Paragraphen in 17 W (pat) 14/16
Sortiert nach der Häufigkeit
Häufigkeit | Paragraph | |
---|---|---|
1 | 100 | PatG |
Sortiert nach dem Alphabet
Häufigkeit | Paragraph | |
---|---|---|
1 | 100 | PatG |
BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 14/16 Verkündet am 13. März 2018
…
BESCHLUSS In der Beschwerdesache betreffend die Patentanmeldung 10 2013 004 922.9 …
hat der 17. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 13. März 2018 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Phys. Dr. Morawek, der Richterin Eder, des Richters Dipl.-Ing. Baumgardt und des Richters Dipl.-Ing. Hoffmann ECLI:DE:BPatG:2018:130318B17Wpat14.16.0 beschlossen:
-2Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe I.
Die vorliegende Patentanmeldung wurde am 22. März 2013 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereicht. Sie trägt die Bezeichnung:
„Integration eines PDM-Systems und eines ERP-Systems“.
Die Anmeldung wurde durch Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G 06 Q des Deutschen Patent- und Markenamts vom 2. Dezember 2015 zurückgewiesen. Die Prüfungsstelle begründet die Zurückweisung damit, dass der Gegenstand des damals geltenden Hauptanspruchs nicht gewährbar sei, da seine Lehre gemäß § 1 Abs. 3 i. V. m. Abs. 4 PatG vom Patentschutz ausgeschlossen sei.
Gegen diesen Beschluss ist die am 22. Dezember 2015 eingegangene Beschwerde der Anmelderin gerichtet.
Der Vertreter der Anmelderin beantragte,
den angegriffenen Beschluss aufzuheben und das nachgesuchte Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:
gemäß Hauptantrag mit Patentansprüchen 1 – 10 und Beschreibung Seiten 1 – 4a, jeweils vom 31.03.2014,
Beschreibung Seiten 5 – 11 und 2 Blatt Zeichnungen mit Figuren 1 – 3, jeweils vom 22.03.2013; gemäß Hilfsantrag mit Patentansprüchen 1 – 9 vom 01.03.2018, noch anzupassender Beschreibung und Zeichnungen mit Figuren wie Hauptantrag.
Er regte die Zulassung der Rechtsbeschwerde an.
Der geltende Patentanspruch 1 nach Hauptantrag (mit einer denkbaren Gliederung versehen) lautet:
1.
M1.0 Verfahren zur Integration eines PDM-Systems (1) und eines ERP-Systems (2), mit den Verfahrensschritten M1.1 Exportieren eines Satzes von PDM-Datenobjekten aus dem PDM-System (1), wobei die PDM-Datenobjekte Produktbeschreibungsdaten reprä- sentieren,
M1.2 Erzeugen eines durch wenigstens einen Graphen darstellbaren Objektnetzwerkes, wobei die Knoten (17, 20, 21, 22, 23) des Graphen durch die PDM- Datenobjekte gebildet werden, und M1.3 Verarbeiten der PDM-Datenobjekte zur Erzeugung und/oder Änderung von ERP-Datenobjekten in einer Datenbank (11) des ERP-Systems (2),
M1.3.1 wobei die ERP-Datenobjekte aus den PDM-Datenobjekten generiert werden und M1.3.2 wobei die Reihenfolge der Verarbeitung der PDM-Datenobjekte nach Maßgabe von gerichteten Kanten (18, 19, 24, 25, 26) des Objektnetzwerkes erfolgt,
M1.3.3 wobei diejenigen PDM-Datenobjekte, die in dem Objektdatennetzwerk nicht über gerichtete Kanten (18, 19, 24, 25, 26) verbunden sind, zur Erzeugung und/oder Änderung der ERP-Datenobjekte in der Datenbank (11) des ERP-Systems (2) parallel verarbeitet werden.
Zu den Ansprüchen 2 bis 10 des Hauptantrags wird auf die Akte verwiesen.
Der geltende Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag (mit einer denkbaren Gliederung und gekennzeichneten Unterschieden zu Anspruch 1 nach Hauptantrag versehen) lautet:
1.
M1.0 Verfahren zur Integration eines PDM-Systems (1) und eines ERP-Systems (2), mit den Verfahrensschritten M1.1‘ Exportieren eines Satzes von PDM-Datenobjekten aus dem PDM-System (1), wobei die PDM-Datenobjekte Produktbeschreibungsdaten als Ergebnis der Produktentwicklung repräsentieren, wobei jedes PDM-Datenobjekt einer der Objektklassen Entwicklungsänderung, Dokument, Stückliste oder Material zugeordnet ist,
M1.2‘ Erzeugen eines durch wenigstens einen Graphen darstellbaren Objektnetzwerkes, wobei die Knoten (17, 20, 21, 22, 23) des Graphen durch die PDM- Datenobjekte gebildet werden, wobei gerichtete Kanten (18, 19, 24, 25, 26)
des Objektnetzwerkes die Vernetzung der Produktbeschreibungsdaten abbilden, und M1.3 Verarbeiten der PDM-Datenobjekte zur Erzeugung und/oder Änderung von ERP-Datenobjekten in einer Datenbank (11) des ERP-Systems (2),
M1.3.1‘
wobei die ERP-Datenobjekte, die produktbeschreibende Datenobjekte zur Verwendung in der Produktion und Materialwirtschaft sind,
aus den PDM-Datenobjekten generiert werden und M1.3.2 wobei die Reihenfolge der Verarbeitung der PDM-Datenobjekte nach Maßgabe der von gerichteten Kanten (18, 19, 24, 25, 26) des Objektnetzwerkes erfolgt,
M1.3.3 wobei diejenigen PDM-Datenobjekte, die in dem Objektdatennetzwerk nicht über gerichtete Kanten (18, 19, 24, 25, 26) verbunden sind, zur Erzeugung und/oder Änderung der ERP-Datenobjekte in der Datenbank (11) des ERP-Systems (2) parallel verarbeitet werden.
Zu den Ansprüchen 2 bis 9 des Hilfsantrags wird auf die Akte verwiesen.
II.
Die Beschwerde wurde frist- und formgerecht eingelegt und ist auch sonst zulässig. Sie hat jedoch keinen Erfolg, da das Verfahren des jeweiligen Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag und nach Hilfsantrag 1 gemäß § 1 Abs. 1 i. V. m. Abs. 3 und 4 PatG vom Patentschutz ausgeschlossen ist.
1. Die vorliegende Patentanmeldung betrifft ein Verfahren und die entsprechenden Computerprogramme zur Integration eines PDM-Systems und eines ERP-Systems (vgl. geltende Beschreibung S. 1 Z. 5–7).
Aus dem Stand der Technik sei bekannt, dass sämtliche Informationen, die im Verlauf des Lebenszyklus eines Produkts anfallen, im Rahmen des Produktlebenszyklusmanagement (PLM) so aufeinander abgestimmt werden, dass alle Informationen in Form von entsprechenden Datenobjekten aufgezeichnet und verwaltet werden. Ein Teilbereich des PLM sei das Produktdatenmanagement (PDM). Darunter sei ein Konzept zu verstehen, mit dem die Daten und Dokumente, die als Ergebnis der Produktentwicklung entstehen, gespeichert und verwaltet werden und den nachgelagerten Phasen des Produktlebenszyklus zur Verfügung gestellt werden. Das PDM-System decke somit den Bereich der Produktentwicklung ab.
Im Bereich der Produktherstellung würden ERP-Systeme (Enterprise Resource Planning) verwendet. Diese würden für die Steuerung von Geschäftsprozessen in der Herstellung (Produktion und Materialwirtschaft) eingesetzt. Im Rahmen des PLM sei dabei die Integration von PDM-Systemen und ERP-Systemen von zentraler Bedeutung (vgl. geltende Beschreibung S. 1 Z. 8 – S. 3 Z. 18).
Der Anmeldung liegt die Aufgabe zugrunde (s. geltende Beschreibung S. 3 Z. 19–24), eine Möglichkeit zu schaffen, Datenobjekte, die innerhalb eines PDMSystems erzeugt und geändert werden, in einem ERP-System verfügbar zu machen. Der Datentransfer soll möglichst schnell, d. h. datenverarbeitungstechnisch effizient, und aus dem Entwicklungsprozess getrieben möglichst ohne manuelle Eingriffe seitens der Benutzer der Systeme, d. h. automatisch erfolgen.
Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt der Patentanspruch 1 nach Hauptantrag ein Verfahren zur Integration eines PDM-Systems und eines ERP-Systems vor (Merkmal M1.0). Gemäß dem Verfahren wird ein Satz von PDM-Datenobjekten aus dem PDM-System exportiert, wobei die PDM-Datenobjekte Produktbeschreibungsdaten repräsentieren (Merkmal M1.1). Anschließend wird ein durch wenigstens einen Graphen darstellbares Objektnetzwerkes erzeugt, wobei die Knoten des Graphen durch die PDM-Datenobjekte gebildet werden (Merkmal M1.2). Die PDM-Datenobjekte werden zur Erzeugung und/oder Änderung von ERP-Datenobjekten in einer Datenbank des ERP-Systems verarbeitet (Merkmal M1.3). Dabei werden die ERPDatenobjekte aus den PDM-Datenobjekten generiert (Merkmal M1.3.1), wobei die Reihenfolge der Verarbeitung der PDM-Datenobjekte nach Maßgabe von gerichteten Kanten des Objektnetzwerkes erfolgt (Merkmal M1.3.2). Bei dieser Verarbeitung werden diejenigen PDM-Datenobjekte, die in dem Objektdatennetzwerk nicht über gerichtete Kanten verbunden sind, zur Erzeugung und/oder Änderung der ERP-Datenobjekte in der Datenbank des ERP-Systems parallel verarbeitet (Merkmal M1.3.3).
Gemäß Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 repräsentieren die PDM-Datenobjekte Produktbeschreibungsdaten als Ergebnis der Produktentwicklung, wobei jedes PDM-Datenobjekt einer der Objektklassen Entwicklungsänderung, Dokument, Stückliste oder Material zugeordnet ist (Merkmal M1.1‘). Weiterhin werden bei der Erzeugung des Graphen gerichtete Kanten gebildet, wobei gerichtete Kanten des Objektnetzwerkes die Vernetzung der Produktbeschreibungsdaten abbilden (Merkmal M1.2‘). Schließlich sind die ERP-Datenobjekte produktbeschreibende Datenobjekte zur Verwendung in der Produktion und Materialwirtschaft (Merkmal M1.3.1‘).
Als Fachmann, der mit der Aufgabe betraut wird ein Verfahren für die Integration von Daten, d. h. für die Umwandlung und Übertragung von Daten zu verbessern, ist ein Programmierer oder Informatiker mit Erfahrung in der Erstellung von Programmen für Schnittstellen – insbesondere für die Datenportierung zwischen Softwareanwendungen – anzusehen.
2. Das Verfahren des jeweiligen Patentanspruchs 1 ist vom Patentschutz ausgeschlossen. Bei den beanspruchten Verfahren handelt es sich nämlich um Programme für Datenverarbeitungsanlagen als solche (§ 1 Abs. 1 i. V. m. Abs. 3 und 4 PatG).
2.1. In den beanspruchten Verfahren des jeweiligen Anspruchs 1 können keine Anweisungen bzw. Merkmale erkannt werden, die der Lösung eines konkreten technischen Problems mit technischen Mitteln dienen.
Gemäß der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist bei der Prüfung, ob ein Ausschlusstatbestand vorliegt darauf abzustellen, ob ein konkretes technisches Problem mit technischen Mitteln gelöst wird (BGH in GRUR 2010, 613 – Dynamische Dokumentengenerierung, BGH in GRUR 2011, 610 – Webseitenanzeige).
Ein technisches Mittel zur Lösung eines technischen Problems liegt vor, wenn Gerätekomponenten modifiziert oder grundsätzlich abweichend adressiert werden, wenn der Ablauf eines zur Problemlösung eingesetzten Datenverarbeitungsprogramms durch technische Gegebenheiten außerhalb der Datenverarbeitungsanlage bestimmt wird oder wenn die Lösung gerade darin besteht, ein Datenverarbeitungsprogramm so auszugestalten, dass es auf die technischen Gegebenheiten der Datenverarbeitungsanlage Rücksicht nimmt (BGH a. a. O. – Dynamische Dokumentengenerierung, BGH a. a. O. – Webseitenanzeige).
Welches Problem durch eine Erfindung gelöst wird, ist objektiv danach zu bestimmen, was die Erfindung tatsächlich leistet (BGH in GRUR 2005, 141 – Anbieten interaktiver Hilfe).
2.1.1. Keinem der einzelnen Teilschritte des beanspruchten Verfahrens gemäß Patentanspruch 1 des Hauptantrags liegt ein technisches Problem zugrunde.
Bei dem Verfahren zur Integration eines PDM-Systems und eines ERP-Systems handelt es sich um ein Verfahren zur Übertragung von Daten aus dem PDM-System in das ERP-System (Merkmal M1.0), wobei das PDM System ein Anwendungsprogramm für das Produktdatenmanagement und das ERP-System ein Anwendungsprogramm für die Steuerung von Geschäftsprozessen ist. Somit betrifft dieses Merkmal, ebenso wie der in das Verfahren eingeschlossene Export eines Satzes von PDM-Datenobjekten (Merkmal M1.1), die Datenübertragung zwischen zwei Programmen. Eine besondere technische Ausgestaltung der Anwendungsprogramme oder der Schnittstelle ist nicht zu erkennen. Dass es sich bei den übertragenen Daten um PDM-Datenobjekte handelt, die Produktbeschreibungsdaten repräsentieren, hat auf die technische Ausgestaltung des Übertragungsvorgangs bzw. des verwendeten Übertragungsprotokolls keinen Einfluss. Somit handelt es sich um die bestimmungsgemäße Verwendung einer Datenverarbeitungsanlage zum Übertragen von Daten.
Nachdem die Daten in dem ERP-System vorliegen, erfolgt die Erzeugung eines durch einen Graphen darstellbaren Objektnetzwerkes, bei dem die Knoten des Graphen durch die PDM-Datenobjekte gebildet werden (Merkmal M1.2). Hierfür werden die Daten in ihre Bestandteile zerlegt und mit Hilfe einer in einem Programm auszuführenden Rechenregel neu geordnet, d. h. in Form eines Graphen mit Knoten und Kanten angeordnet. Dieser Verfahrensschritt erfordert sonach die Analyse und das Zerlegen der Ursprungsdaten, wobei aus den PDM-Datenobjekten die Knoten und die Beziehungen zwischen den Knoten (die Kanten) ermittelt werden. Anschließend erfolgt die Neuordnung der Daten in einem Objektnetzwerk durch ein Programm. Damit ist auch in diesem Merkmal lediglich die Verarbeitung von Daten durch ein Programm in einem Rechner beschrieben.
Gleiches gilt für die Verarbeitung der PDM-Datenobjekte zur Erzeugung und/oder Änderung von ERP-Datenobjekten in einer Datenbank des ERP-Systems, bei der die ERP-Datenobjekte aus den PDM-Datenobjekten generiert werden und bei der die Reihenfolge der Verarbeitung der PDM-Datenobjekte nach Maßgabe von gerichteten Kanten des Objektnetzwerkes erfolgt (Merkmale M1.3, M1.3.1 und M1.3.2). Denn auch hier werden die Ursprungsdaten zerlegt, analysiert und in einer neuen Struktur in Form eines Graphen angeordnet bzw. wird der Graph, d. h. die Inhalte der Datenfelder des Graphen (Knoten- und Kantenwerte) an geänderte Daten angepasst indem diese mit einem Programmalgorithmus erstmalig berechnet bzw. neu berechnet werden. Die Verarbeitungsreihenfolge wird hierzu bei der Analyse der Ursprungsdaten aus diesen ausgelesen und abgeleitet. Damit gehen auch diese Merkmale nicht über den bestimmungsgemäßen Einsatz einer Datenverarbeitungsanlage zur Berechnung von Werten mittels eines Programms hinaus. Die in Merkmal M1.3.3 angegebene parallele Verarbeitung ist nicht anders zu beurteilen. Gemäß diesem Merkmal erfolgt dabei eine Prüfung der Abhängigkeiten der Rechenvorschriften, die sich aus den Ursprungsdaten ergeben. Zeigt diese Prüfung, dass zwei Knoten unabhängig voneinander erstmalig berechnet bzw. neu berechnet werden können, so wird die Erzeugung bzw. die Neuberechnung der beiden Knoten parallel ausgeführt. Somit liegt auch hier keine Lösung eines technischen Problems mit technischen Mitteln vor, da der Verfahrensschritt nur die parallele Ausführung eines Rechenschrittes und damit die bestimmungsgemäße Verwendung einer Datenverarbeitungsanlage erfordert.
Somit erschöpfen sich die eingesetzten Mittel, mit denen ein Übertragen von Daten, die anschließende Organisation in einer Struktur (Graph), eine Anwendung von Rechenvorschriften auf diese Daten zur parallelen Aktualisierung der Daten sowie das Speichern der Daten in der entsprechenden Struktur ausgeführt wird, in einem Datenverarbeitungsprogramm. Zur Durchführung wird eine Datenverarbeitungsanlage in bestimmungsgemäßer Weise genutzt; darüber hinausgehende technische Mittel werden nicht eingesetzt. Es wird auch in keiner Weise auf besondere technische Gegebenheiten außerhalb der Datenverarbeitungsanlage oder der Datenverarbeitungsanlage selbst Rücksicht genommen (vgl. BGH a. a. O. – Dynamische Dokumentengenerierung und BGH a. a. O. – Webseitenanzeige).
Dem Patentanspruch 1 nach Hauptantrag sind somit keine Anweisungen zur Lösung eines technischen Problems mit technischen Mitteln zu entnehmen.
2.1.2. Ebenso liegt keinem der zusätzlichen Teilmerkmale des beanspruchten Verfahrens gemäß Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag ein technisches Problem zugrunde.
Von Patentanspruch 1 nach Hauptantrag unterscheidet sich dieser Anspruch durch Ergänzungen in den Merkmalen M1.1‘, M1.2‘ und M1.3‘.
Gemäß der ersten Ergänzung sind die durch die PDM-Datenobjekte repräsentierten Produktbeschreibungsdaten das Ergebnis der Produktentwicklung, wobei jedes PDM-Datenobjekt einer der Objektklassen Entwicklungsänderung, Dokument, Stückliste oder Material zugeordnet ist (Merkmal M1.1‘).
Eine Objektklasse wird in der objektorientierten Programmierung verwendet. Dabei entsprechen die einzelnen Datenobjekte sogenannten Softwareobjekten, die in Klassen unterteilt sind. Jedes Softwareobjekt innerhalb einer Klasse beschreibt Attribute (Eigenschaften) und Methoden (Verhaltensweisen) der Objekte. Allgemein gesprochen entspricht somit eine Klasse dem Datentyp eines Objekts. Die Implementierung von Objektklassen für deren Verwendung in einer Datenbank bzw. in einem Programm beruht allein auf Programmierüberlegungen, um eine Struktur der Daten zu erreichen. Die Zuordnung der Datenobjekte zu den vorgegebenen Klassen erfolgt mit Hilfe eines Algorithmus in einem Program, wobei die in den Objekten enthaltenen Eigenschaften und Rechenregeln berücksichtigt werden. Der Name der Objektklasse hat dabei keinen Einfluss auf die verwendeten Daten bzw. auf die Verarbeitung und Zuordnung der Daten. Eine über die üblichen Verarbeitungsschritte in einem Rechner hinausgehende Lehre ist nicht zu entnehmen.
Weiterhin ist beansprucht, dass die gerichteten Kanten des Objektnetzwerkes die Vernetzung der Produktbeschreibungsdaten abbilden (Merkmal M1.2‘).
Eine gerichtete Kante in einem Graphen beschreibt eine Rechenregel, die ausgehend von einem Startknoten auf Daten angewendet wird und zu einem Zielknoten führt. Die Rechenregeln werden demnach mit einem Programm aus den Ursprungsdaten extrahiert und in der Struktur eines Graphen als gerichtete Kanten abgelegt. Somit ist auch diesem Merkmal keine Lehre zu entnehmen, die über die üblichen Verarbeitungsschritte in einem Rechner hinausgeht.
Die letzte Ergänzung gibt an, dass die ERP-Datenobjekte produktbeschreibende Datenobjekte zur Verwendung in der Produktion und Materialwirtschaft sind (Merkmal M1.3.1‘).
Ein ERP-System ist ein Anwendungsprogramm für die Steuerung von Geschäftsprozessen. Aus der Art der Datenobjekte, die in einem derartigen Programm verwendet werden, lässt sich jedoch noch keine technische Wirkung ableiten. Diese wäre erst durch ein nachgelagertes Produktionssystem, welches spezielle Daten für den Ablauf der technischen Steuerung benötigt, gegeben. Auch diesem Merkmal ist sonach keine Lehre zu entnehmen, die über die üblichen Verarbeitungsschritte in einem Rechner hinausgeht.
Somit ist der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag nicht anders zu beurteilen als der Patentanspruch 1 nach Hauptantrag.
2.2. Der Vertreter der Anmelderin führte aus, dass dem vorliegenden Patentbegehren eine technische Aufgabe zugrunde liege, welche mit technischen Mitteln gelöst würde.
Die Aufgabe sei es, Datenobjekte, die innerhalb eines PDM-Systems erzeugt und geändert werden, in einem ERP-System verfügbar zu machen, wobei der Datentransfer möglichst schnell, d. h. datenverarbeitungstechnisch effizient erfolgen soll. Hierzu stellte er dar, dass der Produktlebenszyklus, auf den sich die Anmeldung bezieht, bereits einen konkreten Bezug zur Technik aufweise. Dieser konkrete Bezug werde auch durch die BGH-Rechtsprechung gestützt, nach der ein technisches Mittel vorliegt, wenn der Ablauf eines Programms durch technische Gegebenheiten außerhalb der Datenverarbeitungsanlage bestimmt wird oder wenn die Lösung gerade darin besteht, ein Datenverarbeitungsprogramm so auszugestalten, dass es auf technische Gegebenheiten der Datenverarbeitungsanlage Rücksicht nimmt. Beide Bedingungen seien durch die Angaben im Hauptantrag und insbesondere durch die Ergänzungen im Hilfsantrag erfüllt, da hier die Steuerung eines Produktionsprozesses auf Basis technischer Daten beansprucht werde und durch die parallele Verarbeitung auf die Gegebenheiten der Datenverarbeitungsanlage Rücksicht genommen werde. Dabei verwies er bezüglich der parallelen Verarbeitung auf die BGH-Rechtsprechung (BGH a. a. O. – Dynamische Doku- mentengenerierung), welche analog zur vorliegenden Anmeldung anzuwenden sei.
Diese Darstellungen können die patentrechtliche Beurteilung nicht ändern.
Der Ablauf des Datenverarbeitungsprogramms wird nicht durch technische Gegebenheiten außerhalb der Datenverarbeitungsanlage bestimmt, denn die beanspruchten Verfahrensanweisungen gehen nicht über die Übermittlung, Verarbeitung und Speicherung von Daten hinaus. Die in dem PDM-System vorhandenen Daten werden exportiert (übertragen) und in dem ERP-System aufbereitet (verarbeitet) und gespeichert, wobei es dem Fachmann überlassen wird, wie er die programmtechnische Ausgestaltung implementiert. So werden die Eingangsdaten, d. h. die PDM–Datenobjekte, nicht durch geeignete Messeinrichtungen erfasst, sondern die Informationen werden vielmehr aus den bereits vorhandenen oder durch einen Benutzer eingegebenen Daten abgeleitet (BGH a. a. O. – Webseitenanzeige). Auch den Ausgangsdaten, d. h. den ERP-Datenobjekten, ist kein technischer Bezug zuzugestehen, da die Verwendung der Daten für eine Steuerung eines Produktionsprozesses lediglich einen möglichen Verwendungszweck beschreibt. Derartige Zweckangaben können als Bestandteile eines Patentanspruchs teilnehmen, wenn sie das Vorrichtungselement auf das sie sich beziehen, als ein solches definieren, das so ausgebildet sein muss, dass es die betreffende Funktion erfüllen kann (BGH GRUR 2006, 923 – „Luftabscheider für Milchsammelanlage“). Die Produktionssteuerung, für die die Daten verwendet werden, ist jedoch in dem vorliegenden Anspruch als solche nicht zur Ausfüllung der (Produktions)-Funktion ausgebildet.
Auch besteht die Lösung nicht darin, ein Datenverarbeitungsprogramm so auszugestalten, dass es auf technische Gegebenheiten der Datenverarbeitungsanlage Rücksicht nimmt.
Nach der zitierten Entscheidung (BGH a. a. O. – Dynamische Dokumentengenerierung) ist ein Datenverarbeitungsprogramm patentierbar, wenn die Lösung gerade darin besteht, ein Datenverarbeitungsprogramm so auszugestalten, dass es auf die technischen Gegebenheiten der Datenverarbeitungsanlage Rücksicht nimmt. Dabei bezieht sich die Entscheidung auf einen Leitrechner, der in seinen Ressourcen limitiert ist (technische Gegebenheit der Datenverarbeitungsanalge). Die Ausgestaltung des Programms der zitierten Entscheidung besteht dabei in der Verwendung eines beschränkten Befehlssatzes, der die Generierung eines Dokuments auch durch den in seinen Ressourcen limitierten Leitrechner ermöglicht. Somit bezieht sich diese Entscheidung auf ein Programm, welches einen besonderen Befehlssatz verwendet, der an die Hardwareausstattung des Rechners angepasst ist. Eine Anpassung des Programms an eine spezielle Hardwareausstattung des Rechners findet im vorliegenden Fall jedoch nicht statt. Vielmehr führt das Programm eine Prüfung der Beziehungen (Kanten) zwischen den PDM-Datenobjekten durch. Falls diese Prüfung ergibt, dass zwischen den PDM-Datenobjekten keine direkte Beziehung vorhanden ist, werden diese PDM-Datenobjekte parallel verarbeitet. Die parallele Verarbeitung ist somit nicht auf eine spezielle Rechnerarchitektur ausgerichtet, sondern bewirkt, dass durch eine geschickte Programmierung eine schnellere Verarbeitung unabhängig von der verwendeten Hardware erfolgt.
Schließlich führt auch die vorgetragene Überlegung, dass die PDM-Datenobjekte als „technische Daten“ die Basis für die Steuerung eines Produktionsprozesses bilden, zu keiner anderen Beurteilung. Dass die PDM-Datenobjekte nunmehr „Produktbeschreibungsdaten“ und somit „technische Daten“ repräsentieren, macht aus der beanspruchten Lehre keine „technische Lehre“ (vgl. BGH GRUR 2005, 143 – Rentabilitätsermittlung). Denn auf die Natur der Daten geht der Patentanspruch nicht ein; keines der Anspruchsmerkmale nimmt irgendeinen Bezug auf eine technische Natur der Daten. Die beanspruchte Lehre beschränkt sich darauf, die Daten zu verarbeiten: ihre Natur ist ohne Belang. Konkrete Schritte, wie aus Produktbeschreibungsdaten ein Produktions-Graph erstellt werden kann (was möglicherweise technische Überlegungen beinhalten könnte), werden weder beansprucht noch beschrieben.
Da mit dem beanspruchten Verfahren ein Datenverarbeitungsproblem durch Maßnahmen aus dem Bereich der reinen Informatik gelöst wird, liegt keine „schutzwürdige Bereicherung der Technik vor“ (BGH in GRUR 2002, 143 – Suche fehlerhafter Zeichenketten; BGH in GRUR 2004, 667 – Elektronischer Zahlungsverkehr).
3. Mit dem jeweiligen Anspruch 1 nach Hauptantrag und nach Hilfsantrag 1 fallen auch die übrigen Patentansprüche, da über einen Antrag nur einheitlich entschieden werden kann (BGH in GRUR 1997, 120 – Elektrisches Speicherheizgerät).
4. Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen.
Eine Zulassung der Rechtsbeschwerde erfolgt von Amts wegen. Sie ist zuzulassen, wenn eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden ist oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erfordert (§ 100 Abs. 2 PatG). Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, über die noch keine Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vorliegt, wird mit der vorliegenden Anmeldung nicht aufgeworfen. Eine vom vorliegenden Beschluss abweichende Rechtsprechung eines anderen Senats des Bundespatentgerichts ist ebenfalls nicht erkennbar.
Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass
1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, 2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, 3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, 4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat, 5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder 6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich einzulegen.
Dr. Morawek Eder Baumgardt Hoffmann Fa
Urheber dieses Dokuments ist das Bundespatentgericht. Nach § 5 UrhG geniessen Entscheidungen und Gesetze keinen urheberrechtlichen Schutz. Auflagen des Gerichts können aber die kommerzielle Verwertung einschränken. In Anlehnung an Creative Commons Lizenzen ist die Nutzung mit einer CC BY-NC-SA 3.0 DE Lizenz vergleichbar. Bitte beachten Sie, dass diese Entscheidung urheberrechtlich geschützte Abbildungen enthalten kann. Vor einer Nutzung - über die reine Wiedergabe der Entscheidung hinaus - sind in solchen Fällen entsprechende Nutzungsrechte bei den jeweiligen Rechteinhabern einzuholen.
Häufigkeit | Paragraph | |
---|---|---|
1 | 100 | PatG |
Häufigkeit | Paragraph | |
---|---|---|
1 | 100 | PatG |
Der nachfolgende Link führt Sie zum originalen Dokument. Aufgrund der technischen Natur des Internets ist es möglich, dass der Link zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr gültig ist. Bitte haben Sie dafür Verständnis, dass wir nicht alle Links einer ständigen Prüfung unterziehen können.
Öffnen