshofes eingelegt werden (§ 125a Abs. 3 Nr. 1 PatG i. V. m. § 1, § 2 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, Abs. 2a, Anlage (zu § 1) Nr. 6 der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesgerichtshof und Bundespatentgericht (BGH/BPatGERVV)). Die elektronische Poststelle ist über die auf der Internetseite des Bundesgerichtshofes www.bundesgerichtshof.de/erv.html bezeichneten Kommunikationswege erreichbar (§ 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGH/BPatGERVV). Dort sind auch die Einzelheiten zu den Betriebsvoraussetzungen bekanntgegeben (§ 3 BGH/BPatGERVV).
Die Rechtsbeschwerde muss durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten des Rechtsbeschwerdeführers eingelegt werden (§ 102 Abs. 5 Satz 1 PatG).
Kleinschmidt J. Müller Jacobi Dr. Haupt prö