19 W (pat) 7/19
BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 7/19 Verkündet am 23. Oktober 2019
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BESCHLUSS In der Beschwerdesache betreffend das Patent 10 2011 018 705 …
ECLI:DE:BPatG:2019:231019B19Wpat7.19.0 hat der 19. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 23. Oktober 2019 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Ing. Kleinschmidt, der Richterin Kirschneck sowie der Richter Dipl.-Phys. Dr. Haupt und Dipl.-Ing. Tischler beschlossen:
1. Auf die Beschwerde der Einsprechenden wird der Beschluss der Patentabteilung 1.14 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 22. November 2016 aufgehoben und das Patent 10 2011 018 705 mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrechterhalten:
Patentansprüche 1 bis 9, überreicht in der mündlichen Verhandlung am 23. Oktober 2019,
Beschreibung, Blatt 2/10 bis 7/10, überreicht in der mündlichen Verhandlung am 23. Oktober 2019,
Figuren 1 und 2 gemäß Patentschrift.
2. Die weitergehende Beschwerde der Einsprechenden wird zurückgewiesen.
Gründe I.
Auf die am 26. April 2011 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereichte Patentanmeldung ist das nachgesuchte Patent mit der Nummer 10 2011 018 705 erteilt und die Erteilung am 13. Februar 2014 veröffentlicht worden.
Es trägt die Bezeichnung „Verfahren zur Regelung des Walzenspaltdrucks einer Rollenpresse und Rollenpresse“.
Gegen das Patent hat die Einsprechende mit Schriftsatz vom 12. November 2014, eingegangen beim Deutschen Patent- und Markenamt am gleichen Tag, Einspruch erhoben und beantragt, das Patent vollständig zu widerrufen. Sie hat sinngemäß geltend gemacht, dass der Gegenstand des Patents nach den §§ 1 bis 5 PatG nicht patentfähig sei (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG).
Zum Stand der Technik hat die Einsprechende auf die folgenden Druckschriften verwiesen:
D1 DE 44 14 366 A1 D2 FR 2 692 171 A1 D3 DE 10 2005 040 978 A1 D4 DE 36 21 400 A1 Mit am Ende einer Anhörung am 22. November 2016 verkündetem Beschluss hat das Deutsche Patent- und Markenamt – Patentabteilung 1.14 – das Patent beschränkt aufrechterhalten.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Einsprechenden vom 12. Januar 2017. Die Beschwerdeführerin macht mit der Beschwerde in Hinblick auf die beschränkt aufrechterhaltenen Ansprüche zusätzlich die Widerrufsgründe geltend, dass das Patent die Erfindung nicht so deutlich und vollständig offenbare, dass ein Fachmann sie ausführen kann (§ 21 Abs. 1 Nr. 2 PatG) und der Gegenstand des Patents über den Inhalt der Anmeldung in der Fassung hinausginge, in der sie bei der für die Einreichung der Anmeldung zuständigen Behörde ursprünglich eingereicht worden ist (§ 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG).
Die Einsprechende beantragt,
den Beschluss der Patentabteilung 1.14 des Deutschen Patentund Markenamts vom 22. November 2016 aufzuheben und das Patent 10 2011 018 705 zu widerrufen.
Die Patentinhaberin beantragt,
unter Zurückweisung der weitergehenden Beschwerde der Einsprechenden,
das angegriffene Patent mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrechtzuerhalten:
Patentansprüche 1 bis 9, überreicht in der mündlichen Verhandlung am 23. Oktober 2019,
Beschreibung, Blatt 2/10 bis 7/10, überreicht in der mündlichen Verhandlung am 23. Oktober 2019,
Figuren 1 und 2 gemäß Patentschrift.
Der Patentanspruch 1 und der diesem nebengeordnete Patentanspruch 7 lauten in der nach Antrag vom 23. Oktober 2019 geltenden Fassung wie folgt:
1. Verfahren zur Regelung des Walzenspaltdrucks einer Rollenpresse,
gekennzeichnet durch das Regeln in Abhängigkeit von mehr als einer an der Rollenpresse gemessenen Schwingungsbewegung,
wobei als Messgrößen in der Regelstrecke die Frequenz und die Amplitude verwendet werden, wobei die Regelung in Abhängigkeit eines Linearfaktors einer Schwingungsmode bei der Messung von mehr als einer Schwingungsbewegung vorgenommen wird.
7. Rollenpresse mit zwei gegenläufig betriebenen Walzen, aufweisend eine Regelungsvorrichtung zur Regelung des Walzenspaltdrucks,
dadurch gekennzeichnet, dass als Regelstrecke die Rückkopplung mehr als einer an der Rollenpresse gemessenen Schwingung zum dazu korrespondierenden Walzenspaltdruck vorgesehen ist, wobei als Messgrößen in der Regelstrecke die Frequenz und die Amplitude der Schwingung verwendet werden, wobei die Regelung in Abhängigkeit eines Linearfaktors einer Schwingungsmode bei der Messung von mehr als einer Schwingungsbewegung vorgenommen wird.
Zum Wortlaut der sonstigen Ansprüche und wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
1. Die Beschwerde der Einsprechenden ist statthaft und auch sonst zulässig (§ 73 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 PatG, § 6 Abs. 1 Satz 1 PatKostG). Sie hat auch insoweit Erfolg, als sie zur Aufhebung des Beschlusses der Patentabteilung 1.14 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 22. November 2016 und zur beschränkten Aufrechterhaltung des Patents gemäß Antrag vom 23. Oktober 2019 führt.
2. Der Einspruch ist zulässig (§ 59 Abs. 1 PatG), insbesondere ist er fristgerecht eingegangen sowie ausreichend substantiiert.
3. Das Patent betrifft ein Verfahren zur Regelung des Walzenspaltdrucks einer Rollenpresse und eine dazu korrespondierende Rollenpresse (Beschreibung vom 23. Oktober 2019, Absatz 0001).
Nach den Angaben in der Streitpatentschrift würden zur Zerkleinerung oder Kompaktierung von körnigem Gut häufig Rollenpressen verwendet, welche aus zwei gegenläufigen, in der Regel gleich großen, drehbar gelagerten Walzen bestünden, die mit gleicher Umfangsgeschwindigkeit umliefen und zwischen denen sich ein schmaler Walzenspalt bilde. Durch diesen Walzenspalt werde das zu zerkleinernde oder zu kompaktierende Gut gezogen, wobei das körnige Gut unter dem hohen Druck, der im Walzenspalt herrsche, zerkleinert oder verdichtet werde (Absatz 0002).
Zum Hintergrund wird ausgeführt, dass es neben dem Druck im Walzenspalt bei der Hochdruckzerkleinerung für eine optimale, energie- und abnutzungsarme Zerkleinerung auf eine Mehrzahl von einzuhaltenden Parametern in der eingesetzten Rollenpresse ankäme. Aufgrund verschiedener Ursachen könne eine Vielzahl von unterschiedlichen mechanischen Schwingungsbewegungen bzw. Vibrationen auftreten, wodurch trotz inhärenter mechanischer Dämpfung die Rollenpresse nicht mehr energieeffizient arbeite, darüber hinaus mechanisch stark belastet werde und sogar schwere Schäden an den Lagern, den Walzenoberflächen und anderen Bauteilen der Rollenpresse als Ganzes entstehen könnten (Absätze 0003 bis 0010).
Um die Ausbildung von mechanischen Schwingungsbewegungen in der Rollenpresse zu vermeiden oder gar zu verhindern, seien neben einer Regelung der Frischgut-Aufgabemenge pro Zeiteinheit, welche den Nachteil einer langen Nachlaufzeit habe, im Stand der Technik Maßnahmen bekannt, welche durch Messung und Anpassung der Breite des Austrittsspalts mittels Heben oder Senken des Kegels eines Kegelbrechers ungleichmäßige Rotationen, die den Kegel beschädigen können, vermeiden würden, oder mit Hilfe eines akustischen Sensors in der Trommel eine Trommelmühle zu starke Belastungen der Trommel, z. B. durch felsartiges Gestein, detektieren könnten, oder mit einem Mikrofon und einer Auswertung des Frequenzspektrums von im Walzenstuhl auftretenden Geräuschen bedrohliche Betriebszustände, z. B. Schlupf, in Walzenstühlen überwacht würden. Allerdings sei in diesem Stand der Technik nicht offenbart, wie diese unerwünschten Betriebszustände vermieden oder eliminiert werden könnten (Absätze 0011 bis 0015).
Der Erfindung liegt daher nach Erkenntnis des Senats die Aufgabe zugrunde, eine gattungsgemäße Rollenpresse so zu betreiben, dass unerwünschte mechanische Schwingungsbewegungen reduziert oder eliminiert werden (Absatz 0016).
3.1 Diese Aufgabe wird durch das Verfahren des geltenden Patentanspruchs 1 gelöst, der sich wie folgt gliedern lässt:
Verfahren zur Regelung des Walzenspaltdrucks einer Rollenpresse, gekennzeichnet durch
1.1 das Regeln in Abhängigkeit von mehr als einer an der Rollenpresse gemessenen Schwingungsbewegung,
1.2 wobei als Messgrößen in der Regelstrecke die Frequenz und die Amplitude verwendet werden,
1.3 wobei die Regelung in Abhängigkeit eines Linearfaktors einer Schwingungsmode bei der Messung von mehr als einer Schwingungsbewegung vorgenommen wird.
Der nebengeordnete geltende Anspruch 7 lautet mit Merkmalsgliederung:
Rollenpresse 7.1 mit zwei gegenläufig betriebenen Walzen, 7.2 aufweisend eine Regelungsvorrichtung zur Regelung des Walzenspaltdrucks, dadurch gekennzeichnet, dass 7.3 als Regelstrecke die Rückkopplung mehr als einer an der Rollenpresse gemessenen Schwingung zum dazu korrespondierenden Walzenspaltdruck vorgesehen ist, 7.4 wobei als Messgrößen in der Regelstrecke die Frequenz und die Amplitude der Schwingung verwendet werden, 7.5 wobei die Regelung in Abhängigkeit eines Linearfaktors einer Schwingungsmode bei der Messung von mehr als einer Schwingungsbewegung vorgenommen wird.
3.2 Als Fachmann legt der Senat seiner Entscheidung einen Diplom-Ingenieur des Maschinenbaus mit Fachhochschulabschluss bzw. einen Absolventen eines entsprechenden Bachelor-Studienganges, der mit der Konstruktion oder Entwicklung von Rollen- bzw. Walzenpressen, insbesondere auf dem Gebiet der Hochdruckzerkleinerung, befasst ist und über mehrere Jahre Berufserfahrung verfügt, zu Grunde.
3.3 Mehrere Angaben in den geltenden nebengeordneten Patentansprüchen bedürfen der Erläuterung:
3.3.1 „Rollenpresse“ (Merkmale 1, 1.1; 7, 7.3)
Eine Rollenpresse, die synonym auch als Gutbett-Walzenmühle bezeichnet wird, besteht aus zwei gleich großen Walzen, die mit gleicher Umfangsgeschwindigkeit gegenläufig rotieren, wobei die Gutzufuhr derart erfolgt, dass ein sogenanntes Materialbett zwischen den zwei Walzen entsteht. Die Lagersteine mindestens einer Walze sind linear verschiebbar gelagert und werden mit Federn oder hydraulischen Druckzylindern gegen das Materialbett gedrückt. Die Drücke im Materialbett betragen üblicherweise einige Hundert Megapascal, wodurch die Partikel effektiv geschwächt und/oder zerkleinert werden, dadurch auf einen deutlich höheren Feststoffvolumenanteil verdichtet und im Anschluss leichter fein gemahlen werden können.
Die nachfolgend wiedergegebene Figur 1 der Streitpatentschrift mit Anmerkungen des Senats zeigt exemplarisch den Aufbau und die für die Gegenstände der nebengeordneten Patentansprüche 1 und 7 wesentlichen Komponenten einer Rollenpresse anhand des Ausführungsbeispiels gemäß dem Streitpatent.
Figur 1 der Streitpatentschrift mit Ergänzungen durch den Senat
3.3.2 „Walzenspaltdruck“ (Merkmale 1; 7.2, 7.3) Unter dem Walzenspaltdruck versteht der Fachmann den Druck, der im sogenannten Gutbett zwischen dem Material und den beiden Walzen entsteht und vom Hydrauliksystem erzeugt wird (Absatz 0022: „Messung des zeitlichen Verlaufs des Drucks im den Walzenspaltdruck erzeugenden Hydrauliksystem … die Variation des Drucks in dem den Walzenspaltdruck erzeugenden Hydrauliksystem.“). Ohne das zu zerkleinernde oder zu kompaktierende Gut ist dieser Druck gleich Null, da die Walzen dann nicht aneinander anliegen (Absatz 0034: „Die beiden Walzen 2 der Rollenpresse 1 werden über Hydraulikstempel 5 … aneinander gepresst, ohne jedoch sich dabei zu berühren.“). Weiterhin geht der Fachmann davon aus, dass im Arbeitsmodus der Rollenpresse der Walzenspaltdruck im Wesentlichen dem Druck im Hydrauliksystem entspricht und im Falle von Schwingungsbewegungen der Rollenpresse und damit gekoppelten Schwingungen der Walzen diese sich in einer zeitabhängigen Walzenspaltdruckänderung ausdrücken, so dass letztendlich eine Schwingung mit dem Walzenspaltdruck korrespondiert.
3.3.3 „Regelung … Regeln … Regelstrecke; Regelungsvorrichtung … Rückkopplung“ (Merkmale 1 bis 1.3; 7.2 bis 7.5)
Die Regelung ist ein Vorgang in Regelungsvorrichtungen, d. h. in Systemen mit Wechselwirkung, bei dem fortlaufend eine variable Größe, die Regelgröße erfasst (Istwert), mit einer anderen Größe, der Führungsgröße (Sollwert) verglichen, aus der Regeldifferenz und den Regelparametern die Stellgröße bestimmt wird, die über die Regelstrecke so auf die Regelgröße einwirkt, dass die Regeldifferenz minimiert wird und dadurch die variable Größe automatisch konstant oder annähernd konstant gehalten werden kann. Weil der Abweichung vom Sollwert kontinuierlich gegengesteuert wird, wird die Rückführung des aktuellen Wertes unter Vorzeichenumkehr an den Regler als Gegenkopplung oder negative Rückkopplung bezeichnet. Wegen des in sich geschlossenen Wirkungsablaufs für die Beeinflussung einer physikalischen Größe wird dieser technische Prozess auch als Regelkreis bezeichnet. Die Rückkopplung und damit der geschlossene Regelkreis sind die charakteristischen Unterscheidungsmerkmale gegenüber einer Steuerung, die keine Signalrückführung zur Selbstbeeinflussung aufweist. In der englischen Sprache wird das Wort „control“ sowohl für Steuerung als auch für Regelung gebraucht.
Die Regelung, deren Definition beispielsweise auch in der Norm DIN IEC 60050351 standardisiert ist, ist dem zuständigen Fachmann ebenso vertraut wie die zugehörige Theorie, die mathematische Beschreibung und Berechnung, die fachüblichen Begriffe und auch die wesentlichen technischen Prinzipien für eine konkrete Realisierung.
Zur detaillierten Beschreibung wird eine Regelung üblicherweise in ihre einzelnen funktionellen Komponenten zerlegt. Beispielsweise bezeichnet man in der Rege- lungstechnik als Regelstrecke üblicherweise denjenigen Teil eines Regelkreises, der die zu regelnde physikalische Größe – die Regelgröße – enthält, auf die der Regler über die Stellgröße wirken soll und mathematisch durch Übertragungsfunktionen mittels Differentialgleichungen bzw. Differenzengleichungen beschrieben wird.
Im Widerspruch zu dieser in der Fachwelt üblichen Definition einer Regelstrecke stehen die Anweisungen in den Merkmalen 1.2 und 7.4, wonach „als Messgrößen in der Regelstrecke die Frequenz und die Amplitude [der Schwingung] verwendet werden“, und die Angabe im Merkmal 7.3 des unabhängigen Anspruchs 7, wonach „als Regelstrecke die Rückkopplung … einer … gemessenen Schwingung … vorgesehen ist“, da zum einen in die (eigentliche) Regelstrecke nicht die Messgrößen, sondern die Störgröße, hier die Walzenspaltdruckänderung, eingeht und zum anderen die Rückkopplung weder mit der Regelstrecke identisch ist noch in dieser stattfindet, sondern in dem davon getrennten Rückführungsteil des Regelkreises.
In einem derartigen Fall des Abweichens von in einer Patentschrift gebrauchten Begriffen vom allgemeinen (technischen) Sprachgebrauch, ist nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nur der aus der Patentschrift sich ergebende Begriffsinhalt maßgebend, wobei bei der Auslegung nicht am Wortlaut zu haften, sondern auf den technischen Gesamtzusammenhang abzustellen ist, den der Inhalt der Patentschrift dem unbefangenen Fachmann vermittelt (BGH, Urteil vom 2. März 1999 – X ZR 85/96, juris, Rdn. 49 sowie Leitsätze 1 und 2 – Spannschraube).
Im Kontext der Gesamtoffenbarung der Streitpatentschrift hat der Fachmann aufgrund seines Fachwissens keine Probleme die Funktionsweise des erfindungsgemäßen Verfahrens zu verstehen, ebenso wie die zugehörige Regelungsvorrichtung aufgebaut ist und damit auch, wie der nicht nach fachüblichem Sprachgebrauch verwendete Begriff „Regelstrecke“ auszulegen ist. Denn eine widerspruchsfreie Lesart sowohl der Ansprüche als auch der Beschreibung ergibt sich,
wenn die Regelstrecke nicht als Komponente der Regelung, sondern als gesamte Regelung bzw. Regelkreis selbst verstanden wird.
Die zur konkreten technischen Umsetzung derartiger Regelungen in der Streitpatentschrift genannten Regelungsvorrichtungen (Absätze 0019 und 0028), insbesondere die PID-Regler (Absätze 0034 und 0035), sind dem zuständigen Fachmann wohlvertraut.
3.3.4 „Schwingungsbewegung“ (Merkmale 1.1, 1.3; 7.5)
Eine an der Rollenpresse gemessene Schwingungsbewegung versteht der Fachmann als die wiederholte zeitliche Änderung der räumlichen Position der Rollenpresse bzw. einer nicht näher bestimmten Komponente der Rollenpresse als Abweichung von einem stationären Mittelwert (Ruhelage), die direkt oder indirekt messtechnisch als Signal in Abhängigkeit von der Zeit zu erfassen ist.
Als Beispiele für verschiedene Schwingungsbewegungen, die an einer Rollenpresse auftreten können, werden in der Beschreibungseinleitung des Streitpatents genannt:
- mechanisches Vibrieren der Walzen, durch Ausweichen der nachgiebig gelagerten Walzen (Absatz 0003),
- Rotationsschwingung der Walzen, durch Schwanken vom Moment und Winkelgeschwindigkeit der Walzen (Absatz 0004),
- kombinierte Schwingung, die aus einer Vor- und Zurückbewegung der Walzen in horizontaler Richtung senkrecht zur Erstreckung des Walzenspaltes und aus einer Rotationsschwingung besteht (Absatz 0005),
- mechanische Schwingungsbewegungen sehr kurzer Dauer und hoher Frequenz und Amplitude in Form eines Schlags (Absatz 0006),
- Schwingungsbewegung beim Startvorgang der Rollenpresse (Absatz 0007) und
- Eigenschwingung der Rollenpresse beim Erreichen der Resonanzfrequenz (Absatz 0008),
und als Schwingungsbewegungen sollen gemäß geltendem Anspruch 6 gemessen werden:
- die Biegeschwingung eines Trägers eines Maschinenrahmens, - die lineare Schwingung eines Trägers eines Maschinerahmens in Form einer Längenänderung, - die Torsionsschwingung der Welle zwischen Walze und Antrieb,
und/oder - die Rotationsschwingung der Welle zwischen Walze und Antrieb.
Dem Fachmann ist außerdem bekannt, dass sich sowohl jede dieser genannten einzelnen Schwingungen, als auch die sich aus diesen gegebenenfalls miteinander im gleichen Zeitraum auftretenden Schwingungsarten ausgebildete Gesamtschwingung als additive Überlagerung (Superposition) von harmonischen Schwingungen unterschiedlicher Frequenz darstellen lässt.
3.3.5 „Messgrößen … Frequenz … Amplitude“ (Merkmale 1.2; 7.4)
Als Messgrößen der Schwingungsbewegung sollen die – nicht näher bestimmte – Frequenz und die Amplitude verwendet werden, von denen der Fachmann weiß, dass sie eine elementare Schwingung vollständig beschreiben können, wobei die Amplitude die maximale Auslenkung eines Bauteils bei einer Schwingungsbewegung darstellt und die Frequenz als Kehrwert der Periodendauer ein Maß dafür ist, wie schnell bei dem periodischen Vorgang einer fortdauernden Schwingung die Wiederholungen aufeinander folgen.
3.3.6 „Linearfaktors einer Schwingungsmode … Messung von mehr als einer Schwingungsbewegung“ (Merkmale 1.3; 7.5)
Erfindungsgemäß wird nach den Merkmalen 1.3 und 7.5 die Messung von mehr als einer Schwingungsbewegung vorgenommen. Von der Vielzahl der möglichen Schwingungsbewegung der Rollenpresse (siehe Abschnitt 3.3.4) erzeugen diejenigen, welche im gleichen Zeitraum auftreten durch Superposition ein komplexes raumzeitliches Schwingungsmuster, welches außer von den externen Ursachen stark vom Aufbau und der Geometrie der Rollenpresse abhängig ist (Absatz 0019).
Da weder alle Schwingungsbewegungen durch eine Regelung zu beeinflussen sind – beispielsweise singuläre Ereignisse, wie Schwingungsbewegungen sehr kurzer Dauer und hoher Frequenz als Folge eines Schlags bei Passage von nicht zerkleinerbaren Bestandteilen, z. B. Metallstücke im Walzenspalt (Absatz 0006) – noch alle Schwingungsbewegungen eine Verminderung erforderlich machen (Absatz 0026: „… vernachlässigbaren Schwingungsmustern können sein: ein Becherwerk, das rhythmisch Frischgut auf die Rollenpresse schüttet, ein Förderband, das rhythmisch fördert oder selbst in Schwingung gerät, Schwingungen im Hydrauliksystem, die durch eine möglicherweise schlagende Pumpe entstehen, oder Schwingungen in der Stromaufnahme, die möglicherweise durch Schwingungsbewegungen einer benachbarten Rollenpresse in der Stromversorgung auftreten“), wird erfindungsgemäß eine Separation von für einzelne, voneinander unabhängige Schwingungsbewegungen charakteristischen Bewegungsmustern, sogenannten Schwingungsmoden mittels mehrerer Detektoren, beispielsweise Dehnungssensoren, angestrebt. Dies kann im einfachsten Fall eine Schwingungsbewegung in Längsrichtung und eine Schwingungsbewegung in Querrichtung der Rollenpresse sein. Erst die aus den gemessenen und ggf. gefilterten Messwerten erhaltenen Intensitätsgrößen, die für das Muster einer nicht zu vernachlässigenden Schwingungsbewegung charakteristisch sind, werden als Regeleingangsgrößen in die Regelschleife geleitet (Absätze 0019 und 0020). Eine derartige Auswahl von typischen Schwingungsmustern ermöglicht dann die Rollenpresse nahe dem in Bezug auf eine Schwingungsbildung kritischen Bereich des Walzenspaltdrucks zu betreiben (Absatz 0023).
Realisiert wird dies erfindungsgemäß durch eine Frequenzanalyse, wobei das Frequenzspektrum der gemessenen Schwingungsbewegungen rechnerisch in einzelne spektrale Komponenten zerlegt wird. Das gemessene Spektrum wird durch eine Realzeit-Regressionsanalyse in eine Zusammensetzung der Schwingungskomponenten zerlegt, wobei die Zusammensetzung ein Vektor aus verschiedenen Linearfaktoren der Gesamtschwingung ist. Aus diesem Vektor wird sodann ein Linearfaktor für eine unerwünschte Schwingungsbewegung herausgegriffen und anhand dieses Linearfaktors oder aufgrund der Verknüpfung verschiedener Linearfaktoren wird die Regeleingangsgröße für die Regelungsvorrichtung erzeugt (Absatz 0026).
Signalanalyse auf der Basis von Frequenzanalysen mittels Fourier-Transformation zur Charakterisierung der dynamischen Eigenschaften eines schwingenden Systems und Regressionsanalyse zur Trennung von Signalen sind für den Fachmann auf dem Gebiet der Regelungstechnik vertraute Verfahren und daher ebenso die Linearfaktoren von Schwingungsmoden, die erfindungsgemäß zur Regelung des Walzenspaltdrucks der Rollenpresse eingesetzt werden.
4. Die geltenden Patentansprüche sind zulässig.
4.1 Die geltenden Ansprüche 1 bis 9 gehen nicht über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus (§ 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG).
4.1.1 Die Merkmale der Gegenstände gemäß den geltenden Patentansprüchen 1 und 7 sind wie folgt in den ursprünglich eingereichten Unterlagen offenbart:
und 1.1 1.2 1.3 7 bis 7.3 7.4 7.5 Anspruch 1; Anspruch 2; Anspruch 7; Anspruch 8; Anspruch 2; Anspruch 7.
4.1.2 Die geltenden untergeordneten Ansprüche 2 bis 6, 8 und 9 sind bis auf die angepassten Rückbezüge und die Anpassung der Ansprüche 3 bis 5 und 9 durch Ersetzen von „mindestens“ durch „mehr als“ an den Wortlaut der geltenden nebengeordneten Patentansprüche 1 und 7 mit den ursprünglichen Ansprüchen 3 bis 6 (wobei die Nummerierung „6“ zweimal vergeben wurde), 9 und 10 identisch.
4.1.3 Die Einsprechende wendet sinngemäß ein, dass das Merkmal 1.2 des Anspruchs 1 und das Merkmal 7.4 des Anspruchs 7 zu Anspruchsgegenständen führe, die über den Offenbarungsgehalt der ursprünglich eingereichten Unterlagen hinausgehen würden, da damit jeweils ein Verfahren bzw. eine Vorrichtung beansprucht würde, wonach „als Messgrößen in der Regelstrecke die Frequenz und die Amplitude der Schwingung verwendet werden“, wohingegen das entsprechende Merkmal im ursprünglichen Anspruch 2, das als Offenbarungsstelle gelten soll, laute: „… als Messgröße in der Regelstrecke die Frequenz und/oder die Amplitude, bevorzugt Frequenz und Amplitude zusammen verwendet wird“.
Entgegen der Auffassung der Einsprechenden führt dies jedoch nicht zu einer unzulässigen Erweiterung, denn zum einen handelt es sich bei der Verwendung des Singulars im ursprünglichen Anspruch 2 lediglich um eine offensichtliche sprachliche Ungenauigkeit, da auch dort im Falle der und-Verknüpfung der „und/oder“-Alternative und bei der fakultativen Angabe auf Frequenz und Amplitude und damit auf eine Mehrzahl Bezug genommen wird, welche in die geltenden Ansprüche 1 und 7 übernommen und dort korrekt mit dem Plural „Messgrößen“ bezeichnet ist. Zum anderen ist es für den Fachmann selbstverständlich und wird im Streitpatent beispielsweise im Absatz 0020 verdeutlicht, dass weder die Messgröße Amplitude noch die Messgröße Frequenz direkt in die Regelung des Walzenspaltdrucks eingeht, sondern nur indirekt in Form einer Intensitätsgröße, nachdem die Schwingungsbewegung über das Signal einer Frequenzweiche gemessen wurde.
4.2 Mit den geltenden Patentansprüchen 1 bis 9 wird der Schutzbereich des Patents gegenüber der erteilten Fassung nicht erweitert (§ 22 Abs. 1, 2. Alternative PatG), da sämtliche Merkmale der geltenden Patentansprüche den erteilten Ansprüchen entnommen sind oder deren Gegenstände beschränken.
5. Der Widerrufsgrund der undeutlichen und unvollständigen Offenbarung der Erfindung nach § 21 Abs. 1 Nr. 2 PatG liegt nicht vor.
5.1 Eine für die Ausführbarkeit einer mit einem Patent geschützten Lehre hinreichende Offenbarung ist gegeben, wenn der Fachmann ohne erfinderisches Zutun und ohne unzumutbare Schwierigkeiten in der Lage ist, die Lehre des Patentanspruchs aufgrund der Gesamtoffenbarung der Patentschrift in Verbindung mit dem allgemeinen Fachwissen am Anmelde- oder Prioritätstag praktisch so zu verwirklichen, dass der angestrebte Erfolg erreicht wird (BGH, Urteil vom 13. Juli 2010 – Xa ZR 126/07, GRUR 2010, 916, Leitsatz und Rdn. 17 – Klammernahtgerät; BGH, Urteil vom 8. Juni 2010 – X ZR 71/08, juris, Rdn. 39 und 44 sowie Orientierungssatz 2). Dies ist hier der Fall.
Die Einsprechende vertritt zum einen die Auffassung, dass aufgrund der verwendeten Begrifflichkeiten in den Merkmalen 1.2 und 7.4 „wobei als Messgrößen in der Regelstrecke die Frequenz und die Amplitude verwendet werden“ und Merkmal 7.3 „als Regelstrecke die Rückkopplung … vorgesehen ist“ und „Schwingung zum dazu korrespondierenden Walzenspaltdruck“ mangels Klarheit, auch unter Berücksichtigung der Gesamtoffenbarung der Streitpatentschrift in der aufrechtgehaltenen Fassung, die Erfindung für den Fachmann nicht ausführbar sei, da nicht ersichtlich sei, wie eine Messgröße in einer Regelstrecke verwendet werden bzw.
wie eine Rückkopplung an sich eine Regelstrecke darstellen könne und worauf sich der korrespondierenden Walzenspaltdruck beziehen solle.
Weiterhin führt sie sinngemäß aus, dass der Walzenspaltdruck, der geregelt werden soll, eine Größe sei, die nicht unmittelbar veränderbar und messbar sei, sondern nur der den Walzenspaltdruck direkt beeinflussende Hydraulikdruck der Anpresszylinder, und die Merkmale 1.2 und 7.4 als Messwerte die Frequenz und die Amplitude der gemessenen Schwingung definieren und damit einen Istwert der Regelgröße, die jedoch nicht die Schwingung sondern der Walzenspaltdruck sein sollte.
Entgegen der Auffassung der Einsprechenden führt dies jedoch nicht zu einer unzureichenden Offenbarung, mit der der zuständige Fachmann die Lehre des Streitpatents nicht nacharbeiten könnte.
Zur Überzeugung des Senats kann der Fachmann bereits anhand der Angaben in den Patentansprüchen 1 und 7 unter Zuhilfenahme seines Fachwissens entnehmen, dass weder der Walzenspaltdruck direkt geregelt wird, noch dass die Messwerte Frequenz und Amplitude der Schwingungsbewegung direkt in die Regelung eingehen. Ihm ist ohne weiteres klar, dass der Walzenspaltdruck im Arbeitsmodus der Rollenpresse dem Druck im zughörigen Aktorsystem, hier dem Hydrauliksystem, entspricht und dieser geregelt wird. Ebenso ist es für ihn selbstverständlich, dass die Frequenz und die Amplitude der Schwingungsbewegung der Rollenpresse mit der Frequenz und der Amplitude des Walzenspaltdrucks korrespondieren (siehe hierzu Abschnitt 3.3.2), aber in den Regelkreis weder die einen noch die anderen direkt eingehen, sondern – nach Umwandlung und ggf. weiteren Manipulationen wie Filterung – letztendlich nur elektronische Signale, die im Rückführungsteil der Regelung rückgekoppelt werden (siehe hierzu Abschnitt 3.3.3).
Zudem ist es nicht erforderlich, dass ein Patentanspruch alle zur Ausführung der Erfindung notwendigen Angaben enthält. Vielmehr genügt es regelmäßig den an eine Ausführbarkeit der Erfindung zu stellenden Anforderungen, wenn dem Fachmann mit dem Anspruch ein generelles Lösungsschema an die Hand gegeben wird und er insoweit notwendige Einzelangaben der allgemeinen Beschreibung oder den Ausführungsbeispielen entnehmen kann, in denen hierzu zumindest ein gangbarer Weg offenbart ist (BGH, a. a. O.).
Eine solche hinreichend nacharbeitbare Ausführungsform, die auch unmittelbar als zur Erfindung gehörend erkennbar ist, findet der Fachmann in den Absätzen 0034 und 0035 der Beschreibung der Streitpatentschrift. Denn dort wird beschrieben, wie mittels an verschiedenen Stellen des Maschinenrahmens der Rollenpresse angebrachten Dehnungsmessstreifen, Beschleunigungssensoren, des Drucks im Hydrauliksystem oder der Stromaufnahme des Walzenantriebs für die Schwingung charakteristische Messwerte in Form von Frequenz und Amplitude bestimmt und an eine Auswertungsvorrichtung weitergeleitet werden, wo das Frequenzspektrum aufgearbeitet wird, indem es auf wenige Linearfaktoren verschiedener Spektralkomponenten reduziert wird. Ein Regeleingriff, bevorzugt nach PID-Verfahren, findet dann in Abhängigkeit vom Ergebnis eines Vergleichs des Linearfaktors mit einem Sollwert statt.
5.2 Der Gegenstand des Anspruchs 7 ist aus den gleichen Gründen so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann ihn ausführen kann. Das Gleiche gilt für die auf die jeweiligen Patentansprüche 1 und 7 rückbezogenen Unteransprüche 2 bis 6, 8 und 9.
6. Die Gegenstände der Ansprüche 1 bis 9 vom 23. Oktober 2019 erweisen sich als patentfähig.
6.1 Der Gegenstand des Anspruchs 1 gilt als neu (§ 1 i. V. m. § 3 PatG), da keine der im Verfahren befindlichen Druckschriften D1 bis D4 alle Merkmale 1 bis 1.3 dieses Gegenstandes offenbart.
6.1.1 Die von der Einsprechenden als entscheidungserheblich genannte und vom Senat für den Gegenstand des Anspruchs 1 als nächstliegender Stand der Technik angesehene Druckschrift FR 2 692 171 A1 (= D2) offenbart – ausgedrückt in den Worten des Anspruchs 1 – ein Verfahren zur Regelung des Walzenspaltdrucks einer Rollenpresse, (Seite 1, Zeilen 8 bis 13: „L'invention s'applique plus particulièrement à un procédé et un dispositif utilisant deux cylindres jumelés parallèles et tournant en sens inverse l'un de l'autre. La matière est déversée continûment entre les deux cylindres et subit au passage un écrasement aboutissant à l'obtention d'une granulométrie inférieure.“, Seite 4, Zeilen 22 bis 28: „Le dispositif de broyage selon l'invention comprend un premier cylindre 10 monté sur un axe 15 et un deuxième cylindre 20 monté sur un axe 25. Les deux cylindres 10 et 20 sont parallèles et animés d'un mouvement de rotation autour de leur axe respectif. Les sens de rotation des deux cylindres 10 et 20 sont opposés, comme l'indique les flèches sur la figure 1.“ und Seite 8, Zeilen 9 bis 14: „Le dispositif comporte avantageusement un système de boucle à rétro-action, par l'intermédiaire des moyens de mesure des vibrations et du moyen de commande 57, susceptible de soumettre les cylindres 10 et 20 à une pulsation de pression telle qu'elle annulle au moins partiellement les vibrations.“
Figur 1 der Druckschrift D2 Trotz der wörtlichen Übersetzung der Komponente „moyen de commande 57“ als Steuerung erkennt der Fachmann, dass bei der bevorzugten Ausgestaltung der Vorrichtung mit einem Rückführungsschleifensystem („système de boucle à rétro-action“) eine Regelung des Walzenspaltdrucks der Rollenpresse stattfindet (siehe hierzu Abschnitt 3.3.3), indem eine vorgebbare zeitlich Variation der Drücke auf die beiden Zylinder 10 und 20 ausgeübt wird, die bevorzugt zyklisch, insbesondere sinusförmig ist (vgl. Anspruch 4), welche die Vibrationen zumindest teilweise aufhebt.)
1.1 wobei das Regeln in Abhängigkeit von mehr als einer an der Rollenpresse gemessenen Schwingungsbewegung erfolgt, (Seite 7, Zeilen 26 bis 32: „A cet effet, le dispositif selon l'invention comprend des moyens aptes à mesurer ces vibrations … alimentent … des moyens de commande 57“ und Seite 8, Zeilen 9 bis 11: „… un système de boucle à
rétro-action, par l'intermédiaire des moyens de mesure des vibrations et du moyen de commande 57“)
1.2 und wobei als Messgrößen in der Regelstrecke die Frequenz und die Amplitude verwendet werden. (Seite 7, Zeilen 26 bis 35: „A cet effet, le dispositif selon l'invention comprend des moyens aptes à mesurer ces vibrations, sous forme d'effort, de force, de pression ou de fréquence, tels que ces vibrations sont appliquées aux cylindres 10 et 20“ und Seite 8, Zeilen 9 bis 14: „Le dispositif comporte avantageusement un système de boucle à rétro-action, par l'intermédiaire des moyens de mesure des vibrations et du moyen de commande 57, susceptible de soumettre les cylindres 10 et 20 à une pulsation de pression telle qu'elle annulle au moins partiellement les vibrations.“)
Nicht entnehmbar ist der Druckschrift D2 das Merkmal 1.3, wonach die Regelung in Abhängigkeit eines Linearfaktors einer Schwingungsmode bei der Messung von mehr als einer Schwingungsbewegung vorgenommen wird.
Somit gilt das Verfahren gemäß dem geltenden Anspruch 1 gegenüber der Druckschrift D2 als neu.
6.1.2 Der Inhalt der Druckschrift DE 44 14 366 A1 (= D1) geht – ausgedrückt in den Worten des Anspruchs 1 – nicht über Folgendes hinaus: Ein Verfahren zur Regelung des Walzenspaltdrucks einer Rollenpresse, (Spalte 1, Zeilen 3 bis 5: „Verfahren zur Regelung des Hydraulikdrucks, durch den zwei Walzen einer Gutbett- walzenmühle gegeneinandergedrückt werden“; analog zum Verfahren des Streitpatents entsteht der Walzenspaltdruck der Rollenpresse durch die Wechselwirkung der Walzen mit dem Gutbett und wird durch den Hydraulikdruck auf die Walzen erzeugt.)
1.1 wobei das Regeln in Abhängigkeit von mehr als einer an der Rollenpresse gemessenen Schwingungsbewegung erfolgt, (Spalte 2, Zeilen 24 bis 28: „Mit dieser Regelung werden auch Situationen erfaßt, bei denen eine relativ unbedeutende Grundschwingung mit niedriger Vibrationsamplitude vorhanden ist, die jedoch von Kurzzeitschwingungen mit wesentlich höherer Amplitude überlagert ist.“, Spalte 1, Zeilen 31 bis 35: „Erfindungsgemäß wird der Hydraulikdruck nur dann gesteigert, wenn die innerhalb einer Meßzeitspanne aufgetretenen Vibrationsamplituden eines Referenzbauteiles der Gutbettwalzenmühle unter einem vorgegebenen Zulässigkeitswert liegen.“ und Spalte 2, Zeile 65 bis Spalte 3, Zeile 13: „Andererseits ist der Hydraulikdruck jedoch zu verringern, wenn wenigstens eine der nachfolgenden Bedingungen erfüllt ist: … die Vibrationsamplitude des Referenzbauteiles der Gutbettwalzenmühle hat einen vorgegebenen Zulässigkeitswert überschritten.“)
1.2Teil und wobei als Messgröße in der Regelung die Amplitude verwendet wird. (Spalte 1, Zeilen 36 bis 39: „… wird von den in der Meßzeitspanne aufgetretenen Vibrationsamplituden sowohl der Mittelwert als auch der Maximalwert ermittelt“ sowie Spalte 1, Zeilen 31 bis 35: „Hydraulikdruck … gesteigert, wenn die innerhalb einer Meßzeitspanne aufgetretenen Vibrationsamplituden eines Referenzbauteiles der Gutbettwalzenmühle unter einem vorgegebenen Zulässigkeitswert liegen.“ und Spalte 2, Zeile 65 bis Spalte 3, Zeile 13: „Hydraulikdruck … verringern, wenn … die Vibrationsamplitude … vorgegebenen Zulässigkeitswert überschritten.“)
Nicht entnehmbar sind der Druckschrift D1 damit der Teil des Merkmals 1.2, wonach als Messgröße in der Regelstrecke auch die Frequenz verwendet wird, denn im Gegensatz zur Auffassung der Einsprechenden bedingt die Messung der Amplitude einer Schwingungsbewegung nicht zwangsläufig die Messung der Frequenz, und das Merkmal 1.3, wonach die Regelung in Abhängigkeit eines Linearfaktors einer Schwingungsmode bei der Messung von mehr als einer Schwingungsbewegung vorgenommen wird.
6.1.3 Die Druckschrift DE 10 2005 040 978 A1 (= D3) beschreibt ein Verfahren zur Überwachung des Betriebszustandes rotierender Walzen in einer industriellen Anlage mit Hilfe einer Schwingungsanalyse von im Betrieb auftretenden und gemessenen Schwingungsbewegungen mit der Zielsetzung des Erkennens des Vorhandenseins und der Art fehlerhafter Betriebszustände (Absatz 0007). Dabei wird durch einen Soll-/Ist-Vergleich des momentanen Frequenzsektrums mit einem vorgebbaren Referenz-Frequenzsektrum bei entsprechender Abweichung eine Maßnahme ausgelöst (Absatz 0009), um in den Betrieb eingreifen zu können, wobei die Maßnahme als Abgabe eines optischen und/oder akustischen Alarmsignals oder als Abschaltung zumindest eines Teils der Anlage realisiert sein kann (Ansprüche 12 und 13), jedoch nicht zur Regelung des Walzenspaltdrucks in Abhängigkeit einer gemessenen Schwingungsbewegung zum Zwecke einer Schwingungsminimierung. Nicht entnehmbar sind der Druckschrift D3 damit Teile jeweils der Merkmale 1 bis 1.2 und das gesamte Merkmal 1.3.
6.1.4 Die noch weiter ab liegende, nicht gattungsgemäße Druckschrift DE 36 21 400 A1 (= D4) offenbart keine Rollenpresse, sondern eine Schlaghammermühle, bei der nicht zwei Walzen vorhanden sind, sondern ein einzelner Rotor, der mit jeweils in zur Rotationsachse parallelen Reihen und in axialen Abständen pendelbeweglich angeordneten Schlaghämmern bestückt ist (Figuren 1 und 2 sowie Spalte 6, Zeilen 7 bis 32 und Spalte 7, Zeilen 22 bis 29). Ein regelbarer Walzenspaltdruck ist dort daher ausgeschlossen.
6.2 Der Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 beruht gegenüber dem im Verfahren genannten Stand der Technik auf einer erfinderischen Tätigkeit (§ 1 i. V. m. § 4 PatG).
6.2.1 Da aus keiner der Druckschriften D1 bis D4 – wie zur Neuheit dargelegt – das Merkmal 1.3, wonach die Regelung in Abhängigkeit eines Linearfaktors einer Schwingungsmode bei der Messung von mehr als einer Schwingungsbewegung vorgenommen wird, entnehmbar ist, konnte der Fachmann auch durch eine Zusammenschau mehrerer dieser Druckschriften nicht in naheliegender Weise zum Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 gelangen.
6.2.2 Der Fachmann erhält auch keinerlei Anregungen, die Gegenstände einer der Druckschriften in Richtung des Anmeldungsgenstandes weiterzubilden.
Ausgehend vom nächstkommenden Stand der Technik nach der Druckschrift D2 kommt der Fachmann nicht in naheliegender Weise zum Gegenstand des Anspruchs 1, da für ihn keine Veranlassung besteht, die Regelung des Walzenspaltdrucks so vorzunehmen, wie es das Merkmal 1.3 des Patentgegenstandes des geltenden Anspruchs 1 fordert. Zwar wird bei dem in der Druckschrift D2 beschriebenen Verfahren zwangsläufig die Messung von mehr als einer Schwingungsbewegung vorgenommen, da die Schwingung der Rollenpresse ‒ je nach Aufbau, Geometrie und zu verarbeitendem Schüttgut (siehe hierzu Abschnitt 3.3.4) ‒ eine Gesamtschwingung darstellt, die sich aus mehreren von verschiede- nen Ursachen hervorgerufenen Auslenkungen zusammensetzt. An keiner Stelle der Schrift D2 findet sich jedoch ein Hinweis oder nur eine Anregung dahingehend, diese Superposition derart in einzelne den jeweiligen Bewegungsmustern entsprechende Schwingungsmoden zu zerlegen, so dass ein Linearfaktor für eine unerwünschte Schwingungsbewegung herausgegriffen und in Abhängigkeit davon die Regelung vorgenommen werden kann. Es ist zur Überzeugung des Senats auch nicht ersichtlich, dass sich aus dem präsenten Wissen des Fachmanns diesbezüglich Anregungen ergeben würden.
Auch ausgehend von der Druckschrift D1, der schon nicht zu entnehmen ist, dass als Messgröße der Schwingungsbewegung in der Regelung die Frequenz verwendet wird, ist nicht ersichtlich, aus welchem Grund der Fachmann es in Betracht ziehen sollte, von der Lehre der Druckschrift D1 dahingehend abzuweichen, die Regelung in Abhängigkeit eines Linearfaktors einer Schwingungsmode vorzunehmen, so wie es das Merkmal 1.3 des Verfahrens des geltenden Anspruchs 1 fordert. Insbesondere hat er dazu auch deswegen keine Veranlassung, weil in der Druckschrift D1 zur Problematik der Berücksichtigung von unerwünschten und nicht von vernachlässigbaren Schwingungsbewegungen eine in sich geschlossene Lösung gelehrt wird, wonach einander überlagerte unbedeutende Grundschwingungen mit niedriger Vibrationsamplitude und Kurzzeitschwingungen mit höherer Amplitude für die Verwendung in der Regelung getrennt werden, indem die Vibrationsamplituden über vorgegebene Zulässigkeitswerte diskriminiert werden (insbesondere Spalte 1, Zeilen 31 bis 33 und Spalte 2, Zeilen 8 bis 33).
Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Fachmann durch den sonstigen Stand der Technik nach den Druckschriften D3 oder D4 oder sein Fachwissen angeregt wäre, die Regelung in Abhängigkeit eines Linearfaktors einer Schwingungsmode vorzunehmen.
6.2.3 Da somit keine der Druckschriften D1 bis D4 etwas erkennen lässt, was dem Fachmann einen entsprechenden Hinweis liefern könnte, kommt der Senat zu der Überzeugung, dass sich der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt. Die Erfindung gilt damit als auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend (§ 1 i. V. m. § 4 PatG)
6.3 Da auch die Rollenpresse nach dem geltenden nebengeordneten und zum Anspruch 1 korrespondierenden Patentanspruch 7 explizit das Merkmal enthält, wonach „die Regelung in Abhängigkeit eines Linearfaktors einer Schwingungsmode bei der Messung von mehr als einer Schwingungsbewegung vorgenommen wird“ (Merkmal 7.5), welches aus den im Verfahren befindlichen Druckschriften weder bekannt noch nahegelegt ist, ist auch die Rollenpresse des Anspruchs 7 neu und beruht gegenüber dem im Verfahren genannten Stand der Technik auf einer erfinderischen Tätigkeit (§ 1 i. V. m. §§ 3 und 4 PatG).
7. Nachdem auch die auf die Patentansprüche 1 und 7 rückbezogenen Unteransprüche 2 bis 6, 8 und 9 sowie die übrigen Unterlagen nach dem zuletzt gestellten Antrag die an sie zu stellenden Anforderungen erfüllen, war das Patent – unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses – antragsgemäß beschränkt aufrechtzuerhalten und die weitergehende Beschwerde der Einsprechenden zurückzuweisen.
Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss steht den an dem Beschwerdeverfahren Beteiligten das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu (§ 99 Abs. 2, § 100 Abs. 1, § 101 Abs. 1 PatG).
Nachdem der Beschwerdesenat in dem Beschluss die Einlegung der Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist die Rechtsbeschwerde nur statthaft, wenn einer der nachfolgenden Verfahrensmängel durch substanziierten Vortrag gerügt wird (§ 100 Abs. 3 PatG):
1. Das beschließende Gericht war nicht vorschriftsmäßig besetzt. 2. Bei dem Beschluss hat ein Richter mitgewirkt, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war. 3. Einem Beteiligten war das rechtliche Gehör versagt. 4. Ein Beteiligter war im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat. 5. Der Beschluss ist aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind. 6. Der Beschluss ist nicht mit Gründen versehen.
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe, schriftlich einzulegen (§ 102 Abs. 1 PatG).
Die Rechtsbeschwerde kann auch als elektronisches Dokument, das mit einer qualifizierten oder fortgeschrittenen elektronischen Signatur zu versehen ist, durch Übertragung in die elektronische Poststelle des Bundesgerichtshofes eingelegt werden (§ 125a Abs. 3 Nr. 1 PatG i. V. m. § 1, § 2 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, Abs. 2a, Anlage (zu § 1) Nr. 6 der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesgerichtshof und Bundespatentgericht (BGH/BPatGERVV)). Die elektronische Poststelle ist über die auf der Internetseite des Bundesgerichtshofes www.bundesgerichtshof.de/erv.html bezeichneten Kommunikationswege erreichbar (§ 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGH/BPatGERVV). Dort sind auch die Einzelheiten zu den Betriebsvoraussetzungen bekanntgegeben (§ 3 BGH/BPatGERVV).
Die Rechtsbeschwerde muss durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten des Rechtsbeschwerdeführers eingelegt werden (§ 102 Abs. 5 Satz 1 PatG).
Kleinschmidt Kirschneck Dr. Haupt Tischler Pr