III ZR 59/24
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES III ZR 59/24 URTEIL in dem Rechtsstreit ECLI:DE:BGH:2025:100725UIIIZR59.24.0 Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 5. Juni 2025 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Herrmann und die Richter Prof. Dr. Kessen, Dr. Herr, Liepin und Dr. Ostwaldt für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Teilanerkenntnis- und Schlussurteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 25. April 2024 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsrechtszugs zu tragen.
Von Rechts wegen Tatbestand Der in die Liste qualifizierter Verbraucherverbände nach § 4 UKlaG eingetragene Kläger nimmt das beklagte Telekommunikationsunternehmen auf Unterlassung in Anspruch.
Die Beklagte versandte im Jahr 2023 per Postwurfsendung an eine Vielzahl von Verbrauchern Schreiben, in denen sie einen Tarif für einen DSLAnschluss bewarb. Diese Schreiben umfassten drei Seiten: ein Anschreiben, ein Antragsformular und ein beidseitig bedrucktes Papier, das auf der einen Seite eine Vertragszusammenfassung und auf der anderen Seite eine Widerrufsbelehrung beinhaltete.
Das Anschreiben enthielt unter anderem den folgenden Text:
"Sofern Sie sich für unser Angebot entscheiden möchten, senden Sie uns bitte das beigefügte Formular innerhalb der nächsten 14 Tage zurück. Im Anschluss erhalten Sie von uns eine Bestätigung mit der Post." Das Antragsformular beinhaltete unter anderem den folgenden Text:
"Ja, ich möchte von Ihrem Tarif 1N DSL 16 profitieren.
Es gelten die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (abrufbar über www.1n.de/agb).
[Klausel 1]
Ich bestätige, die Vertragszusammenfassung und Widerrufsbelehrung für meine Unterlagen erhalten zu haben. [Klausel 2]
Ferner kündige ich hiermit meinen bisherigen Vertrag bei der […] und beauftrage die Mitnahme (Portierung) meiner Rufnummer."
[Klausel 3]
Im Anschluss folgte die Unterschriftenzeile.
Mit seiner Klage hat der Kläger von der Beklagten Unterlassung der Verwendung der in dem Antragsformular enthaltenen drei Klauseln in mit Verbrauchern zu schließenden Telekommunikationsverträgen sowie Aufwendungsersatz für die erfolglos gebliebene vorgerichtliche Abmahnung begehrt.
Nachdem die Beklagte die Klage hinsichtlich des auf die Klausel 2 bezogenen Unterlassungsantrags anerkannt hat, hat das Oberlandesgericht der Klage hinsichtlich der auf die Klauseln 1 und 2 bezogenen Unterlassungsanträge sowie des geltend gemachten Aufwendungsersatzes stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Mit der vom Oberlandesgericht insoweit beschränkt zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag hinsichtlich des auf die Klausel 1 bezogenen Unterlassungsantrags weiter.
Entscheidungsgründe Die zulässige Revision ist unbegründet.
I.
Das Oberlandesgericht hat zur Begründung seiner unter anderem in MDR 2024, 1367 veröffentlichten Entscheidung - soweit im Revisionsverfahren noch von Interesse - im Wesentlichen ausgeführt:
Die Klage sei hinsichtlich der Klausel "Es gelten die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (abrufbar über www.1n.de/agb)" begründet. Die Klausel genüge den Anforderungen des § 305 Abs. 2 Nr. 2 BGB nicht. Danach würden Allgemeine Geschäftsbedingungen nur dann Bestandteil eines Vertrags, wenn der Verwender der anderen Vertragspartei die Möglichkeit verschaffe, in zumutbarer Weise von dem Inhalt der Allgemeinen Geschäftsbedingungen Kenntnis zu nehmen. Die Beklagte übersende ihre Werbeschreiben per Briefpost, das darin enthaltene Antragsformular müsse von interessierten Kunden ebenfalls per Briefpost zurückgeschickt werden. In diesem Fall reiche der Hinweis auf im Internet auffindbare Allgemeine Geschäftsbedingungen für die Verschaffung einer zumutbaren Kenntnisnahmemöglichkeit nicht aus. Anders als bei Vertragsabschlüssen im Internet stelle der Hinweis auf im Internet auffindbare Allgemeine Geschäftsbedingungen in der vorliegenden Konstellation einen Medienbruch dar, der die Möglichkeit der Kenntnisnahme unzumutbar erschwere. Wenngleich der Zugang zum Internet gegenüber früher selbstverständlicher geworden sei und der beworbene Tarif auch Internetdienstleistungen umfasse, könne nicht davon ausgegangen werden, dass die angeschriebenen Verbraucher über ein internetfähiges Gerät verfügten. Überdies sei der Medienbruch unnötig, weil die Beklagte den Werbeschreiben ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen ohne Probleme hätte beifügen können.
II.
Das Urteil hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.
1. Die Klage ist hinsichtlich des auf die Klausel "Es gelten die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (abrufbar über www.1n.de/agb)" bezogenen Unterlassungsantrags zulässig. Entgegen der Auffassung der Revision ist der von dem Kläger geltend gemachte Unterlassungsanspruch tauglicher Gegenstand einer Verbandsklage.
Nach § 1 UKlaG kann auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer in Allgemeinen Geschäftsbedingungen Bestimmungen verwendet, die nach §§ 307 bis 309 BGB unwirksam sind. Die in den §§ 305 ff BGB geregelte Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Bestimmung wirksam in den Vertrag einbezogen ist, kann - worauf die Revision im Ausgangspunkt zutreffend hinweist hingegen nicht Gegenstand eines Verbandsklageverfahrens nach § 1 UKlaG sein. Daher kann im Verbandsklageverfahren nicht geprüft werden, ob der Medienbruch zwischen dem Papierformular und dem Verweis auf die im Internet abrufbaren Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten den Anforderungen des § 305 Abs. 2 BGB genügt oder - wie das Oberlandesgericht meint - nicht. Es kommt jedoch ein Verstoß der Klausel gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB in Betracht, der das Verbandsklageverfahren eröffnet.
a) Klauseln, die die Einbeziehung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen in einen Vertrag regeln, können jedenfalls dann Gegenstand einer Verbandsklage nach § 1 UKlaG sein, wenn die Frage ihrer Unwirksamkeit nach §§ 307 bis 309 BGB inmitten steht (vgl. BGH, Urteile vom 11. November 2009 - VIII ZR 12/08, NJW 2010, 864 Rn. 37 [§ 308 Nr. 5 BGB] und vom 15. Mai 1991 - VIII ZR 38/90, NJW 1991, 1750, 1753 [§ 11 Nr. 15b AGBG = § 309 Nr. 12b BGB]). Dabei ist zwar zu berücksichtigen, dass die Voraussetzungen des § 305 BGB nicht mittelbar über § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB zum Gegenstand eines solchen Verfahrens gemacht werden können (vgl. zB BGH, Urteil vom 12. Dezember 2007 - IV ZR 130/06, BGHZ 175, 28 Rn. 7; Beschluss vom 16. Oktober 2002 - IV ZR 307/01, NJW-RR 2003, 103, 104; jew. mwN), da ansonsten die in § 1 UKlaG bestimmte Beschränkung des Verbandsklageverfahrens unterlaufen würde. Eine Einbeziehungsklausel, bei der - wie bei der streitgegenständlichen Klausel - nicht nur die Wahrung des Erfordernisses nach § 305 Abs. 2 Nr. 2 BGB zweifelhaft ist, sondern darüber hinaus auch ein Verstoß gegen das Transparenzgebot in Betracht kommt, kann indessen im Verbandsklageverfahren auf ihre Wirksamkeit nach § 307 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit Satz 1 BGB überprüft werden (vgl. Lindacher in Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, 7. Aufl., § 1 UKlaG Rn. 20).
b) Der Senat ist - auch im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung - nicht daran gebunden, dass der Kläger in den Vorinstanzen allein die Unwirksamkeit der Klausel nach § 307 Abs. 1 Satz 1, § 307 Abs. 2 Nr. 1 in Verbindung mit § 305 Abs. 2 Nr. 2 BGB geltend gemacht hat. Das Gericht hat die angegriffene Klausel unter jedem rechtlichen Gesichtspunkt auf ihre Wirksamkeit zu prüfen. Von besonderen, hier nicht vorliegenden Ausnahmen abgesehen hat die beschränkte Bezugnahme einer Partei auf einzelne Anspruchsgrundlagen keinen Einfluss auf den Streitgegenstand und ist für das Gericht nicht bindend (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Dezember 2010 - V ZB 190/10, NJW-RR 2011, 589 Rn. 9; Stein/Roth, ZPO, 24. Aufl., Vor § 253 Rn. 68 f; § 253 Rn. 22); umgekehrt muss der Kläger seine Klage auch nicht ausdrücklich auf bestimmte Anspruchsgrundlagen stützen (Stein/Roth aaO Vor § 253 Rn. 69).
Entsprechend bildet der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nach § 1 UKlaG einen einheitlichen Streitgegenstand, gleichviel auf welche materiellrechtlichen Verbotsgründe er vom Kläger gestützt wird oder gestützt werden kann (BGH, Urteil vom 8. September 2021 - VIII ZR 97/19, WM 2022, 1384 Rn. 51 mwN). Zulässiger Streitgegenstand einer Verbandsklage nach §§ 1, 3 UKlaG ist jede inhaltlich selbständige Klausel und jeder inhaltlich selbständige Klauselteil in der vom Anspruchsgegner konkret verwendeten Fassung zusammen mit dem dazugehörigen Lebenssachverhalt. (Nur) der Wortlaut der beanstandeten Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen muss nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 UKlaG im Klageantrag angegeben werden; anderenfalls ist die Klage unzulässig (Senat, Urteil vom 11. März 2021 - III ZR 96/20, NJW-RR 2021, 839 Rn. 18; BGH, Urteil vom 25. Juli 2017 - XI ZR 260/15, BGHZ 215, 292 Rn. 18; jew. mwN). Die Angabe bestimmter Rechtsvorschriften, aus denen die Unwirksamkeit der beanstandeten Klausel folgen soll, ist zur Festlegung des Streitgegenstandes hingegen nicht erforderlich.
Anders als die Revision meint, hat sich daran durch das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2020/1828 über Verbandsklagen zum Schutz der Kollektivinteressen der Verbraucher und zur Aufhebung der Richtlinie 2009/22/EG sowie zur Änderung des Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetzes (Verbandsklagenrichtlinienumsetzungsgesetz - VRUG) vom 8. Oktober 2023 (BGBl. I Nr. 272) nichts geändert. Insbesondere führt die Verkürzung des Instanzenzugs in § 6 UKlaG nicht dazu, dass als Ausgleich hierfür zum Schutz des Beklagten eine besondere Zulässigkeitsvoraussetzung dergestalt anzunehmen wäre, dass im Verbandsklageverfahren das aus der Klageschrift ersichtliche Klageziel auf die Überprüfung einer Klausel am Maßstab der §§ 307 ff BGB gerichtet sein muss. Von der Verkürzung des Instanzenzugs, die eine Verfahrensbeschleunigung bezweckt (vgl. Entwurf der Bundesregierung eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2020/1828 über Verbandsklagen zum Schutz der Kollektivinteressen der Verbraucher und zur Aufhebung der Richtlinie 2009/22/EG, BT-Drucks. 20/6520 S. 118), sind beide Parteien gleichermaßen betroffen, so dass ein besonderes Schutzbedürfnis der beklagten Partei hieraus nicht erwächst. Zudem entbehrt die von der Revision angenommene Zulässigkeitsvoraussetzung einer gesetzlichen Grundlage. § 8 Abs. 1 UKlaG, der für Klagen nach § 1 UKlaG das allgemeine Erfordernis eines "bestimmten Antrags" in § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO konkretisiert und insoweit der zweifelsfreien Festlegung des Streitgegenstandes dient (BGH, Urteile vom 5. Juni 2018 - XI ZR 790/16, BGHZ 219, 35 Rn. 27 und vom 25. Juli 2017 aaO; jew. mwN), sieht ein derartiges Zulässigkeitserfordernis nicht vor und wurde durch das Verbandsklagenrichtlinienumsetzungsgesetz auch nicht entsprechend geändert. Schließlich würde die mit der von der Revision angenommenen Zulässigkeitsvoraussetzung verbundene Einschränkung der gerichtlichen Kontrollbefugnis auch dem Zweck der Verbandsklage zuwiderlaufen, den Rechtsverkehr im Interesse der Verbraucher von unwirksamen Allgemeinen Geschäftsbedingungen freizuhalten (vgl. BGH, Urteil vom 9. Juli 2009 - Xa ZR 19/08, BGHZ 182, 24 Rn. 28 mwN). Aus der Richtlinie selbst folgt nichts Gegenteiliges. Sie enthält keine Regelungen in Bezug auf die Bestimmung des Streitgegenstands einer Klauselklage, was mit der nach der "acte-clair-Doktrin" erforderlichen Eindeutigkeit feststeht. Auch die Revision macht in dieser Hinsicht nichts geltend.
2. Dem Kläger steht der gegen die Beklagte geltend gemachte Unterlassungsanspruch gemäß § 1 UKlaG zu. Die beanstandete Klausel ist gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit Satz 1 BGB unwirksam.
a) Das Oberlandesgericht ist zu Recht und von der Revision unbeanstandet davon ausgegangen, dass es sich bei der Klausel um eine von der Beklagten verwendete Allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne von § 305 Abs. 1 BGB handelt.
b) Bei der gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung der Klausel stellt die darin enthaltene Bezugnahme auf die unter der Adresse www.1n.de/agb abrufbaren Allgemeinen Geschäftsbedingungen eine dynamische Verweisung dar, mit der nicht nur die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses unter der Internetadresse hinterlegten Vertragsbedingungen der Beklagten in den Vertrag einbezogen werden sollen, sondern auch alle etwaig geänderten Fassungen, die zukünftig von der Beklagten unter der Adresse in das Internet eingestellt werden. Diese Auslegung kann der Senat selbst vornehmen, da Allgemeine Geschäftsbedingungen wie revisible Rechtsnormen zu behandeln und infolgedessen von dem Revisionsgericht frei auszulegen sind (st. Rspr.; vgl. nur Senat, Urteil vom 8. Oktober 2020 - III ZR 80/20, NJW 2021, 1392 Rn. 30; BGH, Urteile vom 15. Februar 2024
- VII ZR 42/22, BGHZ 239, 300 Rn. 32 und vom 8. September 2021 aaO Rn. 17; jew. mwN).
aa) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Kreise verstanden werden. Dabei sind die Vorstellungen und Verständnismöglichkeiten eines durchschnittlichen, rechtlich nicht vorgebildeten Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen. Ansatzpunkt für die bei einer Formularklausel gebotene objektive, nicht am Willen der konkreten Vertragspartner zu orientierende Auslegung ist dabei in erster Linie ihr Wortlaut (st. Rspr.; vgl. nur Senat aaO Rn. 32; BGH, Urteil vom 8. September 2021 aaO Rn. 18, 21; jew. mwN).
Sofern nach Ausschöpfung aller in Betracht kommenden Auslegungsmöglichkeiten Zweifel verbleiben und zumindest zwei Auslegungsergebnisse rechtlich vertretbar sind, kommt die sich zu Lasten des Klauselverwenders auswirkende Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB zur Anwendung. Dabei bleiben allerdings Verständnismöglichkeiten unberücksichtigt, die zwar theoretisch denkbar, praktisch aber fernliegend sind und für die an solchen Geschäften typischerweise Beteiligten nicht ernstlich in Betracht kommen. Diese Auslegungsregel führt im hier vorliegenden Verbandsprozess - ebenso wie im Individualprozess dazu, dass bei einer mehrdeutigen Klausel von den in Erwägung zu ziehenden Auslegungen diejenige zugrunde zu legen ist, die zur Unwirksamkeit der Klausel führt. Denn damit ist die scheinbar "kundenfeindlichste" Auslegung im Ergebnis die dem Kunden günstigste (Senat aaO Rn. 33; BGH aaO Rn. 19 f; jew. mwN).
bb) Die Anwendung der vorstehenden Maßstäbe führt im vorliegenden Fall zu der Auslegung, dass die Klausel es der Beklagten ermöglicht, Änderungen ihrer Vertragsbedingungen - seien sie noch so umfangreich - allein durch die Einstellung in das Internet in bestehende Verträge einzubeziehen. Zwar lässt sich die Klausel auch in der Weise verstehen, dass ausschließlich die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses unter der angegebenen Internetadresse hinterlegte Fassung der Vertragsbedingungen in den Vertrag einbezogen werden soll. Mangels Herstellung des Bezugs zu einer bestimmten Fassung der Vertragsbedingungen ist ein solches Verständnis aber nicht zwingend. Anders als die Übergabe von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (vgl. Senat, Urteil vom 9. Juni 1983 - III ZR 105/82, NJW 1983, 2701, 2702 [Übergabe von und Bezugnahme auf eine bestimmte Fassung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen]; BGH, Urteil vom 1. März 1982 - VIII ZR 63/81, NJW 1982, 1388 f [Einbeziehungsklausel und Allgemeine Geschäftsbedingungen befinden sich auf derselben Urkunde]) oder - bei Geschäftsabschlüssen im Internet - die Verlinkung auf eine bestimmte Fassung von Vertragsbedingungen (vgl. Senat, Urteil vom 29. Juli 2021 - III ZR 179/20, BGHZ 230, 347 Rn. 3, 33, 36 [Zusendung eines Links verbunden mit Click-wrap-Verfahren; dazu Hoeren in Graf von Westphalen/Thüsing/Pamp, Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke [50. EL März 2024], E-Commerce-Verträge Rn. 76]; BGH, Urteil vom 14. Juni 2006 - I ZR 75/03, NJW 2006, 2976 Rn. 16 [Verlinkung auf einer Bestellseite]) lässt die bloße Bezugnahme auf eine Internetadresse in dem übersandten Antragsformular für durchschnittliche Vertragspartner der Beklagten nicht zweifelsfrei erkennen, welche Fassung der Vertragsbedingungen der Beklagten - etwa die im Zeitpunkt der Absendung des Antragsformulars, im Zeitpunkt des Vertragsschlusses oder eine danach unter der Adresse abrufbare Fassung - in den Vertrag einbezogen werden soll.
c) In dieser Auslegung hält die Klausel der Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff BGB nicht stand.
aa) Die Klausel verstößt gegen das in § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB verankerte Transparenzgebot. Danach hat der Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen Rechte und Pflichten seines Vertragspartners möglichst klar und verständlich darzustellen. Dazu gehört auch, dass Allgemeine Geschäftsbedingungen wirtschaftliche Nachteile und Belastungen soweit erkennen lassen, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann. Der Verwender muss die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen so genau beschreiben, dass für ihn kein ungerechtfertigter Beurteilungsspielraum entsteht (Senat, Urteile vom 13. März 2025 - III ZR 426/23, NJW 2025, 1400 Rn. 44 und vom 19. Mai 2016 - III ZR 274/15, NJW-RR 2016, 842 Rn. 26 mwN; BGH, Urteile vom 19. Oktober 2022 - IV ZR 185/20, NJW 2023, 208 Rn. 24 und vom 8. September 2021 aaO Rn. 52 mwN). Bei der Bewertung der Transparenz einer Vertragsklausel ist auf die Erkenntnismöglichkeit des durchschnittlichen Vertragspartners abzustellen (Senat, Urteil vom 19. Mai 2016 aaO; BGH, Urteil vom 19. Oktober 2022 aaO).
Behält sich der Verwender in einer Klausel die Änderung seiner Vertragsbedingungen vor, fordert das Transparenzgebot, dass sich jedenfalls die Reichweite der Änderungsbefugnis aus der Klausel selbst ergibt. Die in der Allgemeinen Geschäftsbedingung vorbehaltene Rechtsmacht des Verwenders, einzelne Bestimmungen zu ergänzen oder zu ersetzen, bedarf in ihren Gestaltungsmöglichkeiten der Konkretisierung. Der Gegner des Verwenders muss vorhersehen können, in welchen Bereichen, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang er mit Änderungen zu rechnen hat (Senat, Urteil vom 11. Oktober 2007 - III ZR 63/07, NJW-RR 2008, 134 Rn. 12; BGH, Urteile vom 17. März 1999 - IV ZR 218/97, BGHZ 141, 153, 158 und vom 8. Oktober 1997 - IV ZR 220/96,
BGHZ 136, 394, 401 f; BeckOGK/Zschieschack, BGB [1. März 2025], § 307 Änderungs- und Anpassungsklausel Rn. 12).
Diesen Anforderungen genügt die angegriffene Klausel in der gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung nicht. Sie lässt jedwede Konkretisierung der Gestaltungsmöglichkeiten der Beklagten vermissen. Vor allem gewährt sie der Beklagten ein uneingeschränktes Änderungsrecht, das es dieser ermöglicht, die vereinbarten Vertragsbedingungen nach Vertragsschluss zum Nachteil ihrer Vertragspartner abzuändern, ohne hierfür an irgendwelche Voraussetzungen gebunden zu sein. Für die Vertragspartner der Beklagten ist weder vor noch nach Vertragsschluss vorhersehbar, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang sie mit zusätzlichen Belastungen zu rechnen haben. Durch diese Unklarheit werden sie unangemessen benachteiligt, insbesondere, weil sie bei Vertragsschluss nicht beurteilen können, ob der Vertragsschluss für sie günstig ist (vgl. BeckOGK/Eckelt, BGB [1. Januar 2024], § 307 Rn. 125.1; Staudinger/Wendland, BGB [Neubearbeitung 2022], § 307 Rn. 175).
bb) Indessen folgt die Unwirksamkeit der Klausel nicht auch aus § 308 Nr. 4 BGB. Diese Vorschrift erfasst Klauseln, die dem Verwender das Recht einräumen, die versprochene Leistung zu ändern oder von ihr abzuweichen. Anders als die Klausel, über die der Senat in seinem Urteil vom 11. Oktober 2007 (aaO Ls. 1 (1); Rn. 14 ff) zu befinden hatte, bezieht sich die streitgegenständliche jedoch nicht (auch) auf das Leistungsversprechen, sondern ausschließlich auf die Vertragsbedingungen der Beklagten. Auf eine solche Klausel ist § 308 Nr. 4 BGB nicht anwendbar (vgl. BGH, Urteil vom 17. März 1999 aaO S. 157; BeckOGK/ Weiler, BGB [1. März 2025], § 308 Nr. 4 Rn. 37 mwN; BeckOK/Becker, BGB [1. Mai 2024], § 308 Nr. 4 Rn. 5; aA Schmidt in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB- Recht, 13. Aufl., § 308 BGB Rn. 4; Dammann in Wolf/Lindacher/Pfeiffer, 7. Aufl., BGB § 308 Nr. 4 Rn. 6).
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dr. Herrmann ist wegen Urlaubsabwesenheit verhindert zu signieren Kessen Kessen Herr Liepin Ostwaldt Vorinstanz: OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 25.04.2024 - I-20 UKl 1/24 - Verkündet am: 10. Juli 2025 Uytterhaegen, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle