19 W (pat) 5/19
BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 5/19 Verkündet am 29. Juli 2019
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BESCHLUSS In der Beschwerdesache betreffend das Patent 102 31 131 …
ECLI:DE:BPatG:2019:290719B19Wpat5.19.0
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hat der 19. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 29. Juli 2019 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Ing. Kleinschmidt, der Richterin Kirschneck sowie der Richter Dipl.-Phys. Dipl.-Wirtsch.-Phys. Arnoldi und Dipl.-Phys. Dr. Haupt beschlossen:
1. Auf die Beschwerde der Patentinhaberin wird der Beschluss der Patentabteilung 1.56 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 10. Mai 2016 aufgehoben und das Patent 102 31 131 mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrechterhalten:
Patentansprüche 1 bis 8 gemäß Hilfsantrag 1 vom 10. Mai 2016,
Beschreibung und Zeichnungen wie erteilt.
2. Die weitergehende Beschwerde der Patentinhaberin wird zurückgewiesen.
Gründe I.
Auf die am 10. Juli 2002 eingereichte Anmeldung ist mit Beschluss vom 8. Mai 2014 das Patent 102 31 131 mit der Bezeichnung „Armaturenbrett für ein Fahrzeug“ erteilt worden. Die Veröffentlichung der Patenterteilung ist am 28. August 2014 erfolgt.
Gegen das Patent hat die Einsprechende mit Schriftsatz vom 26. Mai 2015, eingegangen beim Deutschen Patent- und Markenamt am 28. Mai 2015, Einspruch erhoben und beantragt, das Patent vollständig zu widerrufen.
Die Einsprechende macht geltend, dass der Gegenstand des Patents nach den §§ 1 bis 5 PatG nicht patentfähig sei (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG) und der Gegenstand des Patents über den Inhalt der ursprünglich eingereichten Anmeldung hinausgehe (§ 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG).
Sie verweist auf zahlreiche Schriften, u. a. auf:
D1 WO 01/07297 A1 D5 DE 199 37 373 A1 D9 US 5 744 776 A D15 US 5 611 564 A D16 DE 100 06 483 A1.
Die Patentinhaberin widerspricht und verteidigt das Patent in der erteilten Fassung, hilfsweise in Fassungen nach Hilfsanträgen 1 bis 4.
Mit am Ende der Anhörung vom 10. Mai 2016 verkündetem Beschluss hat die Patentabteilung 1.56 des Deutschen Patent- und Markenamts das Patent widerrufen. In der schriftlichen Begründung vom 27. Juni 2016 ist ausgeführt, dass in der erteilten Fassung sowie in den Fassungen nach den Hilfsanträgen 1 und 2 der Gegenstand des Patents über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgehe und in den Fassungen nach den Hilfsanträgen 3 und 4 der Schutzbereich des Patents erweitert sei.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Patentinhaberin vom 21. Juli 2016.
Die Patentinhaberin beantragt,
den Beschluss der Patentabteilung 1.56 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 10. Mai 2016 aufzuheben und das Patent 102 31 131 im erteilten Umfang aufrechtzuerhalten,
hilfsweise mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrechtzuerhalten: Patentansprüche 1 bis 8 gemäß Hilfsantrag 1 vom 10. Mai 2016,
weiter hilfsweise, Patentansprüche 1 bis 8 gemäß Hilfsantrag 2 vom 10. Mai 2016,
weiter hilfsweise, Patentansprüche 1 bis 8 gemäß Hilfsantrag 3 vom 10. Mai 2016,
weiter hilfsweise, Patentansprüche 1 bis 8 gemäß Hilfsantrag 4 vom 10. Mai 2016,
Beschreibung und Zeichnungen zu den Hilfsanträgen jeweils wie erteilt.
Die Einsprechende beantragt,
die Beschwerde der Patentinhaberin zurückzuweisen.
Der erteilte, nach Hauptantrag der Patentinhaberin geltende Anspruch 1 lautet:
1. Armaturenbrett für ein Fahrzeug mit einem Verbund aus einer ersten Schicht (1) aus Leder oder künstlichem Leder, die im Bereich einer Reißnaht zum Entfalten eines Airbags ungeschwächt ist und die als oberste Schicht an den Innenraum des Fahrzeugs angrenzt, und einer zweiten Schicht (2)
aus einem Gewebe, die zur Verstärkung der ersten Schicht (1) über die gesamte Fläche der ersten Schicht (1) an deren Rückseite angebracht ist, wobei die zweite Schicht (2) eine Schwächung (3) aufweist, um den Verlauf der Reißnaht beim Entfalten des Airbags vorzugeben, und einer dritten Schicht (4), die an der zweiten Schicht (2) angebracht ist und aus einem Abstandsgewirke, Schaumstoff oder einer Kombination von Abstandsgewirke/Schaumstoff aufgebaut ist.
In der Fassung nach Hilfsantrag 1 vom 10. Mai 2016 lautet der Anspruch 1:
1. Armaturenbrett für ein Fahrzeug, mit einer Airbagabdeckung mit einem Verbund aus einer ersten Schicht (1) aus Leder oder künstlichem Leder, die im Bereich einer Reißnaht zum Entfalten eines Airbags ungeschwächt ist und die als oberste Schicht an den Innenraum des Fahrzeugs angrenzt, und einer zweiten Schicht (2) aus einem Gewebe, die zur Verstärkung der ersten Schicht (1) über die gesamte Fläche der ersten Schicht (1) an deren Rückseite angebracht ist, wobei die zweite Schicht (2) eine Schwächung (3) aufweist, um den Verlauf der Reißnaht beim Entfalten des Airbags vorzugeben, und einer dritten Schicht (4), die an der zweiten Schicht (2) angebracht ist und aus einem Abstandsgewirke, Schaumstoff oder einer Kombination von Abstandsgewirke/Schaumstoff aufgebaut ist.
Wegen weiterer Einzelheiten, insbesondere wegen des Wortlauts der Ansprüche nach den übrigen Hilfsanträgen, wird auf die Akte verwiesen.
II.
1. Die statthafte und auch sonst zulässige Beschwerde der Patentinhaberin hat nur teilweise Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angegriffenen Beschlusses und zu einer beschränkten Aufrechterhaltung des Patents in der Fassung nach Hilfsantrag 1 vom 10. Mai 2016.
2. Der Einspruch ist zulässig (§ 59 Abs. 1 PatG), insbesondere ist der Einspruch fristgerecht eingegangen sowie ausreichend substantiiert (vgl. BGH, Beschluss vom 13. März 2003, X ZB 4/02, GRUR 2003, 695 – Automatisches Fahrzeuggetriebe).
3. Das Streitpatent betrifft ein Armaturenbrett für ein Fahrzeug.
In der Streitpatentschrift ist angegeben, dass aus dem Stand der Technik ein Armaturenbrett bekannt sei, bei dem Leder als oberste Schicht im Bereich der Reißnaht durch einen Streifen gezielt geschwächt sei, so dass das Armaturenbrett in diesem Bereich des Leders aufreiße, wenn sich ein Airbag im Bedarfsfall aufblase, um den Insassen des Fahrzeugs zu schützen. Spätestens unter Wärme und Feuchtigkeitseinfluss sowie zumindest unter Langzeiteinwirkung werde jedoch der gezielt geschwächte Bereich, d. h. die Naht im Armaturenbrett, nach und nach durch die Einwirkung von Sonne und Temperaturschwankungen vermehrt sichtbar (Absätze 0002 und 0003).
Der Erfindung liege daher das technische Problem zu Grunde, ein Armaturenbrett bereitzustellen, wobei keine sichtbare Naht entstehe, die Naht auch bei Temperatur- und Feuchtigkeitseinfluss sowie Langzeitalterung unsichtbar bleibe, und wobei die Airbagfunktionalität, d. h. das Aufreißen beim Auslösen bzw. Aufblasen des Airbags, beibehalten werde (Absatz 0005).
Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt Anspruch 1 in der erteilten Fassung ein Armaturenbrett mit folgenden Merkmalen vor:
Armaturenbrett für ein Fahrzeug 2 mit einem Verbund 3 aus einer ersten Schicht (1) aus Leder oder künstlichem Leder, 3.1 die im Bereich einer Reißnaht zum Entfalten eines Airbags ungeschwächt ist 3.2 und die als oberste Schicht an den Innenraum des Fahrzeugs angrenzt, 4 und einer zweiten Schicht (2) aus einem Gewebe, 4.1 die zur Verstärkung der ersten Schicht (1) über die gesamte Fläche der ersten Schicht (1) an deren Rückseite angebracht ist, 4.2 wobei die zweite Schicht (2) eine Schwächung (3) aufweist, um den Verlauf der Reißnaht beim Entfalten des Airbags vorzugeben, 5 und einer dritten Schicht (4), 5.1 die an der zweiten Schicht (2) angebracht ist 5.2 und aus einem Abstandsgewirke, Schaumstoff oder einer Kombination von Abstandsgewirke/Schaumstoff aufgebaut ist.
Die Lösung gemäß Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 vom 10. Mai 2016 unterscheidet sich von der im erteilten Anspruch 1 dadurch, dass das Merkmal 1 wie folgt gefasst ist:
1a Armaturenbrett für ein Fahrzeug, mit einer Airbagabdeckung Nach den Ausführungen in der Streitpatentschrift liege der vorgeschlagenen Lösung der Gedanke zu Grunde, dass auf Grund der eingeschränkten Dehnfähigkeit der beiden miteinander verbundenen Schichten, nämlich der ersten Schicht und der an deren Rückseite angebrachten zweiten Schicht, der Verbund in dem Bereich aufreiße, in welchem lediglich der Schwächungsbereich der zweiten Schicht vorliege, wenn der Airbag im Bedarfsfall ausgelöst werde. Durch die beim Aufblasen des Airbags auftretenden Kräfte entstehe in der ersten Schicht an der Stelle, an welcher der Schwächungsbereich der zweiten Schicht angrenze, somit eine große Kerbwirkung, so dass dadurch der Verlauf der Reißnaht gezielt vorgegeben werde. Da jedoch die erste Schicht unversehrt sei und lediglich die zweite Schicht den Verlauf der Reißnaht vorgebe, sei die gewünschte Reißnaht über einen langen Zeitraum selbst unter Sonneneinwirkung und Temperaturschwankungen nicht sichtbar (Absatz 0007).
4. Vor diesem Hintergrund legt der Senat seiner Entscheidung als Fachmann einen Diplom-Ingenieur (FH) der Fachrichtung Maschinenbau bzw. einen Absolventen eines vergleichbaren Bachelor-Studienganges mit mehrjähriger Berufserfahrung auf dem Gebiet des Entwurfs von Airbagmodulen, insbesondere von Airbagabdeckungen, zu Grunde.
5. Einige Angaben im erteilten Anspruch 1 bedürfen der näheren Betrachtung.
a) Mangels Definition in der Streitpatentschrift versteht der Fachmann ein Armaturenbrett für ein Fahrzeug (Merkmal 1) fachüblich als Anzeige- oder Instrumententafel in die ein Airbag (auf Grund des Merkmals 3.1) integriert ist.
b) Die Anweisung, wonach das Armaturenbrett mit einem Verbund aus einer ersten, einer zweiten und einer dritten Schicht ausgeführt ist (Merkmale 2 bis 5), umfasst auch die Variante, dass sich dieser Verbund über das gesamte Armaturenbrett erstreckt.
c) Die Anweisung, dass die zweite Schicht über die gesamte Fläche der ersten Schicht an deren Rückseite angebracht ist (Merkmal 4.1), versteht der Fachmann in Verbindung mit den Anweisungen im Merkmal 4.2 und im erteilten Unteranspruch 5 dergestalt, dass die zweite Schicht bis auf Aussparungen über die gesamte Fläche der ersten Schicht an deren Rückseite angebracht ist.
d) Künstliches Leder (Merkmal 3) ist ein Lederimitat, in der Regel ein Verbund aus einem textilen Grundträger und einer Kunststoffdeckschicht.
e) Ein Abstandsgewirke (Merkmal 5.2) ist eine doppelflächige Textilie, bei der die kettengewirkten Warenflächen durch abstandshaltende Verbindungsfäden, sogenannte Polfäden, auf Distanz gehalten werden.
6. Die Patentabteilung hat im angegriffenen Beschluss zu Recht festgestellt, dass mit dem erteilten Anspruch 1 (Hauptantrag) der Gegenstand des Patents über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichte Fassung hinausgeht (§ 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG).
Ursprungsoffenbart ist eine Airbagabdeckung, die als Abdeckung des zusammengefalteten Airbags dient, der beispielsweise in ein Armaturenbrett eines Fahrzeugs integriert ist (Beschreibung vom Anmeldetag, Seite 1, Absatz 1). Eine solche Airbagabdeckung versteht der Fachmann als den Bereich eines Armaturenbretts, der die Funktion hat, einen Airbag abzudecken.
Für diese Airbagabdeckung ist eine Ausgestaltung mit einem Verbund aus einer ersten, zweiten und dritten Schicht ursprungsoffenbart (vgl. etwa die ursprünglichen Ansprüche 1, 2 und 9).
Hingegen ist es keiner Stelle der ursprünglich eingereichten Unterlagen zu entnehmen, dass das gesamte Armaturenbrett, also auch der Bereich des Armaturenbretts, der keine Airbagabdeckung darstellt, mit einem Verbund aus einer ersten, einer zweiten und einer dritten Schicht ausgeführt werden soll.
7. In der Fassung nach Hilfsantrag 1 vom 10. Mai 2016 kann das Streitpatent hingegen erfolgreich verteidigt werden, da diese Fassung in zulässiger Weise auf die ursprüngliche Anmeldung zurückgeht (§ 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG) sowie den Schutzbereich des Patents nicht erweitert (§ 22 Abs. 1 Alt. 2 PatG) und sich der Gegenstand des Patents in dieser Fassung als patentfähig erweist (§§ 3 und 4 PatG).
7.1 Die Ansprüche nach Hilfsantrag 1 vom 10. Mai 2016 gehen in zulässiger Weise auf den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichte Fassung zurück (§ 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG).
7.1.1 Mit dem Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 vom 10. Mai 2016 wird auf Grund des Merkmals 1a nunmehr ein Armaturenbrett für ein Fahrzeug mit einer Airbagabdeckung beansprucht, wobei die Airbagabdeckung mit einem Verbund aus einer ersten, zweiten und dritten Schicht entsprechend den Anweisungen in den übrigen Merkmalen des Anspruchs 1 ausgestaltet ist.
Insoweit ist die Anspruchsfassung nach Hilfsantrag 1 von der Ursprungsoffenbarung gedeckt, als – im Unterschied zur Fassung im Anspruch 1 nach Hauptantrag – nicht mehr das gesamte Armaturenbrett mit dem Schichtenverbund ausgestaltet sein kann, sondern lediglich der Bereich der Airbagabdeckung. Auch im Übrigen ist der Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 enger gefasst als die Ursprungsoffenbarung, da er nicht auf jedwede Airbagabdeckung gerichtet ist, wie in den ursprünglichen Unterlagen offenbart, sondern nur noch auf ein Armaturenbrett für ein Fahrzeug mit einer Airbagabdeckung bzw., anders ausgedrückt, auf eine Airbagabdeckung in einem Armaturenbrett für ein Fahrzeug (vgl. Beschreibung vom Anmeldetag, Seite 1, Absatz 1 und 3).
Die Anweisungen in den verschiedenen Merkmalen des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 sind wie folgt in den Anmeldeunterlagen offenbart:
1a 2, 3
3.1
3.2 4, 4.1 4.2
5, 5.1, 5.2 Beschreibung vom Anmeldetag, Seite 1, Absätze 1 und 3. Durch Aufbringen des Abstandsgewirkes 4 vor oder nach dem Aufbringen der zweiten Schicht 2 auf die erste Schicht 1, vgl. Beschreibung vom Anmeldetag, Seite 9, Absatz 2, Zeilen 9 bis 11, entsteht ein Verbund, vgl. Seite 7, Absatz 4, Zeilen 12 und 13. Die erste Schicht kann aus Leder oder künstlichem Leder aufgebaut sein, vgl. Ansprüche 5 und 6 vom Anmeldetag. Eine unveränderte erste Schicht 1, vgl. Beschreibung vom Anmeldetag, Seite 9, Absatz 3, Zeile 9, bzw. eine im Bereich einer Reißnaht zum Entfalten eines Airbags im Wesentlichen unversehrte erste Schicht 1, vgl. Anspruch 1, versteht der Fachmann als im Bereich einer Reißnaht zum Entfalten eines Airbags ungeschwächte Schicht. Eine erste Schicht 1, die an den Raum angrenzt, in welchen sich der Airbag im Bedarfsfall entfaltet, vgl. Anspruch 1 vom Anmeldetag, ist eine Schicht, die als oberste Schicht an den Innenraum des Fahrzeugs angrenzt. Ansprüche 1 und 2 vom Anmeldetag Eine zweite Schicht, die einen Schwächungsbereich aufweist, vgl. Anspruch 1 vom Anmeldetag, führt zu nichts anderem als einer zweiten Schicht, die eine Schwächung aufweist, vgl. Beschreibung vom Anmeldetag, Seite 2, Absatz 3, viertletzte Zeile. Entgegen der Auffassung der Einsprechenden beinhaltet die Angabe „Schwächungsbereich“ keine Vorgaben zur räumlichen Abmessung der Schwächung. Anspruch 9 vom Anmeldetag
7.1.2 Die Unteransprüche 2 bis 8 nach Hilfsantrag 1 vom 10. Mai 2016 betreffen nunmehr ein Armaturenbrett und sind zumindest mittelbar auf den Anspruch 1 rückbezogen.
Die Anweisungen in den Unteransprüchen nach Hilfsantrag 1 sind wie folgt in den Anmeldeunterlagen offenbart:
Anspruch 2 Anspruch 3 Anspruch 4 Anspruch 5 Anspruch 6 Anspruch 7 Anspruch 8 Anspruch 10 vom Anmeldetag Die Beschreibung vom Anmeldetag, Seite 9, letzter Absatz, Zeilen 1 bis 7, offenbart einen Schwächungsbereich 3 welcher vor oder nach dem Aufbringen der zweiten Schicht 2 an der ersten Schicht 1 durch die zweite Schicht 2 und durch das Abstandsgewirke 4 – also die dritte Schicht – hindurch verläuft, und der, wie in Figur 5 dargestellt, in Form von Aussparungen 3 ausgebildet ist. In der ursprünglichen Figur 5 ist ersichtlich, dass die Schwächung der dritten und zweiten Schicht in einem Querschnitt übereinstimmen. Die mit der Angabe „zumindest teilweise“ vorgenommene Verallgemeinerung, nach der die Übereinstimmung der Schwächung auch vollständig sein kann, ist auf Grund der Ursprungsoffenbarung zur Herstellung des Schwächungsbereichs, vgl. vorstehende Fundstellen, zulässig. Anspruch 7 vom Anmeldetag, Beschreibung, Seite 9, letzter Absatz, Zeilen 1 bis 7 und Figur 5 Beschreibung vom Anmeldetag, Seite 2, vorletzter Absatz, letzte Zeile Anspruch 3 vom Anmeldetag Anspruch 4 vom Anmeldetag
7.2 In der Fassung nach Hilfsantrag 1 vom 10. Mai 2016 ist der Schutzbereich des Patents nicht erweitert (§ 22 Abs. 1 Alt. 2 PatG), da mit dem Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 der Bereich des Armaturenbretts konkretisiert ist, der den Verbund aus einer ersten, zweiten und dritten Schicht aufweisen soll.
7.3 Der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 vom 10. Mai 2016 gilt als neu (§ 3 PatG).
7.3.1 Der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 vom 10. Mai 2016 ist gegenüber dem Stand der Technik nach der Schrift WO 01/07297 A1 (= D1) neu.
Die Schrift D1 beschreibt verschiedene Ausführungsbeispiele einer Airbagklappe in einer Armaturentafel.
Im ersten Ausführungsbeispiel nach Figur 4 ist zwischen dem Verbund aus Armaturentafelfolie 7 und Gewebe 6 einerseits und dem Boden 21 der Airbagklappe 2 andererseits ein Schaum 20 eingebracht (Seite 8, Absatz 3, Zeilen 6 bis 8). In diesem ersten Ausführungsbeispiel werden Schnitte des Gewebes 6 und eine Prägung oder allgemein Schwächung der Armaturentafelfolie 7 vorgenommen (Seite 8, Absatz 3, Zeilen 4 und 5). Das erste Ausführungsbeispiel erfüllt somit schon nicht die Anweisung im Merkmal 3.1 des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1.
Im zweiten Ausführungsbeispiel einer Herstellungsvorrichtung für eine Airbagklappe einer Airbagvorrichtung nach der nachfolgend wiedergegebenen Figur 5 und der Figur 6 wird statt eines Klebemittels eine zweite Folienschicht 33 auf das Gewebe 6 aufgebracht und auf diese Weise ein Verbund aus Armaturentafelfolie 2, Gewebe 6 und zweiter Folienschicht 33 geschaffen, bei dem sich ein Einschneiden der Gießhaut 2 erübrigt, wenn diese aus entsprechendem Material, z. B. Polyurethan besteht (Seite 9, Absatz 1, Zeilen 5 bis 10). Auch in Bezug auf das zweite Ausführungsbeispiel vermittelt die Schrift D1 die Lehre, dass eine wei-
- 14 tere (dritte) Schicht, die Schaumschicht einzubringen ist (Seite 9, Absatz 2, Zeilen 1, 9 bis 12).
Figur 5 aus der Schrift D1 mit Ergänzungen durch den Senat Der Schrift D1 entnimmt der Fachmann in Worten des Anspruchs 1 somit: Ein 1a Armaturenbrett für ein Fahrzeug, mit einer Airbagabdeckung mit (Seite 2, Absatz 3, Zeilen 2 bis 4: „… die Airbagklappe zusammen mit einer Armaturentafel, in die sie integriert ist, eine gemeinsame Abdeckschicht aufweist, …“)
mit einem Verbund 3Teil aus einer ersten Schicht (Armaturentafelfolie 7, Gießhaut 2),
(Seite 9, Absatz 2: „Bei den beiden ersten Ausführungsbeispielen gemäß den Fig. 1 bis 6 … Die Airbagklappe ist aus der Armaturentafelfolie, dem Gewebe, einem Verbindungsmittel, wie z.B. einem Kleber, um das Gewebe an der Armaturentafelfolie zu befestigen, einer Schaumschicht und dem Airbagklappenträger aufgebaut.“ Die Bezeichnungen Armaturentafelfolie und Gießhaut bzw. Abdeckschicht werden in der Schrift D1 synonym verwendet, vgl. Seite 6, Absatz 4: „… Armaturentafelfolie 7, die eine Gießhaut und eine gemeinsame Abdeckschicht der Armaturentafel und der Airbagklappe(n) ist“; Seite 9, Absatz 1, Zeile 7: „Gießhaut oder Armaturentafelfolie 2“.) 3.1 die im Bereich einer Reißnaht zum Entfalten eines Airbags ungeschwächt ist (Seite 9, Zeilen 13 bis 15: „… wodurch bei entsprechenden Materialien eine heute übliche Schwächung der Gießhaut 2 bei in eine Armaturentafel intergrierter Klappe oder integrierten Klappen 2 entfallen kann.“) 3.2 und die als oberste Schicht an den Innenraum des Fahrzeugs angrenzt, (Seite 2, Absatz 2: „… eine Armaturentafelfolie mit in vorteilhafter Weise ferner ausreichender Festigkeit und optimalem Aussehen auf der Sichtseite …“) 4 und einer zweiten Schicht aus einem Gewebe (Gewebe 6), (Seite 8, Absatz 3, Zeilen 6 bis 8: „… ist zwischen den Verbund aus Armaturentafelfolie 7 und Gewebe 6 einer- seits und den Boden 21 einer Airbagklappe 2 andererseits der Schaum 20 einzubringen.“) 4.1 die zur Verstärkung der ersten Schicht (Seite 9, Absatz 1, Zeilen 10 bis 13: „Die Einlage des Gewebes 6 und die streifenweise Abdeckung bei der Aufbringung der zweiten Folienschicht 33 ergibt einen vorteilhaften Steifigkeitssprung in dem Verbund aus Armaturentafelfolie 2, Gewebe 6 und zweiter Folienschicht 33, …“) über die gesamte Fläche der ersten Schicht an deren Rückseite angebracht ist, (Seite 11, letzte drei Zeilen: „Dazu kann das Gewebe … flächig dicht vor der noch fast flüssigen Armaturentafelfolie mittels z.B. Roboter positioniert werden.“; Auf Grund der in Figur 1 dargestellten Herstellungsvorrichtung liest der Fachmann ohne weiteres mit, dass das Gewebe 6 über die gesamte Fläche der Airbagabdeckung angebracht werden soll. Zwar wird das Gewebe 6 durch die Gewebehalteeinrichtungen 10 und 25 an mehreren Stellen von der Abdeckschicht 7 weggeführt. Solche unter dem Begriff der Aussparung fallende Schwächungen sieht jedoch auch das Streitpatent vor, vgl. Unteranspruch 5.) 4.2 wobei die zweite Schicht (Gewebe 6) eine Schwächung (Schnitte) aufweist, um den Verlauf der Reißnaht beim Entfalten des Airbags vorzugeben, (Seite 8, Absatz 3, Zeilen 3 und 4: „Nach der ausführlich beschriebenen Verbindung von Armaturentafelfolie 7 und Gewebe 6, einschließlich der dabei auch vorgenommenen Schnitte des Gewebes 6 …“; Entgegen der Auffassung der Patentinhaberin umfasst die Vorgabe im Merkmal 4.2 auch ein Zerschneiden der zweiten Schicht, vgl. Streitpatent, Absatz 0026: „Der … Schwächungsbereich 3 kann dabei mittels eines … Messers … in der zweiten Schicht ausgebildet werden, …“) 5 und einer dritten Schicht (Schaumschicht), 5.1 die an der zweiten Schicht (Gewebe 6) angebracht ist 5.2 und aus einem Schaumstoff aufgebaut ist. (Seite 8, Absatz 3, Zeilen 6 bis 8: „… ist zwischen den Verbund aus Armaturentafelfolie 7 und Gewebe 6 einerseits und den Boden 21 einer Airbagklappe 2 andererseits der Schaum 20 einzubringen.“; Seite 9, Absatz 2: „Bei den beiden ersten Ausführungsbeispielen gemäß den Fig. 1 bis 6 … Die Airbagklappe ist aus der Armaturentafelfolie, dem Gewebe, einem Verbindungsmittel, wie z.B. einem Kleber, um das Gewebe an der Armaturentafelfolie zu befestigen, einer Schaumschicht und dem Airbagklappenträger aufgebaut, …“)
Die Schrift D1 offenbart keine erste Schicht aus Leder oder künstlichem Leder (Restmerkmal 3).
7.3.2 Der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 vom 10. Mai 2016 ist gegenüber dem Stand der Technik nach der Schrift DE 100 06 483 A1 (= D16) neu.
Die Schrift D16 betrifft eine mehrschichtige Airbagabdeckung mit einem über Materialschwächungen klappenartig aufreißbaren Bereich für einen KraftfahrzeugAirbag (Spalte 1, Zeilen 3 bis 5).
In einer ersten Ausführungsform weist die Airbagabdeckung einen die Innenseite bildenden formstabilen Träger 1, welcher aus einem geeigneten Kunststoff und insbesondere als Spritzgussteil hergestellt ist, auf. Die Außenseite der Airbagabdeckung wird von einer Außenhaut 2 gebildet, die aus einem relativ weichen Kunststoffmaterial, beispielsweise aus thermoplastischem Polyurethan (TPU), besteht. Zwischen dem Träger 1 und der Außenhaut 2 befindet sich eine Schaumstoffschicht 3, beispielsweise aus Polyurethanschaum (Spalte 3, Zeilen 3 bis 12 und Figur 1). Um im Auslösefall des Airbags eine örtlich definierte Aufreißnaht zur Verfügung zu stellen, wird die Airbagabdeckung zur Bildung der späteren Aufreißnaht geschwächt. Die Schwächung erfolgt über Einschnitte 4. Wie Figuren 1 und 2 zeigen, können dabei die Einschnitte 4 bis in das Material der Außenhaut 2 hinein reichen. Dies ist jedoch bei zumindest einigen Ausführungsformen der Erfindung nicht notwendig, sodass die Einschnitte 4 entweder bereits vor der Außenhaut 2 oder gerade bis zur Außenhaut 2 reichen können (Spalte 3, Zeilen 13 bis 26).
Figur 1 der Schrift D16 mit Ergänzungen durch den Senat Bei der in der nebenstehend wiedergegebenen Figur 5 dargestellten Ausführungsvariante ist in die Außenhaut 2 ein Netz oder Gewebe 6' eingebettet, welches strichliert eingezeichnet ist, da es von außen nicht sichtbar ist. Dabei ist das vergleichsweise großflächig ausgeführte Netz oder Gewebe 6' mit einem U-förmigen Ausschnitt versehen, unter welchem später die U-förmige Aufreiß- Figur 5 aus der Schrift D16 naht in der fertigen Airbagabdeckung gebildet wird, indem diese mit Einschnitten 5 versehen wird. Damit wird die Aufreißnaht komplett vom Netz oder Gewebe 6' umgeben und dort verstärkt (Spalte 4, Zeilen 31 bis 40).
Alternativ zu einem Einbetten eines Netzes oder Gewebes kann auch vorgesehen werden, das Netz oder Gewebe an der Innenseite der Außenhaut anzubringen (Spalte 4, Zeilen 60 bis 62).
Der Schrift D16 entnimmt der Fachmann in Worten des Anspruchs 1 somit: Ein
1a Armaturenbrett für ein Fahrzeug, mit einer Airbagabdeckung mit (Spalte 2, Zeile 66 bis Spalte 3, Zeile 1: „… aus Kunststoff bestehenden Außenhaut für eine AirbagAbdeckung … in der Armaturentafel eines Fahrzeugs …“)
einem Verbund 3Teil aus einer ersten Schicht (Außenhaut 2),
(Spalte 3, Zeilen 10 bis 12: „Zwischen dem Träger 1 und der Außenhaut 2 befindet sich eine Schaumstoffschicht 3, beispielsweise aus Polyurethanschaum.“) 3.1 die im Bereich einer Reißnaht zum Entfalten eines Airbags ungeschwächt ist (Spalte 3, Zeilen 13 bis 18: „Um im Auslösefall des Airbags eine örtlich definierte Aufreißnaht zur Verfügung zu stellen, wird die Airbag-Abdeckung zur Bildung der späteren Aufreißnaht geschwächt. Die Schwächung erfolgt über Einschnitte 4, die meist durch eine nachträgliche Bearbeitung der bereits fertig hergestellten Airbag-Abdeckung erzeugt werden.“; Spalte 3, Zeilen 23 bis 26: „… die Einschnitte 4 entweder bereits vor der Außenhaut 2 oder gerade bis zur Außenhaut 2 reichen können.“ Auch für die Einschnitte 5 in der Ausführungsform nach Figur 5 wird der Fachmann nichts anderes vorsehen.) 3.2 und die als oberste Schicht an den Innenraum des Fahrzeugs angrenzt, (ohne weiteres mitzulesen) 4 und einer zweiten Schicht aus einem Gewebe (Netz oder Gewebe), (Spalte 4, Zeilen 60 bis 62: „Alternativ zu einem Einbetten eines Netzes oder Gewebes kann auch vorgesehen werden, das Netz oder Gewebe an der Innenseite der Außenhaut anzubringen.“) 4.1 die zur Verstärkung der ersten Schicht (Spalte 4, Zeilen 39 und 40: „Damit wird die Aufreißnaht komplett vom Netz oder Gewebe 6' umgeben und dort verstärkt, …“) über die gesamte Fläche der ersten Schicht an deren Rückseite angebracht ist, (Spalte 4, Zeilen 34 bis 40: „… das vergleichsweise großflächig ausgeführte Netz oder Gewebe 6' … Damit wird die Aufreißnaht komplett vom Netz oder Gewebe 6' umgeben …“ In der Ausgestaltung nach Figur 5 umgibt das großflächige Netz oder Gewebe 6‘ die strichliert dargestellte U-förmige Aufreißnaht, ist also das Gewebe bis auf den U-förmigen Ausschnitt über die gesamte Fläche der Airbagabdeckung angebracht.)
4.2 wobei die zweite Schicht eine Schwächung (U-förmiger Ausschnitt) aufweist, um den Verlauf der Reißnaht beim Entfalten des Airbags vorzugeben, (Spalte 4, Zeilen 39 bis 43: „Damit wird die Aufreißnaht komplett vom Netz oder Gewebe 6' umgeben und dort verstärkt, wodurch das Aufreißen der Außenhaut 2 an der vorgesehenen und im Ausschnitt 6' zu verlaufenden Aufreißnaht in der Airbag-Abdeckung besonders gut unterstützt wird.“ Der U-förmige Ausschnitt 6‘ in Figur 5 stellt eine Aussparung im Netz oder Gewebe dar.)
und einer dritten Schicht 3, 5.1 die an der zweiten Schicht angebracht ist 5.2 und aus einem Schaumstoff aufgebaut ist.
(Spalte 3, Zeilen 10 bis 12: „Zwischen dem Träger 1 und der Außenhaut 2 befindet sich eine Schaumstoffschicht 3, beispielsweise aus Polyurethanschaum.“; Da sich das Netz oder Gewebe an der Innenseite der Außenhaut befinden soll, ist die Schaumstoffschicht auch an dem Netz und Gewebe angebracht.)
Die Schrift D16 offenbart keine erste Schicht aus Leder oder künstlichem Leder (Restmerkmal 3).
7.3.3 Der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 vom 10. Mai 2016 ist zur Überzeugung des Senats auch gegenüber dem Stand der Technik nach den anderen im Verfahren genannten Schriften neu.
7.4 Der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 vom 10. Mai 2016 gilt als auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend (§ 4 PatG).
7.4.1 Ausgehend vom Stand der Technik nach der Schrift D1 mag der Fachmann Veranlassung haben, das Armaturenbrett mit einer hochwertigen Anmutung auszustatten und insbesondere eine Leder- oder lederähnliche Oberfläche in Betracht zu ziehen. Denn derartige Ausstattungen waren zum Zeitrang des Streitpatents auch für Airbagabdeckungen fachüblich, was durch die Vielzahl von entgegengehaltenen Schriften belegt ist, die Schichten aus Leder oder einem ähnlichen Material beschreiben, vgl.
- DE 199 37 373 A1 (= D5), Spalte 3, Zeilen 12 bis 26; - US 5 744 776 A (= D9), Spalte 3, Zeilen 9 bis 22; - US 5 611 564 A (= D15), Bezeichnung.
Auch durch eine Zusammenschau der Schriften D1, D5, D9 und D15 wird es jedoch nicht nahe gelegt, dass im Falle einer ersten Schicht aus Leder oder künstlichen Leder (Restmerkmal 3) diese Schicht im Bereich einer Reißnaht zum Entfalten eines Airbags ungeschwächt bleiben kann (Merkmal 3.1).
So beschreibt die Schrift D9 eine Schwächung einer Airbagabdeckung, wobei eine äußeren Vinylschicht 102 mit einer Polypropylenschaum-Trägerschicht 106 verbunden ist, um eine Verbundabdeckung zu bilden, und mit einem Laser erzeugte Kerben 104 sich in der Rückseite bis in verschiedenen Tiefen erstrecken, d. h. teilweise in die Schicht 106, vollständig durch die Schicht 106 oder teilweise durch die Deckschicht 102. Die erforderliche Tiefe der Kerben hänge von den Erfordernissen der jeweiligen Anwendung ab, d. h. von der Stärke der Kraft, die zum Reißen der vorgeschwächten Naht führen solle (Spalte 8, Zeilen 15 bis 24). Eine ungeschwächte erste Schicht (Merkmal 3.1) ist an dieser Fundstelle der Schrift D9 somit nur in Verbindung mit einer ersten Schicht aus Vinyl offenbart (Teilmerkmal 3). Die Schrift D9 enthält zwar noch den pauschalen Hinweis, dass das Vorschwächungsverfahren leicht auf alle herkömmlichen Arten von Verkleidungskonstruktionen (trim piece construction) anwendbar ist, d. h. mit einer äußeren Schicht (skin) aus Vinyl oder Leder und einer Schaumträgerschicht (Spalte 9,
Zeilen 14 bis 18). Auch diese Fundstelle offenbart es jedoch nicht, dass im Falle einer Deckschicht aus Leder auf eine Schwächung dieser Schicht verzichtet werden kann.
Eine solche Maßnahme liegt auch nicht nahe, denn dem Fachmann ist bekannt, dass sowohl Leder als Naturmaterial als auch Kunstleder auf Grund seines Schichtaufbaus mit textilem Grundträger sowie meist einer Narbenprägung, die dafür sorgt, dass es in der Struktur natürlichem Leder ähnelt, Inhomogenitäten aufweisen kann, die Einfluss auf das Aufreißverhalten haben und beispielsweise das Aufreißen erschweren können. Eine Veranlassung des Fachmanns, eine erste Schicht aus Leder oder künstlichem Leder (Restmerkmal 3) im Bereich einer Reißnaht zum Entfalten eines Airbags ungeschwächt zu lassen (Merkmal 3.1), kann der Senat daher bei einer Zusammenschau der Schriften D1 und D9 nicht feststellen.
Die Schriften D5 und D15 lehren explizit, dass die Lederschicht geschwächt werden soll. So beschreibt die Schrift D5 eine Innenraum-Verkleidung, die im Wesentlichen mit einer Folie ausgebildet ist und die Folie im Bereich eines Einbauortes des Airbags eine Schwächung als Reißnaht für eine Aufreißkante aufweist (Zusammenfassung), wobei die für die Innenraum-Verkleidung verwendete Folie aus jedem beliebigen, geeigneten Material bestehen kann, beispielsweise Leder (Spalte 3, Zeilen 12 bis 14). Die Schrift D15 beschreibt eine Airbagabdeckung mit einer ersten Schicht aus Leder, wobei eine Schwächung dadurch vorgenommen wird, dass ein Härtungsmittel entlang eines vorgesehenen Reißlinienmusters aufgebracht und die innere Oberfläche des Leders bis zu einer Tiefe zwischen 10 und 75 Prozent seiner Dicke durchdringen soll (Spalte 2, Zeilen 16 bis 20).
7.4.2 Ausgehend vom Stand der Technik nach der Schrift D16 gelten ähnliche Überlegungen.
7.4.3 Auch ausgehend von einem Stand der Technik nach anderen im Verfahren genannten Schriften oder bei einer Zusammenschau aller im Verfahren genannten Schriften kann der Senat eine Veranlassung des Fachmanns, eine erste Schicht aus Leder oder künstlichen Leder (Restmerkmal 3) im Bereich einer Reißnaht zum Entfalten eines Airbags ungeschwächt zu lassen (Merkmal 3.1), nicht feststellen.
7.5 Die Unteransprüche sowie die übrigen Unterlagen in der Fassung nach dem Hilfsantrag 1 vom 10. Mai 2016 erfüllen ebenso die an sie zu stellenden Anforderungen.
8. Das Patent war daher im Umfang der Fassung nach Hilfsantrag 1 vom 10. Mai 2016 beschränkt aufrechtzuerhalten und die weitergehende Beschwerde der Patentinhaberin zurückzuweisen.
Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss steht den an dem Beschwerdeverfahren Beteiligten das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu (§ 99 Abs. 2, § 100 Abs. 1, § 101 Abs. 1 PatG).
Nachdem der Beschwerdesenat in dem Beschluss die Einlegung der Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist die Rechtsbeschwerde nur statthaft, wenn einer der nachfolgenden Verfahrensmängel durch substanziierten Vortrag gerügt wird (§ 100 Abs. 3 PatG):
1. Das beschließende Gericht war nicht vorschriftsmäßig besetzt. 2. Bei dem Beschluss hat ein Richter mitgewirkt, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war.
3. Einem Beteiligten war das rechtliche Gehör versagt. 4. Ein Beteiligter war im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat. 5. Der Beschluss ist aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind. 6. Der Beschluss ist nicht mit Gründen versehen.
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe, schriftlich einzulegen (§ 102 Abs. 1 PatG).
Die Rechtsbeschwerde kann auch als elektronisches Dokument, das mit einer qualifizierten oder fortgeschrittenen elektronischen Signatur zu versehen ist, durch Übertragung in die elektronische Poststelle des Bundesgerichtshofes eingelegt werden (§ 125a Abs. 3 Nr. 1 PatG i. V. m. § 1, § 2 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, Abs. 2a, Anlage (zu § 1) Nr. 6 der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesgerichtshof und Bundespatentgericht (BGH/BPatGERVV)). Die elektronische Poststelle ist über die auf der Internetseite des Bundesgerichtshofes www.bundesgerichtshof.de/erv.html bezeichneten Kommunikationswege erreichbar (§ 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGH/BPatGERVV). Dort sind auch die Einzelheiten zu den Betriebsvoraussetzungen bekanntgegeben (§ 3 BGH/BPatGERVV).
Die Rechtsbeschwerde muss durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten des Rechtsbeschwerdeführers eingelegt werden (§ 102 Abs. 5 Satz 1 PatG).
Kleinschmidt Kirschneck Arnoldi Dr. Haupt Ko