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11 W (pat) 24/07

BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 24/07

_______________________

(Aktenzeichen)

BESCHLUSS In der Beschwerdesache …

betreffend die Patentanmeldung 10 2005 052 069.3 hat der 11. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 22. Januar 2015 durch den Vorsitzenden Richter Dr.-Ing. Höchst sowie die Richter v. Zglinitzki, Dr.-Ing. Fritze und Dipl.-Ing. (Univ.) Fetterroll BPatG 152 08.05 beschlossen:

Auf die Beschwerde wird der Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse C 21 D des Deutschen Patent- und Markenamts vom 10. Juli 2007 aufgehoben und das Patent 10 2005 052 069 mit den Patentansprüchen 1 bis 13 und den Beschreibungsseiten 2 bis 7 vom 14. Januar 2015 erteilt.

Gründe I.

Die Beschwerdeführerin ist Anmelderin der am 28. Oktober 2005 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangenen Patentanmeldung mit der Bezeichnung

„Verfahren zum Herstellen von Vormaterial aus Stahl durch Warmverformen“.

Die Prüfungsstelle für Klasse C21D hat die Anmeldung durch Beschluss vom 10. Juli 2007 zurückgewiesen.

Berücksichtigt wurden von ihr die Druckschriften

(1) DE 199 11 287 C1 sowie die von der Anmelderin genannten

(2) DE 36 28 264 A1 und (3) EP 1 408 131 A1.

In der Begründung führt die Prüfungsstelle aus, der Patentanspruch 7 stimme sachinhaltlich mit den ursprünglichen Patentansprüchen 1, 8 und 9 überein, zu denen bereits im Erstbescheid ausgeführt worden sei, weshalb ihre Gegenstände nicht erfinderisch seien. Die Neuheit gegenüber (1) sei gegeben, weil dort die beanspruchte Verwendung nicht genannt sei, in der Druckschrift (2) weiche die chemische Zusammensetzung von der anspruchsgemäßen ab. Es könne jedoch nicht anerkannt werden, dass der Gegenstand des Anspruchs 7 auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe, weil durch Druckschrift (1) ein warm verformtes Vormaterial der im Anspruch 7 angegebenen Zusammensetzung und einem durch entsprechende Behandlung eingestellten Gefüge bekannt sei; durch (2) erhalte der Fachmann hinreichende Hinweise, das warm verformte Vormaterial gemäß Druckschrift (1) anspruchsgemäß zu verwenden. Anspruch 7 sei nicht gewährbar. Zu dem Anspruch 1 hat die Prüfungsstelle im Zurückweisungsbeschluss sachlich nicht Stellung bezogen, sondern lediglich ausgeführt, die Patentansprüche 1 bis 6 und 8 bis 13 seien bereits deshalb nicht gewährbar, da ein Patent nur antragsgemäß erteilt werden könne und nur ein Antrag auf Erteilung eines Patents in Verbindung mit Patentanspruch 7 vorliege. Im Übrigen seien die in den Patentansprüchen 8 bis 13 aufgeführten Merkmale nahe gelegt (vgl. Druckschrift (1)), so dass auch diese Patentansprüche nichts Patentfähiges enthielten.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin.

Mit der Begründung ihrer Beschwerde hat sie einen neuen Patentanspruch 7 vorgelegt. Auf die Zwischenverfügung des Berichterstatters, in der mit Blick auf den Anspruch 7 zusätzlich zu dem bereits berücksichtigten Stand der Technik auf die Druckschrift (4), US 5,919,415 A, hingewiesen wurde, hat die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 14. Januar 2015 einen neuen Anspruchssatz mit den Patentansprüchen 1 bis 13 sowie eine neu gefasste Beschreibung (Seiten 2 bis 7 eingereicht.

Die Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß,

den Zurückweisungsbeschluss der Prüfungsstelle aufzuheben und ein Patent auf der Grundlage der geltenden Unterlagen zu erteilen.

Der Anspruch 1 lautet:

„1. Verfahren zum Herstellen von Vormaterial durch Warmverformen, bei dem ein Stahl mit folgenden Bestandteilen in Gewichtsprozent

0,08 bis 0,25% Kohlenstoff bis 1%

Silizium

0,5 bis 2,5% Mangan bis 0,035% Phosphor bis 0,055% Schwefel

0,1 bis 1,5% Chrom

0,1 bis 0,5% Molybdän

> 0,7 bis 1,5% Nickel bis 0,06% Aluminium

0,0010 bis 0,0060% Bor bis 0,040% Titan bis 0,04% Vanadium bis 0,04% Niob bis 0,5%

Kupfer bis 0,010% Stickstoff Rest Eisen einschließlich erschmelzungsbedingter Verunreinigungen von der Verformungstemperatur durch Abkühlung auf ein martensitisch-bainitisches Gefüge eingestellt wird.“

Der nebengeordnete Anspruch 7 lautet:

„7. Verwendung eines warmverformten Vormaterials aus einem Stahl mit in Gewichtsprozent

0,08 bis 0,25% Kohlenstoff bis 1%

Silizium

0,5 bis 2,5% Mangan bis 0,035% Phosphor bis 0,055% Schwefel

0,1 bis 1,5% Chrom

0,1 bis 0,5% Molybdän

> 0,7 bis 1,5% Nickel bis 0,06% Aluminium

0,0010 bis 0,0060% Bor bis 0,040% Titan bis 0,04% Vanadium bis 0,04% Niob bis 0,5%

Kupfer bis 0,010% Stickstoff Rest Eisen einschließlich erschmelzungsbedingter Verunreinigungen,

der von der Verformungstemperatur durch Abkühlung auf ein martensitisch-bainitisches Gefüge eingestellt und kaltverformt ist zum Herstellen von hochfestem Draht, Stabstahl, Kfz-Fahrgestellteilen und -fahrwerken, Radträgern, Querlenkern, Lenk- und Radzapfen, von Kurbelwellen, Pleuelstangen, Lagern, Stabilisatoren, Verbindungselementen und Schmiedeteilen.“

Den Ansprüchen 1 bzw. 7 schließen sich rückbezogene Ansprüche 2 bis 6 und 8 bis 13 an.

Zum Wortlaut der abhängigen Ansprüche sowie weiteren Einzelheiten wird auf die Akten verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet.

In der Anmeldungsbeschreibung ist ausgeführt, die Erfindung beziehe sich auf ein Verfahren zum Herstellen von Vormaterial aus Stahl, beispielsweise zum Herstellen von Walzdraht und Stabstahl mit hoher Festigkeit und Zähigkeit, durch Warmumformen. Der Stand der Technik kenne eine Reihe von Verfahren zum Herstellen von Bauteilen aus Stahl mit hoher Festigkeit und hoher Zähigkeit. Ausgehend von Walzdraht oder Stabstahl seien kaltformgebende und warmformgebende Verfahren bekannt. Warmformgebend hergestellte Teile bedürften einer Wärmebehandlung zum Einstellen der mechanischen Eigenschaften. Auf die Möglichkeiten und Grenzen von bis dahin bekannten Werkstoffen und deren Behandlungen geht die Anmeldungsbeschreibung insoweit ein, dass bei den üblichen Vergütungsstählen hohe Kosten und Umweltbelastung nachteilig seien, die sich aus den erforderlichen zusätzlichen Wärmebehandlungen ergäben und aus zusätzlichen Einrichtungen zum Öl- oder Wasserabschrecken. Bei hohen Abkühlraten, die zu weichmartensitischen Gefügen führten, gebe es eine Neigung zum Werkstückverzug und zur inhomogenen Gefügeausbildung. Die Einstellung eines bainitischen Gefüges vermeide die Gefahr von Verzug und Härteunterschieden. Die deutsche Offenlegungsschrift 3628264 A1 - (2) - beschreibe dazu ein Verfahren zum Herstellen von Bauteilen mit hoher Festigkeit und Zähigkeit, beispielsweise von LKW-Achsschenkeln, wobei Bauteile, beispielsweise Schmiedeteile, von der Verformungstemperatur auf ein bainitisches Gefüge abgekühlt werden. Dabei sei es aufwendig, die Abkühlungsgeschwindigkeit in Abhängigkeit vom lokal unterschiedlichen Bauteilquerschnitt gezielt zu steuern. Zudem seien diese Stähle nicht geeignet für Anwendungsfälle, die ein hohes Verhältnis von Streckgrenze zu Zugfestigkeit erforderten. Die europäische Offenlegungsschrift 1408131 A1 - (3) - beschreibe als Ersatz für Vergütungsstähle und die damit verbundene Wärmebehandlung einen niedrig gekohlten ausscheidungshärtenden ferritisch-perlitischen (sog. AFP-) Stahl mit bestimmter chemischer Zusammensetzung, der zur Entwicklung seiner Eigenschaften lediglich von seiner Umformtemperatur an ruhender Luft abgekühlt zu werden brauche. Dort seien jedoch die Analysenvorgaben sowie definierte Parameter beim Aufheizen auf die Umformtemperatur und bei der Abkühlung genau einzuhalten. Des Weiteren sei aus der deutschen Patentschrift 19911287 C1 - (1) - ein Verfahren zum Herstellen von Warmband mit hohem Umformvermögen und erhöhter Festigkeit bekannt.

Die Erfindung sei auf ein Verfahren gerichtet, mit dem sich ohne eine Wärmebehandlung eine hohe Festigkeit bei gleichzeitig hoher Zähigkeit sowie ein hohes Verhältnis von Streckgrenze zu Festigkeit erreichen lasse (s. den von S. 4 auf S. 5 übergreifenden Abs.).

Der Fachmann für die Lösung dieses Problems ist ein Universitätsabsolvent einer der Fachrichtungen Eisenhüttenwesen, Werkstoff- oder Metallkunde mit mehrjähriger Erfahrung auf dem Gebiet der Wärmebehandlung von Stählen.

Die Anmelderin sieht die Lösung in einem Verfahren zum Herstellen von Vormaterial durch Warmverformen, bei dem ein Stahl bestehend aus den im Patentanspruch 1 angegebenen Elementen von der Verformungstemperatur durch Abkühlung auf ein martensitisch-bainitisches Gefüge eingestellt wird. Außerdem beansprucht sie die Verwendung eines warmverformten Vormaterials aus einem kaltverformten entsprechenden Stahl zum Herstellen von hochfestem Draht, Stabstahl, Kfz-Fahrgestellteilen und -fahrwerken, Radträgern, Querlenkern, Lenkund Radzapfen, von Kurbelwellen, Pleuelstangen, Lagern, Stabilisisatoren, Verbindungselementen und Schmiedeteilen. Die Unteransprüche 2 bis 6 sowie 8 bis 13 betreffen Ausgestaltungen des Verfahrens nach dem Anspruch 1 bzw. der Verwendung nach dem Anspruch 7.

1. Das geltende Patentbegehren ist zulässig.

Anspruch 1 beruht zunächst auf dem ursprünglichen Anspruch 1 mit dem Unterschied, dass der nunmehr darin genannte Nickelanteil von > 0,7 bis 1,5% gegenüber dem vorher beanspruchten Bereich von 0,2 bis 1,5% zulässig eingegrenzt wurde. Des Weiteren wurde der Ausdruck „durch eine gesteuerte Abkühlung“ in „durch Abkühlung“ geändert. Dieses ist zulässig, da es sich aus der ursprünglich zugrunde gelegten und nach wie vor bestehenden Aufgabe der Erfindung ergibt, ohne eine Wärmebehandlung eine hohe Festigkeit bei gleichzeitig hoher Zähigkeit sowie ein hohes Verhältnis von Streckgrenze zu Festigkeit zu erreichen (s. S. 7, zweiter Abs. der ursprünglichen Unterlagen). Dem Fachmann ist damit offenbart, dass bei dem erfindungsgemäßen Verfahren eine kontrollierte Abkühlung, wie sie der Stand der Technik in Form einer Vergütungsbehandlung, eines raschen Abschreckens, einer gezielten Steuerung der Abkühlgeschwindigkeit oder der genauen Einhaltung der Analysenvorgaben sowie definierter Parameter beim Aufheizen auf die Umformtemperatur und bei der Abkühlung bisher kennt (s. S. 2, vierter Absatz bis S. 7, erster Abs.), gerade nicht zwingend erforderlich ist, sondern vielmehr ein bloßes Abkühlen an bzw. mit Luft genügt, um ein bainitisch-martensitisches Gefüge einzustellen (s. S. 8, zweiter Abs. der ursprünglichen Unterlagen). Dem nunmehr geltenden Anspruch 1 schließen sich die ursprünglichen Ansprüche 2 sowie 4 bis 6 unverändert an; im Anspruch 3 ist bedingt durch die Neufassung des Anspruchs 1 die Angabe des Nickelanteils entfallen.

Die im geltenden Anspruch 7 angegebene Stahlzusammensetzung beruht ebenfalls zunächst auf den Angaben im ursprünglichen Anspruch 1. Der neue Verwendungsanspruch benennt wie der neue Anspruch 1 nunmehr einen gegenüber der ursprünglichen Menge enger eingegrenzten Nickelanteil von > 0,7 bis 1,5%. Der neue Anspruch 7 enthält zudem die das Verfahren betreffenden Merkmale, wie sie die ursprüngliche Beschreibung an den zum geltenden Anspruch 1 bereits genannten Stellen offenbart, sowie das in dem ursprünglichen nachgeordneten Anspruch 7 genannte Merkmal, wonach der Stahl kaltverformt ist. Die im geltenden nebengeordneten Anspruch 7 angegebenen Verwendungen stammen aus dem ursprünglichen nebengeordneten Anspruch 8 und die des Weiteren neu hinzu gekommenen Verwendungen zum Herstellen von Stabstahl und Schmiedeteilen ergeben sich aus der ursprünglichen Beschreibungsseite 2, erster Absatz, bzw. dem ursprünglichen Anspruch 9. Dem nunmehr geltenden Anspruch 7 schließen sich darauf rückbezogene Ansprüche 8 bis 13 an, die auf die ursprünglichen Ansprüche 2 bis 7 zurückgehen.

Die geltenden Ansprüche sind somit zulässig.

Die nunmehr vorgelegte Beschreibung ist ebenfalls in zulässiger Weise geändert. Sie wurde an die geltenden Ansprüche wie üblich angepasst. Auf den geltenden Seiten 6 und 7 wurde zudem nach Art eines Disclaimers klargestellt, dass das Ausführungsbeispiel nicht zur Erfindung gehört.

Wesentliche Komponenten des im Anspruch 1 und Anspruch 7 angegebenen Stahls sind Kohlenstoff, Mangan, Chrom, Molybdän, Nickel, Bor und als Rest Eisen und unvermeidbare Verunreinigungen. Die übrigen darin genannten Elemente Silizium, Phosphor, Schwefel, Aluminium, Titan, Vanadium, Niob, Kupfer und Stickstoff sind nicht zwingend enthalten.

Der in den nebengeordneten Patentansprüchen verwendete Ausdruck von der Verformungstemperatur durch Abkühlung… bedeutet hier - da jeweils einleitend klargestellt ist, dass das Vormaterial durch Warmverformen hergestellt sein soll - Abkühlen von einer Temperatur oberhalb der Rekristallisationstemperatur bis auf Raumtemperatur. Zufolge den Ausführungen auf S. 5, vorletzter Absatz der geltenden Beschreibung erfolgt die Einstellung des Gefüges allein über die Wahl des Abschreckmediums. Es genüge ein Abkühlen an bzw. mit Luft; möglich seien hier ein Abkühlen entweder in einem Gas, Wasser oder Öl; ruhende oder bewegte Luft seien aber anderen Kühlmitteln vorzuziehen. Aus dieser Passage in der Beschreibung geht auch hervor, dass der Ausdruck martensitisch-bainitisches Gefüge so zu verstehen ist, dass das Gefüge des Stahls - wenn überhaupt - Anteile an Ferrit und Perlit von weniger als 10% aufweist – diese Prozentangabe bezieht der Fachmann üblicherweise auf Volumenanteile.

Das zur Verwendung vorgesehene Vormaterial soll gemäß Anspruch 7 von der Verformungstemperatur durch Abkühlung auf ein martensitisch-bainitisches Gefüge eingestellt und zusätzlich kaltverformt sein. Damit ist gemeint, dass es nach dem Abkühlen aus der Verformungshitze - ohne weitere Maßnahmen vorzusehen - für eine Kaltformgebung geeignet sein soll. Auf diese Weise würden sich nahezu die Eigenschaften der Vergütungsstähle ergeben ohne die Notwendigkeit einer kostenintensiven Wärmebehandlung (s. den von S. 5 auf S. 6 übergreifenden Absatz der geltenden Beschreibung).

2. Die Gegenstände des Anspruchs 1 und des Anspruchs 7 in der jeweils geltenden Fassung sind neu.

Keine der Druckschriften (1) bis (4) offenbart ein Verfahren zum Herstellen von Vormaterial durch Warmverformen, bei dem ein Stahl die im Anspruch 1 und im Anspruch 7 jeweils übereinstimmend angegebene Zusammensetzung aufweist.

Druckschrift (1) lehrt ein Verfahren zum Erzeugen eines Warmbandes, wobei der Stahl wahlweise einen Anteil von Kupfer, Nickel und Molybdän von zusammen 0,8% und weniger enthält (S. 8, Z. 16 bis 18). Unmittelbar offenbart sind dort Nickelgehalte von 0,02 und 0,16% (S. 5, Tabelle 2). Die anmeldungsgemäße Lösung sieht dagegen einen Mindestgehalt dieser drei Elemente zusammen von mehr als 0,8% vor; davon soll allein der Nickelanteil 0,7% und mehr betragen.

Druckschrift (2) betrifft ein Verfahren zur Herstellung von Bauteilen aus Stahl mit hoher Festigkeit bei gleichzeitig hoher Zähigkeit, welche diese Eigenschaften auch nach einer Warmverformung aufweisen. Der Stahl gemäß dem Patentanspruch, 15CrMo5, enthält kein Nickel (Sp. 3, Z. 58 und 59).

Auch gegenüber der Druckschrift (3), die eine Stahlzusammensetzung und daraus hergestellte Gesenkschmiedeteile betrifft, weisen die Anspruchsgegenstände Neuheit auf, denn die daraus hervorgehende Stahlzusammensetzung umfasst höchstens 0,60 Gewichtsprozent wahlweise enthaltenes Nickel (S. 2, Z. 51 bis S. 3, Z. 17).

Druckschrift (4) bezieht sich auf einen Stahl und Verfahren zur Formung eines Stahlwerkstückes durch kalte plastische Verarbeitung. Die Obergrenze für einen optional vorgesehenen Nickelanteil ist dort mit 0,25% angegeben (Sp. 12, Z. 22).

3. Das Verfahren und die Verwendung mit den im Anspruch 1 bzw. im Anspruch 7 angegebenen Merkmalen beruhen auch auf einer erfinderischen Tätigkeit. Der aus den Druckschriften (1) bis (4) jeweils allein oder aus der Zusammenschau der daraus entnehmbaren Merkmale sich ergebende Stand der Technik legt die von der Anmelderin als Erfindung beanspruchten Gegenstände nicht nahe.

Das aus der Druckschrift (4) bekannte Verfahren und die danach vorgesehenen Verwendungen kommen der als Erfindung beanspruchten Lehre am nächsten. Auch dort wird ein Vorprodukt direkt aus der Walzglut abhängig von seinem Querschnitt lediglich entweder in bewegter Luft, Öl, Nebel, Wasser oder mit Wasser, zu dem Polymere hinzugefügt wurden, abgekühlt (Sp. 4, Z. 19 bis 24). Daraus soll ein Gefüge entstehen, das praktisch nicht ferritisch-perlitisch und im Wesentlichen auch nicht martensitisch ist (Sp. 2, Z. 26 bis 33). Wie es weiter in Druckschrift (4) heißt, ist die Struktur in erster Linie bainitisch, was bedeutet das sie ≥ 50% Bainit aufweist (Sp. 4, Z. 65 bis Sp. 5, Z. 2). Dennoch sind Hinweise darauf, dass dieses Verfahren auf einen Stahl mit der anmeldungsgemäßen Zusammensetzung mit Erfolg anwendbar sein könnte, der Druckschrift (4) nicht zu entnehmen, denn der dortige Stahl umfasst, wenn überhaupt, erheblich geringere Nickelgehalte. Für einen Stahl, der so hohe Nickelanteile aufweist, wie sie gemäß dem geltenden Anspruch 1 und gleichermaßen in dem Anspruch 7 vorgesehen sind, wird es ein Fachmann jedenfalls nicht in Erwägung ziehen, denn aus der in der Druckschrift (4) genannten zulässigen Obergrenze von 0,25% muss er vielmehr darauf schließen, dass für die Erzielung des angestrebten Gefüges ohne weitere gezielte Wärmebehandlungen anwenden zu müssen, die Anwesenheit von Nickel in dem Stahl nicht erwünscht oder allenfalls in geringen Mengen tolerabel ist. Betrachtete der Fachmann allein die Druckschrift (4), gelangte er somit nicht ohne erfinderisches Zutun zu dem Verfahren gemäß Anspruch 1 der Anmeldung und folglich auch nicht zu der Verwendung gemäß Anspruch 7.

Erfinderisches Zutun bleibt auch weiterhin erforderlich, wenn Kenntnisse aus dem übrigen Stand der Technik mit einbezogen werden.

Die aus der Druckschrift (1) unmittelbar entnehmbaren, dort gleichfalls ohnehin nicht zwingend vorgesehenen geringen Nickelanteile von 0,02 und 0,16% rücken Stähle mit derart hohen Nickelanteilen, wie sie die Anmeldung vorsieht, ebenfalls nicht in das Blickfeld des Fachmanns. Nach der Lehre der Druckschrift (1) ist es dort zur Einstellung eines martensitisch-bainitischen Gefüges zudem erforderlich,

das Vormaterial in einer Kühlstrecke in bestimmter Weise abzukühlen. Dabei sind mindestens zwei aufeinander folgende Kühlphasen beschleunigter Abkühlung auf eine Endtemperatur vorgesehen, wobei die erste Kühlphase beschleunigter Kühlung spätestens drei Sekunden nach dem letzten Walzstich des Fertigwalzens beginnt und wobei während der ersten Kühlphase beschleunigter Kühlung mit einer Abkühlgeschwindigkeit von mindestens 150°C/s gekühlt wird (S. 5, Z. 61 bis S. 6, Z. 11, Anspruch 1 i. V. m. Fig. 1 und 2). Dies sind aus fachmännischer Sicht die Maßnahmen einer aufwendigen Wärmebehandlung, von denen nach der Aufgabenstellung der Anmeldung gerade abgesehen werden soll.

Die übrigen Druckschriften (2) und (3) offenbaren weder den gemäß den Ansprüchen 1 und 7 vorgesehenen Stahl noch soll dort der Werkstoff von der Verformungstemperatur auf ein martensitisch-bainitisches Gefüge eingestellt werden.

Das aus Druckschrift (2) bekannte Verfahren sieht - wie der Neuheitsvergleich schon ergibt - einen Stahl völlig anderer Zusammensetzung vor. Zudem wird die Abkühlungsgeschwindigkeit so gesteuert, dass überwiegend unteres bainitisches Gefüge entsteht (Sp. 1, Anspruch 1, Z. 11 bis 13). Entgegen der anmeldungsgemäßen Lösung, die ausdrücklich martensitische Anteile im Gefüge vorsieht, ist dort das Ziel, durch entsprechende Legierungszusammensetzung und Steuerung der Abkühlung Martensit-, obere Bainit- und Ferrit/Perlitbildung zurückzudrängen (Sp. 3, Z. 2 bis 8).

Druckschrift (3) stellt ebenfalls eine andere Stahlzusammensetzung mit einem anderen Gefüge bereit, als sie die Anmeldung vorsieht. Es handelt sich dort um einen sogenannten ausscheidungshärtenden ferritisch-perlitischen Stahl (Abs. [0009]), der folglich nicht die martensitisch-bainitische Struktur des anmeldungsgemäßen Stahls aufweist. Seine Eigenschaften erhält dieser Werkstoff durch eine gezielte Wärmebehandlung in einer Kühlstrecke, wo die Abkühlung in einem bestimmten Temperaturintervall geregelt erfolgt. Unterhalb einer bestimmten Temperatur kann die Kühlrate beliebig gewählt werden (Abs. [0014] bis [0022]).

Die Gegenstände der nunmehr geltenden Patentansprüche 1 und 7 erweisen sich somit als patentfähig.

Die Ansprüche 1 und 7 stützen die Ansprüche 2 bis 6 bzw. 8 bis 13, welche keine selbstverständlichen Ausgestaltungen des Verfahrens nach Anspruch 1 bzw. der Verwendung nach Anspruch 7 betreffen. Da die Gegenstände der Patentansprüche zweifellos gewerblich anwendbar sind und die Patentanmeldung auch im Übrigen die formalen Erfordernisse erfüllt, ist dem Antrag der Beschwerdeführerin somit stattzugeben und das Patent mit den geltenden Unterlagen zu erteilen.

III.

Rechtsmittelbelehrung Dieser Beschluss kann mit der Rechtsbeschwerde nur dann angefochten werden, wenn einer der in § 100 Absatz 3 PatG aufgeführten Mängel des Verfahrens gerügt wird. Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich einzulegen.

Dr. Höchst v. Zglinitzki Dr. Fritze Fetterroll Me

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