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X B 216/13

BUNDESFINANZHOF Beschluss vom 24.6.2014, X B 216/13 Keine Prüfung der Zulässigkeit des beschrittenen Rechtswegs durch den BFH - Anwendbarkeit des § 17a Abs. 5 GVG - Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde Tatbestand I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) erzielt als Rechtsanwalt Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit.

Im Verfahren vor dem Finanzgericht (FG) hatte er begehrt,

seine drohende Inanspruchnahme aus einer rechtskräftig titulierten Darlehensrückzahlungsverpflichtung in Höhe von … EUR, die mit dem Erwerb einer Teil eines Kapitalanlagebetrugssystems darstellenden Fondsbeteiligung im Zusammenhang stand, als außergewöhnliche Belastung nach § 33 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zu berücksichtigen,

ihm keinen Verlustanteil aus der Beteiligung zuzurechnen,

für seine zu Unrecht nicht in die 12. Klasse versetzte Tochter einen doppelten Kinderfreibetrag als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen,

Schulgeldzahlungen für seinen Sohn für den Besuch eines englischen College über die Grenzen des § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG hinaus zu berücksichtigen und Zins- und Tilgungsleistungen für die zu eigenen Wohnzwecken genutzte Immobilie unter dem Gesichtspunkt der Altersvorsorge steuermindernd zu berücksichtigen,

die Einkommensteuerfestsetzungen entsprechend zu ändern und die Einkommensteuervorauszahlungen zu stunden. Wenn er Steuern zahlen müsse, mit denen gerade die Banken gerettet werden sollten, die die Zerstörung des Aufbaus zusätzlicher Altersvorsorgemaßnahmen finanziert hätten, habe er das Recht zum Widerstand nach Art. 20 Abs. 4 des Grundgesetzes (GG). Es sei die Rechtsprechung eines Feudalstaats, mit der Verurteilung zur Rückzahlung des Darlehens der nicht demokratisch legitimierten Banken- und Geldmacht zu dienen.

Den hierauf gestützten Antrag des Klägers, die Sache an das Verwaltungsgericht (VG) abzugeben, hat das FG mit Beschluss vom 24. September 2013 abgelehnt und mit Urteil vom 9. Oktober 2013 die Klage abgewiesen.

Mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision macht der Kläger geltend, die unterlassene Verweisung des Rechtsstreits an das VG sei ein Verfahrensfehler i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO), da das FG die Frage, ob er ein Widerstandsrecht habe, nicht habe prüfen dürfen.

Zudem habe es grundsätzliche Bedeutung,

ob die drohende Zwangsvollstreckung in der in Rede stehenden Größenordnung aus Gründen der Gleichbehandlung und zur Vermeidung der Existenzvernichtung entweder als außergewöhnliche Belastung oder als Rückstellung steuerlich berücksichtigt werden müsse,

ob die zwangsläufig höheren Aufwendungen für ein College in England mit Rücksicht auf Art. 6 GG sowie der Grundsatz der Dienstleistungsfreiheit in höherem Umfang als in § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG vorgesehen berücksichtigt werden müssen,

ob die Zins- und Tilgungsaufwendungen für die Finanzierung der eigenen Wohnung angesichts der Finanzkrise und im Lichte des Art. 3 GG wie Lebensversicherungen als Altersvorsorge berücksichtigt werden müssen und dass trotz Art. 2 und 12 GG das Verhältnismäßigkeitsprinzip nicht beachtet und ein Stundungsantrag abgelehnt werde, obwohl die berufliche Existenzvernichtung drohe. Es komme immer wieder vor, dass Finanzämter blindlings vollstrecken oder Insolvenzen mit riesigen wirtschaftlichen Schäden einleiteten.

Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt) tritt der Beschwerde entgegen.

Entscheidungsgründe II. Die Beschwerde ist teils unzulässig, teils unbegründet und daher insgesamt als unbegründet zurückzuweisen.

1. Der geltend gemachte Verfahrensfehler liegt nicht vor, so dass die Beschwerde insoweit unbegründet ist.

a) Nach § 17a Abs. 3 Satz 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) hat das Gericht auf die Rüge, der Rechtsweg sei unzulässig, hierüber vorab zu entscheiden. Dieser Beschluss ist nach Maßgabe von § 17a Abs. 4 GVG anfechtbar. Nach § 17a Abs. 5 GVG prüft das Gericht im Rechtsmittelverfahren gegen die Entscheidung in der Hauptsache nicht (mehr), ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist. § 17a Abs. 5 GVG ist nur dann nicht anwendbar, wenn die Vorinstanz das Verfahren nach § 17a GVG nicht beachtet hat (Entscheidungen des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 23. September 1992 I ZB 3/92, BGHZ 119, 246, und vom 25. Februar 1993 III ZR 9/92, BGHZ 121, 367; Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. Januar 1994 7 B 198/93, Neue Juristische Wochenschrift 1994, 956, m.w.N.; Zöller/ Lückemann, ZPO, 30. Aufl., § 17a GVG Rz 17, 18).

b) Nach diesen Grundsätzen hat der Bundesfinanzhof (BFH) über die Zulässigkeit des Rechtswegs nicht mehr zu befinden. Das FG hat dem Verfahren des § 17a Abs. 3, 4 GVG entsprechend durch unanfechtbaren Beschluss vorab über die Zulässigkeit des Rechtswegs entschieden. Nach § 17a Abs. 5 GVG prüft daher der BFH den Rechtsweg im Verfahren über die Nichtzulassung der Beschwerde oder die Revision gegen das Urteil in der Hauptsache nicht mehr.

2. Einen Grund zur Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO (grundsätzliche Bedeutung) hat der Kläger nicht in einer § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO genügenden Weise dargelegt.

a) Macht ein Beschwerdeführer die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO geltend, so hat er zunächst eine bestimmte für die Entscheidung des Streitfalls erhebliche abstrakte Rechtsfrage herauszustellen. Dafür ist erforderlich, dass er die entscheidungserhebliche Rechtsfrage hinreichend konkretisiert; nicht ausreichend ist eine Fragestellung, deren Beantwortung von den Umständen des Einzelfalls abhängt. Des Weiteren muss die Beschwerdebegründung schlüssig und substantiiert unter Auseinandersetzung mit den zur aufgeworfenen Rechtsfrage in Rechtsprechung und Schrifttum vertretenen Auffassungen darlegen, weshalb die für bedeutsam gehaltene Rechtsfrage im Allgemeininteresse klärungsbedürftig und im Streitfall klärbar ist. Dazu muss ausgeführt werden, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchem Grunde die Beantwortung der Frage zweifelhaft und streitig ist. Zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache reicht nicht der Hinweis darauf, die Revisionsentscheidung sei für eine größere Zahl von Fällen von Bedeutung; denn daraus ergibt sich nicht, dass die Rechtsfrage inhaltlich klärungsbedürftig ist (Senatsbeschluss vom 11. März 2014 X B 45/13, BFH/NV 2014, 826, m.w.N.).

b) An diesen Voraussetzungen fehlt es zu allen aufgeworfenen Fragen.

aa) Im Hinblick auf die steuerliche Relevanz einer drohenden Zwangsvollstreckung hätte sich der Kläger in einem ersten Schritt mit Reichweite und Grenzen der gesetzlichen Vorschriften sowie der Rechtsprechung zu außergewöhnlichen Belastungen sowie Rückstellungen auseinandersetzen müssen, um in einem nächsten Schritt unter Beachtung der hierfür geltenden Grundsätze zu erörtern, warum eine drohende Zwangsvollstreckung zwar nach aktueller Rechtslage unter beiden Aspekten steuerlich nicht berücksichtigt werden kann, wohl aber aus verfassungsrechtlichen oder anderen Gründen --und aus welchen-- berücksichtigt werden müsste. An alledem fehlt es.

Soweit der Kläger zuletzt mit Schriftsatz vom 8. Mai 2014 vorträgt, er möchte nicht auch noch steuerlich dafür bestraft werden, dass er zivilrechtlich ein Opfer der europarechtswidrigen, verbraucherunfreundlichen Rechtsprechung des Bankensenats des BGH geworden sei, wiederholt er damit lediglich das Anliegen, seinen wirtschaftlichen Schaden aus der fehlgeschlagenen Fondsbeteiligung wie beantragt steuerlich berücksichtigen zu lassen. Ein Zulassungsgrund ist hiermit nicht vorgetragen.

bb) Hinsichtlich der Aufwendungen für Ausbildung und Aufenthalt seines Sohnes in einem englischen College fehlen nicht nur Ausführungen dazu, warum diese Aufwendungen, wie der Kläger formuliert, zwangsläufig sein sollen, während gleichzeitig der Staat im Inland umfassende Möglichkeiten schulischer Ausbildung kostenfrei zur Verfügung stellt. Vor allem hat sich der Kläger in keiner Weise mit der auch vom FG in seinem Urteil aufgeführten Senatsrechtsprechung der letzten Jahre zu § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG einschließlich der Freiheit des Dienstleistungsverkehrs auseinandergesetzt.

cc) Hinsichtlich der Zins- und Tilgungsaufwendungen für die eigengenutzte Immobilie fehlt eine Auseinandersetzung sowohl mit der Entwicklung, die die steuerliche Behandlung selbstgenutzten Wohneigentums genommen hat, als auch --wiederum-- mit der Senatsrechtsprechung insbesondere der letzten Jahre zur Neuregelung der steuerlichen Berücksichtigung verschiedener Formen der Altersvorsorge einschließlich ihrer verfassungsrechtlichen Aspekte.

dd) Der Vortrag zum Stundungsantrag lässt nicht ansatzweise erkennen, welche Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung der Kläger geklärt wissen möchte, zumal das FG eine drohende berufliche Existenzvernichtung nicht festgestellt hat.

3. Soweit der Kläger aus Art. 20 Abs. 4 GG den Anspruch ableitet, keine Steuern zahlen zu müssen, mit denen die Bankenrettung finanziert werde, die ihrerseits den demokratischen und sozialen Bundesstaat untergrabe, hat er ausdrücklich vorgetragen, das FG dürfe hierüber nicht entscheiden. In diesem Vortrag liegt gleichzeitig die Erklärung, hierin keinen materiell-rechtlichen Grund zur Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 FGO geltend machen zu wollen.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

5. Von einer weiteren Begründung nimmt der Senat nach § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO Abstand.

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Häufigkeit Paragraph
8 17 GVG
3 10 EStG
3 115 FGO
2 116 FGO
2 20 GG
1 2 FGO
1 135 FGO
1 2 GG
1 3 GG
1 6 GG
1 12 GG
1 4 GVG

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