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9 W (pat) 11/12

BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 11/12 Verkündet am 30. November 2016

…

BESCHLUSS In der Beschwerdesache betreffend die Patentanmeldung 199 64 547.7

…

BPatG 154 05.11 beschlossen:

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse B60K des Deutschen Patent- und Markenamts vom 27. Juli 2011 aufgehoben und die Anmeldung zur weiteren Prüfung an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückverwiesen.

Gründe I.

Die Patentanmeldung mit dem Aktenzeichen 199 64 547.7 mit der Bezeichnung

„Verfahren zum Betrieb einer multifunktionalen Anzeige- und Bedieneinrichtung in einem Kraftfahrzeug sowie multifunktionale Anzeigeund Bedieneinrichtung“

wurde mit der am 6. Februar 2007 vor dem Deutschen Patent- und Markenamt erklärten Trennung aus der Stammanmeldung mit dem Aktenzeichen 199 41 969.8 abgetrennt, die unter Inanspruchnahme der Priorität 199 27 465.7 vom 16. Juni 1999 am 3. September 1999 angemeldet worden ist.

Die Prüfungsstelle für Klasse B 60 K des Deutschen Patent- und Markenamtes hat die Anmeldung mit einem das Erstellungsdatum 27. Juli 2011 tragenden Beschluss gemäß § 48 PatG zurückgewiesen. Laut Beschlussbegründung gelange der Durchschnittsfachmann ohne erfinderisch tätig zu werden, allein mit den Kenntnissen des Standes der Technik nach den Druckschriften D1: DE 35 14 438 C1 und D2: DE 197 53 742 A1 zu dem Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1, so dass der geltende Patentanspruch 1 mangels einer erfinderischen Tätigkeit nicht gewährbar sei.

Der Beschluss wurde am 29. Juli 2011 versandt und am 1. August 2011 von der Patentanmelderin empfangen.

Gegen den Zurückweisungsbeschluss richtet sich die mit Schriftsatz vom 19. August 2011 am selben Tag eingegangene Beschwerde der Patentanmelderin, die sie mit Schriftsatz vom 7. November 2011 im Einzelnen begründet. Sie ist der Meinung, dass der Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 neu und erfinderisch gegenüber den angezogenen Druckschriften sei.

Sie verfolgt das Patentbegehren mit den in der Verhandlung am 30. November 2016 übergebenen Patentansprüchen 1 bis 11 gemäß Hauptantrag weiter und beantragt zuletzt:

den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse B 60 K des Deutschen Patent- und Markenamts vom 27. Juli 2011 aufzuheben und das Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:

Patentansprüche 1 bis 11 gemäß neuem Hauptantrag vom 30. November 2016, überreicht in der mündlichen Verhandlung am 30. November 2016,

mit noch anzupassender Beschreibung und Zeichnungen Figuren 1 bis 5 gemäß Ursprungsunterlagen,

hilfsweise das Verfahren zur weiteren Prüfung an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückzuverweisen.

Der geltende Patentanspruch 1 lautet:

Multifunktionale Anzeige- und Bedieneinrichtung für ein Kraftfahrzeug mit einem Displayfeld (2) zur Anzeige von Informationen mindestens einer auszuwählenden und/oder einer ausgewählten Menü- und/oder Funktionszuweisung und Bedienelementen (3) zur Menü- und/oder Funktionsauswahl, wobei im Displayfeld (2) je nach aktuell ausgewählter Menü- und/oder Funktionszuweisung der Anzeige- und Bedieneinrichtung (1) ein lnformations-Panel (4) dargestellt ist, das kleiner als das gesamte Displayfeld (2) ist, und im verbleibenden Displayfeld (2a, 2b) Funktions- und/oder Statusanzeigen (6) generiert sind, die in räumlicher Zuweisung zu den Bedienelementen (3) stehen,

dadurch gekennzeichnet, dass eine der im verbleibenden Displayfeld angezeigten und einem der Bedienelemente zugewiesene Funktion eine Rückkehrfunktion in das übergeordnete Menü ist, wobei ein bidirektionaler Drehknopf (7) zur Bedienung von Bedienfunktionen, welche bereits mit vorhandenen Bedienelementen auswählbar sind, eingebunden ist.

Hieran schließen sich rückbezogen die geltenden Patentansprüche 2 bis 10 an.

Der geltende Patentanspruch 11 lautet:

Verwendung einer Anzeige- und Bedieneinrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 10 zur Bedienung von Komfortgeräten, insbesondere Audio-, Navigations- und Telefongeräten, und/oder zur Verstellung und/oder Einstellung von Fahrzeugkomponenten und/oder von Diagnoseeinrichtungen.

Wegen des Wortlauts der geltenden Unteransprüche 2 bis 10, der sonstigen geltenden Unterlagen sowie zu weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

Im Verfahren befinden sich neben den Druckschriften D1 und D2 noch folgende, von der Prüfungsstelle im Prüfungsverfahren herangezogene Druckschriften:

D3 DE 36 28 333 A1, D4 DE 40 17 895 C1 und D5 DE 196 20 199 A1,

sowie die in der Beschreibungseinleitung noch genannten Druckschriften D6 EP 0 366 132 B1 und D7 EP 0 701 926 A2.

II.

1. Die statthafte Beschwerde ist frist- und formgerecht eingelegt worden und auch im Übrigen zulässig. Sie hat die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Zurückverweisung der Sache an das Deutsche Patent- und Markenamt zur Folge. Mit dieser Entscheidung hat der erkennende Senat von seinem Ermessen gemäß § 79 (3) Satz 1 Nr. 3 PatG Gebrauch gemacht, weil deren Anspruchsgegenstand noch keiner Prüfung durch die Prüfungsstelle des Deutschen Patentund Markenamts unterzogen worden ist.

2. Die Erfindung betrifft gemäß der Beschreibung eine multifunktionale Anzeigeund Bedieneinrichtung für ein Kraftfahrzeug mit einem Displayfeld zur Anzeige von Informationen mindestens einer auszuwählenden und/oder einer ausgewählten Menü- und/oder Funktionszuweisung und Bedienelementen zur Menü- und Funktionsauswahl.

Aufgrund des Einsatzes von immer mehr Komfortgeräten und der damit notwendig werdenden Bedienung dieser Geräte im Kraftfahrzeug werden in letzter Zeit immer mehr sogenannte Multifunktions-Bedieneinrichtungen verwendet. Bei diesen Einrichtungen werde nach Anwahl eines Gerätes bzw. eines Menüs der Einrichtung die jeweilige Bedienfunktion des Gerätes zugeordnet und entsprechende Funktionen zum angewählten Menü bzw. einer Menüfunktion auf einer Anzeigeeinrichtung wiedergegeben.

Es sei daher die Aufgabe der Erfindung, eine multifunktionale Anzeige- und Bedieneinrichtung, welche in ihrer Bedien- und Handhabbarkeit sowie in der Anzeige der ausgewählten Menü- und/oder Funktionszuweisung gegenüber dem Stand der Technik auch für ungeübte Bedienpersonen verbessert ist, zu schaffen.

Diese Aufgabe werde mit einer Vorrichtung mit den Merkmalen des geltenden Patentanspruchs 1 gelöst, die für unterschiedlichste Geräte oder Einrichtungen gemäß dem geltenden Patentanspruch 11 einsetzbar ist.

3. Als Fachmann wird bei dem Verständnis des Anmeldegegenstandes sowie bei der Bewertung des Standes der Technik von einem Durchschnittsfachmann ausgegangen, der ein technisches Hochschulstudium abgeschlossen hat und über mehrere Jahre Berufserfahrung auf dem Gebiet der Konstruktion und Herstellung von Geräten verfügt, die in Kraftfahrzeugen an der Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine zum Einsatz kommen und hierbei insbesondere Anzeige- und Bedienvorrichtungen umfassen.

4. Zur Erleichterung von Bezugnahmen sind die Merkmale des geltenden Patentanspruchs 1 nachstehend in Form einer Merkmalsgliederung wiedergegeben.

1.1 Multifunktionale Anzeige- und Bedieneinrichtung für ein Kraftfahrzeug

1.2 mit einem Displayfeld (2) zur Anzeige von Informationen mindestens einer auszuwählenden und/oder einer ausgewählten Menü- und/oder Funktionszuweisung und

1.3 Bedienelementen (3) zur Menü- und/oder Funktionsauswahl, 1.4 wobei im Displayfeld (2) je nach aktuell ausgewählter Menü- und/oder Funktionszuweisung der Anzeige- und Bedieneinrichtung (1) ein lnformations-Panel (4) dargestellt ist, 1.4.1 das kleiner als das gesamte Displayfeld (2) ist, und 1.5 im verbleibenden Displayfeld (2a, 2b) Funktions- und/oder Statusanzeigen (6) generiert sind, 1.5.1 die in räumlicher Zuweisung zu den Bedienelementen (3) stehen,

[Oberbegriff] 1.6 wobei eine der im verbleibenden Displayfeld angezeigten und einem der Bedienelemente zugewiesene Funktion eine Rückkehrfunktion in das übergeordnete Menü ist, 1.7 wobei ein bidirektionaler Drehknopf (7) zur Bedienung von Bedienfunktionen, welche bereits mit vorhandenen Bedienelementen auswählbar sind, eingebunden ist.

[Kennzeichenteil]

5. Der vorstehend definierte Fachmann entnimmt diesem Patentanspruch eine Vorrichtung für ein Kraftfahrzeug, die entsprechend Merkmal 1.1 als eine multifunktionale Anzeige- und Bedieneinrichtung bezeichnet wird und die dazu geeignet ist mehrere verschiedene Bedieneinrichtungen des Kraftfahrzeugs zu bedienen. Dies können beispielsweise Komfortgeräte, wie Navigationseinrichtungen, Audiogeräte o.ä. aber auch Geräte zur Einstellung von Fahrzeugkomponenten sein (Beschreibung Seite 3, letzter Absatz).

Die multifunktionale Anzeige- und Bedieneinrichtung weist dabei im Wesentlichen ein Displayfeld zur Anzeige von Informationen mindestens einer auszuwählenden und/oder einer ausgewählten Menü- und/oder Funktionszuweisung (Merkmal 1.2) und Bedienelemente zur Menü- und/oder Funktionsauswahl (Merkmal 1.3) auf.

Im Displayfeld werden je nach aktuell ausgewählter Menü- und/oder Funktionszuweisung der Anzeige- und Bedieneinrichtung ein lnformations-Panel, welches kleiner als das gesamte Displayfeld ist (Merkmale 1.4 und 1.4.1), und im verbleibenden Displayfeld generierte Funktions- und/oder Statusanzeigen (Merkmal 1.5) dargestellt, wobei letztere derart in dem Displayfeld angeordnet sind, dass sie in räumlicher Zuweisung zu den Bedienelementen stehen (Merkmal 1.5.1). Die beanspruchte räumliche Zuweisung bewirkt hierbei, dass der Bediener in die Lage versetzt wird, die einem jeweiligen Bedienelement zugewiesene Menü- oder Funktionsauswahl an Hand der generierten Funktions- und/oder Statusanzeigen eindeutig zu identifizieren. Die räumliche Zuweisung ist somit gegeben, wenn sie deren bezweckte Wirkung erzielt.

Eine der im verbleibenden Displayfeld angezeigten und einem der Bedienelemente zugewiesene Funktion ermöglicht eine Rückkehrfunktion in das übergeordnete Menü (Merkmal 1.6). Ob es sich hierbei jedoch ausschließlich, wie die Beschwerdeführerin ausführt, um eine Rückkehrfunktion in das dem aktuell angezeigten Menü unmittelbar vorgeschaltete übergeordnete Menü oder aber auch um eine Rückkehrfunktion in ein dem unmittelbar vorgeschalteten übergeordneten Menü noch voranstehendes Menü, wie beispielsweise einem Grund- oder Hauptmenü, handelt, lässt dieses Merkmal offen.

Auch die von der Beschwerdeführerin zitierte Textpassage auf Seite 4 der geltenden Beschreibung zu einem Ausführungsbeispiel, wonach „mit diesem Bedienelement, …, der Fahrzeugführer eine menügeführte Umschaltung auf die übergeordnete Funktion bzw. das übergeordnete Menü vornehmen (kann)“, führt zu keiner anderen Bewertung. Denn der Beschreibung ist nicht zu entnehmen welche explizite Menüstruktur die multifunktionale Anzeige- und Bedieneinrichtung des Ausführungsbeispiels hat, da die angeführten Ausführungsbeispiele jeweils nur einzelne Teilaspekte in Form von Untermenüs einer nicht genauer definierten Gesamtheit offenbaren. Vorstehend beschriebener Rückkehrschritt zielt somit auf ein Menü, das nur durch dessen übergeordnete Funktion allgemein definiert werden kann – nicht aber in dessen Grad der Übergeordnetheit.

Zusätzlich zu den vorstehend genannten Bedienelementen ist in die multifunktionale Anzeige- und Bedieneinrichtung ein bidirektionaler Drehknopf eingebunden. Dieser zeichnet sich dadurch aus, dass er zur Bedienung von Bedienfunktionen benutzt wird, welche auch bereits mit den vorstehend genannten Bedienelementen auswählbar sind (Merkmal 1.7).

6. Die geltenden Patentansprüche 1 bis 12 sind zulässig.

So basiert der geltende Patentanspruch 1 auf den ursprünglichen Patentansprüchen 11 und 13, sowie dem Merkmal 1.7, welches der ursprünglichen Beschreibung auf Seite 3 entnommen ist. Die geltenden Patentansprüche 2 bis 11 entsprechen den ursprünglichen Patentansprüchen 12 sowie 14 bis 22 mit angepasster Nummerierung.

7. Der Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 ist gewerblich anwendbar und gegenüber dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik sowohl neu wie auch auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend.

So ist zwar aus der dem Gegenstand des geltenden Patentanspruch 1 am nächstliegenden Druckschrift D1 eine multifunktionale Anzeige- und Bedieneinrichtung für ein Kraftfahrzeug bekannt, welche in der Druckschrift D1 als zentrale Bedienungsein- und Informationsausgabe 1 für Zusatzgeräte von Fahrzeugen bezeichnet wird und mittels derer Zusatzgeräte wie Bordrechner, Navigationssystem, Klimasteuerung oder Autotelefon angesteuert werden können (Spalte 5, Zeilen 33 bis 44). Hierzu weist die Bedienungsein- und Informationsausgabe 1 ein Displayfeld (Anzeigeeinheit) 3 sowie zahlreiche um die Anzeigeeinheit 3 herum angeordnete Bedienelemente 15 bis 24 auf.

Die Anzeigeeinheit 3 ist hierbei ausweislich der Figuren 3 bis 6 je nach ausgewählter Menü- bzw. Funktionszuweisung jeweils in mehrere Bereiche unterteilt. Dies sind beispielsweise bezogen auf das in Figur 3 dargestellte Grundmenü ein mittig dargestelltes Informationsfeld 4 mit der Beschriftung „Informationssystem“, welches kleiner als die gesamte Anzeigeeinheit 3 ist, und mehrere im oberen und unteren Bereich der verbleibenden Anzeigeeinheit 3 angeordnete und von der zentralen Bedienungsein- und Informationsausgabe 1 generierte Funktionsanzeigen 5 bis 9 sowie 51 bis 55, die in räumlicher Zuweisung zu den Bedienelementen 15 bis 24 stehen (Spalte 5, Zeilen 14 bis 21 und Spalte 6, Zeilen 43 bis 54). Durch Betätigung beispielsweise eines der Bedienelemente 15 bis 19 gelangt der Bediener in ein dem Grundmenü untergeordnetes Menü entsprechend dem gewählten Bedienelement (Spalte 6, Zeilen 55 bis 60).

Damit sind aus der Druckschrift D1 die Merkmale 1.1 bis 1.5.1 vorbekannt. Es geht aus der Druckschrift D1 daher zunächst eine multifunktionale Anzeige- und Bedieneinrichtung für ein Kraftfahrzeug gemäß dem Oberbegriff des geltenden Patentanspruchs 1 hervor.

Darüber hinaus weist die zentrale Bedienungsein- und Informationsausgabe 1 eine Taste 25 auf, über die jederzeit und somit unabhängig von welchem aktuellen Untermenü heraus das Grundmenü und somit, wie vorstehend ausgeführt, ein übergeordnetes Menü angewählt werden kann (Spalte 6, Zeilen 21 bis 25). Ferner schlägt die Druckschrift D1 vor, Bedienelemente, wie Lautstärke oder Senderverstellung, des ebenfalls in der zentralen Bedienungsein- und Informationsausgabe 1 integrierten Radiogeräts alternativ als bidirektionalen Drehknopf auszuführen (Spalte 6, Zeilen 21 bis 41).

Im Unterschied zu dem Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 ist jedoch die der Taste 25 zugeordnete Funktion nicht wie in Merkmal 1.6 beansprucht in dem verbleibenden Displayfeld angezeigt, sondern sie befindet sich als Beschriftung unmittelbar auf der Konsole oberhalb der Taste 25 (Figur 3). Auch ist der bidirektionale Drehknopf des Radiogeräts nicht dazu ausgebildet, zur Bedienung von Bedienfunktionen verwendet werden zu können, die bereits mit vorhandenen Bedienelementen auswählbar sind, sondern alternativ vorhandene Bedienelemente ersetzt.

Der Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 ist somit neu gegenüber der Druckschrift D1.

Die Verlegung der Beschriftung der Taste 25 in das verbleibende Displayfeld drängt sich für den Fachmann im Rahmen einer benutzerspezifischen Anordnung der Bedienelemente und deren Funktions- und Statusanzeigen wohl noch auf, zumal dadurch sich auch kein neuer technischer Effekt ergibt, somit dieses Merkmal eine erfinderische Tätigkeit nicht zu begründen vermag. Jedoch ist in dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik explizit kein bidirektionaler Drehknopf zur Bedienung von Bedienfunktionen offenbart, welche gemäß Merkmal 1.7 bereits mit vorhandenen Bedienelementen auswählbar sind. Somit kann auch eine Kombination der im Verfahren befindlichen Druckschriften nicht zu dem Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 führen.

Ferner findet sich für den Fachmann in dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik auch kein Hinweis, der ihn veranlassen könnte, einen bidirektionalen Drehknopf, wie ihn neben der Druckschrift D1 auch die Druckschrift D6 (Bezugszeichen 2) offenbart, im Rahmen seines Fachwissens mit einer derartigen Doppelbelegung herzurichten. Um das Begehen eines von den bisher beschrittenen Wegen abweichenden Lösungswegs nicht nur als möglich, sondern dem Fachmann nahegelegt anzusehen, bedarf es - abgesehen von den Fällen, in denen für den Fachmann auf der Hand liegt, was zu tun ist – aber in der Regel zusätzlicher,

über die Erkennbarkeit des technischen Problems hinausreichender Anstöße, Anregungen, Hinweise oder sonstiger Anlässe dafür, die Lösung des technischen Problems auf dem Weg der Erfindung zu suchen (BGH, Urteil vom 30. April 2009 – Xa ZR 92/05 –, BGHZ 182, 1-10, BPatGE 51, 289; Betrieb einer Sicherheitseinrichtung).

Der Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 ist daher auch neu gegenüber den weiteren Druckschriften des im Verfahren befindlichen Standes der Technik, sowie er auch auf einer erfinderischen Tätigkeit gegenüber dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik beruht.

8. Mit ihm gilt dies auch für die konkreten Weiterbildungen nach den darauf rückbezogenen Patentansprüchen 2 bis 10, sowie für die Verwendung der Anzeigeund Bedienvorrichtung nach dem geltenden Patentanspruch 11.

9. Der Senat hat davon abgesehen, in der Sache selbst zu entscheiden und verweist die Sache nach § 79 (3) Satz 1 Nr. 3 PatG an das Patentamt zur weiteren Behandlung zurück, da neue entscheidungserhebliche Tatsachen bekannt geworden sind. Zu den neuen Tatsachen im Sinne dieser Vorschrift, die eine Zurückverweisung erforderlich machen können, kann auch eine Änderung des Patentbegehrens gehören, sofern Ansprüche, Beschreibung oder Zeichnungen so wesentlich geändert werden, dass der angefochtene Beschluss nicht mehr als eine Entscheidung über den geänderten Anmeldegegenstand angesehen werden kann. Dies gilt insbesondere dann, wenn das neu formulierte Begehren eine Nachrecherche erforderlich macht (vgl. Schulte, Patentgesetz, 9. Aufl., § 79, Rn. 27).

Eine solche Änderung liegt hier vor. Die Anmelderin hat in der mündlichen Verhandlung einen neuen Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag vorgelegt, in dem der der angefochtenen Zurückweisung zugrundeliegenden beanspruchte Gegenstand einer multifunktionalen Anzeige- und Bedienvorrichtung durch die Aufnahme des Merkmals 1.7 präzisiert worden ist. Wie vorstehend ausgeführt, handelt es sich beim Gegenstand des geltenden Patentanspruch 1 durch diese Beschränkung um einen anderen Gegenstand, der aus dem bisher ermittelten Stand der Technik nicht bekannt und auch nicht nahegelegt ist und der mithin für den Erfolg der Beschwerde entscheidungserheblich sein kann.

Da das Merkmal 1.7 aus der Beschreibung entnommen ist, hat das Patentamt, wie aus der Akte ersichtlich ist, zu diesem speziellen Gegenstand im Verfahren nach § 44 PatG für die Prüfung, ob der Anmeldungsgegenstand die Patentierungsvoraussetzungen nach §§ 3 und 4 PatG erfüllt, somit noch nicht recherchiert.

Nachdem vorliegend somit nicht ausgeschlossen werden kann, dass ein der Patenterteilung möglicherweise entgegenstehender Stand der Technik existiert und eine sachgerechte Entscheidung nur aufgrund einer vollständigen Recherche des relevanten druckschriftlichen Standes der Technik ergehen kann, wofür die Prüfungsstellen des Deutschen Patent- und Markenamts mit ihrem Prüfstoff und den ihnen zur Verfügung stehenden Recherchemöglichkeiten in Datenbanken berufen sind (vgl. Schulte, Patentgesetz, 9. Auflage, § 79, Rn. 16), ist die Sache zur weiteren Prüfung und Entscheidung nach § 79 (3) Satz 1 Nr. 3 PatG an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückzuverweisen. Diesbezüglich ist die vom Senat getroffene Auslegung verbindlich und bei der weiteren Prüfung zugrunde zu legen (§ 79 (3) Satz 2 PatG).

Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn sie auf einen der nachfolgenden Gründe gestützt wird, nämlich dass

1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, 2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, 3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, 4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat, 5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder 6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.

Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich einzulegen.

Hilber Paetzold Sandkämper Dr. Geier Ko

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