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17 W (pat) 20/12

BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 20/12 Verkündet am 23. April 2015

…

BESCHLUSS In der Beschwerdesache betreffend die Patentanmeldung 11 2005 002 061.4 - 53 …

hat der 17. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 23. April 2015 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Phys. Dr. Morawek, der Richterin Eder sowie der Richter Dipl.-Ing. Baumgardt und Dipl.-Ing. Hoffmann beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

BPatG 154 05.11 Gründe:

I.

Die vorliegende Patentanmeldung ist eine PCT-Anmeldung in nationaler Phase, welche die Priorität einer Voranmeldung beim Europäischen Patentamt vom 31. August 2004 in Anspruch nimmt und als WO 2006 / 24 153 A1 in englischer Sprache veröffentlicht wurde. Ihr PCT-Anmeldetag ist der 31. August 2005. Sie trägt in der deutschen Übersetzung (DE 11 2005 002 061 T5) die Bezeichnung:

„Tragbare elektronische Vorrichtung mit Textdisambiguierung“.

Die Anmeldung wurde durch Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G 06 F des Deutschen Patent- und Markenamts vom 15. Februar 2012 mit der Begründung zurückgewiesen, dass der Gegenstand des Hauptanspruchs des Hauptantrags und der Gegenstand des Hauptanspruchs des Hilfsantrags mangels erfinderischer Tätigkeit nicht gewährbar seien, weil sie beide durch die Druckschrift D4 (s. u.) nahegelegt würden.

Gegen diesen Beschluss ist die Beschwerde der Anmelderin gerichtet.

Sie stellt in der Beschwerdebegründung vom 15. Juni 2012 (sinngemäß) den Antrag,

den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts vom 15. Februar 2012 aufzuheben und die Patenterteilung (gemäß Hauptantrag mit den ursprünglichen Patentansprüchen 1 bis 11 eingeg. am 28. Februar 2007, hilfsweise gemäß Hilfsantrag mit den Patentansprüchen 1 bis 7 vom 2. November 2010) zu beschließen,

weiter hilfsweise eine mündliche Verhandlung durchzuführen.

Zur Begründung macht die Anmelderin geltend, im Zurückweisungsbeschluss würden Argumente zur Neuheit und erfinderischen Tätigkeit in nicht nachvollziehbarer Weise vermischt. Die „Berücksichtigung“ des Vorbringens der Anmelderin erschöpfe sich darin, lediglich die Argumente der Anmelderin in indirekter Rede zu wiederholen, ohne jedoch auf die vorgebrachten Argumente in erkennbarer und nachvollziehbarer Weise einzugehen. Es sei deshalb schwer nachzuvollziehen, welche Argumente von der Prüfungsstelle als widerlegt angesehen und welche akzeptiert würden. Sodann erläutert die Anmelderin ausführlich, welche Merkmale des Patentanspruchs 1 in der Druckschrift D4 nicht offenbart seien. Insbesondere die beanspruchte zweistufige Suche basierend auf einer ersten Suche in einem persönlichen Wörterbuch mit anschließender zweiter Suche im allgemeinen Wörterbuch sei in der D4 nicht offenbart, noch sei sie ausgehend von D4 naheliegend. Darüber hinaus fehle die nach höchstrichterlicher Rechtsprechung erforderliche konkrete Anregung oder Veranlassung im Stand der Technik.

Gemäß Hauptantrag lauten der geltende Patentanspruch 1 (in der Gliederung aus dem Zurückweisungsbeschluss, mit zusätzlicher Untergliederung in Merkmale (a1), (a2) und (a3)) und der ihm nebengeordnete Patentanspruch 6 (wobei hier die Unterschiede zum Patentanspruch 1 unter- bzw. durchgestrichen sind):

(a) 1. Verfahren zur Disambiguierung einer Eingabe in eine tragbare elektronische Vorrichtung eines Typs, der eine Eingabeeinrichtung, eine Ausgabeeinrichtung und eine Prozessoreinrichtung umfasst, wobei die Prozessoreinrichtung einen Prozessor und einen Speicher umfasst, der eine darin gespeicherten Vielzahl von Objekten aufweist,

(a1) die eine Vielzahl von Sprachobjekten und eine Vielzahl von Häufigkeitsobjekten umfasst, wobei jedes von wenigstens einem Teil der Sprachobjekte einem zugeordneten Häufigkeitsobjekt zugeordnet ist,

(a2) der Speicher eine erste Datenquelle und eine zweite Datenquelle umfasst, wobei die erste Datenquelle eine Anzahl von Sprachobjekten der Vielzahl von Sprachobjekten und eine Anzahl von zugeordneten Häufigkeitsobjekten der Vielzahl von Häufigkeitsobjekten umfasst, wobei die zweite Datenquelle eine Anzahl von Sprachobjekten der Vielzahl von Sprachobjekten und eine Anzahl von zugeordneten Häufigkeitsobjekten der Vielzahl von Häufigkeitsobjekten umfasst,

(a3) die Eingabeeinrichtung eine Vielzahl von Eingabeelementen umfasst, wobei jedes von wenigstens einem Teil der Eingabeelemente der Vielzahl von Eingabeelementen eine Vielzahl von diesen zugeordneten Zeichen aufweist,

wobei das Verfahren umfasst:

(b) Erfassen einer mehrdeutigen Eingabe in ein Eingabefeld,

(c) Erzeugen einer Anzahl von Präfixobjekten, die der mehrdeutigen Eingabe entsprechen,

(d) Bestimmen, dass das Eingabefeld ein spezielles Eingabefeld ist,

(e) für jedes Präfixobjekt von wenigstens einem Teil der Anzahl von Präfixobjekten, ein Suchen eines entsprechenden Sprachobjektes, das dem Präfixobjekt entspricht, in der ersten Datenquelle,

(f) Erzeugen eines Primärergebnisses durch, für jedes Präfixobjekt von wenigstens einem Teil der Anzahl von Präfixobjekten, Identifizieren eines Sprachobjektes, das dem Präfixobjekt entspricht, in der ersten Datenquelle, Erhalten eines zugeordneten Häufigkeitsobjektes, das dem identifizierten Sprachobjekt zugeordnet ist und einen Häufigkeitswert aufweist, aus der ersten Datenquelle und Zuordnen des Häufigkeitswertes des zugeordneten Häufigkeitsobjektes dem Präfixobjekt,

(g) für wenigstens einem Teil der Präfixobjekte des Primärergebnisses, ein Erzeugen eines Primärausgabesatzes der Präfixobjekte, der entsprechend den diesen zugeordneten Häufigkeitswerten sortiert ist,

(h) Vornehmen einer Bestimmung, dass die Menge von Präfixobjekten in dem Primärausgabesatz geringer ist als eine vorbestimmte Menge,

in Antwort auf die Bestimmung:

(i) für jedes Präfixobjekt von wenigstens einem Teil der Anzahl von Präfixobjekten, ein Suchen eines entsprechenden Sprachobjektes, das dem Präfixobjekt entspricht, in der zweiten Datenquelle,

(j) Erzeugen eines Sekundärergebnisses durch, für jedes Präfixobjekt von wenigstens einem Teil der Anzahl von Präfixobjekten, Identifizieren eines Sprachobjektes, das dem Präfixobjekt entspricht, in der zweiten Datenquelle, Erhalten eines zugeordneten Häufigkeitsobjektes, das dem identifizierten Sprachobjekt zugeordnet ist und einen Häufigkeitswert aufweist, aus der zweiten Datenquelle und Zuordnen des Häufigkeitswertes des zugeordneten Häufigkeitsobjektes dem Präfixobjekt,

(k) für wenigstens einem Teil der Präfixobjekte des Sekundärergebnisses, ein Erzeugen eines Sekundärausgabesatzes der Präfixobjekte, der entsprechend den diesen zugeordneten Häufigkeitswerten sortiert ist, und

(l) Ausgeben einer Ausgabe, die wenigstens einen Teil der Präfixobjekte des Primärausgabesatzes und wenigstens einen Teil der Präfixobjekte des Sekundärausgabesatzes umfasst.

(a) 6. Verfahren zur Disambiguierung einer Eingabe in eine tragbare elektronische Vorrichtung eines Typs, die eine Eingabeeinrichtung, eine Ausgabeeinrichtung und eine Prozessoreinrichtung umfasst, wobei die Prozessoreinrichtung einen Prozessor und einen Speicher umfasst, der eine darin gespeicherte Vielzahl von Objekten aufweist,

(a1) die eine Vielzahl von Sprachobjekten und eine Vielzahl von Häufigkeitsobjekten umfassen, wobei jedes von wenigstens einem Teil der Sprachobjekte einem zugeordneten Häufigkeitsobjekt zugeordnet ist,

(a2‘) der Speicher eine Vielzahl von Datenquellen umfasst, wobei jeder Datenquelle eine Anzahl von Sprachobjekten der Vielzahl von Sprachobjekten und eine Anzahl von zugeordneten Häufigkeitsobjekten der Vielzahl von Häufigkeitsobjekten umfasst,

(a3‘) die Eingabeeinrichtung eine Vielzahl von Eingabeelementen umfasst, wobei jedes von wenigstens einem Teil der Eingabeelemente der Vielzahl von Eingabeelementen eine Vielzahl von diesen zugeordneten Zeichen aufweist,

wobei das Verfahren umfasst:

(b) Erfassen einer mehrdeutigen Eingabe in ein Eingabefeld,

(c‘) Erzeugen einer Anzahl von Präfixobjekten entsprechend der mehrdeutigen Eingabe,

(d) Bestimmen, dass das Eingabefeld ein spezielles Eingabefeld ist, und

(x) in Antwort auf das Bestimmen, dass das Eingabefeld ein spezielles Eingabefeld ist, ein Identifizieren einer vorbestimmten Datenquelle aus der Vielzahl von Datenquellen zu einer Analyse im Wesentlichen vor einer Analyse von anderen Datenquellen, um ein vorgeschlagenes Disambiguierungsergebnis zu erhalten.

Bezüglich des nebengeordneten, auf eine „tragbare elektronische Vorrichtung“ gerichteten Anspruchs 11 und der Unteransprüche 2 bis 5 und 7 bis 10 wird auf die Akte verwiesen.

Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag basiert auf dem Patentanspruch 1 des Hauptantrags, wobei in den Merkmalen (e), (g), (i) und (k) geringfügige sprachliche Korrekturen vorgenommen wurden, und der ferner um folgende Merkmale ergänzt ist:

(m) wobei die Vielzahl von Sprachobjekten eine Vielzahl von Wortobjekten und eine Vielzahl von N-Gram-Objekten umfasst, wobei im Wesentlichen jedes N-Gram-Objekt wenigstens ein erstes Zeichen umfasst,

(n) Bestimmen, dass das Primärergebnis und das Sekundärergebnis eine Menge von Präfixobjekten umfassen,

(o) Bestimmen, dass die Menge von Präfixobjekten in dem Primärergebnis und dem Sekundärergebnis geringer ist als eine vorbestimmte Menge, und Hinzufügen eines Präfixobjektes der Anzahl von Präfixobjekten, für welches ein korrespondierendes Wortobjekt nicht identifiziert wurde, als ein vorangehendes Präfixobjekt zu der Ausgabe an einer Position entsprechend einer verhältnismäßig geringeren Häufigkeit.

Hinsichtlich der exakten Formulierung sowie bezüglich der Nebenansprüche 4 und 6 und der Unteransprüche 2, 3, 5 und 7 wird wiederum auf die Akte verwiesen.

Als zugrundeliegende technische Aufgabe ist in der Beschwerdebegründung, Seite 2 unten, angegeben: ein Verfahren bereitzustellen, bei dem die Auflösung der Mehrdeutigkeiten von Eingaben über eine reduzierte Tastatur eines tragbaren elektronischen Geräts im Vergleich zum Stand der Technik verbessert wird.

Im Verfahren wurden entgegengehalten:

D1 US 6 204 848 B1 D2 US 6 307 549 B1 D3 US 2004 / 88 285 A1 D4 US 2004 / 153 975 A1 D5 US 2004/21 691 A1 II.

Die Beschwerde ist rechtzeitig eingegangen und auch sonst zulässig. Sie hat jedoch keinen Erfolg, weil der jeweilige Gegenstand mindestens eines der unabhängigen Patentansprüche des Haupt- und des Hilfsantrags bei Nicht-Berücksichtigung derjenigen Merkmale, die zu einer technischen Problemlösung nichts beitragen, nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht (§§ 1, 4 PatG).

1. Die vorliegende Patentanmeldung betrifft ein Verfahren zur Texteingabe in eine tragbare elektronische Vorrichtung über eine Eingabeeinrichtung (insbesondere eine Tastatur), wobei Eingabeelemente (Tasten) zum Einsatz kommen, welche mehrfach belegt sind (Merkmal (a3): wobei ein Eingabeelement „eine Vielzahl von diesem zugeordneten Zeichen aufweist“). Der eingegebene Text wird auf einer zugeordneten Ausgabeeinrichtung (Display) angezeigt. Dazu sind ein Prozessor und ein Speicher vorgesehen (Merkmal (a)).

Wegen der Mehrfach-Belegung kann eine betätigte Taste nicht eindeutig einem bestimmten Eingabezeichen zugeordnet werden. Daher ist ein „Disambiguierung“ der Eingabe erforderlich, d. h. ein Algorithmus zur Auflösung der Mehrdeutigkeit.

Prinzipiell waren dazu (siehe Beschreibung gemäß DE 11 2005 002 061 T5, Absätze [0005] / [0006]) Verfahren bekannt, bei denen ein einzugebendes Zeichen durch mehrfache Tastenbetätigung ausgewählt wird (z. B. „key chording“, wobei mehrere Tasten gleichzeitig oder zusammenhängend nacheinander betätigt werden, oder „Multi-Tap“, wobei eine Taste mehrfach nacheinander betätigt wird und die Zeichenauswahl durch die Anzahl der Betätigungen erfolgt). Ferner war es aber auch schon bekannt, jeweils nur eine Taste zu betätigen und die Mehrdeutigkeit durch eine Zusammenstellung der aufgrund der bisherigen Eingaben „möglichen“ Wort-Kandidaten aufzulösen, und ggf. unterschiedliche mögliche Worte zur Auswahl anzubieten; dafür ist ein Wörterbuch in der verwendeten Sprache und ggf. auch eine Häufigkeitsinformation für die möglichen Worte erforderlich (siehe Absätze [0007], [0009] und die gesamte Beschreibung, insbesondere das Beispiel gemäß den Figuren 7 bis 10 und Absätze [0109] bis [0123]).

Mit der Anmeldung soll das letztere, an sich bekannte Verfahren der Disambiguierung einer mehrdeutigen Eingabe auf der Basis von Wörterbüchern weiter verbessert und für den Benutzer vereinfacht werden, insbesondere hinsichtlich der Eingabe in spezielle Eingabefelder, denen ein spezieller Wortschatz zugrundeliegt (siehe Absätze [0066] und [0105] bis [0108]).

Die einfachste Form der beanspruchten Erfindung ist im Anspruch 6 des Hauptantrags angegeben: wenn ein Eingabefeld (irgendwie) als „spezielles“ Eingabefeld erkannt wird (Merkmal (d)), soll eine diesem zugeordnete „Datenquelle“ identifiziert und für die Disambiguierung den anderen möglichen Datenquellen vorgezogen werden (Merkmal (x)). Mit „Datenquellen 99“ sind laut Absatz [0093] linguistische Datenbanken (Wörterbücher) gemeint, welche die Basis für die Worterkennung bilden. Ein Beispiel dafür ist in Absatz [0105] näher ausgeführt: Wenn etwa ein spezielles Eingabefeld für einen Patientennamen oder ein Medikament vorgesehen ist, dann erlaubt die Erkennung dieses Eingabefeldes das Heranziehen eines speziellen Wörterbuchs für Patientennamen bzw. für Medikamente. Es ist offensichtlich, dass durch das Vorziehen besonderer, auf ein spezielles Eingabefeld abgestimmter Wörterbücher die Disambiguierung möglicher Eingaben signifikant verbessert werden kann.

Der Anspruch 1 des Hauptantrags ist auf eine detaillierte Ausführungsform dieser Lehre gerichtet, die sich auf eine „erste“ und eine „zweite“ Datenquelle beschränkt und einen konkreten Algorithmus beschreibt, wie aus den aus der bisherigen Eingabe abgeleiteten Präfix-Objekten, diesen entsprechenden Sprachobjekten (Eingabe-Worten) und zugeordneten Häufigkeitsobjekten eine Ausgabeliste erstellt werden soll, die dem Benutzer zur Auswahl angeboten wird, wobei die Objekte der Liste nach Auftretens-Häufigkeit geordnet sind.

Im Anspruch 1 des Hilfsantrags wird dieser Algorithmus durch zusätzliche Merkmale noch dahingehend verfeinert, dass in Fällen, wo nur noch wenige „mögliche“ Eingabe-Worte verbleiben (so dass die Ausgabeliste nicht mehr ganz voll wird) weitere sog. „verwaiste“ Präfix-Objekte mit in die Liste aufgenommen werden, welche sich keinem Wort der zugrundeliegenden Wörterbücher zuordnen lassen, wodurch die Möglichkeit zur Eingabe neuer, bisher unbekannter Worte geboten wird.

Als Fachmann, der mit der Aufgabe betraut wird, ein bekanntes, auf WörterbuchVergleich basierendes Disambiguierungsverfahren für die Wort-Eingabe mittels mehrfach belegter Tasten zu verbessern, sieht der Senat einen Informatiker oder System-Programmierer mit Hochschul-Ausbildung an, der einen Experten für Benutzeroberflächen mit Erfahrung im Erkennen und in der Beurteilung von Kundenwünschen bezüglich der Gerätebedienung und evtl. einen Sprachwissenschaftler zur Hilfe heranzieht.

2. Der Hauptantrag hat bereits deshalb keinen Erfolg, weil der Gegenstand des unabhängigen Patentanspruchs 6 für den Durchschnittsfachmann nahelag.

2.1 Entgegen der Prüfungsstelle lässt sich das allerdings nicht mit der Druckschrift D4 (US 2004 / 153 975 A1) begründen, wie die Anmelderin ausführlich in ihrer Beschwerdebegründung aufzeigt (siehe Schriftsatz vom 15. Juni 2012, insbesondere Seite 7 bis 12).

2.2 Als nächstkommenden Stand der Technik sieht der Senat hier die Druckschrift D2 (US 6 307 549 B1) an. Sie beschreibt ein Verfahren zur Disambiguierung einer Texteingabe mittels mehrfach belegter Tasten (siehe z. B. Figur 1B), wobei das zugrundeliegende Gerät ein tragbarer Computer 52 ist und eine Eingabeeinrichtung 54, eine Ausgabeeinrichtung 53, einen Prozessor 100 und einen Speicher 104 besitzt (Spalte 6 Zeile 20 ff., Figur 2 – Merkmale (a), (a3), (a3‘)). Im Speicher sind Vokabular-Module 110 mit Wort-Objekten oder Präfix-Objekten ab- gelegt (Spalte 10 Zeile 31 bis 35; Präfix-Objekte werden hier als „stem“ bezeichnet, siehe z. B. Spalte 8 Zeile 28 ff.), denen ein Häufigkeitsobjekt zugeordnet sein kann (Spalte 14 Zeile 1: „frequency of use field“ – Merkmal (a1)). Dabei sind mehrere Vokabular-Module 110 vorgesehen (Spalte 22 Zeile 1 ff., Spalte 28 Zeile 57 bis 60 – Merkmal (a2), (a2‘)). Auf dem Bildschirm wird ein Eingabefeld angezeigt (text region 66, insertion point 88) und die mehrdeutige Eingabe auf eine Liste mit möglichen Präfixen oder Worten zurückgeführt (siehe insbes. Figur 8E bis 8H und zugehörige Beschreibung – Merkmale (b), (c), (c‘)).

Mögliche Wort- oder Präfix-Objekte werden in der Reihenfolge der Häufigkeit angezeigt und zur Auswahl angeboten (Figur 8F / Spalte 23 Zeile 30 ff.). Gemäß Spalte 28 Zeile 57 bis 64 können Spezial-Wörterbücher für juristische oder medizinische Begriffe aufgenommen werden, und der Benutzer kann konfigurieren, dass Worte aus einem solchen Spezial-Wörterbuch ganz oben auf der Liste der möglichen eingebbaren Worte angeordnet werden; das ist nicht anders zu verstehen, als dass diese Datenquelle entsprechend der Identifikation durch den Nutzer bevorzugt für die Analyse herangezogen wird. Damit ist Merkmal (x) i. W. vorbeschrieben, mit dem einzigen Unterschied, dass der beanspruchte Zusammenhang mit einem „speziellen Eingabefeld“ (Merkmal (d)) nicht explizit angegeben ist.

Allerdings findet sich in Spalte 10 Zeile 4 bis 22 und Spalte 15 Zeile 53 ff. die Lehre, zwischen einem „normal mode“ (in welchem Worte aus einem word vocabulary module Vorrang haben) und einem „numeric mode“ (in welchem Zahlen, also ein Zahlen-Wörterbuch, Vorrang haben) zu unterscheiden. Die Formulierung „in situations where a series of numbers are to be entered“ (D2 Spalte 10 Zeile 8/9) und das Wissen des Fachmanns um allgemein bekannte SpezialEingabefelder – wie z. B. ein Postleitzahlen-Feld bei Adresseingaben – stellen hier eine Anregung dar, die Auswahl des vorrangig zu benutzenden Wörterbuchs abhängig vom Eingabefeld zu machen.

Damit ergeben sich sämtliche Merkmale des Patentanspruchs 6 des Hauptantrags für den Fachmann in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik. Inwieweit durch den Gegenstand des Patentanspruchs 6 überhaupt ein konkretes technisches Problem gelöst wird, kann bei dieser Sachlage dahinstehen.

2.3 Mit dem Patentanspruch 6 fallen auch die übrigen Ansprüche des Hauptantrags, da über einen Antrag nur einheitlich entschieden werden kann.

3. Der Hilfsantrag hat ebenfalls keinen Erfolg, weil diejenigen Merkmale seines Patentanspruchs 1, die über die Lehre des Patentanspruchs 6 nach Hauptantrag hinausgehen, bei der Prüfung auf erfinderische Tätigkeit nicht zu berücksichtigen sind.

3.1 Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag basiert auf dem Patentanspruch 1 des Hauptantrags. Gegenüber dem Patentanspruch 6 des Hauptantrags sollen die verwendeten Wörterbücher dabei auf eine „erste“ und eine „zweite“ Datenquelle beschränkt sein; ferner sind anstelle des Merkmals (x) die Merkmale (e) bis (l) zu betrachten (s. o.), wobei geringfügige sprachliche Korrekturen unbeachtlich sind. Darüber hinaus ist der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag noch durch die oben genannten Merkmale (m), (n) und (o) eingeschränkt.

3.2 Zur Überwindung des Ausschluss-Tatbestands nach § 1 Abs. 3 Nr. 3 und 4 PatG genügt es, wenn zumindest ein Teilaspekt der beanspruchten Lehre ein technisches Problem bewältigt. Dies lässt sich im vorliegenden Fall nicht generell ausschließen.

Jedoch sind bei der Prüfung einer Erfindung auf erfinderische Tätigkeit nur diejenigen Anweisungen zu berücksichtigen, die die Lösung des technischen Problems mit technischen Mitteln bestimmen oder zumindest beeinflussen (BGH GRUR 2011, 125 – Wiedergabe topografischer Informationen, Leitsätze a und b). Mit Merkmalen, die zu einer technischen Problemlösung nicht beitragen, lässt sich das Vorliegen einer erfinderische Tätigkeit nicht begründen (vgl. auch BGH GRUR 2013, 275 – Routenplanung, insbesondere III. 2b und 3b).

3.3 Die Merkmale (e) bis (l) tragen zu einer technischen Problemlösung nicht bei und sind deshalb bei der Prüfung auf erfinderische Tätigkeit nicht zu berücksichtigen.

Die genannten Merkmale beschreiben einen konkreten Algorithmus, wie aus den aus der bisherigen Eingabe abgeleiteten Präfix-Objekten eine nach AuftretensHäufigkeit geordnete Ausgabeliste erstellt werden soll, die dem Benutzer zur Auswahl angeboten wird. Dabei sollen Objekte aus der zweiten Datenquelle dann mit in die Liste aufgenommen werden, wenn die Anzahl der aus der ersten Datenquelle abgeleiteten Objekte kleiner „als eine vorbestimmte Menge“ ist (Merkmal (h)) – d. h. die erste Datenquelle wird zunächst vorgezogen, aber wenn sich dort zu wenig Treffer finden, wird die zweite Datenquelle mit berücksichtigt.

Dabei ist jedoch der Grundgedanke, auf dem der Algorithmus basiert – nämlich (abhängig vom Eingabefeld) eine bestimmte Datenquelle zu bevorzugen –, wie zuvor dargestellt bereits durch Druckschrift D2 nahegelegt.

Der konkret beanspruchte Algorithmus in Form einzelner Arbeitsschritte und ihrer Reihenfolge stellt zwar eine brauchbare und sinnvolle Realisierung des Grundgedankens dar. Es sind aber nicht irgendwelche „auf technischen Überlegungen beruhende Erkenntnisse“ (BGH GRUR 2000, 498 – Logikverifikation), welche die einzelnen Schritte und die Reihenfolge ihres Ablaufs bestimmen. Irgendein technisches Problem besteht an dieser Stelle nicht mehr. Die technischen Aspekte der zugrundeliegenden „tragbaren elektronische Vorrichtung“ haben keinen Einfluss auf die einzelnen Schritte und werden ihrerseits auch nicht durch sie beeinflusst. Vielmehr kann es nur als Problem der Benutzerfreundlichkeit verstanden werden, diejenigen Worte oder Präfixe im oberen Bereich der Ausgabeliste anzuzeigen, welche der Benutzer mit hoher Wahrscheinlichkeit eingeben möchte. Letztlich wird die Chance erhöht, dass der Benutzer das gewünschte Wort mit weniger Eingabeschritten oder Tastenbetätigungen erreicht. Das kann aber nicht als Lösung eines technischen Problems verstanden werden.

3.4 Auch die zusätzlichen Merkmale (m), (n) und (o) sind nicht anders zu bewerten und deshalb nicht zu berücksichtigen.

Die genannten Merkmale detaillieren den Algorithmus der Merkmale (e) bis (l) noch weiter. Sie gehen davon aus, dass u. U. auch bei Berücksichtigung der zweiten Datenquelle noch nicht genügend Treffer erzeugt werden (Merkmal (o): „dass die Menge von Präfixobjekten in dem Primärergebnis und dem Sekundärergebnis geringer ist als eine vorbestimmte Menge“). Für diesen Fall schlagen sie die zusätzliche Berücksichtigung von sog. „verwaisten“ Präfix-Objekten vor, also solchen Präfix-Objekten, die zu keinem Wort-Objekt der vorhandenen Datenquellen passen. Absatz [0070] der Anmeldung ist zu entnehmen, dass damit neue, unbekannte Wörter eingegeben werden können.

Eine solche Maßnahme löst aber ebenfalls kein technisches Problem. Zwar wird dem Benutzer die Eingabe neuer Wörter vereinfacht, weil er nicht auf ein anderes, eindeutiges Eingabeverfahren überwechseln muss, sondern das gerade verwendete mehrdeutige Eingabeverfahren beibehalten kann. Damit wird jedoch lediglich ein weiterer Beitrag zur Benutzerfreundlichkeit geleistet. Dass dadurch irgendein konkretes technisches Problem gelöst werden könnte, ist nicht ersichtlich.

Damit können diese zusätzlichen Merkmale gleichfalls nicht berücksichtigt werden.

3.5 Nachdem somit die zusätzlichen Merkmale des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag gegenüber dem Patentanspruch 6 nach Hauptantrag nicht zu berücksichtigen waren, hat der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag gleichfalls keinen Bestand. Mit ihm fällt der gesamte Hilfsantrag.

Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass

1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, 2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, 3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, 4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat, 5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder 6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.

Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich einzulegen.

Morawek Eder Baumgardt Hoffmann Me

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