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14 W (pat) 2/12

BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 2/12 Verkündet am 30. Januar 2015

…

BESCHLUSS In der Beschwerdesache betreffend das Patent DE 10 2006 029 490 …

hat der 14. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 30. Januar 2015 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Dipl.-Phys. Maksymiw, des Richters Schell und der Richterinnen Dr. Dipl.-Chem. Münzberg und Dr. Dipl.-Chem. Wagner BPatG 154 05.11 beschlossen:

1. Der angefochtene Beschluss der Patentabteilung 23 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 30. April 2009 wird aufgehoben.

2. Das Patent wird mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrechterhalten:

Ansprüche 1 bis 7 gemäß Hilfsantrag vom 30. Januar 2015, sowie Beschreibung vom 30. Januar 2015, und Zeichnungen (Fig. 1 und 2) gemäß Patentschrift.

Gründe I.

Mit Beschluss vom 30. April 2009 hat die Patentabteilung 23 des Deutschen Patent- und Markenamtes das Patent 10 2006 029 490 mit der Bezeichnung

„Verfahren zur Steuerung einer Füllanlage“

widerrufen.

Der Widerruf des Patents wurde im Wesentlichen damit begründet, dass in Übereinstimmung mit dem Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag III in D4 DE 690 00 764 T2 ein Verfahren zur Steuerung einer Füllanlage mit einem Karussellabfüller zum Abfüllen eines flüssigen Füllgutes in Flaschen oder dgl. Behälter beschrieben sei. Die Füllanlage nach D4 weise eine Mehrzahl von steuerbaren Füllelementen mit jeweils einem Wiegeorgan - entsprechend einer Messeinheit - auf. Gemäß der beschriebenen Verfahrensweise werde mittels eines Zeitmessgliedes und der Messsignale des Wiegevorganges ein „momentaner Ausstoß“ - entsprechend dem Durchfluss - des Füllelementes in einer Verarbeitungseinheit errechnet, d. h. die Füllelemente wiesen somit jeweils eine Durchflussmesseinrichtung auf. Außerdem werde bei dem Verfahren gemäß der D4 zur Steuerung der Öffnungszeit eines ersten Füllelementes im Fall eines Defektes der Durchflussmesseinrichtung, entsprechend einem fehlerhaften Wiegeorgan, des ersten Füllelementes die zum Durchlauf der Soll-Durchlaufmenge benötigte Öffnungszeit wenigstens eines zweiten Füllelementes, insbesondere der Mittelwert der Füllzeiten der weiteren Füllelemente, mittels der daran befindlichen Durchflussmesseinrichtungen gemessen und das erste Füllelement für diese gemessene Öffnungszeit geöffnet. Dabei müsse das zweite Füllelement grundsätzlich ein in Drehrichtung vorauslaufendes Element sein, da nur von vorauslaufenden Füllelementen eine zeitnah gemessene Öffnungszeit herangezogen werden könne und speziell bei Karussellfüllern bezogen auf ein erstes Füllelement alle anderen Füllelemente vorausliefen. Somit unterscheide sich das Verfahren nach Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag III lediglich durch den speziellen Anwendungsfall, des aseptischen Abfüllens in einer abgeschlossenen Einhausung, welche in D4 nicht explizit erwähnt werde. Jedoch sei das Steuerverfahren nach D4 auf kein spezielles Füllgut beschränkt und umfasse von daher auch Lebensmittel und Pharmaprodukte, die bekanntermaßen aseptisch in einer geschlossenen Einhausung abgefüllt würden. Der Fachmann habe daher keinerlei Vorurteile, das aus der D4 bekannte Steuerungsverfahren auch beim aseptischen Abfüllen, das üblicherweise in einer abgeschlossenen Einhausung durchgeführt werde, einzusetzen. Durch diese Verfahrensweise sei keinerlei Verschlechterung der aseptischen Abfüllbedingungen, sondern wegen der verminderten Betriebsunterbrechungen und der dadurch verringerten Manipulationen eine eindeutige Verbesserung zu erwarten. Folglich gelange der Fachmann unter Anwendung bekannter Maßnahmen ausgehend von D4 unter Hinzuziehung seines Fachwissens ohne erfinderisches Zutun zum Verfahren nach Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag III. Nachdem der Patentanspruch 1 des Hauptantrags bzw. der Hilfsanträge I und II jeweils den Gegenstand des enger gefassten Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag III umfasse und letzterer nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe, sei auch der jeweilige Patentanspruch 1 des Hauptantrags sowie der Hilfsanträge I und II nicht rechtsbeständig.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Patentinhaberin. Sie verfolgt ihr Begehren auf der Basis des bereits seinerzeit geltenden Hauptantrages und der in der mündlichen Verhandlung eingereichten Patentansprüche 1 bis 7 gemäß Hilfsantrag weiter.

Die Patentansprüche 1 bis 9 des Hauptantrages haben folgenden Wortlaut:

„1. Verfahren zur Steuerung einer Füllanlage (3), die eine Mehrzahl von steuerbaren Füllelementen (12, 13) mit Durchflussmesseinrichtungen (18) aufweist, dadurch gekennzeichnet, dass zur Steuerung der Öffnungszeit eines ersten Füllelements (12) im Fall eines Defektes der Durchflussmesseinrichtung (18) des ersten Füllelements (12) die zum Durchlauf der Soll-Durchflussmenge nötige Öffnungszeit wenigstens eines zweiten Füllelements (13) mittels der daran befindlichen Durchflussmesseinrichtung (18) gemessen wird, und das erste Füllelement (12) für die gemessene Öffnungszeit geöffnet wird.

2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Füllelemente (12, 13) umlaufen und als zweites Füllelement (13) das dem ersten Füllelement (12) in Umlaufrichtung vorausgehende verwendet wird.

3. Verfahren nach einem der vorangegangenen Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass zur Berechnung der nötigen Öffnungszeit des ersten Füllelementes (12) die gemessene Öffnungszeit des zweiten Füllelementes (13) mit einem Korrekturfaktor modifiziert wird.

4. Verfahren nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, dass die zum Durchlauf der Soll-Durchflussmenge nötigen Öffnungszeiten des letzten oder mehrerer vorangegangener Füllvorgänge für jedes Füllelement (12, 13) gespeichert werden.

5. Verfahren nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, dass der Korrekturfaktor durch Auswertung der gespeicherten Öffnungszeiten des ersten (12) und des zweiten Füllelementes (13) ermittelt wird.

6. Verfahren nach den Ansprüchen 3 bis 5, dadurch gekennzeichnet, dass zusätzlich die Öffnungszeiten weiterer Füllelemente gemessen werden und der Korrekturfaktor durch Auswertung der gewichteten Mittelwerte der gemessenen Öffnungszeiten der weiteren Füllelemente ermittelt wird.

7. Verfahren nach einem der vorangegangenen Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass als Durchflussmesseinrichtungen (18) magnetisch-induktive Messeinrichtungen verwendet werden.

8. Verfahren nach einem der vorangegangenen Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass als Füllelemente elektromechanisch und/oder pneumatisch und/oder hydraulisch steuerbare Ventile verwendet werden.

9. Füllanlage mit einer Steuereinheit zur Durchführung der Verfahrens nach Anspruch 1 oder einem der folgenden.“

Der Patentanspruch 1 gemäß dem Hilfsantrag lautet:

„Verfahren zur Steuerung einer Füllanlage (3), die eine Mehrzahl von steuerbaren Füllelementen (12, 13) aufweist, wobei die Füllelemente (12, 13) umlaufen und jeweils mit einer Durchflussmesseinrichtung (18) ausgerüstet sind, dadurch gekennzeichnet, dass zur Steuerung der Öffnungszeit eines ersten Füllelementes (12) im Falle eines Defektes der Durchflussmesseinrichtung (18) des ersten Füllelementes (12) die zum Durchlauf der Soll-Durchflussmenge nötige Öffnungszeit eines zweiten in Umlaufrichtung unmittelbar vorauslaufenden Füllelementes (13) mittels der daran befindlichen Durchflussmesseinrichtungen (18) gemessen wird, und das erste Füllelement (12) für die gemessene Öffnungszeit geöffnet wird.“

In den Ansprüchen 2 bis 9 des Hilfsantrages wurde gegenüber dem Hauptantrag der Unteranspruch 2 und der Nebenanspruch 9 gestrichen. Die Unteransprüche wurden entsprechend den Streichungen umnummeriert, sowie deren Rückbezüge daran angepasst.

Zur Begründung ihrer Beschwerde hat die Patentinhaberin vorgetragen, dass das beanspruchte Verfahren zur Steuerung einer Füllanlage gemäß Haupt- und Hilfsantrag auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe, da die Entgegenhaltungen D1 DE 103 01 844 A1, D2 DE 41 17 287 A1 und D4 kein Verfahren nahelegen könnten, mit dem eine Füllanlage trotz eines Defektes einer Durchflussmesseinrichtung an einem ersten Füllelement zeitweise weiter betrieben werden könne, ohne dabei auf Mittelwerte aus gespeicherten Messwerten vorauseilender Durchflussmesseinrichtungen zurückgreifen zu müssen.

Die Patentinhaberin beantragt,

den Beschluss der Patentabteilung 23 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 30. April 2009 aufzuheben und das Patent in vollem Umfang aufrechtzuerhalten, hilfsweise das Patent im Umfang des Hilfsantrags vom 30. Januar 2015 aufrechtzuerhalten.

Mit Zwischenverfügung vom 19. August 2014 ist von Seiten des Senates zusätzlich auf den Lehrbuchauszug D9 E. Spreer, „Technologie der Milchverarbeitung“, 8. Aufl., B. Behr’s Verlag, 2005, S. 282 bis 293 hingewiesen worden.

Wegen weiterer Einzelheiten, insbesondere zum Wortlaut der auf Patentanspruch 1 rückbezogenen Ansprüche 2 bis 7 gemäß Hilfsantrag, wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.

II.

1. Die Beschwerde ist zulässig (PatG § 73) und führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Erteilung eines Patents auf der Grundlage der geltenden Unterlagen gemäß Hilfsantrag.

2. Mit Schriftsatz vom 12. März 2010 hat die Einsprechende ihren Einspruch zurückgenommen. Soweit die - nicht mehr am Verfahren beteiligte - Einsprechende im Verfahren vor der Patentabteilung offenkundige Vorbenutzungen geltend gemacht hat, war dem nicht weiter nachzugehen. Dies zum einen deshalb, weil der benannte Zeuge S… im Vorfeld der mündlichen Verhandlung schriftsätzlich erklärt hat, er könne sich an den inzwischen fast 10 Jahre zurückliegenden Sachverhalt nicht mehr erinnern. Zum anderen hat auch der Zeuge de L… im Vorfeld der mündlichen Verhandlung schriftsätzlich erklärt, er sei zu dem maßgeblichen Zeitpunkt keineswegs - wie von der Einsprechenden behauptet - bei dem betreffenden Unternehmen beschäftigt gewesen, an das angeblich eine Füllmaschine mit den streitgegenständlichen Merkmalen ausgeliefert worden sei.

3. Es kann dahinstehen, inwiefern die Gegenstände der geltenden Patentansprüche 1 bis 9 gemäß Hauptantrag neu sind, da diese jedenfalls mangels erfinderischer Tätigkeit einem Patentschutz nicht zugänglich sind.

Dem Streitpatent liegt die Aufgabe zugrunde, Füllanlagen, die sich besonders für den aseptischen Einsatz eignen, so zu verbessern, dass bei gewissen Störungen zumindest ein zeitweiser Betrieb der Anlage möglich bleibt, ohne dass sofort eine Reparatur durchgeführt werden muss (vgl. Streitpatentschrift, Abs. [0008]).

Gelöst wird diese Aufgabe durch Patentanspruch 1 nach Hauptantrag durch ein

1. Verfahren zur Steuerung einer Füllanlage (3), 1a. die eine Mehrzahl von steuerbaren Füllelementen (12, 13) 1b. mit Durchflussmesseinrichtungen (18) aufweist,

2. wobei zur Steuerung der Öffnungszeit eines ersten Füllelementes (12) im Fall eines Defektes der Durchflussmesseinrichtung (18) des ersten Füllelementes (12) 2a. die zum Durchlauf der Soll-Durchflussmenge nötige Öffnungszeit wenigstens eines zweiten Füllelementes (13)

2b. mittels der daran befindlichen Durchflussmesseinrichtung (18) gemessen wird,

2c. und das erste Füllelement (12) für die gemessene Öffnungszeit geöffnet wird.

Einen möglichen Ausgangspunkt zur Lösung der gestellten Aufgabe bildet die Druckschrift D4, die eine Vorrichtung zum Füllen von Behältern mit Gewichtsdosierung betrifft, mit der Störungen kompensiert werden können (vgl. D4, Patentanspruch 1 i. V. m. S. 3, 2. Abs.), so dass diese Entgegenhaltung von einer vergleichbaren Aufgabenstellung wie das Streitpatent ausgeht. Der Fachmann, ein Diplom-Ingenieur mit mehrjähriger Erfahrung auf dem Gebiet der Steuerungstechnik bei Füllmaschinen für die Nahrungs- und Pharmaindustrie, entnimmt der D4 eine Vorrichtung, bei der das Zuführorgan mit einem Ausflusssteuerorgan verbunden ist, an welches eine Einheit zur Verarbeitung von Gewichtsinformation angeschlossen ist, die einen mit einem Wiegeorgan verbundenen Eingang hat, um Öffnungs- und Schließsignale an das Ausflusssteuerorgan in Abhängigkeit des gemessenen Gewichts zu senden, wobei gleichzeitig die Durchflusszeit mittels eines Zeitmessgliedes bestimmt wird. Im Falle eines fehlerhaften Wiegeorganes wird das diesem Wiegeorgan zugeordnete Ausflussorgan mittels einer Zeitsteuerung in Abhängigkeit des Mittelwertes der effektiven Füllzeiten der anderen Füllstutzen gesteuert (vgl. D4, Patentansprüche 1 und 11, i. V .m. S. 7, 2. Abs. und S. 8, 2. Abs.).

Das im Patentanspruch 1 nach Hauptantrag angegebene Verfahren unterscheidet sich von dem im Dokument D4 beschriebenen Verfahren somit darin, dass anstelle der Wiegeorgane und Zeitmessglieder Durchflussmesser verwendet werden. Diese Maßnahme vermag aber nicht die erfinderische Tätigkeit zu begründen, da es sich hierbei um vergleichbare Mittel zur Bestimmung der abzufüllenden Menge an Produkt handelt, die dem Fachmann aufgrund seines Fachwissens geläufig sind, wie gutachterlich die D9 belegt. Aus der D9 ist bekannt, dass bei der Flaschenabfüllung das Produkt regelmäßig entweder über Füllventile mit gravimet- rischer Wägetechnik, entsprechend einem Wiegeorgan oder über eine volumetrische, induktive Durchflussmessung, im Sinne der streitpatentgemäßen Durchflussmesseinrichtung eindosiert wird (vgl. D9, S. 286, 1. Abs.).

Dem Argument der Patentinhaberin, dass sich das streitpatentgemäße Verfahren bereits dadurch von D4 unterscheide, dass es keine Mittelwerte für die Zeitsteuerung berücksichtige, vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Denn vom Patentanspruch 1 ist aufgrund der Formulierung „die zum Durchlauf der Soll-Durchflussmenge nötige Öffnungszeit wenigstens eines zweiten Füllelementes“ auch eine Verfahrensvariante umfasst, in der eine durch mehrere Referenzfüllelemente ermittelte Öffnungszeit verwendet wird. In diesem Fall werden die Öffnungszeiten mehrerer vorauseilender Füllelemente - wie auch in der D4 - durch Mittelwertbildung für die Berechnung der Öffnungszeit für das defekte Füllelement einbezogen (vgl. Streitpatentschrift S. 4/5, Abs. [0036], 1. Satz).

Auch der weitere Einwand der Patentinhaberin, der Fachmann werde ausgehend von der Lehre der D4 keine Durchflussmesser in Betracht ziehen, da deren Messgenauigkeit im Gegensatz zu Wiegeorganen von den Prozessparametern abhänge (vgl. D4, S. 1/2, übergreifender Satz), führt zu keiner anderen Beurteilung der Sachlage. Denn der Fachmann wird geeignete Messprinzipien je nach abzufüllendem Produkt und Arbeitstakt der Füllanlage wählen. In D4 wird bereits darauf hingewiesen, dass bei sehr hohem Arbeitstakt eine gravimetrische Messung allein ungeeignet ist (vgl. D4, S. 2, 2. Abs.). Zudem ist aus D9 bekannt, dass je nach abzufüllendem Produkt entweder eine gravimetrische Wägetechnik, wie bei stark fett- und fruchtstückhaltigen Produkten, gegenüber der volumetrischen, induktiven Durchflussmessung zu bevorzugen ist (vgl. D9, S. 286, 2. Abs.). Von daher bestand seitens des Fachmanns - entgegen der Auffassung der Patentinhaberin - kein Vorurteil gegenüber der Verwendung von Durchflussmessern.

Der Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag hat daher mangels erfinderischer Tätigkeit keinen Bestand.

3.1 Da über den Hauptantrag der Anmelderin nur insgesamt entschieden werden kann, teilen die nachgeordneten Patentansprüche 2 bis 8 und der nebengeordnete Patentanspruch 9 das Schicksal des Patentanspruchs 1 (vgl. BGH GRUR 1997, 120, Ls. - „Elektrisches Speicherheizgerät“ (Juris-Version)).

4. Die Gegenstände der Patentansprüche 1 bis 7 gemäß dem Hilfsantrag erweisen sich dagegen als patentfähig.

4.1 Bezüglich der Offenbarung der Patentansprüche 1 bis 7 gemäß Hilfsantrag bestehen keine Bedenken. Der Patentanspruch 1 geht inhaltlich auf die ursprünglich eingereichten Patentansprüche 1, 2 und 3 zurück, wobei sich das Merkmal „eines zweiten in Umlaufrichtung unmittelbar vorauslaufenden Füllelements“ dem Fachmann aufgrund seiner Fachkenntnis unmittelbar und eindeutig aus Figur 1 der Erstunterlagen erschließt, wo das defekte Füllelement (12) und das Referenzfüllelement (13) direkt nebeneinander angeordnet sind i. V. m. Seiten 7 und 8 umgreifendem Absatz und S. 8 Abs. 3 der Erstunterlagen. Die rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 7 entsprechen den ursprünglich eingereichten Ansprüchen 4 bis 9.

4.2 Das Verfahren zur Steuerung einer Füllanlage nach Patentanspruch 1 des Hilfsantrages ist neu.

In keiner der vorliegenden Druckschriften wird ein Verfahren zur Steuerung einer Füllanlage beschrieben, bei dem im Falle eines Defekts der Durchflussmesseinrichtung des ersten Füllelements die Durchflusszeit eines zweiten in Umlaufrichtung unmittelbar vorauslaufenden Füllelements zur Steuerung der Öffnungszeit des ersten Füllelements verwendet wird.

Das Dokument D1 offenbart Verfahren zur Steuerung einer Getränkefüllmaschine, mit dem die Steuerung des jeweiligen Füllplatzes über eine Wägung der tatsächlich abgefüllten Menge gewährleistet wird (vgl. D1, Patentanspruch 1 und S. 4,

Abs. [0025]). Bei höheren Füllgeschwindigkeiten, bei denen es auf Grund der instabilen Strömungsverhältnisse zu einem sich zeitlich änderndem Flüssigkeitsdurchsatz kommt, wird dem Füllventil zusätzlich ein Durchflussmesser vorgeschaltet, der die jeweilige Durchflussgeschwindigkeit unabhängig von den Schwankungen der Strömungsgeschwindigkeiten erfasst, mittels der die Öffnungszeit des Füllventils während eines Füllvorganges korrigiert werden kann (vgl. D1, S. 4, Abs. [0027]). Angaben dahingehend, im Falle eines Defektes der Durchflussmesseinrichtung eines ersten Füllelementes die zum Durchlauf der Soll-Durchflussmenge nötige Öffnungszeit eines zweiten in Umlaufrichtung unmittelbar vorauslaufenden Füllelements mittels der daran befindlichen Durchflussmesseinrichtung zu messen, und das erste Füllelement für die gemessene Öffnungszeit zu öffnen, werden in diesem Dokument dagegen nicht gemacht.

Das in der Druckschrift D2 beschriebene Verfahren zur Steuerung einer Füllanlage basiert auf dem „Master and Slave“-Prinzip, nach dem die mit einem Durchflussmesser ermittelte Durchflusszeit des Masterfüllelements zur Steuerung der unmittelbar nachfolgenden Slave-Füllelemente, welche keinen Durchflussmesser aufweisen, verwendet wird (vgl. D2, Patentansprüche 1 bis 3). Das Verfahren nach D2 unterscheidet sich von dem streitpatentgemäßen Verfahren bereits darin, dass im Defektfall des Master-Füllelements die Steuerung nicht vom vorauslaufenden Salve-Füllelements übernommen werden kann, da dieses keine Messeinrichtung aufweist.

Beim Verfahren der D4 wird im Falle eines defekten Wiegeorgans dieses kurzgeschlossen und die Befüllung anhand der Mittelwerte der erfassten effektiven Füllzeiten an den anderen Füllstutzen durchgeführt (vgl. D4, Patentanspruch 11). Streitpatentgemäß dagegen wird zur Steuerung des Füllelements mit dem defekten Ausflusssteuerorgan die durch eine Durchflussmesseinrichtung ermittelte Öffnungszeit des unmittelbar vorauslaufenden Füllelements verwendet.

Die Überprüfung der weiteren dem Senat vorliegenden und in der mündlichen Verhandlung nicht mehr erörterten Dokumente führt zu keinem anderen Ergebnis, denn das patentgemäße Merkmal, wonach ein Füllelement mit einer defekten Durchflussmesseinrichtung durch die mit einer Durchflussmesseinrichtung ermittelte Öffnungszeit eines unmittelbar vorauslaufenden Füllelements gesteuert werden kann, ist auch keiner dieser Entgegenhaltungen zu entnehmen.

4.3 Das Verfahren nach Patentanspruch 1 des Hilfsantrages beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Die streitpatentgemäße Aufgabe wird durch Patentanspruch 1 des Hilfsantrages wie folgt gelöst:

1. Verfahren zur Steuerung einer Füllanlage (3), 1a. die eine Mehrzahl von steuerbaren Füllelementen (12, 13) aufweist, 1b‘. wobei die Füllelemente (12, 13) umlaufen und jeweils mit einer Durchflussmesseinrichtung (18) ausgerüstet sind,

2. wobei zur Steuerung der Öffnungszeit eines ersten Füllelementes (12) im Fall eines Defektes der Durchflussmesseinrichtung (18) des ersten Füllelementes (12) 2a‘. die zum Durchlauf der Soll-Durchflussmenge nötige Öffnungszeit eines zweiten in Umlaufrichtung unmittelbar vorauslaufenden Füllelementes (13) 2b. mittels der daran befindlichen Durchflussmesseinrichtung (18) gemessen wird, 2c. und das erste Füllelement (12) für die gemessene Öffnungszeit geöffnet wird.

Ausgangspunkt zur Lösung bildet für den Fachmann die Druckschrift D4. Ihr entnimmt der Fachmann, dass für die Steuerung eines Füllelements mit einem defekten Wiegeorgan der Mittelwert der zuvor mittels Zeitmessgliedern ermittelten Öffnungszeiten der anderen Füllelemente verwendet werden kann (vgl. D4, Patentanspruch 1 und 11, S. 7, 2. Abs., S. 8, 2. Abs., S. 9, 1. Abs.). Folglich erhält der Fachmann aus der D4 allenfalls einen Hinweis darauf, dass ein Füllorgan mit einer defekten Durchflussmesseinrichtung weiter betrieben werden kann, wenn auf eine Zeitsteuerung des Füllprozesses übergegangen wird. Einen Anhaltspunkt in Richtung des patentgemäßen Verfahrens, bei dem die Zeitsteuerung des Füllelements mit dem defekten Durchflussmesseinrichtung durch die ermittelte Durchflusszeit des unmittelbar vorauslaufenden Füllelements vorgenommen wird, vermag die D4 dem Fachmann aber nicht zu vermitteln.

Anregungen, die in Richtung der patentgemäßen Lösung weisen, erhält der Fachmann auch aus den ebenfalls mit der Getränkeabfüllung befassten Druckschriften D1 und D2 nicht.

Bei der Vorrichtung der D1 handelt es sich um eine Getränkefüllmaschine mit einem oder mehreren Füllorganen, bei der die Öffnungszeit des Füllventils korrigiert werden kann, wenn sich aufgrund von abweichender Flüssigkeitsviskosität oder Fehlstellung am Ventil Abweichungen ergeben (vgl. D1, Patentanspruch 1 i. V. m. S. 4 Abs. [0024], [0026], [0027]). Für das darin beschriebene Verfahren wird somit eine kombinierte volumetrische und gravimetrische Messung der Durchflussmenge zur Kontrolle der Füllcharakteristik vorgeschlagen (vgl. D4, S. 4, Abs. [0027]). Die Steuerung eines Füllorgans mit einem defekten Messgerät allein durch die ermittelte Durchflusszeit des unmittelbar vorauslaufenden Nachbarfüllorgans wird damit allerdings nicht angeregt.

Aus der D2 ist dem Fachmann ein Verfahren zum Füllen von Flaschen, Dosen oder dgl. Behälter bekannt, bei dem eine Vielzahl von Füllelementen vorgesehen sind, von denen einige mit einem Durchflussmesser ausgerüstet sind, die zur Ermittlung der Durchflusszeit dienen. Bei den mit Durchflussmessern ausgerüsteten Füllelementen handelt es sich um Master-Füllstellen, die die Befüllung durch die weiteren Slave-Füllstellen, d. h. die Füllelemente ohne Durchflussmesser, steuern (vgl. D2, Patentanspruch 1, Sp. 5, Z. 15 bis Sp. 6, Z. 20). Nachdem bei dem Verfahren nicht alle Füllelemente mit einem Durchflussmesser ausgerüstet sind, kann auch im Defektfall eines Masterfüllelements nicht das unmittelbar vorauslaufende Salve-Füllelement die Durchflusszeit für dessen Steuerung liefern. Damit erschließen sich dem Fachmann die patentgemäßen Merkmale 1b’ und 2a bis 2c nicht.

Folglich konnte der Fachmann ausgehend von D4, selbst unter Berücksichtigung einer der Druckschriften D1 oder D2 nicht zum Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag gelangen.

Die weiteren im Verfahren befindlichen Dokumente, auf die in der mündlichen Verhandlung kein Bezug mehr genommen wurde, gehen nicht über die Lehre der vorstehend abgehandelten Druckschriften hinaus und führen den Fachmann daher ebenfalls nicht zum vorliegend beanspruchten Verfahren zur Steuerung einer Füllanlage. Auch die Zusammenschau dieses Standes der Technik führt zu keiner anderen Sachlage.

4.4 Nach alledem weist das Verfahren zur Steuerung einer Füllmaschine gemäß Patentanspruch 1 des Hilfsantrages alle Kriterien der Patentfähigkeit auf. Dieser Anspruch ist daher rechtsbeständig.

Die Ansprüche 2 bis 7 des Hilfsantrages betreffen weitere, über Selbstverständlichkeiten hinausgehende Ausgestaltungen des Verfahrens nach Patentanspruch 1. Sie sind daher mit diesem rechtsbeständig.

III.

Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss steht den Verfahrensbeteiligten das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass 1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, 2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, 3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, 4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat, 5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder 6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.

Die Rechtsbeschwerde muss innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses von einer beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwältin oder von einem beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe, eingereicht werden.

Maksymiw Schell Münzberg Wagner Fa

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