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2 Ni 17/11 (EP)

BUNDESPATENTGERICHT Ni 17/11 (EP) (Aktenzeichen)

IM NAMEN DES VOLKES URTEIL Verkündet am 13. Dezember 2012

…

In der Patentnichtigkeitssache

…

BPatG 253 08.05 betreffend das europäische Patent 1 831 036 (DE 50 2005 007 810.1)

hat der 2. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 13. Dezember 2012 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Sredl sowie der Richter Merzbach, Dr.-Ing. Fritze, Dipl.-Ing. Univ. Rothe und Dipl.-Ing. Univ. Hubert für Recht erkannt:

I. Das europäische Patent 1 831 036 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt.

II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand Die Beklagte ist Inhaberin des am 28. Dezember 2005 in der Verfahrenssprache Deutsch angemeldeten europäischen Patents 1 831 036 mit der Bezeichnung „Reifenventil und Formdichtung für ein Reifenventil“, für das die Priorität der Voranmeldung DE 20 2004 020 121 vom 30. Dezember 2004 in Anspruch genommen worden ist und das vom Deutschen Patent- und Markenamt unter der Nummer DE 50 2005 007 810.1 geführt wird.

Das Streitpatent umfasst 8 Patentansprüche, von denen Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung folgenden Wortlaut hat:

„Anordnung eines Reifenventils und einer Formdichtung, wobei das Reifenventil aufweist, einen in eine Felgenbohrung einer Felge, insbesondere Fahrzeugfelge, durchgreifenden Ventilkörper, der einen im montierten Zustand auf einer Seite der Felge, insbesondere im Felgeninneren, angeordneten unteren Ventilkörperabschnitt (10) sowie einen aus der Felgenbohrung ragenden oberen Ventilkörperabschnitt (14) ausbildet und im Bereich des oberen Ventilkörperabschnitts zum Zusammenwirken mit einer Überwurfmutter (16) ausgebildet ist, wobei der untere Ventilkörperabschnitt einen ein Widerlager für einen flachen Randabschnitt (12) der Felgenbohrung anbietenden Ringabsatz (20), in welchen eine zum Randabschnitt offene Ringnut (18) eingeformt ist und gegen welchen der Randabschnitt (12) durch Anziehen der Überwurfmutter (16) verspannbar ist, so ausbildet, dass die Überwurfmutter (16) auf den Randabschnitt (12) greift und der Ringabsatz (20) zusammen mit der Überwurfmutter (16) in einem verspannten Zustand eine Metall-Metall-Verbindung mit hohem Anzugs- und Lösemoment ermöglicht, und wobei zum Dichten der Felgenbohrung gegenüber dem Ventilkörper die Formdichtung (24) aus elastischem Material so vorgesehen ist, dass in dem montierten und verspannten Zustand ein ringförmiger Kammerabschnitt (22) der Formdichtung in die Ringnut (18) eingreift und dichtend an dem Randabschnitt der Felgenbohrung anliegt und ein an dem Kammerabschnitt ansitzender, bevorzugt hohlzylindrischer Vertikalabschnitt (26) der Formdichtung den oberen Ventilkörperabschnitt umgreift und dichtend mit einer ringförmigen Stirnfläche der Felgenbohrung zusammenwirkt.“

Wegen des Wortlauts der jeweils mittelbar oder unmittelbar auf Patentanspruch 1 zurückbezogenen Patentansprüche 2 bis 8 wird auf die Streitpatentschrift verwiesen.

Die Beklagte verteidigt ihr Patent im Umfang der mit Schriftsatz vom 28. April 2011 (Bl. 86ff. d. A.) als Hauptantrag eingereichten Ansprüche 1 bis 8 (Bl. 91 d. A.). Danach beschränkt die Beklagte das Streitpatent in Patentanspruch 1 durch Aufnahme eines im erteilten Patenanspruch 4 enthaltenen Merkmals, welches dementsprechend in Patentanspruch 4 entfernt worden ist.

Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag hat danach folgenden Wortlaut (die Änderungen gegenüber dem erteilten Anspruch 1 sind markiert):

„Anordnung eines Reifenventils und einer Formdichtung, wobei das Reifenventil aufweist, einen in eine Felgenbohrung einer Felge, insbesondere Fahrzeugfelge, durchgreifenden Ventilkörper, der einen im montierten Zustand auf einer Seite der Felge, insbesondere im Felgeninneren, angeordneten unteren Ventilkörperabschnitt (10) sowie einen aus der Felgenbohrung ragenden oberen Ventilkörperabschnitt (14) ausbildet und im Bereich des oberen Ventilkörperabschnitts zum Zusammenwirken mit einer Überwurfmutter (16) ausgebildet ist, wobei der untere Ventilkörperabschnitt einen ein Widerlager für einen flachen Randabschnitt (12) der Felgenbohrung anbietenden Ringabsatz (20), in welchen eine zum Randabschnitt offene Ringnut (18) eingeformt ist und gegen welchen der Randabschnitt (12) durch Anziehen der Überwurfmutter (16) verspannbar ist, so ausbildet, dass die Überwurfmutter (16) auf den Randabschnitt (12) greift und der Ringabsatz (20) zusammen mit der Überwurfmutter (16) in einem verspannten Zustand eine Metall-Metall-Verbindung mit hohem Anzugs- und Lösemoment ermöglicht, und wobei zum Dichten der Felgenbohrung gegenüber dem Ventilkörper die Formdichtung (24) aus elastischem Material so vorgesehen ist, dass in dem montierten und verspannten Zustand ein ringförmiger Kammerabschnitt (22) der Formdichtung in die Ringnut (18) eingreift und dichtend an dem Randabschnitt der Felgenbohrung anliegt und ein an dem Kammerabschnitt ansitzender, bevorzugt hohlzylindrischer Vertikalabschnitt (26) der Formdichtung den oberen Ventilkörperabschnitt umgreift und dichtend mit einer ringförmigen Stirnfläche der Felgenbohrung zusammenwirkt, und der Kammerabschnitt so bemessen ist, dass er die Ringnut (18) des Reifenventils nicht vollständig ausfüllt.“

Der auf Patentanspruch 1 zurückbezogene Patentanspruch 4 gemäß Hauptantrag lautet (Änderungen gegenüber dem erteilten Anspruch 4 sind durchgestrichen):

„Anordnung eines Reifenventils und einer Formdichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 3, wobei die Formdichtung gekennzeichnet ist durch einen ringförmigen Kammerabschnitt (22) und einen einstückig daran ansitzenden, insbesondere hohlzylindrischen Vertikalabschnitt (26) aus einem ventiltauglichen elastischen Material, insbesondere Gummimaterial, wobei ein Übergangsbereich zwischen dem Kammerabschnitt und dem Vertikalabschnitt einen außenliegenden Ringabsatz (28) ausbildet, und der Kammerabschnitt und der Vertikalabschnitt innenseitig stufenlos ineinander übergehen und der Kammerabschnitt so bemessen ist, dass er die Ringnut (18) des Reifenventils nicht vollständig ausfüllt.“

Die nach Hauptantrag geltenden, auf Patentanspruch 1 unmittelbar oder mittelbar zurückbezogenen Unteransprüche 2 und 3 sowie 5 bis 8 entsprechen den erteilten Ansprüchen.

Hilfsweise verteidigt die Beklagte das Streitpatent im Umfang des mit Schriftsatz vom 2. Oktober 2012 (Bl. 115 d. A.) vorgelegten Patentanspruchs 1, an den sich die Patentansprüche 2 bis 8 gemäß Hauptantrag anschließen.

Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag hat danach folgenden Wortlaut (die Änderungen gegenüber dem Anspruch 1 nach Hauptantrag sind markiert):

„Anordnung eines Reifenventils und einer Formdichtung, wobei das Reifenventil aufweist, einen in eine Felgenbohrung einer Felge, insbesondere Fahrzeugfelge, durchgreifenden Ventilkörper, der einen im montierten Zustand auf einer Seite der Felge, insbesondere im Felgeninneren, angeordneten unteren Ventilkörperabschnitt (10) sowie einen aus der Felgenbohrung ragenden oberen Ventilkörperabschnitt (14) ausbildet und im Bereich des oberen Ventilkörperabschnitts zum Zusammenwirken mit einer Überwurfmutter (16) ausgebildet ist, wobei der untere Ventilkörperabschnitt einen ein Widerlager für einen flachen Randabschnitt (12) der Felgenbohrung anbietenden Ringabsatz (20), in welchen eine zum Randabschnitt offene Ringnut (18) eingeformt ist und gegen welchen der Randabschnitt (12) durch Anziehen der Überwurfmutter (16) verspannbar ist, so ausbildet, dass die Überwurfmutter (16) auf den Randabschnitt (12) greift und der Ringabsatz (20) zusammen mit der Überwurfmutter (16) in einem verspannten Zustand eine Metall-Metall-Verbindung mit hohem Anzugs- und Lösemoment ermöglicht, und wobei zum Dichten der Felgenbohrung gegenüber dem Ventilkörper die Formdichtung (24) aus elastischem Material so vorgesehen ist, dass in dem montierten und verspannten Zustand ein ringförmiger Kammerabschnitt (22) der Formdichtung in die Ringnut (18) eingreift und dichtend an dem Randabschnitt der Felgenbohrung anliegt und ein an dem Kammerabschnitt ansitzender, bevorzugt hohlzylindrischer Vertikalabschnitt (26) der Formdichtung den oberen Ventilkörperabschnitt umgreift und dichtend mit einer ringförmigen Stirnfläche der Felgenbohrung zusammenwirkt, und der Kammerabschnitt so bemessen ist, dass er die Ringnut (18) des Reifenventils im Montagezustand der Formdichtung im verspannten Zustand der MetallMetall- Verbindung nicht vollständig ausfüllt.“

Die Klägerin macht geltend, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 auch in der Fassung des Hauptantrags gegenüber dem Stand der Technik nicht patentfähig sei. Dies gelte auch in Bezug auf den Hilfsantrag. Sie beruft sich dazu auf die Dokumente NK4 NK4A NK5 NK5a NK5A NK6 NK6a NK7 NK7A NK8 NK8A NK9 NK9A NK10 NK11 NK12 US 2 864 426 A farbig unterlegte Fig.3 der NK4 JP 58-149202 U deutsche Übersetzung der NK5 farbig unterlegte Fig.1 der NK5 DE 200 15 467 U1 farbig unterlegte Fig.1 und 2 der NK6 DE 697 01 194 T2 farbig unterlegte Fig.3 und 4 der NK7 US 2 813 568 A farbig unterlegte Fig.4 der NK8 US 3 019 832 A farbig unterlegte Fig.1 der NK9 US 2 874 749 A US 4 739 813 A US 2 731 065 A und trägt vor, dass der Gegenstand des Patentanspruchs 1 sowohl in der Fassung des Haupt- wie auch des Hilfsantrags gegenüber NK4 und NK5 nicht neu sei. Jedenfalls ergebe sich der danach geltende Gegenstand des Patentanspruchs 1 gegenüber der NK6 i. V. m. dem Fachwissen oder der NK7, NK8 oder NK9 in naheliegender Weise aus dem vorveröffentlichten Stand der Technik und beruhe daher nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

In der mündlichen Verhandlung wurde darüber hinaus vom Senat die Literaturstelle D1 Dubbel, Taschenbuch für den Maschinenbau, 13. Auflage, Berlin [u. a.]: Springer-Verlag, 1974, Erster Band, S. 819 an die Beteiligten übergeben.

Die Klägerin beantragt,

das Europäische Patent EP 1 831 036 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland in vollem Umfang für nichtig zu erklären.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen, soweit sie sich gegen das Streitpatent in der verteidigten Fassung richtet.

Sie tritt den Ausführungen der Klägerin in allen Punkten entgegen. Sie hält den Gegenstand des Streitpatents nach Hauptantrag für schutzfähig, jedenfalls in der Fassung des Hilfsantrags.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

Entscheidungsgründe Die auf den Nichtigkeitsgrund mangelnder Patentfähigkeit (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1 Buchst. a), Art. 54, 56 EPÜ) gestützte Klage ist zulässig. Sie ist auch begründet.

Das Streitpatent ist ohne Sachprüfung insoweit für nichtig zu erklären, als es über die von der Beklagten nur noch beschränkt verteidigte Fassung hinausgeht (St. Rspr. vgl. BGHZ 170, 215 - Carvedilol II; GRUR 1996, 857 - Rauchgasklappe).

Die weitergehende Klage hat ebenfalls Erfolg, weil der mit ihr angegriffene Patentgegenstand sowohl in der von den Beklagten beschränkt verteidigten Fassung des Hauptantrags als auch im Umfang des Hilfsantrags aus dem Stand der Technik nahegelegt und daher nicht patentfähig ist.

I.

1) Das Streitpatent betrifft gemäß Abs. [0001] der Patentschrift ein Reifenventil nach dem Oberbegriff des Hauptanspruches sowie eine Formdichtung, welche insbesondere zur Verwendung in einem derartigen Ventil geeignet und vorgesehen ist. Somit geht es um die Anordnung eines Reifenventils und einer Formdichtung, wobei das Reifenventil einen in eine Felgenbohrung einer Felge durchgreifenden Ventilkörper aufweist, der einen im montierten Zustand auf einer Seite der Felge angeordneten unteren Ventilkörperabschnitt sowie einen aus der Felgenbohrung ragenden oberen Ventilkörperabschnitt ausbildet und im Bereich des oberen Ventilkörperabschnitts zum Zusammenwirken mit einer Überwurfmutter ausgebildet ist.

Gemäß Abs. [0002] des Streitpatents seien aus dem Stand der Technik für die Abdichtung gegen Luftverlust zwischen einem Luftreifenventil und der dieses umgebenden Felgenbohrung zum einen sog. Schulter- bzw. Flachdichtungen, zum anderen O-Ring-Dichtungen bekannt. Gemäß Abs. [0003] stelle zwar eine typischerweise aus einem flachen Gummiring bestehende und ggf. mit einem Schulterabschnitt versehene Schulter- bzw. Flachdichtung relativ geringe Ansprüche an die Ebenheit der Auflagefläche sowie an die Lochtoleranzen dieser Felgenbohrung, da das große Gummivolumen derartiger Dichtungen Abweichungen in einfacher Weise ausgleiche. Nachteilig sei jedoch, dass beim Einbau von Ventilen mit derartigen Dichtungen (niedrige) Drehmomentgrenzen nicht überschritten werden dürften, dies würde zur Zerstörung der Dichtung führen. Da sich zudem die Dichtungselemente unter Druck verformten, ergäben sich in der Regel und in nachteiliger Weise sehr geringe Lösemomente für die das Ventil befestigende Überwurfmutter. Gemäß Abs. [0004] ermöglichten die O-Ring-Dichtungen sehr viel höhere Anzugsmomente, da die Überwurfmutter unmittelbar auf den Randabschnitt der Felgenbohrung greife und insoweit ein Metall-Metall-Kontakt bestehe; vorteilhaft seien entsprechend hohe Lösemomente für die befestigende Überwurfmutter erzielbar. Dagegen sei nachteilig, dass eine derartige O-Ring-Dichtung sehr hohe Anforderungen an die Ebenheit der Auflagefläche im Felgenbohrungs-Randbereich sowie an die Bohrungstoleranzen selbst stelle, so dass hier teils beträchtlicher zusätzlicher Aufwand für die Fertigung und Montage notwendig sei.

Gemäß Abs. [0005] des Streitpatents sei aus der DE 200 15 467 U1 (NK6) ein Reifenventil der oben genannten Art bekannt. Der untere Ventilkörperabschnitt dieses Ventils weise einen Ringabsatz auf, welcher, mit einem zwischen liegenden Abschnitt einer Formdichtung, mittels der Überwurfmutter gegen einen flachen Randabschnitt der Felgenbohrung verspannt werde. Im verspannten Zustand werde ein Abschnitt der Formdichtung in die Ringdichtung hineingedrückt. Ferner besitze die aus dieser Druckschrift bekannte Formdichtung einen Vertikalabschnitt, welcher den oberen Ventilkörperabschnitt umgreife und dichtend mit einer ringförmigen Stirnfläche der Felgenbohrung zusammenwirke. Gemäß Abs. [0006] müsse der Formdichtungsabschnitt im Bereich der Felgenbohrung ein Anzugsmoment aufnehmen, wobei ein Überschreiten einer (gummibedingt) niedrigen Drehmomentgrenze zur Zerstörung der Dichtung führen könne.

2) Daher liegt dem Streitpatent gemäß Abs. [0007] der Patentschrift die Aufgabe zugrunde, eine verbesserte Luftabdichtung zwischen einem Reifenventil und der dieses umgebenden Reifenfelge zu schaffen, wobei diese Dichtung zum einen geringere Anforderungen an die Oberflächenbeschaffenheit bzw. Ebenheit der Felgenoberfläche im Felgenbohrungs-Randbereich stellen soll, zum anderen je- doch hohe Anzugsmomente für die das Ventil befestigende Überwurfmutter sichergestellt werden sollen.

3) Diese Aufgabe soll gemäß dem geltenden Patentanspruch 1 nach Hauptantrag gelöst werden durch eine Anordnung eines Reifenventils und einer Formdichtung, wobei das Reifenventil aufweist:

einen in eine Felgenbohrung einer Felge, insbesondere Fahrzeugfelge, durchgreifenden Ventilkörper, der

2.1 einen im montierten Zustand auf einer Seite der Felge, insbesondere im Felgeninneren, angeordneten unteren Ventilkörperabschnitt sowie

2.2 einen aus der Felgenbohrung ragenden oberen Ventilkörperabschnitt ausbildet und

2.3 im Bereich des oberen Ventilkörperabschnitts zum Zusammenwirken mit einer Überwurfmutter ausgebildet ist, wobei der untere Ventilkörperabschnitt einen ein Widerlager für einen flachen Randabschnitt der Felgenbohrung anbietenden Ringabsatz,

3.1 in welchen eine zum Randabschnitt offene Ringnut eingeformt ist und

3.2 gegen welchen der Randabschnitt durch Anziehen der Überwurfmutter verspannbar ist, so ausbildet,

3.3 dass die Überwurfmutter auf den Randabschnitt greift und 3.4 der Ringabsatz zusammen mit der Überwurfmutter in einem verspannten Zustand eine Metall-Metall-Verbindung mit hohem Anzugs- und Lösemoment ermöglicht, und wobei 4 zum Dichten der Felgenbohrung gegenüber dem Ventilkörper die Formdichtung aus elastischem Material so vorgesehen ist, 4.1 dass in dem montierten und verspannten Zustand ein ringförmiger Kammerabschnitt der Formdichtung in die Ringnut eingreift und dichtend an dem Randabschnitt der Felgenbohrung anliegt und 4.2 ein an dem Kammerabschnitt ansitzender, bevorzugt hohlzylindrischer Vertikalabschnitt der Formdichtung den oberen Ventilkörperabschnitt umgreift und dichtend mit einer ring- förmigen Stirnfläche der Felgenbohrung zusammenwirkt,

4.3 und der Kammerabschnitt so bemessen ist, dass er die Ringnut des Reifenventils nicht vollständig ausfüllt.

Nach Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag besteht die Lösung in einer Anordnung eines Reifenventils und einer Formdichtung mit den Merkmalen 1 bis 4.2 des Hauptantrags und zusätzlich dem Merkmal

4.3a und der Kammerabschnitt so bemessen ist, dass er die Ringnut des Reifenventils im Montagezustand der Formdichtung im verspannten Zustand der Metall-Metall-Verbindung nicht vollständig ausfüllt.

4) Maßgeblicher Fachmann ist ein Diplom-Ingenieur mit Fachhochschulabschluss der Fachrichtung Maschinenbau mit mehrjähriger Erfahrung auf dem Gebiet der Reifenventile.

II.

A. Hauptantrag

1) Die Anordnung eines Reifenventils und einer Formdichtung gemäß dem zulässigen erteilten Anspruch 1 nach Hauptantrag ist neu.

Die Gegenstände der Druckschriften NK4 und NK5 offenbaren nicht in der erforderlichen Deutlichkeit das Nicht-Ausfüllen der Ringnut durch den Kammerabschnitt der Formdichtung gemäß Merkmal 4.3. Auch den Gegenständen des weiteren im Verfahren befindlichen Standes der Technik nach den Druckschriften NK6 bis NK12 fehlt jeweils mindestens dieses Merkmal.

2) Die Anordnung eines Reifenventils und einer Formdichtung gemäß Anspruch 1 beruht jedoch nicht auf erfinderischer Tätigkeit.

Die nächstkommende Druckschrift NK5 betrifft gemäß ihrer Bezeichnung nach NK5a ein einklemmbares Ventil für schlauchlose Reifen.

Sie offenbart gemäß Merkmal 1 die Anordnung eines Reifenventils und einer Formdichtung 5 (Gummi-Durchgangstülle, vgl. Fig. 1 und Bl. 4, vorletzter Abs. der NK5a). Das Reifenventil weist hierbei gemäß Merkmal 2 einen in eine Felgenbohrung 2 (Ventilöffnung) einer Felge 1 (vgl. Fig. 1 und Bl. 4, letzter Abs. der NK5a) durchgreifenden Ventilkörper 3, 7 (vgl. Fig. 1 und Bl. 4, vorletzter Abs. der NK5a) auf, der gemäß Merkmal 2.1 einen im montierten Zustand auf einer Seite der Felge 1 angeordneten unteren Ventilkörperabschnitt 7 (Basis; vgl. Fig. 1 und Bl. 4, vorletzter Abs. der NK5a) sowie gemäß Merkmal 2.2 einen aus der Felgenbohrung 2 ragenden oberen Ventilkörperabschnitt 3 (Ventilschaft; vgl. Fig. 1 und Bl. 4, vorletzter Abs. der NK5a) ausbildet und gemäß Merkmal 2.3 im Bereich des oberen Ventilkörperabschnitts 3 zum Zusammenwirken mit einer Überwurfmutter 4 (Mutter, vgl. Fig. 1 und Bl. 4, letzter Abs. der NK5a) ausgebildet ist.

Hierbei bildet gemäß Merkmal 3 der untere Ventilkörperabschnitt 7 einen ein Widerlager für einen flachen Randabschnitt der Felgenbohrung 2 anbietenden Ringabsatz 11 (ringförmiger Anschlag, vgl. Fig. 1 und Bl. 4, vorletzter Abs. der NK5a) aus, in welchen gemäß Merkmal 3.1 eine zum Randabschnitt offene Ringnut 10 (Nut, vgl. Fig. 1 und Bl. 4, vorletzter Abs. der NK5a) eingeformt ist und gegen welchen gemäß Merkmal 3.2 der Randabschnitt durch Anziehen der Überwurfmutter 4 verspannbar ist, wobei gemäß Merkmal 3.3 die Überwurfmutter 4 auf den Randabschnitt greift (vgl. Fig. 1 und Bl. 4, letzter Abs. der NK5a).

Gemäß Merkmal 3.4 ermöglicht der Ringabsatz 11 zusammen mit der Überwurfmutter 4 in einem verspannten Zustand eine Metall-Metall-Verbindung mit hohem Anzugs- und Lösemoment (vgl. Fig. 1 und Bl. 4, letzter Abs. der NK5a).

Weiterhin ist bei der Anordnung der NK5 gemäß Merkmal 4 zum Dichten der Felgenbohrung 2 gegenüber dem Ventilkörper 3, 7 eine Formdichtung 5 aus elastischem Material (Gummi) so vorgesehen, dass gemäß Merkmal 4.1 im montierten und verspannten Zustand ein ringförmiger Kammerabschnitt 12 (Sitz, vgl. Fig. 1 und Bl. 4, vorletzter Abs. der NK5a) der Formdichtung 5 in die Ringnut 10 eingreift und dichtend an dem Randabschnitt der Felgenbohrung 2 anliegt (vgl. Fig. 1 und Bl. 4, letzter Abs. der NK5a) und gemäß Merkmal 4.2 ein an dem Kammerabschnitt 12 ansitzender hohlzylindrischer Vertikalabschnitt 13 (Aufstehteil, Fig. 1 und Bl. 4, vorletzter Abs. der NK5a) der Formdichtung 5 den oberen Ventilkörperabschnitt 3 umgreift und dichtend mit einer ringförmigen Stirnfläche der Felgenbohrung 2 zusammenwirkt (Fig. 1 und Bl. 4, letzter Abs. der NK5a).

Von der Anordnung eines Reifenventils und einer Formdichtung der Druckschrift NK5 unterscheidet sich diejenige gemäß Anspruch 1 somit dadurch, dass gemäß Merkmal 4.3 der Kammerabschnitt (der Formdichtung) explizit so bemessen ist, dass er die Ringnut des Reifenventils nicht vollständig ausfüllt.

Die Höhe des ringförmigen Kammerabschnittes 12 der Formdichtung 5 der NK5 (in Achsrichtung des Ventils gesehen) ist gemäß Bl. 4, vorletzter Abs. der NK5a etwas dicker, also größer ausgebildet als die Tiefe der ihn aufnehmenden Ringnut 10. Der Fachmann erkennt dies sofort als notwendig zur Erzielung einer ausreichenden Dichtwirkung durch die Verspannung dieses Kammerabschnittes zwischen dem unteren Ventilkörper und der Felge. Über den Außendurchmesser des verspannten Kammerabschnittes der Formdichtung im Vergleich zum Innendurchmesser der Ringnut ist in der Druckschrift NK5 nichts ausgesagt. Der zeichnerischen Darstellung in Fig. 1 nach füllt der Kammerabschnitt die Ringnut im verspannten Zustand vollständig aus.

Wenn es allerdings darum geht, die Lehre der Druckschrift NK5 auszuführen, also die hierdurch offenbarte Anordnung eines Reifenventils und einer Formdichtung nachzubauen, wird der Fachmann zur praxisgerechten Ausführung der beiden bekannten Bauteile auch die Toleranzen (Abmaße) der Nennmaße im Hinblick auf alle möglichen Einsatzbedingungen des Reifenventils festlegen müssen. Bereits zum Anmeldetag konnten Metallteile (hier: der untere Ventilkörperabschnitt mit offener Ringnut) bei ihrer Herstellung mit geringem Aufwand mit relativ kleinen Toleranzen gefertigt werden, beispielsweise auf spanenden Werkzeugmaschinen. Im Unterschied dazu wiesen zum Anmeldetag Bauteile aus elastischen Materialien (z.B. Gummi oder Kunststoffe, hier: die Formdichtung) aus Kostengründen in der Regel größere Toleranzen auf. Nach Herstellung des Metall-Metall-Kontaktes zwischen dem unteren Ventilkörper und der Felge durch Anziehen der Überwurfmutter weicht der Kammerabschnitt der Formdichtung nach außen in den zur Verfügung stehenden Hohlraum (Ringnut) aus. Damit jedoch in diesem verspannten Zustand unter allen Einsatzbedingungen, insbesondere bei allen konstruktiven Bedingungen (also Größtmaß des Außendurchmessers des Kammerabschnittes und Kleinstmaß des dem Außendurchmesser des Kammerabschnittes benachbarten Durchmessers der Ringnut) und bei allen thermischen Bedingungen (also den daraus resultierenden jeweils unterschiedlichen Wärmedehnungen) der Druck auf die Formdichtung begrenzt werden kann, wird der Fachmann aufgrund seiner konstruktiven Erfahrung zur Sicherheit dem elastischen Werkstoff der Formdichtung einen in jedem Fall ausreichenden Raum zur Verfügung stellen und somit zur Sicherheit etwas mehr Platz in die einzig mögliche Richtung, also nach außen, anbieten. Anders formuliert heißt das, dass der Fachmann den Kammerabschnitt (der Formdichtung) so bemessen wird, dass er die Ringnut des Reifenventils im verspannten Zustand nicht vollständig ausfüllt. Ein Beleg für dieses Fachwissen ist die Literaturstelle D1, in der auf S. 819, Z. 3 bis 6 i. V. m. Bild 240 ausgeführt ist, dass bei Gummi zu beachten ist, dass er zwar elastisch, aber nicht zusammendrückbar ist und dass das geschlossene Nutvolumen (also im verspannten Zustand; Ergänzung durch den Senat) etwas größer als das Gummivolumen sein muss.

Dieser Vorgehensweise des Fachmanns widerspricht die zeichnerische Darstellung in Fig. 1 der NK5 nicht, gemäß der der Kammerabschnitt der Formdichtung die Ringnut vollständig ausfüllt, weil Fig. 1 als Prinzipdarstellung und nicht als Konstruktionszeichnung aufzufassen ist. Aus diesem Grund kann auch die Argumentation der Beklagten nicht durchgreifen, wonach bei der Anordnung eines Reifenventils und einer Formdichtung der NK5 die Verformung der Formdichtung durch den Metall-Metall-Kontakt zwischen dem unteren Ventilkörper und der Felge bereits begrenzt sei und dem Fachmann somit aufgrund der bereits gelösten Aufgabe ein Anlass gefehlt habe, sich hier weitergehende Gedanken zu machen. Die Beklagte hat des Weiteren vorgebracht, beim Gegenstand der NK5 sei zur Erzielung des Hohlraumes am Außendurchmesser des Kammerabschnitts entweder eine Verkleinerung des Außendurchmessers des Kammerabschnittes oder eine Vergrößerung der Nut und damit des unteren Ventilabschnittes notwendig. Beide Maßnahmen seien wegen der dann schlechteren Dichtwirkung bzw. des dann notwendigen Materialmehrbedarfs nachteilig. Da jedoch der Fachmann die Funktion der Anordnung eines Reifenventils und einer Formdichtung vorrangig sicherstellen muss, wird er die oben erläuterten Maßnahmen ergreifen und damit zwangsläufig ausgehend von einem für die Dichtwirkung ausreichenden Außendurchmesser des Kammerabschnittes einen etwas größeren benachbarten Durchmesser der Ringnut wählen.

Wenn der Fachmann daher sein Fachwissen auf den Gegenstand der Druckschrift NK5 anwendet, gelangt er ohne erfinderisches Zutun zu einer Anordnung eines Reifenventils und einer Formdichtung nach Anspruch 1.

Die erteilten Unteransprüche 2 bis 19 fallen mit Anspruch 1, auf den sie rückbezogen sind.

B. Hilfsantrag Die Zulässigkeit des Anspruchs 1 nach dem Hilfsantrag wird als gegeben unterstellt; jedoch beruht die Anordnung eines Reifenventils und einer Formdichtung gemäß Anspruch 1 nach dem Hilfsantrag nicht auf erfinderischer Tätigkeit.

Der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag fügt dem Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hauptantrag in Merkmal 4.3a die Formulierung "im Montagezustand der Formdichtung im verspannten Zustand der Metall-Metall-Verbindung" hinzu. Nach dem Vortrag der Beklagten soll damit (basierend auf der Formulierung: „… bei Herstellung des Metall-Metall-Kontaktes zwischen dem unterem Ventilkörper und der Felge durch Anziehen der Überwurfmutter" im Hinweis des Senats vom 12. Juli 2012) zum Ausdruck gebracht werden, dass es nicht um den Vorgang des Anziehens, sondern um den Zustand nach dem Anziehen, also um den verspannten Zustand geht.

Allerdings ist bereits in Merkmal 3.4 des Anspruchs 1 explizit angegeben, dass die Anordnung eines Reifenventils und einer Formdichtung „in einem verspannten Zustand" beansprucht werden soll, ebenso in Merkmal 4.1 („in dem montierten und verspannten Zustand").

Somit fügt der Einschub „im Montagezustand der Formdichtung im verspannten Zustand der Metall-Metall-Verbindung" in Merkmal 4.3a dem dadurch beanspruchten Gegenstand im Vergleich zum Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hauptantrag kein einschränkendes Merkmal hinzu. Vielmehr sind beide Gegenstände technisch identisch. Daher gilt die Argumentation zur erfinderischen Tätigkeit hinsichtlich des Auffindens des Gegenstandes nach Anspruch 1 gemäß Hauptantrag auch für den Gegenstand nach Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag.

Im Übrigen wäre eine den Gegenstand nicht einschränkende Klarstellung bei Klageabweisung im Nichtigkeitsverfahren (wie von der Beklagten beantragt) nicht zulässig (vgl. GRUR 1988, 757-761, BGH - Düngerstreuer).

Die Unteransprüche 2 bis 19 fallen mit Anspruch 1, auf den sie rückbezogen sind.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 709 ZPO.

Sredl Merzbach Dr. Fritze Rothe Hubert prö

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