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18 W (pat) 70/14

BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 70/14 Verkündet am 21. Oktober 2015

…

BESCHLUSS In der Beschwerdesache betreffend die Patentanmeldung 10 2006 051 189.1 - 53 …

hat der 18. Senat (Techn. Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 21. Oktober 2015 durch die Vorsitzende Richterin Dipl.-Ing. Wickborn, den Richter Kruppa, die Richterin Dipl.-Phys. Dr. OttenDünnweber und den Richter Dipl.-Ing. Altvater beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

BPatG 154 05.11 Gründe I.

Die am 30. Oktober 2006 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereichte Patentanmeldung 10 2006 051 189.1 mit der Bezeichnung

„Verfahren und System zum Ausführen und Konfigurieren von Applikationen abhängig von einer Einsatzumgebung“

wurde mit dem in der Anhörung vom 25. Februar 2010 ergangenen Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G06F des Deutschen Patent- und Markenamts zurückgewiesen, da der jeweilige Gegenstand des (damals geltenden) Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag und den Hilfsanträgen 1 und 2 im Hinblick auf die Druckschrift D1 Rodriguez, N. u. a.: Dynamic configuration with CORBA components. ln: Proceedings of the Fourth International Conference on Configurable Distributed Systems, 1998, Seiten 27 - 34 jeweils wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit nicht patentfähig sei.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin.

Sie stellt mit Schriftsatz vom 21. Oktober 2015 sinngemäß den Antrag, den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G06F aufzuheben und ein Patent auf Grundlage der folgenden Unterlagen zu erteilen:

Patentansprüche 1 bis 20 vom 21. Oktober 2010, Beschreibung, Seiten 1 bis 30 vom 30. Oktober 2006 und Zeichnungen 1 bis 3 vom 30. Oktober 2006.

Der geltende Patentanspruch 1 lautet:

„Verfahren zum Ausführen zumindest einer modularen, medizintechnischen Applikation, in Abhängigkeit von einer Einsatzumgebung eines Zielrechners, mit folgenden Schritten: - Feststellen einer auf dem Zielrechner vorhandenen Einsatzumgebung; und - Laden von als ausführbarer Programmcode vorliegenden Modulen der Applikation in den Zielrechner und deren dynamische Zusammenschaltung in Abhängigkeit von der erkannten Einsatzumgebung anhand einer vorab festgelegten Konfiguration der Applikation mittels eines Konfigurationsobjektes, und deren Ausführen, ohne, dass die Applikation neu compiliert werden muss, wobei ein Modul jeweils in unterschiedlichen Versionen vorliegt und automatisch die Version zur Erstellung der Applikation verwendet wird, die kompatibel zu den anderen zu verwendenden Modulen bzw. Schichten ist, insbesondere kann die Schicht darüber die jeweils passende Version des Moduls einer darunter liegenden Schicht wählen.“

Der nebengeordnete Patentanspruch 20 lautet:

„Software-Architektur-System, zumindest umfassend: - zumindest eine, aus einer Mehrzahl von Modulen zusammengesetzte medizintechnische Applikation; - ein Konfigurierobjekt, das zum Laden von Modulen der zumindest einen Applikation in Abhängigkeit von einer festgestellten Einsatzumgebung bestimmt ist und wobei es zur Ausführung des Verfahrens gemäß einem der vorstehenden Verfahrensansprüche eingerichtet ist.“

Wegen des Wortlauts der Unteransprüche 2 bis 19 wird auf den Akteninhalt verwiesen.

Die Beschwerdeführerin hat entsprechend vorheriger Ankündigung den mündlichen Verhandlungstermin nicht wahrgenommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

1. Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Denn der geltende Patentanspruch 20 enthält Angaben, die den Gegenstand der Anmeldung unzulässig erweitern (§ 38 PatG).

2. Die Anmeldung liegt auf dem Gebiet der Applikations- und/oder Taskflow-Verwaltung und betrifft ein Verfahren und ein System zum Konfigurieren und Ausführen einer Applikation bei variabler Einsatzumgebung (vgl. Offenlegungsschrift, Abs. [0001]-[0002]).

In der Anmeldung ist als Aufgabe genannt, einen Weg aufzuzeigen, mit dem es möglich ist, den Entwicklungsprozess für Applikationen im medizinischen Umfeld zu erleichtern und insbesondere beschleunigen zu können und der die Flexibilität bei der Erstellung der Applikationen erhöht, und der eine flexible Anpassung von Taskflow-Applikationen, auch zeitdynamisch, ohne Neuprogrammierung an die Einsatzumgebungen, insbesondere Deployments, gestattet (vgl. Offenlegungsschrift, Abs. [0009]). Diese Aufgabe richtet sich an einen Fachmann, der eine abgeschlossene Hochschulausbildung auf dem Gebiet der Elektrotechnik oder Informationstechnik aufweist und Erfahrung auf dem Gebiet der Programmentwicklung und des Betriebs von Applikationen in Netzwerkumgebungen besitzt. Die Aufgabe soll durch den auf ein Verfahren zum Ausführen zumindest einer modularen, medizintechnischen Applikation gerichteten Anspruch 1 und den auf ein Software-Architektur-System gerichteten Anspruch 20 gelöst werden.

3. Der Gegenstand des geltenden Anspruchs 20 geht über den Inhalt der Anmeldung in ihrer ursprünglich eingereichten Fassung hinaus.

Der geltende Patentanspruch 20 basiert auf dem ursprünglich eingereichten Anspruch 27. Das gemäß Anspruch 20 von einem Software-ArchitekturSystem umfasste „Konfigurierobjekt“ soll neben dem Laden von Modulen zumindest einer Applikation auch „zur Ausführung des Verfahrens gemäß einem der vorstehenden Verfahrensansprüche eingerichtet“ sein (vgl. Anspruch 20, zweiter Spiegelstrich).

Zwar kann die Anmelderin grundsätzlich ihre Anmeldung bis zur Patenterteilung ändern. Sie ist dabei auch nicht auf den Gegenstand der in der Anmeldung formulierten Patentansprüche festgelegt, sondern kann bei der Neuformulierung der Patentansprüche auch auf Merkmale eines Ausführungsbeispiels zurückgreifen, solange deren Kombination in ihrer Gesamtheit eine technische Lehre darstellt, die der Fachmann den ursprünglichen Unterlagen als mögliche Ausgestaltung der Erfindung entnehmen kann (vgl. BGH, Beschluss vom 11. September 2001 - X ZB 18/00, GRUR 2002, 49 – Drehmomentübertragungseinrichtung). Zum Offenbarungsgehalt einer Patentanmeldung gehört in diesem Zusammenhang aber nur das, was den ursprünglich eingereichten Unterlagen „unmittelbar und eindeutig“ zu entnehmen ist, nicht hingegen eine weitergehende Erkenntnis, zu der der Fachmann aufgrund seines allgemeinen Fachwissens oder durch Abwandlung der offenbarten Lehre gelangen kann (vgl. BGH, Urteil vom 8. Ju-li 2010 - Xa ZR 124/07, GRUR 2010, 910 - Fälschungssicheres Dokument).

Diese Voraussetzungen sind beim geltenden Anspruch 20 nicht erfüllt, denn ein „Konfigurierobjekt“ gemäß Anspruch 20, das entsprechend des Rückbezugs zum Ausführen von Verfahrensschritten wie dem Feststellen der Einsatzumgebung oder dem Ausführen der Applikation gemäß dem Verfahren nach Anspruch 1 eingerichtet ist, ist weder den ursprünglich eingereichten Ansprüchen, noch der ursprünglichen Beschreibung mit den zugehörigen Zeichnungen unmittelbar und eindeutig zu entnehmen.

Aus dem ursprünglichen Anspruch 27, auf dem der geltende Anspruch 20 basiert, oder auch in Verbindung mit dem ursprünglich auf Anspruch 27 rückbezogenen Anspruch 28 ergibt sich hinsichtlich des Konfigurierobjekts ausschließlich, dass dieses Objekt zum Laden von Modulen der zumindest einen Applikation in Abhängigkeit von einer festgestellten Einsatzumgebung bestimmt ist. Diese Funktion des Konfigurierobjekts entspricht auch der in der ursprünglich eingereichten Beschreibung (vgl. Anmeldeunterlagen, S. 21) angegebenen, wobei dort die Funktionsweise des Konfigurierobjekts im Hinblick auf das Laden von Modulen der Applikation näher ausgeführt wird. So soll das Konfigurierobjekt in der Lage sein, Kenntnis davon zu erlangen, „welche Bestandteile der Applikationen für die erkannte Einsatzumgebung geladen werden müssen“. Weiter ist vorgesehen, dass das Konfigurierobjekt „diese Bestandteile in den Hauptspeicher des Zielrechners hinein lädt und miteinander über die existierende Infrastruktur zusammenschaltet, um ablauffähige aus Bestandteilen bestehende Applikationen zu generieren“ (vgl. Anmeldeunterlagen, S. 21, vorl. Abs.). Zudem ist im Hinblick auf ein Deployment von n-schichtigen Applikationen beschrieben, dass das Konfigurierobjekt „Schichten der Applikationen zur Ausführung in den Hauptspeicher lädt und gegebenenfalls Verbindungen über ein Netzwerk zu benötigten Diensten herstellt“ (vgl. Anmeldeunterlagen, S. 22, zweiter Abs.).

Der ursprünglichen Beschreibung ist somit ausschließlich das Laden und Verknüpfen von Modulen zu Applikationen durch das Konfigurierobjekt zu entnehmen, nicht aber dessen Einrichtung zum Ausführen dieser Applikationen. Auch geht aus den Anmeldeunterlagen nur ein Erlangen der Kenntnis über erforderliche Bestandteile der Applikation für eine erkannte bzw. festgestellte Einsatzumgebung durch das Konfigurierobjekt hervor, nicht aber, dass das Konfigurierobjekt zum Feststellen der Einsatzumgebung selbst eingerichtet ist.

Anspruch 20 geht daher durch den Rückbezug im zweiten Spiegelstrich auf das Verfahren nach den Ansprüchen 1 bis 19 über die ursprüngliche Offenbarung der Anmeldung hinaus.

Bei dieser Sachlage kann dahinstehen, welcher Anspruchskategorie Anspruch 20 zuzuordnen ist und ob die unabhängigen Ansprüche 1 und 20 möglicherweise jeweils nach § 1 Abs. 3 i. V. m. Abs. 4 PatG vom Patentschutz ausgeschlossen sind.

4. Mit dem nicht zulässigen Anspruch 20 sind auch die weiteren Ansprüche nicht schutzfähig, da auf diese Ansprüche jeweils kein eigenständiges Patentbegehren gerichtet ist und über einen Antrag nur einheitlich entschieden werden kann (vgl. BGH, Beschluss X ZB 6/05 vom 27. Juni 2007, GRUR 2007, 862, Abs. III. 3. aa – Informationsübermittlungsverfahren II).

5. Nachdem der geltende Anspruchssatz nicht zulässig ist, war die Beschwerde zurückzuweisen.

III.

Die im Beschwerdeverfahren angeregte Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, da vorliegend weder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erfordert (§ 100 Abs. 2 Nr. 2 PatG) noch eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden ist (§ 100 Abs. 2 Nr. 1 PatG).

IV.

Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss steht der am Beschwerdeverfahren Beteiligten das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass

1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, 2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, 3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, 4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat, 5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder 6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.

Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich einzulegen.

Wickborn Kruppa Dr. Otten-Dünnweber Altvater Bb

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